Beethoven, Fidelio

Der online Opernführer zu FIDELIO (Handlung)

Lernen Sie die Handlung der Oper FIDELIO von LUDWIG VAN BEETHOVEN kennen. In einem 4-Minuten Film erfahren Sie die wesentlichsten Handlungen. Angereichert mit Libretto, Rollenbeschreibungen und informativen Grafiken.

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ÜBERBLICK & SCHNELLZUGRIFF

 

 

Inhalt

Handlung in 4 minutes –  YouTube Video 

Handlung in Worte 

Link zum Opern-Portrait (mit interessanten Informationen, und Youtube Videos)

Top 5 Höhepunkte der Oper 

 

Libretto

♪ Akt I (Fidelios Suche nach Florestan)

♪ Akt II  (Befreiungs-Szene)

 

 

Die Handlung von FIDELIO in 4 Minuten

 

 

Beziehungsdiagramm von FIDELIO der Hauptrollen

 

Fidelio, Beethoven, Handlung

 

 

Das Opernportrait des online Opernführers zu FIDELIO

 

Der Link zur Opern-Portrait von Fidelio mit vielen interessanten Informationen und grossartigen YouTube Videos

 

 

Die geschriebene Handlung von FIDELIO

 

Die Personen

Florestan, politischer Gefangener und Gegner von Don Pizarro
Leonore oder Fidelio, seine Frau
Don Pizarro, Gouverneur eines Gefängnisses
Rocco, Kerkermeister
Marzelline, Roccos Tochter

 

Die Handlung

Florestan ist als politischer Häftling eingekerkert im Gefängnis des Gouverneurs Don Pizarro. Leonore, Florestan’s Ehefrau, will ihren Mann aus eigener Kraft befreien. Sie lässt sich in Männerkleidung unter dem Namen Fidelio als Gehilfin des Kerkermeisters Rocco anstellen. Roccos Tochter Marzelline verliebt sich in Fidelio.

Der Minister  (und Rivale von Don Pizarro) Don Fernando kündigt einen Besuch des Gefängnisses an. Don Pizarro gerät in Panik beauftragt Rocco, Florestan noch vor dem Besuch des Ministers umzubringen. Rocco weigert sich und Pizarro will die Tat selber übernehmen. Rocco und Leonore müssen das Grab schaufeln. Um ihren Mann zu finden bittet Fidelio Rocco, die Gefangenen ans Tageslicht zu lassen. Sie findet ihn aber nicht.
Danach geht sie zum Gefangenen, der nicht ans Tageslicht durfte. Leonore erkennt ihren Gatten an seiner Stimme.  Er erkennt sie nicht. Don Pizarro erscheint mit gezückter Pistole um Florestan umzubringen. Fidelio wirft sich dazwischen und ruft: Töte zuerst sein Weib! In diesem Moment erschallen die Trompeten und kündigen die Ankunft des Don Fernando an. Pizarro flieht. Die geretteten Leonore und Florestan fallen sich in die Arme. Die Kerker werden geöffnet, alle sind frei.

Die 5 Höhepunkte der Oper Fidelio

 

Abscheulicher !… Komm, Hoffnung (2)  –  Ludwig

 

Gott welch dunkel hier   –  Kaufmann / Welser-Möst

 

Mir ist so wunderbar   –  Jurinac / Mödl / Frick / Schock / Furtwängler

 

O welche Lust   –  Bernstein

 

O namenlose Freude   –  Furtwängler / Mödl / Windgassen

 

 

Libretto von Fidelio

 

Der Hof des Staatsgefängnisses. Im Hintergrund das Hauptthor und ein hohe Wallmauer, über welche [Editor: illegible word] hervorragen. Im geschlossenen Thore selbst ist eine Pforte, die für einzelne Fussgänger geöffnet wird. Neben dem Thore das Stübchen des Pfortners. Die Coulisse den Zuschauern links, stellen die Wohngebäude der Gefangenen vor: alle Fenster sind mit Gittern und die mit Nummern bezeichneten Thüren, mit starken Riegeln versehen. In der vordersten Coulisse ist die Thüre zur Wohnung des Gefangenwärters. Rechts stehen Bäume mit eisernem Getänder eingefasst, welche, nebst einem Gartenthore, den Eingang des Schlossgartens bezeichnen

AUFTRITT I

Duetto.

JOAQUINO

Jetzt, Schätzchen, jetz sind wir allein, Wir können vertraulicht nun plaudern.

MARZELLINE

Es wird ja nichts wichtiges seyn; Ich darf bei der Arbeit nicht zaudern.

JOAQUINO

Ein Wörtchen, du Trotzige du.

MARZELLINE

So sprich nur! ich höre ja zu.

JOAQUINO

Wenn du mir nicht freundlicher blickest, So bring’ ich kein Wörtchen hervor.

MARZELLINE

Wenn du dich nicht in mich schickest, So stopf’ ich mir vollends das Ohr.

JOAQUINO

Ein Weilchen nur höre mir zu, Dann lass ich dich wieder in Ruh.

MARZELLINE

So hab’ ich denn nimmermehr Ruh. So rede, so rede nur zu.

JOAQUINO

Ich habe zum Weib dich gewählet— Verstehst du?

MARZELLINE

Das ist ja doch klar!

JOAQUINO

Und wenn mir dein Jawort nich fehlet, Was meinst du?

MARZELLINE

So sind wir ein Paar.

JOAQUINO

Wir könnten in wenigen Wochen—

MARZELLINE

Recht schön! du bestimmst schon die Zeit. [Es wird gepocht.

JOAQUINO

Zum Henker! das ewige Pochen!

MARZELLINE

So bin ich doch endlich befreit![Bei seite.

JOAQUINO

Da war ich so herrlich im Gang.

MARZELLINE

Wie macht seine Liebe mir bang.

JOAQUINO

Und immer entwischt mir der Fang.

MARZELLINE

Wie werden die Stunden mir lang. Ich weiss, dass der Arme sich qualet, Es thut mir so leid auch um ihn; Fidelio hab’ ich gewählet, Ihn lieben ist süsser Gewinn.

JOAQUINO

Wo war ich? Sie sieht mich nich an.

MARZELLINE

Da ist er—er fängt wieder an.

JOAQUINO

Wann wirst du das Jawort mir geben? Es könnte ja heute noch seyn.

MARZELLINE

O weh! er verbittert mein Leben! Jetzt—morgen—und immer—nein, nein!

JOAQUINO

Du bist aocl wahrhaftig von Stein.

MARZELLINE

Ich muss ja so hart mit ihm seyn.

JOAQUINO

Kein Wünschen, kein Bitten geht ein.

MARZELLINE

Er hofft bei dem mindesten Schein.

JOAQUINO

So wirst du dich nimmer bekehren? Was meinst du?

MARZELLINE

Du könntest nun gehn.

JOAQUINO

Wie? dich anzusehn willst du mir wehren? Auch das noch?

MARZELLINE

So bleibe hier stehn.

JOAQUINO

Du hast mir so oft doch versprochen—

MARZELLINE

Versprochen? Nein! das geht zu weit! [Es wird on dir Thüre gepocht.

JOAQUINO

Zum Henker! das ewige Pochen!

MARZELLINE

So bin ich doch endlich befreit.

JOAQUINO

Es ward ihr im Ernste schon bang,

MARZELLINE

Das war ein willkommener Klang

JOAQUINO

Wer weiss ob es mir nicht gelang?

MARZELLINE

Es wurde zu Tode mir bang.

JOAQUINO

Wenn ich diese Thüre heute nicht schon zweihundert Mal geöffnet habe, so will ich nicht Caspar Eustaco Jaquino heissen. [Zu Marzelline.] Endlich kann ich doch einmal wieder plaudern. [Es wird gepocht.] Zum Wetter! schon wieder!

[Er geht, um zu offnen.

MARZELLINE

Was kann ich dafür, dass ich ihn nicht mehr so gerne haben kann, wie sonst?

JOAQUINO

[Zu dem der gepocht hat, indem er hastig zuschliesst.] Ich werde es besorgen, schon recht! [Vorgehend zu Marzelline.] Nun hoffe ich soll Niemand uns stören.

ROH.

[ruft hinter der Scene.] Jaquino! Jaquino!

MARZELLINE

Hörst du! der Vater ruft.

JOAQUINO

Lassen wir ihn ein wenig warten. Also wieder auf unsere Liebe zu kommen—

MARZELLINE

So geh doch! der Vater wird sich nach Fidelio erkundigen wollen.

JOAQUINO

[eifersüchtig.] Ei, freilich! da kann man nicht schnell genug seyn.

ROH.

[ruft weider.] Jaquino! hörst du nicht?

JOAQUINO

[schreiend.] Ich komme schon! [Zu Marzelline.] Bleib’ fein hier; in zwei Minuten sind wir wieder beisammen.

[Geht ab in den Garten.

 

AUFTRITT II.— Marzelline,Allein.

MARZELLINE

Der arme Jaquino dauert mich beinahe. Aus dem Mitleiden, das ich mit Jaquino habe, merke ich erst, wei sehr gut ich Fidelio bin. Ich glaube auch, dass Fidelio mir recht gut ist, und wenn ich die Gesinnungen des Vaters wüsste, so könnte bald mein Glück vollkommen werden.

 

Aria.

MARZELLINE

O wär’ ich schon mit dir vereint, Und dürfte Mann dich nennen! Ein Mädchen darf ja, was es meint, Zur Hälfte nur bekennen. Doch wenn ich nicht erröthen muss, Ob einem warmen Herzenskuss, Wenn nichts uns stört au Erden, Die Hoffnung schon erfüllt die Brust Mit unaussprechlich süsser Lust! Wie glücklich will ich werden. In Ruhe stiller Häuslichkeit, Erwach ich jeden Morgen; Wir grüssen uns mit Zärtlichkeit, Der Fleiss verscheucht die Sorgen. Und ist die Arbeit abgethan, Dann schleicht die holde Nacht heran, Dann ruh’n wir von Beschwerden. Die Hoffnung schon erfüllt die Brust Mit unaussprechlich süsser Lust! Wie glücklich will ich werden!

AUFTRITT III.— Marzelline, Rokko, Jaquino,Trägt Gartenwerkzeuge In Rokko’S Haus.

ROKKO

Guten Tag, Marcelline! Ist Fidelio noch nicht rurückgekommen?

MARZELLINE

Nein, Vater!

ROKKO

Die Stunde naht, wo ich dem Gouverneur die Briefschaften bringen muss, die Fidelo abholen sollte. Ich erwarte ihn mit Ungeduld.

[Es wird geklopft.

JOAQUINO

[hommt aus Rokkos Hause.] Ich komme schon! Ich komme schon!

[Läuft um aufzuschliessen.

MARZELLINE

Er wird gewiss so lange bei dem Schmiede haben worten müssen. [Sie hat während dessen Leonoren zur Thüre hereinkommen sehen.] Da ist er ja! Da ist er!

 

AUFTRITT IV.— VorigeLeonore,A/SFidelio.Sie Trägt Ein Behältniss Mit Lebensmitteln, Auf Dem Arme, Ketten, Die Sie Beim Eintreten An Dem Stübchen Des Pförtners Ablegt; An Der Seite Hängt Ihr Eine Blecherne Blüchse An Einer Schnur.

MARZELLINE

[auf Leonore zulaufend.] Wie er belastet ist. Liebe Gott! Der Schweiss läuft ihm von der Stirne.

[Sie nimmt ihr Sacktuch und versucht ihr das Gesicht abzutrocknen.

ROKKO

Warte! warte!

[Er hilft mit Marzellinen, ihr das Behältniss vom Rücken zu nehmen.

JOAQUINO

[bie Seite.] Es war auch wohl der Mühe werth, so schnell zu laufen, um den Patron da hereinzulassen.

[Geht in sein Stübchen, kommt aber bald wieder heraus, macht den Beschäftigten, sucht aber eigentlich die Uebrigen zu beobachten

ROKKO

Armer Fidelio,—diesmal hast du dir zu viel aufgeladen

FIDELIO

[vorgehend und sich das Gesicht abwischend.] Ich muss gestehen, ich ben ein wenig ermüdet.

ROKKO

Wieviel kostet Alles zusammen?

FIDELIO

Zwölf Piaster ohngefähr. Hier ist die genaue Rechnung.

ROKKO

[durchseiht die Rechnung.] Gut! brav! zum Wetter! Da giebt es Artikel, auf die man wenigstens das Doppelte profitiren kann. Du bist ein kluger Junge! [bei Seite.] Der Schelm giebt sich alle diese Mühe offenbar meiner Marzelline wegen

FIDELIO

Ich suche zu thun, was mir möglich ist.

ROKKO

Ja, ja! Du bist brav! Ich habe dich aber auch mit jedem Tage lieber; und sey versichert, dein Lohn soll nicht ausbleiben.

[Er wirft während der letztern Worte wechselnde Blicke auf Leonoren und Marzellinen

FIDELIO

[verlegen.] O glaubt nicht, dass ich meine Schuldigkeit nur des Lohnes wegen—

ROKKO

Still! [mit Blicken wie vorher.] Meinst du ich kann dir nicht ins Herz schen?

[Er scheint sich an der zunehmenden Verlegenheit Leonorens zu weiden und geht dann bei Seite, die Ketten zu besehen. Marzelline hat bei dem Lobe, sie mit immer steigender Bewegung hebevoll betrachtet.

 

MIR IST SO WUNDERBAR—MY HEART AND HAND.Marcellina, Leorora, Rocco and Jacquino

JOAQUINO

Der Vater willigt ein,

Mir wird so wunderbar, Mir fällt kein Mittel ein.

[Nach dem Canon geht Jaquino in seine Stube Zurück.

ROKKO

Höre, Fidelio, wenn ich auch nicht weiss, wem du angehörst, so weiss ich doch, was ich thue; ich—ich mache dich zu meinem Tochtermann.

MARZELLINE

Wirst du es bald thun, Vater?

ROKKO

Ei, ei, wie eilfertig! [ernst.] Sobald der Gouverneur nach Sevilla gereis’t seyn wird, dann geb’ ich Euch zusammen: darauf könnt Ihr rechnen.

MARZELLINE

Den Tag nach seiner Abreise? Das machst du recht vernünftig, lieber Vater.

FIDELIO

[Schon vorher sehr betreten, aber jetzt sich freudig stellend.] Den Tag nach seiner Arbreise? [Bei Seite.] O, welche neue Verlegenheit!

ROKKO

Nun, meine Kinder, Ihr habt Euch doch herzlich lieb, nicht wahr?—Aber das ist noch nicht Alles was zu einer vegnügten Haushaltung gehört, man braucht auch—

[Macht die Pantomime des Geldzählens.

 

Arie.

Hat man nicht auch Geld daneben, Kann man nicht ganz glücklich seyn. Traurig schleppt sich fort das Leben; Mancher Kummer stellt sich ein. Doch wenn’s in den Taschen fein klingelt und rollt, Da hält man das Schicksal gefangen. Und Macht und Liebe verschafft dir das Gold, Und stillet das kühnste Verlangen. Das Glück dient wie ein Knecht für Sold; Es ist ein schönes Ding das Gold!

 

FIDELIO

Ihr könnt das leicht sagen. Meister Rokko. Freilich giebt es noch etwas, was mir nicht minder kostbar seyn würde; aber mit Kummer sehe ich, dass ich es durch alle miene Bemühungen nicht erhalten werde.

ROKKO

Und was wäre denn das?

FIDELIO

Euer Vertrauen. Verzeiht mir den Vorwurf, aber oft sehe ich Euch aus den unterirdischen Gewölben dieses Schlosses ganz ausser Athem und ermattet zurückkommen. Warum erlaubt Ihr mir nicht Euch dahin zu begleiten. Es wäre mir sehr lieb, wenn ich Euch bei Eurer Arbeit helfen und Eure Beschwerden theilen könnte.

ROKKO

Du weisst doch, dass ich den strengtsten Befehl habe, Niemanden, wer’s auch sey, zu den Staats-Gefangenen zu lassen.

MARZELLINE

Es sind ihrer aber gar zu viele in dieser Festung. Du arbeitest dich ja zu Tode, liebe Vater.

FIDELIO

Sie hat recht, Meister Rokko. Man soll allerdings seine Pflicht thun, [zärtlich] aber ist doch auch erlaubt, mein ich, zuweilen daran zu denken, wie man sich für die, welche uns angehören und lieben, ein Bischen schonen kann.

[Sie ergreift seine Hand.

MARZELLINE

[Rokkos andere Hand an die Brust drückend.] Man muss sich für seine Kinder zu erhalten suchen.

ROKKO

[sieht Beide gerührt an.] Ja, Ihr abt recht! Diese schwere Arbeit würde mir doch endlich zu viel werden. Der Gouverneur ist zwar sehr streng; er muss mir aber doch erlauben, dich in die geheimen Kerker mit mir zu nehmen.

[Leonora äussert eine heftige Geberde der Freude.

Indessen giebst es ein Gewölbe, in das ich dich wohl nie werde einführen dürfen, obschon ich mich ganz auf dich verlassen kann.

MARZELLINE

Verrumthlich wo der Gefangene sitzt, von dem du schon einigemal gesprochen hast, Vater.

ROKKO

Du hast’s errathen.

FIDELIO

[forschend.] Ich glaube, es ist schon lange her, dass er gefangen ist?

ROKKO

Es ist schon über zwei Jahr.

FIDELIO

[heftig.] Zwei Jahr, sagt Ihr? [Sich fassend.] Er muss ein grosser Verbrecher seyn.

ROKKO

Oder er muss grosse Feinde haben: dieses kommt ohngefähr auf eins heraus.

MARZELLINE

So hat man denn nie erfahren können, woher er ist und wie er heisst?

ROKKO

O wie oft hat er mit mir von Alle dem sprechen wollen!

FIDELIO

Nun?—

ROKKO

Für Unsereinen ist’s aber am besten, so wenig Geheimnisse, als möglich zu wissen. [Geheimnissvoll.] Nun, er wird mich nicht lange mehr quälen, es kann nicht mehr lange mit ihm dauern.

FIDELIO

[bei Seite.] Grosser Gott!

MARZELLINE

O lieber Vater, führe Fidelio ja nicht zu ihm; diesen Anblick könnte er nicht ertragen.

FIDELIO

Warum denn nicht? Ich habe Muth und Stärke.

ROKKO

[sie auf die Schulter klopfend.] Brav! mein Sohn! brav! Wenn ich dir erzählen wollte, wie ich anfangs in meinem Stande mit meinem Herzen zu kämpfen hatte,—und ich war doch ein ganz anderer Kerl als du, mit deiner feinen Haut und deinen weichen Händer.

 

Terzetto.

ROKKO

Gut, Söhnchen, gut! Hab’ immer Muth, Dann wird dir’s auch gelingen Das Herz wird hart Durch Gegenwart Bei fürchterlichen Dingen.

FIDELIO

Ich habe Muth Mit kaltem Blut Will ich hinab mich wagen. Für hohen Lohn Kann Liebe schon Auch hohe Leiden tragen.

MARZELLINE

Dein gutes Herz Wird manchen schmerz In diesen Gruften leiden; Dann kehrt zuruck Der Liebe Glück, Und unnennbare Freuden.

ROKKO

Du wirst dein Glück ganz sicher bau’n.

FIDELIO

Ich hab’ auf Gott und Recht Vertrau’n

MARZELLINE

Du darfst mir auch ins Auge schau’n; Der Liebe Macht ist auch nicht klein

ALLE DREI.

Ja, ja, wir werden glücklich seyn.

ROKKO

Der Gouverneur soll heut’ erlauben, Das du mit mir die Arbeit theilst.

FIDELIO

Du wirst mir alle Ruhe rauben, Wenn du bis morgen nur verweilst.

MARZELLINE

Ja, guter Vater, bitt’ ihn heute, In Kurzem sind wir dann ein Paar.

ROKKO

Ich bin ja bald des Grabes Beute.

FIDELIO

Wie lang bin ich des Kummers Beute.

ROKKO

Ich brauche Hülf’, es ist ja wahr.

FIDELIO

Du, Hoffnung, reichst mir Labung dar.

MARZELLINE

Ach, lieber Vater, was fällt Euch ein? Lang’ Freund und Rather müsst Ihr uns seyn.

ROKKO

Nur auf der huth, Dann geht es gut, Gestillt wird Euer Sehnen.

MARZELLINE

O, habe Muth, O, welche Gluth! O, welch’ ein tiefes Sehnen.

FIDELIO

Ihr seyd so gut, Ihr macht mir Muth, Gestillt wird bald mein Sehnen.

ROKKO

Gebt Euch die Hand, Und schliesst das Band

FIDELIO

Ich gab die Hand Zum süssen Band.

MARZELLINE

Ein festes Band Mit Herz und Hand

ROKKO

In süssen Freudenthränen.

FIDELIO

Es kostet bittre Thränen.

MARZELLINE

O, süsse, süsse Thränen.

ROKKO

Aber nun ist es auch Zeit, dass ich dem Gouverneur die Briefschaften überbringe.

 

Marsch.

ROKKO

O, er kommt selbst hierher. [Zu Leonore.] Gieb sie, Fidelio. und dann entfernt Euch.

[Leonore nimmt die an einem Bande hängende Blechbüchse, giebt sie Rokko, und geht dann mit Marcellinen in das Haus ab.

 

AUFTRITT V.— Rokko, Pizarro,Offiziere, Wachen. Während Des Marsches Wird Das Hauptthor Durch Wachen Von Aussen Geöffaet. Offiziere Mit Einem Detachement Treten Ein, Dann Pizarro. Das Hauptthor Wird Wieder Geschlossen.

PIZZARRO

[Zu dem Offizier.] Drei Mann Wache auf den Wall, sechs Mann Tag und Nacht an der Zugbrücke, eben so viel gegen den Garten zu; und Jedermann, der sich dem Graben nähert, werde sogleich vor mich gebracht. [Zu Rokko.] Rokko, ist etwas Neues vorgefallen?

ROKKO

Nein, Herr!

PIZZARRO

Wo sind die Despeschen?

ROKKO

[nimmt Briefe aus der Blechbüchse.] Hier sind sie.

PIZZARRO

[öffnet die Papiere und durchsieht sie.] Immer Emptehlungen und Vorwürfe. Wenn ich auf Alles das achten wollte, würde ich nie damit fertig werden. [Hält bei einem Briefe an.] Was seh’ ich? Mich dünkt, ich kenne diese Schrift. Lass sehen.

[Er öffnet den Brief, geht weiter vor. Rokko und die Wachen ziehen sich zurück. Lies’t.

“Iche gebe Ihnen Nachricht, dass der Minister in Erfahrung gebracht hat, dass die Staats-Gefängnisse denen Sie vorstehen, mehrere Opfer willkührlicher Gewalt enthalten. Er reis’t morgen ab, um Sie mit einer Untersuchung zu überiaschen. Seyn Sie auf Ihrer Huth, und suchen Sie sich sicher zu stellen.”

[Betreten.] Ach, wenn er entdeckte, dass ich diesen Florestan in Ketten liegen habe, den er längst todt glaubt. Eine kühne That kann alle Besorgnisse zerstreuen.

 

Aria.

Ha! welch ein Augenblick! Die rache werd’ ich kühlen, Dich rufet dein Geschick! In seinem Herzen wühlen— O Wonne, hohes Glück! Schon war ich nah dem Staube, Dem lauten Spott zum Raube, Dahin gestreckt zu seyn. Nun ist es mir geworden, Den mörder selbst zu morden. In seiner letzten Stunde, Den Stahl in seiner Wunde, Ihm noch ins Ohr zu schrein: Triumph! des Sieg ist mein!

DIE WACHE.

[halblaut unter sich.] Er spricht von Tod und Wunde— Wach scharf auf Eure Runde. Wie wichtig muss es seyn.

PIZZARRO

Hauptmann! [Er führt den Hauptmann vor und spricht leise mit ihm.] Besteigen Sie mit einem Trompeter den Thurm; sehen Sie mit der grössten Achtsamkeit auf die Strasse von Sevilla; sobald Sie einen Wagen, von Reitern umgeben, gewahr werden, geben Sie augenblicklich ein Zeichen. Verstehen Sie? augenblicklich! Ich erwarte die grösste Pünktlichkeit; Sie haften mir mit Ihrem Kopfe dafur.

[Hauptmann ab.

[zur Wache.] Fort auf Eure Posten!

[Die Wache geht.

Rokko!

ROKKO

Herr.

PIZZARRO

[betrachtet ihn eine Weile aufmerksam, für sich.] Ich muss ihn zu gewinnen suchen; ohne seine Hülfe kann ich es nicht ausführen. Komm näher!

 

Duetto.

Jetzt, Alter, hat es Eile; Dir wird ein Glück zu Theile Du wirst ein reicher Mann [Er wirft ihm einen Beutel zu. Das geb’ ich nur daran.

ROKKO

So saget nur in Eile, Wohin ich dienen kann.

PIZZARRO

Du bist von kaltem Blute, Von unverzagtem Muthe, Durch langen Dienst geworden.

ROKKO

Was soll ich, redet—

PIZZARRO

Morden!

ROKKO[ERSCHRICKT.]

Wie?

PIZZARRO

Höre mich nur an: Du bebst? bist du ein Mann? Wir durfen nicht mehr säumen Dem Staate liegt daran, Den bösen Unterthan Schnell aus dem Weg zu räumen.

ROKKO

O Herr!

PIZZARRO

Du stehst noch an?[Für sich. Er darf nicht länger leben, Sonst ist’s um mich geschehn. Pizarro sollte beben! Du fällst, ich werde stehen.

ROKKO

Die Glieder fühl’ ich beben, Wie konnt’ ich das bestehen? Ich nehm’ ihm nicht das Leben, Mag, was da will, geschehen. Mein Herr, das Leben nehmen, Das ist nicht meine Pflicht.

PIZZARRO

Ich will micht selbst bequemen, Wenn dir’s an Muth gebricht. Nur eile, rash und munter Zu jenem Mann hinunter Du weisst—

ROKKO

Der kaum mehr lebet, Und wie ein Schatten schwebet.

PIZZARRO

[mit Grimm.] Zu dem, zu dem hinab— Ich wart’ in kleiner Ferne, Du gräbst in der Cisterne Sehr schnell für ihn ein Grab.

ROKKO

Und denn?

PIZZARRO

Du giebst ein Zeichen, Dann werd ich mich, vermummt, Schnell in der Kerker schleichen: [Er zieht den Dotch. Ein Stoss—und er verstummt.

ROKKO

Verhungernd in den Ketten, Ertrug er lange Pein; Ihn tödten, heisst ihn retten.

PIZZARRO

Dann werd ich ruhig seyn. [Pizarro ab gegen den Garten, Rokko folgt ihm.

 

AUFTRITT VI.— Leonore,Tritt In Heftiger Innerer Bewegung Von Der Andern Seite Auf, Und Sieht Den Abgehenden Mit Steigender Unruhe Nach.

 

Recitativ.

FIDELIO

Abscheulicher! wo eilst du hin? Was hast du vor im wilden Grimme? Des Mitleids Ruf, der Menschheit Stimme, Rührt nicht mehr deinem Tigersinn. Doch, toben auch, wie Meereswogen, Dir in der Seele Zorn und Wuth, So leuchtet mir ein Farbebogen, Der hell auf dunkeln Wolken ruht. Der blickt so still, so freidlich nieder, Der spiegelt alte Zeiten wieder,— Und neu besänftigt wallt mein Blut.

 

KOMM HOFFNUNG, LASS DEN LETZTEN STERN—OH HOPE, SWEET SOLACE.Leonora.

FIDELIO

Ich folg’ dem innern Triebe, Ich wanke nicht; Mich stärkt die Pflicht Der treuen Gattinn Liebe. [Geht ab gegen den Garten.

 

AUFTRITT VII.— MarzellineKommt Aus Dem Hause,JaquinoIhr Nach.

JOAQUINO

Aber Marcelline—

MARZELLINE

Kein Wort, keine Sylbe! Ich will nichts mehr von deinen albernen Liebeseufzern hören, und dabei bleibts.

JOAQUINO

Wer das gesagt hätte, als ich mir vornahm, mich recht ordentlich in dich zu verlieben: da war ich der gute, der liebe Jaquino! aber dieser Fidelio—

MARZELLINE

[rasch einfallend.] Ich läugne nicht, ich war dir gut; aber sieh—ich bin offenherzig—das war keine Liebe. Fidelio zieht mich weit mehr an; zwischen ihm und mir find’ ich eine viel grössere Uebereinstimmung.

JOAQUINO

Eine Uebereinstimmung mit einem solchen hergelaufenen Jungen, der, Gott weiss woher kommt; den der Vater aus blossem Mitleid am Thore dort aufgenommen hat, der—der—

MARZELLINE

[ärgerlich.] Der arm und verlassen ist, und den ich dennoch heirathen werde.

JOAQUINO

Glaubst du, dass ich das leiden werde? He! dass es ja nicht in meiner Gegenwart geschieht; ich möchte Euch einen gewaltigen Streich spielen.

 

AUFTRITT VIII.— Vorige,Rokko, Leonore,Aus DemGarten.

ROKKO

Was habt ihr Beide denn wieder zu zanken?

MARZELLINE

Ach, Vater, er verfolgt mich immer!

ROKKO

Warum denn?

MARZELLINE

[zu Leonoren laufend.] Er will, dass ich ihn lieben, dass ich ihn heirathen soll?

JOAQUINO

Ja, ja, sie soll mich lieben, sie soll mich wenigstens heirathen, und ich—

ROKKO

Stille!—Ich werde eine einzige gute Tochter haben, werde sie so gut gepflegt [streichelt Marzellinen am Kinn,] mit so viel Mühe bis in ihr sechszehntes Jahr erzogen haben, und das Alles für den Herrn da? [blicht lachend auf Jaquino.] Nein, Jaquino, mich beschäftigen jetzt andere klügere Dinge.

MARZELLINE

Ich verstehe, Vater, [zärtlich leise.] Fidelio.

FIDELIO

Brechen wir davon ab. Rokko, ich ersuchte Euch schon einigemal, die armen Gefangenen die hier über der Erde wohnen, in unsern Festungsgarten zu lassen. Ihr verspracht und verschobt es immer. Heute ist das Wetter so schön. Der Gouverneur kommt um diese Zeit nicht hieher.

MARZELLINE

O ja, ich bitte mit ihm!

ROKKO

Kinder,—ohne Erlaubniss des Gouverneurs?

MARZELLINE

Aber er sprach so lange mit Euch? Vielleicht sollt Ihr ihm einen Gefallen thun, und dann wird er’s so genau nicht nehmen.

ROKKO

Einen Gefallen? Du hast Recht, Marzelline! Auf diese Gefahr kann ich’s wagen. Wohl denn. Jaquino und Fidelio öffnet die leichtern Gefängnisse. Ich aber gehe zu Pizarro und halte ihn auf, indem ich [gegen Marzelline,] für dein Bestes rede.

MARZELLINE

[küsst ihm die Hand.] So recht, Vater!

[Rokko geht ab.

[Leonore und Jaquino schliessen die Gefängniss-thüren auf, ziehen sich dann mit Marzellinen in den Hintergrund, und beobachten mit Theilnahme die nach und nach auftretenden Gefangenen.

 

FINALE.—AUFTRITT IX. Chor—Der Gefangenen.

O welche Lust in freier Luft Den Athem einzuheben! Nur hier, nur hier ist Leben. Der Kerker eine Gruft.

EIN GEFANGENER.

Wir wollen mit Vertrauen Auf Gottes Hülfe bauen; Die Hoffnung flustert sanft mir zu Wir werden frei, werd finden Ruh?

ALLE.

O Himmel! Rettung! welch ein Glück. O Freiheit, kehrest du zurück!

[Hier erschient ein Offizier auf dem Wall und entfernt sich wieder.

EINER.

Sprecht leise,—haltet Euch zurück— Wir sind belauscht mit Ohr und Blick

ALLE.

Sprecht leise, haltet Euch zurück— Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. O Welche Lust, in freier Luft Den Athem einzuheben, Nur hier, nur hier ist Leben, Der Kerker eine Gruft.

[Ehe der Chor noch ganz geendet ist, erscheint Rokko im Hintergrunde dir Bühne und redet angelegentlich mit Leonoren. Die Gefangenen entfernen sich in den Garten.

 

AUFTRITT X.— Rokko, Leonore.

FIDELIO

Nun sprecht, wie gings?

ROKKO

Recht gut! recht gut! Zusammen rafft ich mienen Muth, Und trug ihm alles vor, Und solltest du es glauben, Was er zur Antworth mir gab? Die Hierath, und dass du mir hilfst, will er erlauben, Noch heute führ’ ich in die Kerker dich hinab.

FIDELIO

[ausbrechend.] Noch heure! Welch ein Glück! O welche Wonne!

ROKKO

Ich sehe deine Freude, Nur noch ein Augenblick, Dann gehen wie schon Beide.

FIDELIO

Wohin?

ROKKO

Zu jenem Mann hinab, Dem ich seit vielen Wochen Stets weniger zu essen gab.

FIDELIO

Gott! wird er losgesprochen?

Online Library of Liberty: Beethoven’ s Opera Fidelio. German Text, with an English Translation

PLL v5 (generated January 22, 2010) 62 http://oll.libertyfund.org/title/2217

ROKKO

O nein!

FIDELIO

So sprecht!

ROKKO

O nein! o nein! [Geheimnissvoll] Wis müssen ihn—doch wie?—befreien. Er muss in einer Stunde,— Den Finger auf dem Munde,— Von uns begraben seyn.

FIDELIO

So ist er todt?

ROKKO

Noch nicht, noch nicht!

FIDELIO

[zurückfahrend.] Ist, ihn zu tödten, deine Pflicht?

ROKKO

Nein, guter Junge, zittre nicht. Zum Morden dringt sich Rokko nicht! Der Gouverneur kommt selbst herab, Wir beide graben nur das Grab.

FIDELIO

[bei Seite.] Vielleicht das Grab des Gatten graben, O was kann fürchterlicher seyn.

ROKKO

Ich darf ihn nicht mit Speise laben, Er wird im Grab zufrieden seyn.

 

Duetto.

ROKKO

Wir müssen gleich zu Werke schreiten, Du musst mir helfen, mich begleiten, Hart ist des Kerkermeisters Brod.

FIDELIO

Ich folge dir, wär’s in den Tod!

ROKKO

In der zerfallenen Cisterne Bereiten wir die Grabe leicht. Ich thu’ es, glaube mir, nicht gerne, Auch dir ist schaurig, wie mir deucht

FIDELIO

Ich bins nur noch nicht recht gewohnt.

ROKKO

Ich hätte gerne dich verschont, Doch wird es mir allein zu schwer, Und gar zu streng ist unser Herr.

FIDELIO

O welch ein Schmerz!

ROKKO

Mir scheint, er weine! Nein, du bleibst hier, ich geh’ alleine.

FIDELIO

Ich muss ihn seh’n, den Armen seh’n, Und müsst ich selbst zu Grunde geh’n.

ROKKO

So säumen wir nuo länger nicht.

 

AUFTRITT XI.— Marzelline und Jaquino(Athemlos Hereinstürzend)Vorige.

MARZELLINE

O Vater, eilet!

ROKKO

Was hast du denn?

JOAQUINO

Nicht länger weilet!

ROKKO

Was ist gescheh’n?

MARZELLINE

Voll Zorn folgt mir Pizarro nach, Er drohet dir.

ROKKO

Gemach! gemach!

FIDELIO

So Eilet fort!

ROKKO

Nur noch ein Wort! Sprich, weiss er schon!

JOAQUINO

Ja, er weiss schon!

MARZELLINE

Der Offizier Sagt’ ihm, was wir Jetzt den Gefangenen gewähren.

ROKKO

Lasst Alle schnell zurückkehren. [Jaquino, geht ab in den Garten.

MARZELLINE

Ihr wisst es, wie er tobet, Und kennet seine Wuth.

FIDELIO

Wie mir’s im Herzen tobet, Empöret ist mein Blut.

ROKKO

Mein Herz hat mich gelobet, Sey der Tyrann in Wuth!

 

AUFTRITT XII.— Pizarro,Zwei Offiziere, Wache, Die Vorigen.

PIZZARRO

Verwegner Alter! welche Rechte Legst du dir frevelnd selber bei, Und ziemt es dem gedungnen Knechte, Zu geben die Gefangnen frei?

ROKKO[VERLEGEN.]

O Herr!

PIZZARRO

Wohlan!

ROKKO

[eine Entschuldigung suchend.] Des Frühlings Kommen— Das heitre warme Sonnenlicht— Dann—[sich fassend] habt Ihr wohl in Acht genommen, Was sonst zu meinem Vortheil spricht. [Die mütze abziehend.] Des Königs Namensfest ist heute, Das feiern wir auf solche Art. [Geheim zu Pizarro. Der unten stirbt, doch lasst die Andern Jetzt fröhlich hin und wieder wandern; Für jenen sey der Zorn gespart.

PIZZARRO[LEISE.]

So eile, ihm sein Grab zu graben, Hier will ich stille Ruhe haben. Schliesst die Gefangenen wieder ein, Mögst du nie mehr verwegen seyn.

DIE GEFANGENEN.

Leb’ wohl, du warmes Sonnenlicht,

Schnell schwindest du uns wieder, Schon sinkt die Nacht hernieder, Aus der sobald kein Morgen bricht.

PIZZARRO

Nun Rokko, zögre länger nicht, Steig in den Kerker nieder.[Leise. Nicht eher kehrst du wieder, Bis ich vollzogen das Gericht.

ROKKO

Nein, Herr, nein, länger zögr’ ich nicht, Ich steige eilend nieder. Mir beben meine Glieder,[Für sich. O unglückselig harte Pflicht!

FIDELIO[ZU DEN GEFANGENEN.]

Ihr hört das Wort, drum zögert nicht, Kehrt in den Kerker wieder.[Fur sich. Angst rinnt durch meine Glieder. Ereilt den Frevler kein Gericht?

JOAQUINO[ZU DEN GEFANGENEN.]

Ihr hört das Wort, drum zögert nicht, Kehrt in den Kerker wieder. [Für sich Rokko und Leonoren beobachtend. Sie sinnen auf und nieder— Könnt ich versteh’n, was jeder spricht.

MARZELLINE[DIE GEFANGENEN BETRACHTEND.]

Wir eilen so zum Sonnenlicht, Und scheiden traurig wieder. Die andern murmeln nieder; Hier wohnt die Lust, die Freude nicht. [Die Gefangenen gehen in ihre Zellen, die Leonore und Jaquino verschliessen.

Ende des ersten aufzugs.

 

 

 

 

FIDELIO AKT I

 

 

 

 

 

 

 

Das Theater Stellt Einen Unterirdischen Dunkeln Kerker Vor. Den Zuschauern Links Ist Eine Mit Steinen Und Schutt Bedeckte Cisterne. Im Hintergrunde Sind Mehrere, Mit Gitterwerk Verwahrte, Oeffungen In Der Mauer, Durch Welche Man Die Stufen Einer Von Der Höhe Herunterführenden Treppe Sieht: Rechts Die Letztern Stufen Und Die Thüre In Das Gefängniss. Eine Lampe Brennt.

[Florestanallein Er sitzt auf einem Stein, um den Leib hat er eine tange Kette, deren Ende in der Mauer befestigt ist.

 

Recitativ.

Gott! welch ein Dunkel hier! O grauenvolle Stille! Oed ist es um mich her, Nichts lebet ausser mir. O schwere Prüfung! doch gerecht ist Gottes Wille, Ich murre nicht, das Maass der Leiden steht bei dir.

 

Arie.

In des Lehens Frühlingstagen, Ist das Glück von mir gefloh’n. Wahrheit wagt ich kühn zu sagen, Und die Ketten sind mein Lohn. Willig duld’ ich alle Schmerzen, Ende schmählich meine Bahn; Süsser Trost in meinem Herzen: Meine Pflicht hab’ ich gethan, [In einer, an Wahnsina gränzenden, jedoch ruhigen Begeisterung.

 

AUFTRITT II.— Rokko, Leonore, Florestan.Die Beiden Ersten, Die Man Durch Die Oeffnungen Bei Dem Schein Einer Laterne Die Treppe Herabsteigen Sah, Tragen Einen Krug Und Die Werkzeuge Zum Graben. Die Hinterthüre Öffnet Sich Und Das Theater Erhellt Sich Zur Hälfte.

FIDELIO[HALBLAUT.]

Wie kalt ist es in diesem unterirdischen Gewölbe.

ROKKO

Das ist natürlich! Es ist ja so tief.

FIDELIO

[sieht unruhig nach allen Seiten umher.] Ich glaubte schon, wir würden den Eingang nicht finden.

ROKKO

[sich gegen Florestans Seite wendend.] Still! da ist der Gefangene.

FIDELIO

[mit gebrochener Stimme, indem sie den Gefangenen zu erkennen sucht.] Er scheint ganz ohne Bewegung.

ROKKO

Vielleicht ist er todt!

FIDELIO

Ihr meiut es?

ROKKO

Nein, nein, er schläft nur. Das müssen wir benützen und gleich ans Werk gehen; wir haben keine Zeit zu verlieren.

FIDELIO

[für sich.] Est ist unmöglich, seine Züge zu unterscheiden; Gott stehe mir bei, wenn er es ist!

ROKKO

Hier unter diesen Trümmern ist eine Cisterne von der ich dir gesagt habe. Wir brauchen nicht viel Zeit um an die Oeffnung zu kommen. Gieb mir eine Haue, und du stelle dich hierher. Du zitterst—fürchtest du dich?

FIDELIO

O nein, es ist nur so kalt.

ROKKO

So mach’ fort, beim Arbeiten wird dir schon warm werden.

[Sie fangen an zu graben.

 

Duett.

[Während des Ritornells benutzt Leonore, wenn sich Rokko bückt, den Augenblick um den Gefangenen zu beobachten. Das Duett wird durchaus halblaut gesungen.

ROKKO[WÄHREND DER ARBEIT.]

Nur hurtig fort und frisch gegraben, Es währt nich lang so kommt er her.

FIDELIO[EBENFALLS ARBEITEND.]

Ihr sollet nicht zu klagen haben, Denn mir wird keine Arbeit schwer.

ROKKO

[einen grossen Stein, an der Stelle wo er hinabsteig, hebend.] Komm, hilf doch diesend Stein mir heben. Hab’ acht! hab’ acht! er hat Gewicht.

FIDELIO

Ich helfe schon, o sorget nicht, Ich will mir alle Mühe geben

ROKKO

Ein wenig noch.

FIDELIO

Geduld!

ROKKO

Er weicht.

FIDELIO

Nur etwas noch.

ROKKO

Er ist nicht leicht. [Sie rollen den Stein über Trümmer und holen Athem.—Wieder arbietend. Nur hurtig fort, nur frisch gegraben! Es währt nich lang, er kommt herein.

FIDELIO[EBEN FALLS WIEDER ARBEITEND

Lasst mich mur wieder Kräfte haben, Wir werden bald zu Ende seyn. [Betrachten den Gefangenen, während Rokko von ihr abgewandt mit gekrümmtem Rücken arbeitet, leise. Wer du auch seyst, ich will dich retten; Bei Gott! Du sollst kein Opber seyn. Gewiss, ich löse deine Ketten; Ich will, du Armer, dich befrei’n.

ROKKO[SICH SCHNELL AUFRICHTEND.]

Was zanderst du in deiner Pflicht?

FIDELIO

Nein, Vater! nein, ich zaudre nicht.

ROKKO

Nur hurtig fort, nur frisch gegraben Es währt nicht lang, so kommt er her.

FIDELIO

Ihr sollet nicht zu klagen haben, Denn mir wird keine Arbeit schwer.[Rokko trinkt. [Florestan erhält sich und hebt das Haupt in die Höhe, ohne sich nach Leonoren zu wenden.

FIDELIO

Er erwacht!

ROKKO

[plötzlich im Trinken inne hattend.] Er erwacht, sagst du?

FIDELIO

[in grösster Verwirrung, immer nach Florestan sehend.] Ja, er hat eben den Kopf in die Höhe gehoben.

ROKKO

Ohne Zweifel wird er wieder tausend Fragen an mich stellen. Ich muss allein mit ihm reden. Nun bald hat er’s überstanden. [Er steigt aus der Grube.] Steig du, statt nieiner, hinab, und räume noch so viel hinweg, dass man die Cisterne öffnen kann.

FIDELIO

[sie steigt zitterad ein paar Stufen hinab.] Was in mir vorgeht, ist unaussprechlich!

ROKKO

[Zu Florestan.] Nun, Ihr habt wieder einige Augenblicke geruht?

FLORESTAN

Geruht? Wie fände ich Ruhe?

FIDELIO

[für sich.] Diese stimme!—Wenn ich nur einen Augenblick sein Gesicht sehen könnte.

FLORESTAN

Werdet Ihr immer bei meinen Klagen taub seyn, grausamer Mann?

[Mit den letzten Worten wendet er sein Gesicht gegen Leonoren.

FIDELIO

Gott! Er ist’s!

[Sie fällt ohne Bewusstseyn an den Rand der Grube.

ROKKO

Was verlangt Ihr denn von mir? Ich vollziehe die Befehle die man mir giebe; das ist mein Amt, meine Pflicht.

FLORESTAN

Saget mir endlich einmal, wer ist der Gouverneur dieses Getängnisses?

ROKKO

[bei Seite.] Jetzt kann ich ihm ja ohne Gefahr genug thun. [Laut.] Der Gouverneur dieses Gefängnisses ist Don Pizarro.

FIDELIO

[Sich allmählig erholend.] O Barbar! deine Grausamkeit giebt mir meine Kräfte wieder.

FLORESTAN

O schickt sobald als möglich nach Sevilla,—fragt nach Leonoren Florestan.

FIDELIO

Gott! Er ahnet nicht, dass sie jezt sein Grab gräbt.

FLORESTAN

Sagt ihr, dass ich hier in Ketten liege.

ROKKO

Es ist unmoglich, sag’ ich Euch; ich würde mich ins Verderben stürzen, ohne Euch genützt zu haben.

FLORESTAN

Wenn ich denn verdammt binn, hier zu verschmachten, O so lasst mich nicht so langsam enden!

FIDELIO

[springt auf und hällt sich fest.] O Gott! wer kann dass ertragen?

FLORESTAN

Aus Erbarmen, gebt mir nur einen Tropfen Wasser—das ist ja so wenig!

ROKKO

[bei Seite.] Es geht mir wider meinen Willen zu Herzen.

FIDELIO

Er scheint ihn zu erweichen.

FLORESTAN

Du giebst mir keine Antwort.

ROKKO

Ich kann Euch nicht verschaffen, was Ihr verlangt. Alles was ich Euch anbieten kann, ist ein Restchen Wein, das ich im Kruge habe.

FIDELIO

[den Krug in grösster Eile bringend.] Da ist er—da ist er.

FLORESTAN

[Leonoren betrachtend.] Wer ist das?

ROKKO

Mein Schliesser, und in wenig Tagen mein Eidam. [Reicht Florestan den Krug der trinkt.] Es ist freilich nur wenig Wein, dreh ich gab ihn Euch gern. [Zu Leonoren.] Du bist ja ganz in Bewegung.

FIDELIO

[in grösster Verwirrung] Wer sollte es nicht seyn? Ihr selbst, Meister Rokko—

ROKKO

Es ist wahr: der Mensch hat so eine Stimme.

FIDELIO

Ja wohl—sie dringt in die Tiefe des Herzens.

 

EUCH WERDE LOHN IN BESSERN WELTEN

 

FIDELIO

Der Himmel schicke Rettung dir, Dann wird mir hoher Lohn gewährt.

ROKKO

Mich rührte oft dein Leiden hier. Doch Hülfe war mir streng verwehrt. [Leise zu Leonoren, die er bei Seite zieht. Ich labt ihn gern den armen Männ; Es ist ja bald um ihn gethan. Ich thu’, was meine Pflicht gebeut. Doch hass’ ich alle Grausamkeit.

FIDELIO[FÜR SICH.]

Wie hastig pochet mir das Herz! Es wogt in Freud’ und tiefem Schmerz. Die hehre bange Stunde winkt, Die Tod mir, oder Rettung brinkt.

FLORESTAN[FÜR SICH.]

Bewegt seh’ ich den Jüngling hier, Und Rührung zeigt auch dieser Mann. O Gott, du sendest Hoffnung mir Dass ich sie noch gewinnen kann.

FIDELIO

[leise zu Rokko, indem sie ein Stückchen Brod aus der Tasche zieht.]

Dies Stückchen Brod. ja seit zwei Tagen Trag’ ich es immer schon bei mir.

ROKKO

Ich möchte gern, doch sag’ ich dir, Das hie-se wirklich zu viel wagen.

FIDELIO[SCHMEICHELND.]

Ihr labtet gern den armen Mann!

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ROKKO

Das geht nicht an, das geht nicht an.

FIDELIO[WIE VORHER.]

Es ist ja bald um ihn gethan.

ROKKO

So sey es, ja, du kannst es wagen.

FIDELIO

[in grösster Bewegung, Florestan das Brod reichend.]

Da’ nimm das Brod, du armer Mann!

ROKKO[FÜR SICH SEHR GERÜHRT.]

Es ist ja bald um ihn gethan.

FLORESTAN

[Leonoren Hand ergreifend und an sich drückend.]

O dank dir! dank Euch! Euch werde Lohn in bessern Welten

ROKKO

Der arme Mann!

FIDELIO

O mehr, als ich ertragen kann.

ROKKO

Es ist ja bald um ihn gethan.

FLORESTAN

O, dass ich Euch nicht lohnen kann. [Er verschlingt das Stück Brod.

ROKKO

[nach augenblicklichem Stillschweigen zu Leonoren.] Alles ist bereit, ich gehe das Signal zu geben.

FLORESTAN

[zu Leonoren, während Rokko die Thure zu öffnen geht.] Wo geht er hin? [Rokko öffnet die Thüre, und giebt durch einen starken Pfiff das Zeichen.] Ist das der Vorbote meines Todes?

FIDELIO

[in der heftigsten Bewegung.] Nein, nein, beruhige dich, lieber Gefangener.

FLORESTAN

O, meine Leonore! so soll ich dich nie wieder sehen?

FIDELIO

[sie fühlt sich zu Florestan hingezogen und sucht diesen Trieb zu überwaltigen.] Mein ganzes Herz reisst mich zu ihm hin. [Zu Florestan.] Sey ruhig, sag’ ich dir. Vergiss nicht, was du auch hören und sehen magst, vergiss nicht, dass überall eine Vorsicht ist. Ja, ja! es ist eine Vorsicht.

Sie entfernt sich und geht gegen die Cisterne.

 

AUFTRITT III.— Vorige,Pizarro,In Einem Mantel Vermummt.

PIZZARRO

[Zu Rokko.] Ist Alles bereitet?

ROKKO

Ja, die Cisterne braucht nur geöffnet zu werden.

PIZZARRO

Gut!—der Bursche soll sich entfernen.

ROKKO

[zu Leonoren.] Geh, entferne dich!

FIDELIO

[in grösster Verwirrung.] Wer? Ich?—und Ihr?

ROKKO

Muss ich nicht dem Gefangenen die Eisen abnehmen? Geh! geh!

[Leonore entfernt sich in den Hintergrund und nähert sich allmählig wieder im Schatten gegen Florestan, die Auqen immer auf die vermummte person richtend.

PIZZARRO

[bei Seite, einen Blick auf Rokko und Leonore werfend.] Die muss ich mir heute noch Beide vom Halse schaffen, damit Alles auf immer im Dunkeln bleibt.

ROKKO

[zu Pizarro.] Soll ich ihm die Ketten abnehmen?

PIZZARRO

[Zieht einen Dolch hervor.] Nein!

 

Quartetto.

Er sterbe! doch er soll erst wissen, Wer ihm sein stolzes Herz zerfleischt Der Rache Dunkel sev zerrissen: Sieh her! Du hast dich nicht getäuscht, [Er schlägt den Mantel auf. Pizarro, den du stürzen wolltest,— Pizarro, den du fürchten solltest, Steht nun als Rächer hier!

FLORESTAN[GEFASST.]

Ein Mörder steht vor mir!

PIZZARRO

Noch einmal ruf’ ich dir, Was du gethan, zurück; Nur noch ein Augenblick, Und dieser Dolch—[Er will ihn durchbohren.

FIDELIO

[stürzt mit einem durchdringenden Schrei hervor und bedeckt Florestan mit ihrem Korper.]

Zurück?

FIO.

O Gott!

ROKKO

Was soll’s?

FIDELIO

Durchbohren! Musst du erst diese Brust. Der Tod sev dir geschworen Für deine Mörderlust.

PIZZARRO

[schleudert sie fort.] Wahnsinniger!

ROKKO

[zu Leonoren] Halt ein!

PIZZARRO

Er soll bestraft seyn.

FIDELIO

[noch einmal ihren Mann bedeckend.]

Tödte erst sein Weib!

PIZZARRO

Sein Weib!

ROKKO

Sein Weib!

FLORESTAN

Mein Weib!

FIDELIO

[zu Florestan.] Ja, sieh hier Leonoren.

FLORESTAN

Leonore!

FIDELIO

[zu den Andern.] Ich bin sein Weib, geschworen

Hab’ ich ihm Trost. Verderben dir!

PIZZARRO

Sein Weib! [für sich.] Welch unerhörter Muth!

FLORESTAN

[zu Leonoren.] Vor Freude starrt mein Blut!

ROKKO

Mir starrt vor Angst das Blut!

FIDELIO

Ich trotze seiner Wuth!

PIZZARRO

Soll ich vor einem Weibe beben? Nun opfr’ ich beide meinem Grimm! Getheilt hast du mit ihm das Leben, So theile nun den Tod mit ihm.

[Er will auf sie eindringen, Leonore zieht hastig eine kleine Pistole aus der Brust und hällt sie Pizarro vor.

FIDELIO

Noch einen Laut und du bist todt! [Man hört die Trompete auf dem Thurm.

PIZZARRO

Ha! der Minister! Hell und Tod!

ROKKO

O, was ist das? gerechter Gott!

[Pizarro steht betäubt, Rokko ebenso. Leonore hängt an Florestans Halse. Man hört die Trompeten stärker.

 

AUFTRITT IV.— Vorige—Jaquino,Offiziere Und Soldaten Erscheinen An Der Obersten Gitteröffnung Der Treppe.

JOAQUINO

[spricht während der angezeigten Musikpause] Vater Rokko! der Herr Minister kommt an! sein Gefolge ist schon vor dem Schlossthore.

ROKKO

[freudig und überrascht—für sich.] Gelobt sey Gott! [zu Jaquino sehr laut.] Wir kommen! ja, wir kommen augenbheklich! und diese Leute mit Fackeln sollen heruntersteigen und den Herrn Gouverneur hinauf begleiten.

[Die Soldaten kommen bis an die Thüre herunter. Die Offiziere und Jaquino gehen oben ab

PIZZARRO

Verflucht sey diese Stunde! Die Hölle spottet mein. Verzweiflung wird im Bunde Mit meiner Rache seyn.

ROKKO

O fürchterliche Stunde! O Gott! was wartet mein? Ich will nicht mehr im Bunde Mit diesem Wüthrich seyn.

FIDELIO UND FLORESTAN

{ Es schlägt der Rache Stunde, { Du sollst { Ich soll gerettet seyn. { Die Liehe wird im Bunde { Mit Muthe dich/mich befrei’n.

[Pizarro stürzt fort, und in er Rokko einem Wink qiebt, ihm zu folqen. Dieset benutzt den Augenblick, da Pizarro schon qeht, fasst die Hände beider Gatten, drückt sie an seine Brust, deutet qegen Himmel und eilt nach. Die Soldaten leuchten Pizarro vor.

 

 

AUFTRITT V.— Leonore, Florestan.

FLORESTAN

Treues Weib! was hast du meinetwegen erdullet?

FIDELIO

Nichts, nichts! mein Florestan!

 

SCENE V.— Leonora, Florestan.

 

O NAMENLOSE FREUDE!

 

FIDELIO

Du wieder nun in meinen Armen.

FLORESTAN

Gott! wie gross ist dein Erbarmen

BEIDE.

O Gott! dir Dank! für diese Lust!

FIDELIO

Mein Mann an dieser Brust!

FLORESTAN

Mein Weib an meiner Brust!

 

AUFTRITT VI.— Die Vorigen.—Rokko.

ROKKO

[hereinstürzend.] Gute Bothschaft! thr armen Leidenden! Der Herr Minister hat eine Liste aller Gefangenen—alle sollen ihm vorgeführt werden. [Zu Florestan.] Ihr allein sevd nicht erwähnt; euer Aufenthalt hier, is eine Eigenmächtigkeit des Gouverneurs. Kommt, folget mir hinauf.

Alle drei ab.

 

AUFTRITT VII.— Paradeplatz Des Schlosses Mit Der Statue Des Königs. Die Schlosswachen Marschieren Auf Und Bilden Ein Offenes Viereck. Dann Erscheint Der Minister,Don Fernando,VonPizarroUnd Offizieren Beqleitet, Von Der Einen Seite. Volk Strömt Herbei Von Der Andern Seite Erscheinen, VonJaquinoUndMarzellinenBeqleitet, Die Staats-qefanqenen. Sie Werfen Sich Alle Vor Don Fernando Auf Die Knie. Später DringtRokkoMitFlorestanUndLeonorenSich Durch Das Volk Und Durch Die Wachen.

 

Finale.

Chor—Der Gefangenen Und Des Volks.

Heil sey dem Tag! Heil sey der Stunde; Da, lang ersehnt, doch unvereint. Gerechtigkeit mit Huld im Bunde, Vor unsers Grabes Thor erschient.

FERNANDO

Des besten Königs Wink und Wille! Führt mich zu Euch, ihr Armen her, Das ich der Frevel Naeht enthülle, Die All’ umfangen schwarz und schwer.

Nicht länger knieet sclavisch nieder. Tyrannenstrenge sey mir fern; Es sucht der Bruder seine Brüder, Und kann er helfen, hilft er geru.

 

AUFTRITT VIII.— Die Vorigen.—Rokko LeonoreUndFlorestan.

ROKKO

Wohlan! so helfet, helft den Armen!

PIZZARRO

Was seh ich? ha!

ROKKO

Bewegt es dich?

PIZZARRO

Fort! fort!

FERNANDO

Nein, rede!

ROKKO

All Erbarmen Vereine diesem Paare sich! [Florestan vorführend. Don Florestan!

FERNANDO

Der Todtgeglaubte? Der Edle, der für Wahrheit stritt?

ROKKO

Und Qualen, ohne Zahl, erlitt.

FERNANDO

Mein Freund! der Todtgeglaubte! Gefesselt, bleich, steht er vor mir.

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ROKKO FIDELIO}

Ja, Florestan! Ihr seht ihn hier.

ROKKO

Und Leonore![Sie vorstellend.

FERNANDO

[noch mehr betroffen.] Leonore?

ROKKO

Der Frauen Zierde führ’ ich vor; Sie kam hierher—

PIZZARRO

Zwei Worte sagen—

FERNANDO

[zu Pizarro.] Kein Wort! [zu Rokko.] Sie kam?—

ROKKO

Dort an mein Thor, Und trat als Knecht in meine Dienste, Und that so brave, treue Dienste, Dass ich zum Eidam sie erkor!

MARZELLINE

O weh mir! was vernimmt mein Ohr?

ROKKO

Der Unmensch wollt in dieser Stunde An Florestan vollziehn den Mord.

PIZZARRO

Vollziehn!—Mit ihm—

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ROKKO[AUF SICH UND LEONOREN DEUTEND.]

Mit uns im Bunde! Nur Euer Kommen rief ihn fort.

CHO.

Bestrafet sey der Bösewicht, Der Unschuld unterdrückt: Gerechtigkeit hält zum Gericht Der Rache Schwerdt gezückt.

FLORESTAN[ZU ROKKO.]

Du schlossest auf des Edlen Grab, Jetzt nimm ihm seine Ketten ab! Doch halt!—Euch, edle Frau, allein Euch ziemt es ganz ihn zu befrien. [Leonore nimmt die Schlüssel, lässt in grösster Bewegung Florestan die Ketten ab: er sinkt in Leonorens Arme.

FIDELIO

O Gott! o welch ein Augenblick!

FLORESTAN

O unaussprechlich süsses Glück!

FERNANDO

Gerecht, o Gott! ist dein Gericht!

ROKKO MARZELLINE}

Du prüfest, du verlässt uns nicht.

CHO.

Wer ein solches Weib errungen, Stimm in unsern Jubel ein! Nie wird es zu hoch besungen, Retterinn des Gatten seyn.

FLORESTAN

Deine Treu erhielt mein Leben;

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Tugend schreckt den Bösewicht.

FIDELIO

Liebe führte mein Bestreben, Wahre Liebe fürchtet nicht.

CHO.

Preist mit hoher Freude Gluth Leonorens edlen Muth.

FLORESTAN[VORTRETEND UND AUF LEONOREN DEUTEND.]

Wer ein solches Weib errungen, Stimm in unsern Jubel ein! Nie wird es zu hoch besungen, Retterinn des Gatten seyn.

LEO [UMARMT IHM.]

Liebend ist es mir gelungen, Dich aus Ketten zu befreien; Liebend seh es hoch gesungen, Florestan ist wieder mein!

ROKKO UND CHO.

Wer ein solches Weib errungen, Stimm in unsern Jubel ein! Nie wird es zu hoch besungen, Retterinn des Gatten seyn.

 

ENDE.

 

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der online Opernführer, Die Handlung

 

 

 

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