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Opernführer und Handlung über Puccini’s MANON LESCAUT

«Manon Lescaut» ist die Oper die Puccini zum Stern am Opern am Opernhimmel machte. Das Werk überwältigt den Hörer mit Motiven und Melodien und nie war er der Musik Richard Wagners näher als hier. Mit «Donna non vidi mai», dem Intermezzo und dem Liebesduett hat Puccini ikonische Stücke geschrieben.

Inhalt

Kommentar

Akt I 

Akt II

Akt III

Akt IV

 

Höhepunkte

Tra voi, belle brune e bionde

Cortese damigella

Donna non vidi mai

In queste trine morbide

Poiché tu vuoi saper … Per me tu lotti

Vi prego signorina Menuett Szene

Tu, tu amore, tu Liebes Duett

Intermezzo

Manon disperato

♪ Presta in filo … No! Pazzo son!

♪ Sola, perduta, abbandonate

♪ Fra le tue braccia amore

 

 

 

Aufnahme Empfehlung

♪ Aufnahme Empfehlung

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

Turin 1893

LIBRETTO

Erster Variante von Marco Praga und Domenico Oliva, spätere Anpassungen durch Ruggiero Leoncavallo, Giulio Ricordi, Giacomo Puccini, Giuseppe Giacosa und Luigi Illica basierend auf dem Roman Manon Lescaut von Abbé Prévost

DIE HAUPTROLLEN

Manon Lescaut, junge Frau (Sopran)Lescaut, ihr Bruder (Bariton) – Des Grieux, Student (Tenor) Geronte di Ravoir, königlicher Steuereintreiber (Bass)

AUFNAHME EMPFEHLUNG

DG, Mirella Freni, Plàcido Domingo, Kurt Rydl, Renato Bruson unter der Leitung von Giuseppe Sinopoli und dem Philharmonia Orchestra und dem Chor des Royal Opera House, Convent Garden

 

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

 

Die Ausgangslage

Puccinis Verleger Ricordi wollte eigentlich, dass Puccini den Roman Tosca vertont. Puccini war aber fasziniert von Prévosts Drama «Manon Lescaut» und dessen Titelheldin. Allerdings hatte Massenet diese literarische Vorlage 10 Jahre zuvor mit einem glänzenden Werk gekrönt und Puccini wollte unbedingt vermeiden, in den Verdacht zu geraten ein Plagiat dieses Werks geschaffen zu schaffen. Zudem setzte Puccini sich selbst unter Erfolgsdruck, weil die Uraufführung des Vorgängerwerk «Edgar» zum Fiasko geriet.

 

 

Das Libretto und die schwierige Geburt

Der Dramatiker Marco Praga übernahm nach anfänglichem Zögern die Rolle das Werk zu skizzieren und Domenico Oliva lieferte die Verse dazu. Puccini begann 1890 die Vertonung des Librettos. Er wurde während des Kompositionsprozesses unzufrieden mit der Vorlage, unter anderem entfernte er eine Szene. Darauf kündigte Praga seine Mitarbeit auf und Ruggiero Leoncavallo (der das Libretto ursprünglich schreiben sollte) übernahm die Aufgabe es zu überarbeiten, gab das Vorhaben wegen Arbeitsüberlastung bald schon auf. Puccini und Ricordi legten selbst auch noch Hand an, bis schliesslich Luigi Illica und Giuseppe Giacos die letzten Anpassungen vor allem in der Lever-Szene des zweiten Aktes und der Appell-Szene des Le Havre Aktes machten. Dieser Prozess dauerte volle 3 Jahre, am Schluss war Praga nicht mehr bereit seinen Namen herzugeben und man einigte sich bei der Uraufführung darauf, das Werk ohne Namensangabe eines Librettisten zu veröffentlichen.

Erstaunlicherweise ist man sich im Nachhinein einmütig der Meinung, dass der Text gut gelungen sei. Im Bereich der Handlung wurde das Werk oft kritisiert. Die Hauptkritikpunkte sind, dass die Handlung inhaltliche Sprünge macht, die für den Hörer nicht nachvollziehbar sind und dass der letzte Akt sich  auf eine Sterbeszene beschränkt.

Die Schwierigkeiten ein Libretto zu gestalten, begleiteten Puccini sein (Künstler-)Leben lang,  stets lag er mit seinen Librettisten im Clinch und mehrmals endete die Zusamenarbeit im Zerwürfnis. Was waren die Gründe für diese Schwierigkeiten ein Libretto zu gestalten? Der Hauptgrund mag darin gelegen haben, dass die herkömmlichen Formschemas wie scena ed aria, concertati, coro d’introduzione, Ouvertura etc. es den Librettisten des Belcanto ermöglichten, stil- und formsicher ein Libretto auf die Beine zu stellen, deren Konventionen allgemein geteilt wurden. Selbst Verdi griff in zum grossen Teil auf diese Formen zurück. Mit Richard Wagner und dem Verismo wurde nun alles anders. Man wollte die Konventionen sprengen, ohne dass sich etwas Neues entwickeln konnte. So musste die Inspiration herhalten und mit jedem Werk musste das Rad neu erfunden werden.

 

Musikalische Charakterisierung – Der Einfluss Wagners

Puccini war ein glühender Bewunderer von Wagners Werk, seine Lieblingsoper war «Parsifal», zu dessen Aufführung er 20 Jahre später nach Bayreuth pilgern sollte. In keiner seiner Opern war er Wagner näher als in «Manon Lescaut». Puccini machte aus den Anklängen zu Wagner keinen Hehl und zitierte den Tristan-Akkord im 2. Akt mehrmals. Auch ging er in der Leitmotiv-Technik nie mehr so weit, wie in diesem Werk. Keines seiner späteren Themen sollte mehr so wagnerisch werden wie «Nell’occhio». Geradezu zum Wagner-Fest wurde das grosse Liebesduett des zweiten Aktes, das dramatisch mit seinem Dreiecksverhältnis (Frau liebt jungen Mann ist aber mit einem älteren Mann  verheiratet) ein Pendant zum Tristan bildet.

 

 

Musikalische Charakterisierung – Altertümliche Formen

Puccinis wollte sich mit seinem berühmten Ausspruch «Massenet fühlt das Stück als Franzose, mit der Atmosphäre von Puder und Menuetten. Ich werde es als Italiener fühlen, mit der Leidenschaft der Verzweiflung» bewusst vom Franzosen abgrenzen. Allerdings hat Puccini die Puderdose auch sehr grosszügig über sein Werk ausgeschüttet, die Madrigale des ersten und zweiten Aktes und die Menuett-Szene des zweiten Aktes sind promimente Beweise.

 

 

Musikalische Charakterisierung – das Orchester

Mit diesem Werk machte Puccini bereits den Sprung zu seinem Reife-Stil. Das Orchester ist reich an Farben und er emanzipierte dessen Rolle, viele der Leitmotive sind im Orchester hörbar und es tritt gleichberechtigt in den Dialog mit den Sängern. Besonders ohrenfällig ist, dass Puccini die Instrumente oft an den Grenzen ihres Register spielen lässt und dies (wie es auch sein Zeitgenosse Mahler) als Stilmittel nutzte, um die extremen Gefühlzustände der Protagonisten zu schildern. Besonders die Melodien Des Grieux’ werden von den Instrumenten über mehrere Oktaven verdoppelt

 

 

Musikalische Charakterisierung – Leitmotive

In keinem anderen Werk Puccinis nehmen Leitmotive eine wichtigere Stelle ein. Aus diesem Grund finden Sie in den kommentierten Musikbeispiele Notenbeispiele zu den wichtigsten Leitmotive, um  Ihren Hörgenuss mit dem Wiederkennen zu steigern. Die Motive sind glänzend komponiert, «Manon Lescaut» war geradezu ein kreativer Ausbruch an Melodik. Puccini verwendet die Leitmotive dramatisch geschickt, und sie nehmen teilweise die Funktion eine Kommentierenden ein. Der letzte Akt wird gar zu «einem Akt der Reminiszenzen», ein Stilelement das wir in anderen Opern Puccinis antreffen werden, bei dem Puccini den Schluss-Akt nur noch mit Motiven der vorhergehenden drei Akte bespielt.

 

 

Musikalische Charakterisierung – die Sänger

Puccini fokussierte die Handlung der Oper hauptsächlich auf das Seelengemälde des Paars, behandelte die Sängerrollen der beiden Protagonisten aber sehr unterschiedlich. Keine andere Oper Puccini gibt dem Tenor mit 6 eigenständigen Arien und weiteren Duetten eine solche Präsenz, Des Grieux wurde zur längsten Tenorrolle Puccinis. Demgegenüber hat Manon nur zwei Arien, dafür ist sie mehr in die Handlung und Musik eingebettet und wurde in dramatischer Hinsicht schärfer gezeichnet als Des Grieux, der stark in einer Opferrolle verbleibt und dessen Hauptaufgabe darin besteht herzerweichend sein Schicksal zu beklagen und Manon seine Liebe zu gestehen. Er ist der typische Puccini Liebhaber, der letztendlich zum Satellit der Frau wird, der er verfallen ist. Manons Rolle ist weit differenzierter. Sie macht eine Entwicklung durch, die atemberaubend ist. Sie entwickelt sich vom unschuldigen Mädchen zur koketten Mätresse und leidenschaftlichen Liebhaberin, dan zur tragischen Gefangenen und im letzten Akt zur Sterbenden. Zur Farbigkeit der Partitur tragen darüberhinaus die kleineren Rollen des Lampionaio, des Tanzlehrers und Edmondo bei, die eigenständige musikalische Formen einbringen.

 

 

Der Erfolg der Uraufführung

Der 1. Februar  1893 wurde im Turiner Teatro Reggio zum Triumph des Komponisten. Der ersehnte Erfolg traf ein und Puccini wurde vom Publikum und der Kritik einmütig in die erste Garde der zeitgenössischen Komponisten aufgenommen.

 

 

 

 

 

 

MANON LESCAUT AKT I

 

 

Handlung: Vor einem Gasthaus in Amiens. Studenten, Bürger, junge Mädchen und Soldaten flanieren über den Platz.

Die orchestrale Eröffnung präsentiert gleich zu Beginn ein fröhliches Leitmotiv, das die Jugendlichkeit und Unbeschwertheit symbolisieren soll:

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Es wird gefolgt von einem gefühlvollen, sanglichen zweiten Motiv

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Diese beiden kontrastierenden Motive spielen in den kommenden Szenen eine wichtige Rolle. Puccini komponierte für diese Eingangsszene einen exquisiten Satz für Chor, welcher vierstimmiggesetzt ist.

Ave, Sera gentile  –  Levine

 

Des Grieux hat bisher kein Glück  in der Liebe

Handlung: Die Studenten begrüssen Des Grieux und necken ihn, weil er kein Glück in der Liebe hat. Dieser wendet sich mit einer spöttischen Serenade an die Mädchen.

Diese inspirierte Arietta «Tra voi, belle brune e bionde» präsentiert Des Grieux als unbeschwerten Studenten.

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Tra voi, belle brune e bionde  –  Pavarotti

 

 

Manon erscheint mit der Postkutsche

Handlung: Eine Fanfare kündet die Ankunft einer Postkutsche an. Dieser entsteigen Manon, ihr Bruder Lescaut und Geronte, ein königlicher Pächter, welche für eine Übernachtung einen Zwischenhalt einlegen. Des Grieux erblickt die junge Manon und verliebt sich gleich in sie. Als Lescaut ins Wirtshaus geht, um sich um die Übernachtung zu kümmern, ist sie einen Moment allein, und Des Grieux spricht sie an. Er erfährt ihren Namen und dass sie am nächsten Tag weiterfahren wird, um auf Anordnung ihres Vaters in ein Kloster einzutreten. Des Grieux bietet ihr seine Hilfe an, um ihrem Schicksal zu entgehen. Manon will seinen Namen wissen und verspricht am Abend zurückzukehren.

Als Des Grieux sich an Manon wendet, ertönt ein wunderschön romantisches Motiv in den gedämpften Violinen:

Lescaut-violinen-romantic-motiv-ManonLescaut-Puccini-1

Mit diesem Motiv hören wir von Des Grieux eine pochende Melodie, die sein klopfendes Herz symbolisiert und zum Leitmotiv seiner romantischen Liebe zu Manon wird:

Lescaut-klopfendes_Herz-pounding_heartmotiv-ManonLescaut-Puccini-1

Manon antwortet ihrerseits mit ihrem Leitmotiv, einem romantischen, unschuldigen Motiv:

Lescaut-Motiv_Manon-ManonLescaut-Puccini-1

Cortese damigella  –  Domingo / te Kanawa

Des Grieux ist verliebt

Handlung: Bald schon werden sie unterbrochen, ihr Bruder ist zurückgekehrt und führt sie in ihr Zimmer. Des Grieux bleibt zurück. Schwärmerisch denkt er an die schöne junge Frau.

Die nun folgende Arie ist das bekannteste Stück dieser Oper und die erste berühmte Arie, die Puccini geschrieben hat. Der ¾ Takt gibt dem Stück einen beschwingten, träumerischen Charakter. Die Orchester Begleitung der Melodie ist sehr reich, die Stimmung der begleitenden Instrumenten mit geteilten Streichern umfasst mehrere Oktaven, die mit Tönen in extremen Lagen Des Grieux’ Leidenschaft unterstreichen. Mit Des Grieux’ gefühlsvollen Arie kehrt das romantische Motiv der Violinen zurück, das ertönte, als er Manon ansprach.

Im zweiten Teil zitiert Des Grieux immer wieder zärtlich und verzückt Manons Motiv «Manon Lescaut mi chiamo», mit dem sie sich vorgestellt hatte. Es ist ein überraschender Effekt, die diese Arie beinahe wie ein Duett erscheinen lässt. Der dritte Teil «O susurro gentil, deh! Non cessar!» wird mehrmals wiederholt und beendet diese Arie mit einem leidenschaftlichen, mit Schwung gesungenen hohen B.

Wir hören diese Arie in drei Interpretationen:

Björling war in der Lage sowohl Des Grieux Leidenschaft und seine Verletztlichkeit gleichermassen in die Stimme zu bringen.

Donna non vidi mai  –  Björling

Mit einer modernen Aufnahme eines Orchesters hinterlegt, hören wir Enrico Carusos Interpretation. Seine Stimme ist wunderbar weich und fliessend. Er singt diese Arie breiter und träumerischer und sie dauert volle 30 sekunden länger als beispielsweise Domingos Interpretation.

Donna non vidi mai  –  Caruso

 

Pavarottis lyrische Stimme war dem Rodolfo näher als dem dramatischeren Des Grieux. Trotzdem gehörte das Donna non vidi mai zu den Parade-Arien Pavarottis, dem er seine unvergleichliche Mischung aus Wärme und Glanz der Stimme schenken konnte.

Donna non vidi mai  –  Pavarotti

 

 

Handlung: Lescaut kommt mit seinem Reisegefährten Geronte ins Gespräch und erzählt ihm vom Schicksal seiner Schwester. Der hat sich in Manon verliebt und beschliess spontan die junge Frau nach Paris zu entführen und bestellt eine Kutsche. Des Grieux erfährt von den Plänen des Steuereintreibers durch den Studenten Edmondo, der die Szene beobachtet hatte. Des Grieux beschliesst die Kutsche zu kapern und mit Manon nach Paris auszubüxen. Lescaut interessiert sich in der Folge für die Studenten, die am Karten spielen sind und ist abgelenkt. Als Manon wie vereinbart zurückkehrt, erklärt Des Grieux ihr seine Liebe.

Diese Szene beginnt rezitativisch und geht in eine kurze ariosen Passagen über. Danach hören wir in der Flöte ein aufwärtsstrebendes Motiv, welches zuerst von den Streichern aufgenommen wird und dann von den Stimmen. Mit der Liebeserklärung des Grieux’ steigt die Temperatur und das Duett endet mit einer leidenschaftlichen unisono Kadenz der beiden Stimmen.

Vedete io son fedele  –  Domingo / te Kanawa

 

 

Manon und Des Grieux fliehen

Handlung: Edmondo kehrt zurück und drängt zur Eile, die Kutsche stehe bereit und Des Grieux fordert Manon zur Flucht auf. Manon ist anfänglich verunsichert, rennt dann aber mit Des Grieux zur Kutsche. Wenig später realisiert Geronte die Flucht und begibt sich zu Lescaut. Der lächelt als er Geronte durchschaut und bleibt ruhig. Lakonisch meint er, dass sobald ihnen das Geld ausgehe sie Manon schon finden werden.

 

 

 

 

MANON LESCAUT AKT II

 

Handlung: In Gerontes üppigen Anwesen in der Nähe von Paris. Wie von Lescaut prophezeit, ist Manon nach kurzer Zeit zu Geronte zurückgekehrt, ihr Verlangen nach Luxus gewann über ihre Liebe zu Des Grieux. Ihr Bruder stösst zu ihr und bald erkennt er, dass Manon trotz des Luxus unglücklich ist und Des Grieux vermisst. Gram packt sie, dass sie Des Grieux grusslos verliess, nicht einmal einen Abschiedskuss hatte sie ihm gegönnt.

Mit einem schmerzhaften Aufbegehren der Celli beginnt die kurze aber gefühlvolle Arietta der Manon. Im ersten Teil hören wir ein wunderschönes p in der Phrase «Ed io che m’ero avvezza a una carezza voluttuosa di labbra ardenti» (Und ich, die gewöhnt war an berauschende Liebkosungen von glühenden Lippen und innigen Umarmungen). Im zweiten Teil hören wir Oboe und Piccolo Flöte Manon Unisono begleiten, was der schönen Melodie Glanz und Nostalgie verleiht.

Hören Sie in dieser Stelle Mirella Freni, die mit ihrer 1983er Aufnahme von Sinopoli die wunderschöne Opulenz ihrer lyrischen Stimme unter Beweis stellte.

In queste trine morbide – Freni

Handlung: Lescaut erzählt ihr, dass er noch immer Kontakt mit Des Grieux habe und dieser sie suche. Auf sein Anraten suche Des Grieux sein Glück im Spiel, um zu Geld zu kommen und Manon zurückzuholen. Manon ist hingerissen, dass Des Grieux um sie kämpfen will.

Mit Anklängen an die Arie «Donna non vidi mai» erzählt Lescaut von Des Grieux. Manon fängt wieder Feuer, Lescaut lässt sich musikalisch mitreissen und Manon endet das Duett mit einem ekstatischen hohen C.

Wir hören dieses Stück mit den grossartigen Spitzentönen der Caballé.

Poiché tu vuoi saper … Per me tu lotti – Domingo / Caballé

 

Die grosse Lever-Szene

Handlung: Eine Gruppe von Musikern erscheint im den Gemächern Manons und singen ein Madrigal für Manon, welches Geronte höchstpersönlich für sie komponiert hatte.

Puccini verwendete für das Madrigal ein Stück für Mezzosopran und vierstimmen Chor, welches er einige Jahre zuvor für ein religiöses Werk komponiert hatte.

Am Schluss lässt er den Geldbeutel, der für die Sänger bestimmt war durch Lescaut einsacken, der «die Kunst nicht mit schnödem Geld» beschmutzen will. Ein einsames Horn kommentiert spöttisch diese Tat.

Sulla vetta tu del monte  –  Croft / Freni / Bartoli

Handlung: Manon ist gelangweilt von Gerontes Aufmerksamkeiten. Und nun tritt auch noch der Tanzlehrer mit weiteren Personen ein und beginnt eine Tanzstunde. Geronte ist eingetreten und beobachtet entzückt seine Mätresse.

Dieses Stück wird von einem höfischen, altmodischen Menuett eingeleitet, das Orchester imitiert dazu ein Streichquartett, während die Besucher Manon ihre Referenz erweisen. Im zweiten Teil hören wir Tanzmusik, die Manon bei ihrer Tanzstunde begleitet. Im dritten Teil (als der Tanzmeister «A manca» ruft) hören wir ein Trio, dessen von der Oboe vorgetragenes Thema am Schluss der Oper, mit Manons letzten Worte vor ihrem Tod, nochmals aufgegriffen wird:

Lescaut-Trio-motiv-Manon-Lescaut-Puccini-1

Anschliessend tanzt Geronte mit ihr galant ein Menuett, ist aber bald ausser Atem. In dieser Szene ertönt der Tristan-Akkord, an Anspielung an das Dreiecksverhältnis der drei Personen und als Fanal, dass Manon Geronte zugunsten von Des Grieux verlassen wird. Anschliessend beschliesst Manon mit dem barocken Hirtenlied «L’ora o tirsi» diese Szene. Es ist ein charmantes Lied, das vom Chor der Besucher enthusiastisch begleitet und von Manon mit einem langen hohen C beendet wird.

Es lohnt sich diese Szene in einer verfilmten Inszenierung anzuschauen. Sie beginnt in der folgenden Gesamtaufnahme aus Glyndebourne bei 49:45

Vi prego signorina – Glyndebourne

 

 

Des Grieux erscheint – das grosse Liebesduett

Handlung: Gemeinsam will man nun zu einem Spaziergang nach Paris aufbrechen, doch Manon möchte noch einen Moment für sich haben. Als sie allein im Raum ist, schaut sie in den Spiegel und ist sicher, dass sie beim Ausflug nach Paris die Schönste sein wird. Als sie ein Geräusch vernimmt, erblickt sie zu ihrer Verwunderung Des Grieux, der ihre Gemächer betreten hat. Er ist gekommen um ihr verbittert die Kränkung vorzuwerfen. Manons Liebe flammt wieder auf und sie beteuert Des Grieux ihre Liebe. Des Grieux wird von Neuem von der Leidenschaft erfasst und sie fallen sich in die Arme.

Mit einem Schrei der Überraschung beginnt ein langes, leidenschaftliches Duett. Des Grieux wirf ihr die Flucht vor, immer verzweifelter ruft er auf ihre Entgegnungen «Taci». Manon bittet von einem wunderschönen Motiv begleitet, welches wir nicht zum letzten Mal hören werden um Vergebung:

Lescaut-forgiveness-Vergebungs-motiv-ManonLescaut-Puccini-1

Mit diesem zärtlichen Motiv bricht sie Des Grieux’ Widerstand. Mit den Worten «Ah, vieni! colle tue braccia stringi Manon» gesungen mit Des Grieux Melodie des «Donna non vidi mai» bricht sie seinen letzten Widerstand. Des Grieux erwidert mit einem wagnerischen Motiv, das in dieser Oper eine wichtige Bedeutung gewinnen wird, dass sie sein Schicksal ist (In der Tiefe Deiner Augen lese ich mein Schicksal):

Lescaut-occhio-motiv-ManonLescaut-Puccini-1

Mit der gemeinsamen Wiederholung dieses Motivs, begleitet vom jubelnden Orchester endet dieses lang gespannte Duett in einer stürmischen Umarmung.

Wir sehen und hören diese Szene wunderschön gespielt und gesungen von Plàcido Domingo und Renata Scotto. Beide Sänger zeichneten sich nicht nur durch ihre formidable Gesangskunst, sondern auch durch ihr Schauspielkunst aus. Dieser Ausschnitt, dirigiert von James Levine, stammt aus der ersten Live-Übertragung einer Oper der Met nach Europa von 1980 und war eine Sensation. Dazu beigetragen hatte die opulente, leidenschaftliche Stimme Domingos.

Tu, tu amore, tu – Scotto / Domingo

 

Eine sehens- und hörenswerte Aufnahme aus einem Rezital mit Jonas Kaufmann und Kristine Opolais

Tu, tu, amore? Tu?  –  Opolais / Kaufmann

 

 

Handlung: In diese Szene platzt Geronte. Mit einer drohenden Geste wendet er sich an die beiden und verlässt den Raum. Manon weiss, dass der Luxus in Geronte Salon nun ein Ende hat. Und nun erscheint Lescaut ausser Atem und erzählt aufgeregt, dass Geronte die Polizei gerufen habe und Manon verhaften lassen will. Er mahnt die beiden zur raschen Flucht. Rasch packt Manon ihren Schmuck ein. Als sie das Haus verlassen wollen, treffen sie auf die Polizisten, die Manon als Schmuck-Diebin verhaften, beobachtet vom lachenden Geronte.

Als Manon innehält und sich nostalgisch vom Luxus verabschiedet, zischt Des Grieux schmerzlich «Ah! Manon mi tradisce il tuo folle pensier» (Ach, Manon – dieser törichte Gedanke verrät es mir: du bist immer noch dieselbe!; Ah Manon, your foolish thoughts betray me: always the same!), in der bösen Ahnung, dass diese Femme fatale ihn in den Abgrund ziehen wird. Als Lescaut erscheint, wird die Musik hektisch. Puccini macht sich einen Spass daraus die Flucht (ital. «fuga») mit einer Fuge (ital. «fuga») zu schildern und Manons Stimme mit Tristan-Chromatismen zu bereichern.

Lescaut tu qui – Domingo / Freni / Rydl / Gambill / Bruson

 

 

 

MANON LESCAUT AKT III

 

 

Das Intermezzo

Handlung: Nach ihrer Verhaftung wurde Manon zur Deportation in eine Strafkolonie nach Louisiana verurteilt. Sie befindet sich im Gefängnis in Le Havre in Erwartung des Schiffes, das sie nach Übersee bringen soll.

Puccini komponierte mit diesem grossartigen Intermezzo die Gefühle der Verzweiflung von Manon und des Grieux über die tragischen Ereignisse. Es beginnt mit der trostlosen Kantilene einer Bratsche. Nach und nach setzen weitere Instrumente ein und das Orchester mündet in das wundervolle Hauptthema des Intermezzos ein:

Lescaut-Intermezzo-motiv-ManonLescaut-Puccini-1

Dieses Thema wird über eine längere Zeit durchgeführt. Zum Abschluss wechselt die Stimmung des Stücks und Puccini präsentiert das beinahe ätherische Schlussmotiv, das sogenannten Schicksalsmotiv, welches vom Holzbläserklang himmlisch gefärbt ist:

Lescaut-Schicksal-Destiny-motiv-ManonLescaut-Puccini-1

Intermezzo – Pradelli


 

Handlung: Des Grieux und Lescaut sind nach Le Havre geganen und haben dort einen Gefängniswärter bestochen, damit des Grieux durch das Zellengitter mit ihr sprechen kann.

Noch einmal beschwört Des Grieux die Rettung Manons, lediglich von einem religiösen Motiv der Bratschen begleitet, welches er aus einem früheren Streichquartett entlehnte, das er für eine Trauermusik komponierte. Noch einmal blüht die Hoffnung auf und das Hauptthema des Intermezzos ertönt glanzvoll, als die beiden sich durch die Gitterstäbe noch einmal berühren.

Manon disperato  – Olivero / Domingo

 

 

Des Grieux schafft es auf Schiff zu gelangen

Handlung: Lescaut versucht das Volk aufzuwiegeln, doch der Versuch misslingt und die Gefangenen, zumeist Prostituierte, werden unter den Blicken der Dorfbewohner zum Appell gebracht, wo sie vom Kapitän des Schiffes registriert werden.

Als Manon von den Soldaten bewacht zum Schiff geführt wird, eilt Des Grieux zum Vorgesetzten  und richtet einen verzweifelten, fruchtlosen Appell sie freizulassen. Darauf eilt er zum Kapitän und fleht ihn an ihn auf das Schiff zu lassen.  Ein dramatisches Motiv ertönt im Orchester, das wir im vierten Satz wieder antreffen werden:

Lescaut-Orchester-motiv-ManonLescaut-Puccini-1

Als der Kapitän seine Bitte gewährt und ihn als angeheuerter Matrose aufs Schiff lässt, ertönt zum Aktschluss strahlend das Schicksalsmotiv des Intermezzos.

Presta in filo … No! Pazzo son! – Björling

 

 

 

MANON LESCAUT ACT IV

 

 

 

Handlung: Des Grieux und Manon befinden sich allein in der trostlosen Wüste in der Nähe von New Orleans. Sie sind auf der Flucht und kurz vor dem Verdursten. Manon erleidet einen Schwächeanfall.

In der Oper erfahren wir nichts über den Grund für die Flucht. Aus der Geschichte von Abbé Prevost entnehmen wir, dass Des Grieux bei der Ankunft in New Orleans den Neffen des Gouverneurs getötet hatte, als der sich Manon bemächtigen wollte. Des Grieux Verzweiflung wächst und wir hören schmerzvolle Motive aus der Vergangenheit.

Manon, senti, amor mio

 


 

Manons Schwanengesang

Handlung: Manon bittet Des Grieux nach Wasser zu suchen. Zögernd verlässt Des Grieux sie im Wissen, dass er sie vielleicht nicht mehr lebend sehen wird. Als sie allein ist, sinnt Manon noch einmal ihrer Schönheit nach, die sie in den Abgrund führte.

Noch einmal ertönt das Schicksalsmotiv, diesmal in tröstlicher Form. Es wird jäh von einem gespenstischen Trauermarsch unterbrochen, der ihren Tod ankündigt und Manon beginnt ihre fiebrige Vision «Sola, perduta, abbandonata». Noch einmal bäumt sie sich auf, sie will nicht sterben.

Wir hören diese dramatische Stelle gesungen von Maria Callas. Callas konnte für solche Szenen eine Stimme mit einer eigenartig trostlosen aber gleichzeitig reichen Tonfarbe produzieren, die unter die Haut ging. Ihr Aufschrei zum Schluss ist schlicht erschütternd.

Sola, perduta, abbandonate  –  Callas

 

Eine weitere, eindrückliche Interpretation hören wir von Angela Gheorghiu.

Sola, perduta, abbandonate  –  Gheorgiu

 

 

 

Manons Tod

Handlung: Als Des Grieux zurückkehrt, findet er Manon noch lebend auf, muss ihr aber die schreckliche Kunde mitteilen, dass er kein Wasser finden konnte, was ihr Todesurteil bedeutet. Die beiden verabschieden sich voneinander und Des Grieux fällt bewusstlos neben der toten Manon nieder.

Noch einmal wird Manon von den Emotionen der Liebe übermannt und erklärt ihm ein letztes Mal ihre Liebe. In einem jähen Stimmungswechsel klagt Des Grieux mit «Gelo di morte» ihr Schicksal an. Doch Manon will nicht mit Tränen sterben, sondern mit Küssen. Zusammen mit ihren letzten Worten ertönt das unheilankündende Thema, welches in Gerontes Salon im Trio des Menuetts ertönte:

Lescaut-Manons_Tod-Manons_death-ManonLescaut-Puccini-1

Fra le tue braccia amore  –  Domingo / Scotto

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der Online-Opernführer zu MANON LESCAUT von Giacomo Puccini

 

 

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