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Online Opernführer & Handlung zu Leonard Bernsteins CANDIDE

Diese Operette von Leonard Bernstein ist ein absolutes Juwel. Jedes der Stücke besitzt umwerfendem Humor, Leidenschaft und Musikalität. Es ist zugleich Komödie und Gesellschaftskritik. Zu Berühmtheit hat es die Ouvertüre gebracht und man muss fast schon zu Rossini zurück gehen, um ein Vorspiel zu finden, die so perfekt die Komik der Handlung festhält.

 

 

Die umwerfende konzertante Version mit von Lenny höchstpersönlich dirigiert und kommentiert:

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Inhalt

Handlung

♪ Akt I  (Westfalen, Auto-da-fe, Paris, Cadiz)

♪ Akt II  (Montevideo, Jesuiten, Eldorado, Surinam, Venedig)

 

Aufnahme Empfehlung

Aufnahme Empfehlung

 

Höhepunkte

Ouverture

Life is happiness indeed

Oh happy we

It must be so

Auto-da-fé

Glitter and be gay (Juwelen Arie)

What’s the use

Make our garden grow

 

 

 


ROLLEN & HANDLUNG VON CANDIDE

 

 

 

 

 

 

Voltaire und Leibnitz – Der Streit der Philosophen

Bernsteins Candide folgt recht genau Voltaires Novelle «Candide oder der Optimismus» (frz. «Candide ou l’optimisme») von 1755. Um Bernsteins Candide zu verstehen, lohnt es sich kurz auf die philosophische Debatte einzugehen, die Voltaire bewog Candide zu schreiben, um diese im zweiten Schritt mit Bernsteins Lebenswirklichkeit zu spiegeln.

Voltaire schilderte den Protagonisten Candide als einen naiven, zum Optimismus erzogenen Jüngling, der sein vertrautes Zuhause und seine Geliebte verlassen muss. Sein Weg führt ihn um den ganzen Erdball, und er erlebt eine groteske Katastrophe nach der anderen. Nur langsam dämmert es ihm, dass sein eingetrichtertes naives optimistisches Menschenbild – sein Glauben an die beste aller Welten – der Realität nicht standhält.

Voltaire schrieb Candide als Widerspruch zu Leibnitz’ These, der die Wirklichkeit als «die beste aller möglichen Welten» postulierte. Sie besagt, dass Gott zwar viele mögliche Welten denken könne, aber nur die beste wolle.

 

 

Voltaires Kritik an den herrschenden Institutionen

Für Voltaire, der unter dem Eindruck der Katastrophen des sieben jährigen Krieges und des Erdbebens von Lissabon stand, handelte es sich bei Leibnitz’ These um eine naive, utopische Sichtweise, gefördert von Institutionen, wie die Kirche oder dem Adel, die so die Bevölkerung zu ihrem Vorteil zu manipulieren suchten. Damit scheint er den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben, denn der Vatikan setzte das Werk kurz nach der Veröffentlichung auf den Index.

 

 

Bernsteins Kritik an der Mc Carthy Zeit

200 Jahre später war der Adressat der Kritik nicht mehr die Kirche. Bernsteins Candide ist ein Werk, welches unter dem Eindruck der McCarthy Ära der USA der fünfziger Jahre geschrieben wurde. Menschen, die der kommunistischen Umtriebe verdächtigt wurden, wurden vor parlamentarische Untersuchungsausschüsse (z. B. dem Komitee für unamerikanische Umtriebe, dem House Committee on un-American Activities) gezerrt, verhört und wurden so stigmatisiert. Betroffen waren viele Künstler, die unter Boykotten und faktischen Berufsverboten litten, weil die Theater bei deren Engagement Angst vor Repressalien hatten. Beide Hauptautoren dieses Werks, der Komponist Bernstein und die Librettistin Hellman Hellman (wie auch viele Ihrer Freunde) waren persönliche Zielscheiben von heftigen Verfolgungen der Tribunale. Für beide war Candide eine Herzensangelegenheit. Bernstein begleitete die Uraufführung mit einem in der New York Times veröffentlichten Artikel, der Amerikas puritanischen Snobismus, dessen Doppelmoral sowie die inquisitorischen Angriffe auf das Individuum anklagte.

 

 

Hellman adaptiert Voltaires Vorlage

Voltaires Candide war vom Umfang her mit knapp 90 Seiten recht bescheiden angelegt, doch der Inhalt hatte es in sich. Fast auf jeder Seite befindet sich Candide an einem neuen Ort und muss ein neues Abenteuer bestehen. Die Autorin Lillian Hellman übernahm Voltaires Geschichte im Großen und Ganzen. Sie kippte einzelne Abenteuer aus der Handlung und erfand einige neu (z.B. das Auto-da-fé oder die Casino-Szene).

 

 

Lillian Hellman

Lillian HellmanHellman war eine schillernde Figur. Sie ging 1936 nach Europa, wo sie als Korrespondentin vom Spanischen Bürgerkrieg berichtete und Ernest Hemingway kennenlernte, den sie einige Zeit begleitete. Mit ihrer aufrechten Haltung in den McCarthy Tribunalen galt sie als Vorbild gegen die Intoleranz der McCarthy Ära (Quelle: Wikipedia).

 

 

Die schwierige Geschichte des Werks

Nach der Uraufführung 1956 durchging das Werk eine komplizierte, 35 Jahre währende Geschichte von Überarbeitungen, die mit Verdis Leidensgeschichte des Don Carlos durchaus vergleichbar ist. Die Handlung war ungemein komplex und Lillian Hellmans Behauptung, sie habe 7 verschiedene Drehbuchversionen schreiben müssen, erscheint glaubhaft.

Die Publikumsresonanz am Broadway war mäßig und Candide wurde schon nach 73 Aufführungen abgesetzt. Das Werk litt unter der verworrenen Handlung, dem bärbeißigen Ernst der Texte und der übertriebenen Länge (es bestand aus über 30 Nummern!). In den folgenden 3 Jahrzehnten veränderten verschiedene Personen das Werk, bis Leonard Bernstein 1988 persönlich die «endgültige, revidierte Version» schrieb, entschlackt und mit pfiffigeren Lyrics.

 

 

Die vielen Väter des Werks

Während Bernstein der einzige Komponist des Werks war (wenn man von der Person absieht, der ihm bei der Orchestrierung zur Hand ging), haben über die Jahre rund ein Dutzend Personen mit Songtexten beigetragen, darunter auch Bernstein selbst. Zuvorderst zu nennen ist Lillian Hellman Hellman, die die Idee hatte und das Drehbuch schrieb. Am Broadway war es üblich, dass Drehbuch und Texte von unterschiedlichen Autoren geschrieben wurden. Aufgrund des Zeitdrucks und der vielen Drehbuch-Varianten wurden schon für die erste Version verschiedenste Texter hinzugezogen, den Löwenanteil der Texte schrieb Richard Wilbur.

 

 

Candide: Musical, Oper, Operette oder gar Opernparodie?

Die Musikwelt ist sich nicht einig, zu welchem Genre das Werk gehört. Bernstein selbst bezeichnete das Werk als Operette. Während die Westside Story mit seiner jazzigen Musik und den vielen Tanzszenen ein Stück des Broadway Genre ist, basiert Candide auf «anspruchsvolleren», klassischeren Formen wie Mazurkas, Gavottes etc.  und die Hauptrollen sind musikalisch so anspruchsvoll, dass sie mit ausgebildeten Opernsängern besetzt werden müssen.

 

 

 

 

CANDIDE AKT I

 

 

 

 

 

 

Die berühmte Ouvertüre

Bernsteins von Witz sprühende und musikalisch funkelnde Ouvertüre gehört zu den am meisten gespielten Stücken von amerikanischen, klassischen Komponisten. Im Stile von Rossini zitiert es viele Themen der Oper, die wir in Stücken wie «The Best of All Possible Worlds”, “Battle Music”, “Oh, Happy We”, und “Glitter and Be Gay” antreffen werden.


Wir hören sie in der vom Komponisten persönlich dirigierten Interpretation.

Ouvertüre  –  Bernstein

Handlung: Im Schloss Thunder-ten-Tronk im rückständigen Westfalen. Mit seiner Familie lebt dort Candide,  der uneheliche Sohn des Barons. Er ist ein fröhliches und einfaches Gemüt und ist verliebt in seine luxussüchtige Halbschwester Cunegonde, die seine Gefühle erwidert. Die Familie führt auf dem Schloss ein glückliches und unbeschwertes Leben.

Das erste Stück erscheint im Kleid einer fröhlichen Gavotte. Der Text ist umwerfend, jede der vier Hauptpersonen wird mit ein paar Zeilen treffend beschrieben und das Stück endet mit einem schwungvollen Ensemble und einem hohen C von Cunegonde.

Life is happiness indeed  –  Hadley / Anderson / Ollmann  / della Jones

 

 

Des Hausphilosophen Credo: wir leben in der besten aller Welten

Handlung: Dr. Pangloss, der Hausphilosoph hat die Familie gelehrt, man solle glücklich sein, lebe man doch in der besten aller Welten. Etwaige Zweifel, dass es Widrigkeiten im Leben gäbe zerstreut er, er kann sogar Dingen wie Krieg Gutes abgewinnen.

Pangloss Begründung, dass Krieg sein Gutes hat ist wie folgt:

Krieg! Mag der Krieg auch als blutiger Fluch erscheinen,
ist er andererseits doch ein Segen.
Wenn die Kanonen donnern,
sind reich und arm durch Gefahr vereint

The best o fall possible worldHadley/Anderson/Ollmann/Bernstein

 

 

Das reizende Duett von Cunegonde und Candide

Handlung: Candide und Cunegonde treffen sich im Park und träumen von ihrer gemeinsamen Zukunft. Doch ihre Erwartungen gehen auseinander. Cunegonde schwebt Luxus und Schmuck vor, Candide träumt von einem einfachen Leben auf dem Bauernhof mit vielen Kindern. Doch beide sind mit ihren eigenen Träumen beschäftigt, und sie erkennen den tiefen Graben nicht.

Bernstein arbeitete in diesen Jahren auch an der West Side Story. Dieser Song war ursprünglich für ein Duett von Tony und Maria komponiert, fiel aber bei Kürzungen weg. Bernstein hasste es, für den Papierkorb zu schreiben und verwendete den Song (glücklicherweise) für Candide.

Dieses Duett «oh happy we» wurde zu einer der großartigen Perlen dieses Werk. Bernstein liebte schräge Takte, in diesem Stück verwendet er einen 7/4 Takt der ein reizendes Schweben zwischen 4/4-Takt und ¾-Takt erzeugt.

Soon when we feel we can afford it…Oh happy we  –  Hadley/Anderson/Bernstein

Candides verliert Cunegonde

Handlung: Die Familie verbietet die unstandesgemässe Verbindung und jagt Candide fort. Er ist tieftraurig, dass er Cunegonde verlassen muss. Doch er will nach vorne schauen, Pangloss lehrte ihn Optimismus, er glaubt an das Schicksal, das ihm die beste aller möglichen Welten bereithält.

Candides Figur erinnert mit seiner ernsthaften Musik unmittelbar an Mozarts Tenorrollen wie den Don Ottavio oder den Belmonte. Wie im «Don Giovanni» und in der «Entführung aus dem Serail» handelt es sich um eine ernsthafte Rolle in einer tragischen Komödie. Es ist wie bei Mozart die Figur der Opera seria, die unfreiwillig in eine opera buffa gerät. Es ist Candides Tragik, dass seine Geliebte kein alter Ego wie Konstanze oder Donna Anna ist, sondern nur eine durchtriebene luxussüchtige Cunegonde.

My world ist dust now…It must be so  –  Hadley

 

 

Das schreckliche Schicksal seiner Familie

Handlung: Westfalen wird von einem Krieg heimgesucht. Candide wird zwangsrekrutiert. Er wird nach einem Desertierungsversuch gefoltert und schafft es im zweiten Versuch zum Schloss zurückzukehren. Dort findet seine Familie tot in den Trümmern des Schlosses. Cunegonde wurde von den Soldaten zuvor mehrfach geschändet. Candide verabschiedet sich von der toten Geliebten.

Wir hören in Candides Klagelied noch einmal Jerry Hadley. Er war ein lyrischer Tenor, der hauptsächlich Mozart und Donizetti sang. Er wurde in den achtziger Jahre entdeckt. Joan Sutherland und Richard Bonynge förderten ihn und Bernstein arbeitete wiederholt mit ihm zusammen. Sein Leben endete 2007 mit einem Selbstmord tragisch.

Cunegonde

 

 

Pangloss Krankheit

Handlung: Einsam wandert Candide weiter und trifft überraschend auf Pangloss. Sein Lehrer konnte sich vor den plündernden Armeen retten, doch die Syphilis hat ihm arg zugesetzt. Darin sieht der Philosoph jedoch Positives, denn nur wer den Schmerz kennt, weiß die Freuden genießen, die ihm die Krankheit beschert hat.

Dieses Stück wird auch der Syphilis Song genannt. Es ist ein großartiger Song mit von Witz sprühendem Text und einer wunderschönen Melodie im Chor. Manch einem schwebt beim Anhören dieser Musik Gilbert & Sullivan im Ohr.

Dear Boy  –  Allen

 

 

Das Auto-da-fé – eine Schlüsselszene des Werks

Handlung: Die beiden lernen einen Kaufmann kennen, der sie nach Lissabon bringt. Dort angekommen bricht ein gigantischer Vulkan aus. Glücklicherweise gehören die beiden nicht zu den dreißig tausend Toten. Doch das Schicksal ereilt sie, als Pangloss seine Ketzerische Philosophie verbreitet. Sie werden von der Inquisition festgenommen und zum Auto-da-fé geführt. Pangloss verweist auf seine Geschlechtskrankheit, die es verbietet ihn hinzurichten. Er wird zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt und stirbt. Candide kommt glimpflich weg und kassiert lediglich Peitschenhiebe.

Die Auto-da-fé Szene findet sich nicht in Voltaires Vorlage und dennoch ist es eine Schlüsselszene des Werks. Unverhohlen setzen die Autoren das Inquisitionsgericht den Tribunalen der Hexenjagd Mc McCarthys gleich. Genauso wie Voltaire war Bernsteins Antwort auf die Ungerechtigkeit eine Satire, denn nur so schien eine Verarbeitung des Geschehenen möglich.

Auch diese Szene ist ein Liebesbezeugung Bernsteins an die europäische Oper, Verdis Don Carlo lässt grüßen.

Auto-da-fe  –  Bernstein

 

Handlung: Candide beginnt an seinem Optimismus zu zweifeln. Doch selbstkritisch sieht der den Fehler bei sich.

My master told me…it must be me

 

 

In Paris

Handlung: In Paris.

Der sogenannte Pariser Walzer ist eine Mazurka und ein Tribut an Chopin. Es ist ein Orchesterstück mit schöner Einlage von Solovioline und Flöte. Er wird manchmal auch an anderer Stelle gespielt als Walzer des Gouverneurs.

Paris Waltz  –  Bernstein

 

Glitter and Gay  –  die große Arie der Cunegonde

Handlung: Dort lebt eine Kurtisane, die von zwei Liebhabern ausgehalten wird, dem Erzbischof von Paris und einem reichen jüdischen Kaufmann. Es ist Cunegonde. Sie verachtet ihr Leben, doch sie liebt den Luxus, den es ermöglicht.

Die Titelrolle gehört zwar der männlichen Hauptrolle Candide, doch die berühmteste Arie darf Cunegonde singen. Diese Arie wurde ein Showpiece für Koloratursoprane.

Bernstein nannte Candide eine Valentin Karte für die europäische Oper. Diese Arie der Cunegonde die über Luxus und Schmuck singt, spielt nicht zufällig in Paris, denn es ist eine unverhohlene Parodie auf Gounods «Juwelenarie» aus dessen Meisterwerk «Faust».

Bei diesem Stück handelt es sich um eine Arie für Koloratursopran mit dem Anspruch einer Opernarie. Sie stellt die Interpretin vor einige Schwierigkeiten. Zum einen hat die Arie einen großen Tonumfang –  es müssen drei hohe Es gesungen werden! – und zum anderen sind einige der verzierten Skalen äußerst vertrackt. Zudem muss das ganze muss mit scheinbarer Leichtigkeit und Witz gesungen werden, man befindet sich ja schließlich in einer Komödie.

Barbara Cook war die erste Cunegonde. Das Casting Team hatte dannzumal große Mühe eine geeignete Sängerin zu finden, die die hohen Noten hinbekam. Bernstein wählte Barbara Cook persönlich aus und coachte sie für diese schwierige Rolle. Cook verglich später das Singen dieses Stück mit einem athletischen Grosseffort. Auf der Aufnahme spürt man die Plackerei nicht mehr, die Singfreude in diesem Stück ist ansteckend.

Glitter and be gay – Cook

 

Sie hören eine zweite Aufnahme mit Scarlett Strallen. Sie bringt die Royal Albert Hall zum Kochen.

Glitter and be gay – Strallen

 

 

Candide trifft die Untote Cunegonde

Handlung: Der Zufall hat auch Candide nach Paris verschlagen, wo er zu seinem Erstaunen auf Cunegonde trifft. Die beiden sind glücklich, einander wieder zu haben.

Auch dieses Stück ist eine liebevolle Parodie auf die europäische Belcanto Tradition, bei der die beiden in Terzen und Sexten Arpeggien singen (siehe beispielsweise im Tonbeispiel 2:27). Der Text der beiden ungleichen Person sprüht vor Witz und höherem Nonsens:

What torture, oh what pain
Holland, Portugal and Spain

Bernstein beglückt den Hörer mit einem überschwänglichen Walzer im Refrain dieses Duetts.

You were dead, you know. Oh is it true, Cunegonde

Die Alte Dame tritt auf

Handlung: Sie werden von der alten Dame gestört, der Begleiterin Cunegondes. Sie meldet das Ankommen ihrer Liebhaber. In einem Anfall tötet Candide beide. Der Kardinal wird in der großen Kathedrale beigesetzt. Der Jude landet im nächsten Abwasserkanal. Cunegonde, Candide und die alte Dame fliehen. Auf der Flucht werden sie ausgeraubt. Um Ihr Nachtessen zu verdienen singt die alte Dame in Cádiz ein Lied von ihrer unglücklichen Vergangenheit.

Bei diesem weiteren umwerfenden Stück handelt es sich um einen Flamenco. Die alte Dame spricht von ihrer Herkunft aus Rovno Gobernia. Dabei handelt es sich nicht aus einer Ortsangabe Voltaires, sondern um einen Einfall Bernsteins. Und zwar war Rovno Gobernia der Geburtsort seines aus Russland emigrierten Vaters. Der Text dieses Stück stammt von Bernstein selber. Eine Anekdote besagt, dass er beim Texten auf Rovno Gobernia keinen Reim fand und seiner (spanisch sprechenden Frau) Felicia sein Leid klagte. Da die alte Dame im Flamenco spanisch singt, kam Felicia spontan der urkomische Vers «me muero me sale una hernia» («ich sterbe, ich glaub ich bekomm ne Hernie») ein (I am dying and growing a hernia).

Wir hören dieses Stück in einer wunderbaren Interpretation von Christa Ludwig.

I was not born in sunny hispania … I am so easily assimilated (1)  –  Christa Ludwig

 

Eine zweite Version von La Pune, herrlich komödiantisch.

I was not born in sunny hispania … I am so easily assimilated (2)  – La Pune

 

Handlung: Candide bleibt Optimist. Auf der Flucht vor der Pariser Polizei lässt sich Candide von den Jesuiten für ihren Kampf in Südamerika anheuern. Die beiden Frauen begleiten ihn auf der Überfahrt nach Montevideo.

Der Akt endet mit einem schönen Quartett.

Once again we must be gone

 

 

 

CANDIDE AKT II

 

 

 

Nächste Station: Montevideo

Handlung: Maximilian und Paquette sind wundersamerweise wieder am Leben und wurden als Sklaven nach Montevideo verschleppt. Maximilian war als Frau verkleidet und der Gouverneur  von Montevideo verliebte sich in ihn. Als er seinen Irrtum bemerkt, trifft er auf die frisch eingetroffene Cunegonde und macht ihr Avancen.

Dieses Stück ist auch bekannt unter dem Namen Governor’s Serenade. Es ist ein schönes Stück in bester Broadway Manier.

Poets have said…My love  –  Burt

Die Intrige der alten Lady

Handlung: Die Alte Lady schummelt Candide vor, die französische Polizei sei immer noch hinter ihr her. Er flieht in den Dschungel und die alte Lady verkuppelt Cunegonde mit dem Gouverneur.

We are women  –  Chenoweth/LuPone

 

 

Candide trifft im Dschungel auf alte Bekannte

Handlung: Candide, begleitet vom Halbblut Cacambo, ist auf dem Weg zum Jesuiten Camp mitten im Dschungel. Dort leben Paquette als Äbtissin und Maximilian als Jesuitenpater.

Come heathen of America (Pilgrims procession)  –  Bernstein

 

 

Handlung: Freudig erzählt Candide ihnen, dass auch Cunegonde noch am Leben ist und sie planen zu heiraten. Als Maximilian die Heirat als unstandesgemäss bezeichnet, ersticht Candide ihn und flieht aus dem Jesuiten Camp.

 

Cunegonde sitzt derweil gelangweilt im Palast des Gouverneurs

Handlung: Mittlerweile sind 3 Jahre vergangen. Cunegonde und die Alte Lady leben gelangweilt im Luxus des Palastes des Gouverneurs. Cunegonde beklagt sich beim Gouverneur, dass er ihr vor langer Zeit die Heirat versprochen habe.

 

 

Candide findet das Eldorado

Handlung: Auf der Flucht durch den Urwald ist Candide auf ein wundersames Land gestoßen. Es ist Eldorado, ein Land wo Edelsteine auf dem Boden herumliegen und es allen Leuten gut geht. Doch Candide will nicht bleiben ohne seine Cunegonde. Er will nur ein paar Edelsteine mitnehmen um sie freikaufen zu können.

Die Ballade of Eldorado ist in der seltenen 5/8 Taktart geschrieben.

Up a seashell mountain (Ballad of Eldorado)

 

 

Candide trifft auf einen Pessimisten

Handlung: Weil er befürchtet festgenommen zu werden, schickt er seinen Begleiter Cacambo mit Edelsteinen um Cunegonde freizukaufen. Er will sie ihn Venedig treffen. Auf seinem Weg nach Venedig passiert Candide Surinam, wo er auf den Pessimisten Martin trifft, der Habgier und Bosheit als die treibende Kräfte des Menschen brandmarkt.

Wir hören in dieser Interpretation des alten Philosophen Adolph Green, einem lebenslangen engen Freund Bernsteins und künstlerischen Kollegen.

Free will. Humanity. Love. … Words, words, words  –  Adolph Green

 

 

Die skurrile Rettung Candides aus Seenot

Handlung: Dort kauft er von einem holländischen Gauner ein Segelschiff um den Ozean zu queren. Er fühlt sich nun wieder voller Glück in dieser besten aller möglichen Welten. Doch das Glück währt nur kurze Dauer, denn das Schiff sinkt bald. Candide wird von einem Floss gerettet, das von 4 Königen gerudert und von Pangloss gesteuert wird.

Was liegt musikalisch näher als eine Barcarolle wenn es Richtung Venedig geht?

Kings Barcarolle –  Hadley / Green / Bayley / Jenkins / Benson / Stuart / Treleaven

 

In Venedig im Casino

Handlung: Das Floss schafft den Weg nach Venedig, wo sich die Könige sofort ins Casino begeben. Dort sind Cunegonde und die Alte Lady angestellt, um die Spieler zu animieren und sie zu betrügen. Auch Maximilian ist wundersamerweise in der Stadt und ist deren korrupter Polizeichef.

Es erwartet den Hörer ein weiterer Höhepunkt, das walzerselige: «What’s the use».

I’ve always been wily and clever…What’s the use –  LuPone/Olsen/Herrera/McElroy

 

Handlung: Pangloss hat im Roulette Spiel die Bank gesprengt. Cunegonde interessiert sich nicht für Candide, sondern stürzt sich zusammen mit der alten Lady auf Pangloss um vom Geld zu profitieren.

Dieses Stück trägt den Namen «Venice Gavotte». Es ist ein schönes, aber musikalisch recht komplexes Stück mit Kontrapunkt (in Video ab 3:10) , das die 2 Themen des ersten Teils miteinander verknüpft.

I’ve got troubles, as I’ve said (Venice Gavotte) –  Hadley/Anderson/Ludwig/Green

 

 

Candides Desillusion

Handlung: Candide ist desillusioniert. War für Cunegonde Reichtum schon immer wichtiger als Liebe?

 

Die Moral der Geschichte

Handlung: Während Tagen sprechen die beiden kein Wort. Sie kaufen sich mit dem verbliebenen Geld einen kleinen Bauernhof. Irgendwann vertragen sich Cunegonde und Candide wieder. Auch wenn die Liebe nicht mehr blüht wie früher, wollen sie heiraten. Denn das Leben ist weder gut noch schlecht.

Voltaire beendet die Odyssee des Candide und Cunegonde auf deren kleinstmöglichen Nenner, der Beschränkung auf die gemeinsame banale häusliche Arbeit. Voltaires Moral der Geschichte «il faut cultiver son jardin» ist resignierend doch irgendwie tröstlich. Bernstein machte daraus “Make Our Garden Grow”, dessen Text Voltaires Vorlage folgt. Die Musik spricht aber eine andere Sprache, Bernstein hat einen ekstatische optimistischen Schluss komponiert. Den Bernstein war schlussendlich … ein Optimist.

You’ve been a fool and so have I… Make our garden grow.

 

 

 

Aufnahmeempfehlung der Operette CANDIDE

DG mit Christa Ludwig, Nicolas Gedda, June Anderson, Adolph Green und Jeremy Hadley unter der Leitung von Leonard Bernstein und dem Chor und Orchester der London Symphony.

 

 

Peter Lutz, opera-inside, dem online Opernführer zu CANDIDE von Leonard Bernstein.

 

 

 

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