La Traviata, Giuseppe Verdi

Der online Opernführer zu LA TRAVIATA

Selten hat sich Verdi mit einer Rolle so identifiziert wie mit der von Violetta. Er konnte aufgrund seiner Biografie sich in höchstem Masse in die Personen hineinversetzen und nie war seine Musik gefühlvoller und tragischer als in dieser Oper. Die Traviata wurde zur beliebtesten Verdi Oper, in vielen Ländern zur beliebtesten Oper überhaupt.

 

 

ÜBERSICHT & SCHNELLZUGRIFF

 

Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I  (Salon-Szene)

♪ Akt II  (Germont-Violetta-Szene)

♪ Akt III(Glückspiel-Szene, Sterbe-Szene)

♪ Aufnahme Empfehlung

 

Höhepunkte

Libiamo nei lieti calic (Brindisi)

Un dì felice, eterea

Ah fors è lui

Sempre libera

Lunge da lei … De’ miei bollenti spiriti

O mio rimorso

Dammi tu forza … Amami

Di provenza il mar, il suol (Germonts Arie)

Invitato a seguirmi

Addio del passato (Sterbeszene)

Parigi o cara lasceremo

Prendi quest’è l’immagine

 

 

ROLLE & HANDLUNG VON LA TRAVIATA IN 4 MINUTEN

 

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

Venedig, 1853

LIBRETTO

Francesco Maria Piave, basierend auf Alexandre Dumas‘ La dame aux camélias

HAUPTROLLEN

Violetta Valéry, Kurtisane in Paris (Sopran) - Alfredo Germont, junger Mann (Tenor) - Georg Germont, Vater des Alfredo Germont (Bariton) - Baron Duphol, Freund/Beschützer der Violetta (Bariton)

AUFNAHME EMPFEHLUNG

EMI, Maria Callas, Giuseppe di Stefano und Ettore Bastiannini unter der Leitung von Carlo Maria Giulini und dem Chor und Orchester der Mailänder Scala (live Aufnahme).

 

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

 

 

Verdis autobiographischer Aspekt

Die Geschichte der «Traviata» basiert auf dem Roman «Die Kameliendame» von Alexandre Dumas. Dumas selbst lebte als junger Mann mit der stadtbekannten Lebedame Marie Duplessis zusammen. Diese starb bereits mit 25 Jahren an Schwindsucht und Dumas nahm sie als Vorbild für die Protagonistin des Romans. Als Verdi zum ersten Mal mit Dumas’ Roman in Berührung kam, war er tief bewegt. Es erinnerte ihn an seine eigene Situation mit seiner Lebensgefährten Giuseppina Strepponi. Als er mit Giuseppina viele Jahre nach dem Tode seiner Frau zusammenzog, war Giuseppina bereits 32 Jahre alt und eine Frau «mit Vergangenheit». Sie war keine Kurtisane, aber  hatte neben ihrem beruflichen Leben als Opernsängerin drei Schwangerschaften mit verschiedenen Männern. Verdi und Strepponi wurden in Paris von der vornehmen Gesellschaft schikaniert und zogen sich zurück in Verdis Heimat. In Bussetto begegnete das Paar einem offenen Widerstand der Kleinstadt-Bevölkerung. Besonders schmerzhaft war für Verdi, dass sein früherer Gönner und Förderer Barezzi sich offen gegen ihn stellte. Es ist gut möglich, dass Verdi mit der Rolle des Germonts (die er gegenüber der Vorlage von Dumas aufgewertet hatte) ein Portrait Barezzis schuf. Zwei Jahre später zogen die beiden weiter nach Santa Agata aufs Land. Dort begann die Kompositionsgeschichte der «Traviata».

 

 

Libretto und Geschichte

Verdi sah Dumas «La dame aux camélias» 1852 im Theater und war fasziniert von der Geschichte, deren wahre Begebenheit sich in den Jahren 44/45 zutrug und 1852 von Dumas niedergeschrieben wurde. Verdi fühlte große Sympathie für die Hauptdarstellerin. So verzichteten er und sein Librettist Francesco Maria Piave auf Anzüglichkeiten wie in der literarischen Vorlage und machten aus Violetta eine Person mit zärtlichen und tief empfundenen Gefühlen, umgeben von einer heuchlerischen Gesellschaft. Das Libretto orientierte sich eng an der Theaterfassung von Dumas, lediglich der zweite Akt wurde gänzlich gestrichen. Piave beendete die Arbeiten zum Libretto im Januar 1853 und Verdi begann gleich nach der Uraufführung des Trovatore vom 19. Januar mit der Komposition. Er stand unter großen Zeitdruck, denn er hatte mit dem «Teatro La Fenice» den Uraufführungstermin auf den 6. März vereinbart. Verdi fühlte sich nach eigenen Angaben sehr inspiriert, die Komposition ging ihm gut von der Hand und er schrieb das Werk innert fünf Wochen. Die Instrumentierung nahm er noch während den Proben vor.

Reisetip für Opernfreunde: Verdis Heimat in Busseto, Sant’Agata und Le Roncole (Klicken Sie für den Link zum REISE-Blogartikel)

Busseto verdi Teatro Giuseppe Verdi reisen travel kultur (1)

 

ZUR BIOGRAFIE VON VERDI (SEIN LEBEN UND SEINE ORTE)

 

Musik: die «Tinta musicale»

Wie jeder Oper gab Verdi auch der «Traviata» eigene musikalische Grundfarben und Charakterisierung. Für die vielen Salon Szenen verwendete er vornehmlich walzerähnliche Rhythmen. Dieser tänzerische Aspekt weitete er auf Szenen wie Duette etc. aus, der Großteil der Partitur ist im Dreiertakt geschrieben. Ein zweites charakteristisches Element ist die kammermusikalische Gestaltung des Werks. Weite Teile der Oper sind in Arien oder Duette angelegt; Chorszenen und Terzette tauchen nur sehr spärlich auf. Ein drittes charakteristisches Element ist die Verwendung des Liebesmotivs welches Verdi immer wieder zitiert, zuweilen in dramatischer Form (beispielsweise in «Amami» des zweiten Akts), zuweilen in lyrischer Form (beispielsweise in der Sterbeszene und im Liebesduett des ersten Akts). Sie sehen ein Notenbeispiel des Liebesmotivs im Kommentar zur Arie «Ah fors’è lui».

 

 

Eine Herkulesaufgabe für die Rolle der Violetta

Die Rolle der Violetta gehört zu den glanzvollsten Rollen der Sopranfachs. Verdi verlangt viel von der Sängerin der Hauptrolle. Er hat die Entwicklung der Violetta von der Kurtisane des ersten Akts, zur opferbereiten des zweiten,  bis zur sterbenden Frau des dritten Akts musikalisch detailliert gezeichnet. Violetta muss sowohl eine große lyrische Stimme haben (Akt II), die dramatischen Stellen mit großer Ausdruckskraft singen (Akt III) und virtuose Koloraturen singen können (Akt I). Auch schauspielerische Fähigkeiten sind gefordert, Violetta ist praktisch während des ganzen Stücks auf der Bühne präsent und muss die Oper weitgehend dominieren. Naturgemäß gibt es nicht viele Sängerinnen , die alle diese Aspekte in sich vereinen können. Es herrscht in der Fachwelt eine große Übereinstimmung, dass dies in der Aufnahme Geschichte am besten Maria Callas auf dem Zenit ihrer stimmlichen Fähigkeiten gelungen ist.

 

 

Das Fiasko der Uraufführung

Dass die Uraufführung in einem Fiasko enden würde, ahnte Verdi bereits im Vorfeld. Die Wahl des Stoffes war eine ungeheure Sensation, denn die italienische Oper kannte bis dato nur historische Sujets. Mit der zeitgenössischen «Traviata» war sie zum ersten Mal in der Gegenwart angekommen. Waren bisher irgendwelche Könige oder Ritter die Bösewichte, ging Verdi das Wagnis ein, eine Kurtisane zur Heldin zu machen und der italienischen Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Das «Teatro La Fenice» verschlimmbesserte diese Ausgangslage noch, indem sie die Handlung ausstattungsmässig 150 Jahre in die Barockzeit zurückversetzte und so die Walzermusik ad absurdum führte. Hinzu kamen noch Besetzungsschwierigkeiten, weil die Oper kurzfristig angesetzt wurde. Bitter musste Verdi bei der Uraufführung zur Kenntnis nehmen, dass sie nicht nur durchfiel, sondern die Leute auch über sie lachten. Trotz vieler Anfragen verzichtete Verdi auf Aufführungen in anderen Theatern und inszenierte die «Traviata» achtzehn Monate später mustergültig unter idealen Bedingungen, und sie wurde zu einem sofortigen Erfolg.

 

 

 

 

LA TRAVIATA AKT I

 

 

 

«Amore e Morte»

Handlung: Die Pariser Kurtisane Violetta Valéry hat Gäste zu einem Ball in ihren Salon eingeladen.

Die Ouvertüre beginnt mit einer ätherischen Melodie, die wir wieder hören werden, wenn Violetta im dritten Akt sterbend auf ihrem Bett liegt. Das zweite Thema ist das Liebesthema, dem wir unter anderem im leidenschaftlichen „Amami“ des zweiten Aktes begegnen werden. Damit exponiert Verdi die zwei bestimmenden Themen dieser Oper: Liebe und Tod. Diese Intention entsprach dem ursprünglichen Titel der Oper «Amore e Morte» («Liebe und Tod»), der aufgrund der venezianischen Zensur fallengelassen wurde.

Ouvertüre  – Kleiber

 

Handlung: Violetta begrüßt ihre Gäste.

Dell invito  –  Callas

 

Das zauberhafte Trinklied

Handlung: Alfredo hat als Gast die Ehre, ein Trinklied auf die Gastgeberin zu singen. Violetta antwortet in derselben Stimmung und die ganze Gesellschaft stimmt ein.

Verdi komponierte dieses berühmt gewordene Trinklied in einem schnellen Walzertakt.

Libiamo nei lieti calici  –  Callas / di Stefano

 

Hören Sie Enrico Caruso in diesem Brindisi mit einem glanzvollen Schluss-B.

Libiamo  – Caruso / Gluck

 

Alfredo gesteht Violetta seine Liebe

Handlung: Violetta fordert die Gäste auf in den Ballsaal zu wechseln. Sie bleibt zurück und erleidet einen Schwächeanfall, einzig Alfredo ist unbemerkt bei ihr geblieben. Fürsorglich kümmert er sich um sie und gesteht, dass er sie seit einiger Zeit aus der Ferne liebe.

Während der Tenor eine romantische Melodie vorgibt, bleibt die Lebedame musikalisch noch in ihrem Genre und wiederholt seine Melodie mit virtuosem, verziertem Gesang, der von der Flöte kokett verdoppelt wird, daraus entsteht ein mitreißendes Duett.

Hören wir diesen Ausschnitt in der Version der berühmten Giulini-Aufnahme mit Maria Callas und Giuseppe di Stefano von 1955. Es ist schlicht und einfach elektrisierend, wie die Sänger und das Orchester uns in dieser Liveaufnahme ihren Bann zwingen. Das Tempo des ersten Teils ist langsam gewählt, die Streicher sind mehr schmelzend als punktiert und die Sänger singen breite Ritardandi.

Un di felice, eterea  –  Callas / diStefano

 

Die Duette von Tito Schipa und Amelita Galli-Curci waren und bleiben Legende.

Un di felice, eterea  –  Schipa/Galli-Curci

 

Handlung: Violetta reagiert zögernd auf Alfredos Avancen. Sie kennt das Leben zu gut, um ihm Glauben zu schenken. Sie will Zeit gewinnen und schenkt ihm eine Kamelie: wenn sie verblüht sei, dürfe er wiederkommen. Ausgelassen kommen die Gäste aus dem Tanzsaal zurück ins Zimmer.

Si ridesta in ciel l’aurora


 

Violetta ist verzaubert

Handlung:  Als Violetta nach dem Ball allein ist stellt sie überrascht fest, dass sie von Alfredos Liebesgeständnis bewegt ist und gesteht sich ihr Sehnen nach einer tiefen Beziehung ein.

Im Cantabile «Ah fors’è lui» erleben wir eine neue Violetta: es ist die junge Frau, die von einer besseren Zukunft träumt. Die Koloraturen sind einer lyrischen Kantilene gewichen, die zärtlich von einer Arabeske der Flöte umrankt werden. Mit ihrer Melodie verrät Verdi, dass sie verliebt ist, sie zitiert Alfredos Melodie aus dem Duett des ersten Akts, dem Liebesmotiv:

Traviata-Liebesthema-Love_theme

Ah fors’è lui – Netrebko

 

Handlung:  Doch sie verscheucht diese törichten Gedanken.

Follie! Das ist doch alles Wahnsinn und sie wischt die Gedanken weg. Mit virtuosen Trillern und Läufen, die bis ins hohe Des führen besingt sie den Genuss. Befeuert vom Gesang Alfredos, den sie durchs offene Fenster hört, schließt sie diese feurige und virtuose Cabaletta mit einem ekstatischen hohen C ab.

Ein mitreißendes «Sempre libera» können Sie von Magda Olivero hören, «die Primadonna, die das Publikum in einen Zustand von Frenesie versetzte» (Peter G. Davis). Magda Olivero (1910-2014) hatte eine glühende Anhängerschaft, die sie vergötterte und überallhin begleitete.

Sempre libera (1) – Olivero

 

Hören Sie auch eine wundervolle Angela Gheorghiu in einer Aufnahme von 1995. Die Entstehung dieser Gesamt-Aufnahme der Traviata hatte etwas Märchenhaftes. Das Schlüssel Ereignis war ihre Begegnung mit Georg Solti. Solti wollte mit 84 Jahren seine erste Traviata mit unverbrauchten Kräften produzieren und stieß auf Angela Gheorghiu. Bei einer Anhörung überzeugte sie ihn sofort. Der Rest ist Legende: «Ihr Auftritt überzeugte das Fernsehmanagement des BBC spontan davon, das Programm zu ändern und live in das Royal Opera House von London zu schalten, um die Aufführung im Fernsehen zu übertragen. So begann in London der Siegeszug der Sopranistin» (Quelle: Wikipedia).

Sempre libera (2) – Gheorgiu


LA TRAVIATA AKT II

 

Violetta und Alfredo sind ein Paar

Handlung: Drei Monate später. Violetta hat sich entschlossen dem mondänen Leben den Rücken zu kehren und ist mit Alfredo aufs Land gezogen, wo die beiden glückliche Monate verleben.

Verdi und Piave verzichteten, das zweite Zusammentreffen von Violetta und Alfredo ins Libretto aufzunehmen. Dumas’ zweiter Akt wird in dieser kurzen Reminiszenz Alfredos zusammengefasst, welche aus einem kurzen Rezitativ und einer schwärmerischen Tenor-Arie besteht.

Sehen sie diese Szene in einem Ausschnitt der schönen Zeffirelli-Verfilmung mit Placido Domingo.

Lunge d lei…De’ miei bollenti spiriti (1)  –  Domingo / Kleiber


 

Handlung: Alfredo erfährt von der Haushälterin Annina, dass Violetta in Paris ihr ganzes Hab und Gut verkauft hat, um das aufwändige Leben Alfredos und Violettas auf dem Land zu finanzieren. Beschämt erkennt Alfredo seine Naivität und seine Schmach. Alfredo geht in die Stadt, um Geldmittel zu beschaffen.

Die heroische Musik dieser Cabaletta wirkt bei dem lyrischen Alfredo etwas deplatziert. Deren Heldenhaftigkeit scheint noch aus dem Trovatore zu stammen, den Verdi erst gerade komponiert hatte. Sie teilt das Schicksal manch anderer Verdi Arie, die von Tenören mit einem hohen C abgeschlossen wird, ohne dass Verdi ein solches geschrieben hatte.

Hören Sie Luciano Pavarotti mit einem schwungvollen «O mio Rimorso» mit einem glanzvollen hohen C am Schluss.

O mio rimorso  –  Pavarotti

 

 

Alfredos Vater Germont taucht auf

Handlung: Während der Abwesenheit von Alfredo erscheint sein Vater Germont. Er wirft der überrumpelten Violetta vor, ihren Sohn mit ihrem aufwändigen Lebensstil zu ruinieren. Als Violetta ihm die Dokumente des Verkaufs ihrer Besitztümer zeigt, ist Germont überrascht. Trotzdem verlangt er von ihr, sich von Alfredo zu trennen, da seine Tochter aufgrund der anrüchigen Liaison ihres Bruders nicht heiraten kann.

Pura siccome un angelo – Hampson / Netrebko

 

 

Er verlangt von ihr Alfredo zu verlassen

Handlung: Germont drängt sie von Alfredo zu lassen, denn wenn ihre Schönheit verwelkt sein wird, werde er ihr überdrüssig werden.

Verdi lässt Germont in künstlichem, gestelztem Ton mit Koloraturen singen. Immer wenn Verdi Koloraturen einsetzt, will er etwas aussagen, in diesem Fall entlarvt er die Falschheit des Germont.

Un di, quando le veneri – Hampson / Netrebko

 

Handlung: Violetta erkennt diese unmögliche Situation.

Violetta ist am Boden zerstört. Verdi zeigt uns nun mit musikalischen Mitteln, dass Violetta innere Größe hat. Takt für Takt erhöht sich die Stimmlage und sie zeigt so, dass sie nach dem Tiefschlag bereit ist für das Opfer des Verzichts. Das Duett wird ergänzt durch Floskeln des Bedauerns von Germont, von deren Aufrichtigkeit der Hörer nicht restlos überzeugt bleibt.

Ah dite alla giovine  –  Callas/Sereni

 

Handlung: Violetta erklärt ihren Verzicht und Germont versucht sie zu trösten.

In dieser Passage hören wir den herzergreifenden Verzicht Violettas. Ihr «Conosca il sacrifizio» wird vom schmerzlichen Gesang des Englischhorns begleitet. Zum ersten Mal spürt man in diesem Duett Aufrichtigkeit in der Stimme von Germont, der die Größe der Violetta zu erahnen beginnt und bewegt von ihr Abschied nimmt.

Imponete…non amarlo ditegli  –  Callas / Bastiannini / Giulini

Handlung: Schweren Herzens schreibt sie in einem Brief an Alfredo ihren Verzicht auf die Heirat und behauptet, sie wolle wieder in ihr altes Leben zurückzukehren und verlasse ihn daher. Als Alfredo zurückkommt ist er überrascht über Violettas Stimmung, doch sie erklärt sich ihm nicht, bittet ihn lediglich sie zu lieben. Alfredo hat ein Brief von seinem Vater erhalten, der seine Ankunft ankündigt. Violetta muss von ihm Abschied nehmen, ohne es ihn wissen zu lassen.

Die folgende Szene gehört zu den ergreifendsten Szenen der Opernliteratur. Es ist das verzweifelte «Amami», dass wir in der dramatischen Version des Liebemotivs hören mit dem Violetta den Schmerz aus ihrer Seele schreit als sie Abschied von Alfredo nimmt.

Hören Sie diesen Ausschnitt in der Interpretation von Maria Callas, die diese Szene uns förmlich miterleben lässt.

Dammi tu forza … Amami  –  Callas/ Di Stefano

 

Germont spricht mit Alfredo

Handlung: Alfredo hat nicht bemerkt, dass Violetta das Haus mit der Kutsche in Richtung Paris verlassen hat, als ein Bote ihm den Brief Violettas überreicht. Alfredo, der die Hintergründe nicht kennt, ist tiefgetroffen. In diesem Moment erscheint sein Vater und erfährt vom Abschiedsbrief Violettas. Mit Erinnerungen an Alfredos Elternhaus versucht Germont seinen Sohn zu trösten.

Mit einer expressiven, von der Flöte begleiteten Cello Kantilene führt uns Verdi in die Welt des Germont.  Der Bariton singt eine nostalgische Melodie, welche mit anmutigen Ziernoten geschmückt ist. Sie erscheint dem Hörer beinahe wie ein Wiegenlied, das ein Kind beruhigen soll.

Hören Sie eine Aufnahme des amerikanischen Baritons Robert Merrill mit dem NBC Orchester unter der Leitung von Arturo Toscanini. Robert Merrill schrieb in seinen Memoiren ausführlich über die Arbeit an der Traviata mit Toscanini. Auf der einen Seite zeichnete er das Bild eines Tyrannen, der auch vor primitivsten Verwünschungen nicht haltmachte, aber auch das Bild eines begnadeten Musikers: «Der Maestro hat dich besser gemacht, als du jemals gedacht hast. Er ließ dich schweben. Er machte das Unmögliche möglich». Hören Sie die eindrückliche Aufnahme dieser Zusammenarbeit aus dem Jahr 1946. Merrill beeindruckt mit seinem lyrischen Bariton von großer Klangpracht.

Di Provenza il mar, il suol  –  Merrill/Toscanini

 

Im Pariser Salon der Flora 

Handlung: Violetta ist zu Baron Duphol gezogen und lebt wieder das Leben einer Kurtisane. In Floras Salon ist eine Soirée im Gang. Einige Gäste haben sich als Zigeuner verkleidet und lesen den Gästen aus der Hand.

Noi siamo zingarelle

 

Handlung: Alfredo ist auch erschienen. Mit düsteren Gedanken setzt er sich an den Tisch der Kartenspieler. Als Violetta erscheint, sieht sie ihn, doch Duphol verbietet ihr ihn anzusprechen. Alfredo provoziert Duphol mit demütigenden Aussagen und dieser setzt sich an den Kartentisch und verliert eine bedeutende Summe an Alfredo.

Diese Szene spielt sich von nervösen, hektischen Motiven der Streicher begleitet ab. Wir hören sowohl den Dialog der Kartenspieler wie auch Violetta, die sich im Nebenraum befindet. Das Schauspiel findet so auf zwei Ebenen statt, was einen dramatischen musikalischen Effekt ergibt.

Voi! Alfredo  –  Cura / Gvazava

 

Das packende Duett «Inviato a seguirmi»

Handlung: Violetta befürchtet ein Duell und schreibt Alfredo eine Notiz, um mit ihm allein zu sprechen. Als er kommt, versucht sie ihn vergeblich zu überzeugen, den Salon zu verlassen.

Wir hören diese dramatische Szene in der explosiven Version der Giulini Aufnahme. Von den Streichern aufgepeitscht, führen Callas und di Stefano einen entfesselten Dialog.

Invitato a qui seguirmi  –  Callas / di Stefano / Giulini

 

Handlung: Außer sich vor Wut wirft Alfredo das gewonnene Geld Violetta vor die Füße mit den Worten er habe jetzt für Violettas Dienst bezahlt. Germont erscheint und macht Alfredo Vorwürfe zu seinem unwürdigen Verhalten. Alfredo erkennt in tiefer Scham sein Fehlverhalten und Germont ist verzweifelt, weil er seinem Sohn die Wahrheit nicht enthüllen kann.

Ogni suo aver tal femmina … Di sprezzo degno  –  Bastiannini / Giulini

 

 

Handlung:  Violetta ist tiefgetroffen und die Gäste werfen Alfredo sein Verhalten vor. Alfredo kommt zu Sinnen und ist beschämt über sein Verhalten.

Alfredo, di questo core

 

 

 

LA TRAVIATA AKT III

 

 

 

Zur Einführung hören wir ein kammermusikalisches Stück mit dem Thema, welches wir aus der Ouvertüre kennen, das Violettas schwindende Lebenskraft symbolisiert.

Introduktion  –  Solti

 

 

Violetta nimmt Abschied von der Welt

Handlung: Violetta befindet in ihrem Schlafzimmer. Sie ist geschwächt und der Arzt flüstert Annina zu, dass sie nur noch wenige Stunden zu leben habe. Violetta liest den Brief von Germont. Sie erfährt, dass Duphol schwer verletzt wurde und Alfredo sich anschliessend ins Ausland abgesetzt habe. Er selbst habe seinen Fehler erkannt und in einem Brief an seinen Sohn alles erklärt und ihn gebeten, zu Violetta zu kommen. Tieftraurig spürt Violetta, dass es zu spät ist.

Währenddem Violetta den Brief von Germont liest, hören wir das Liebesthema zärtlich in den Streichern ertönen. Nun beginnt eine der großen Abschiedsarien der Opernliteratur, eingeleitet von der Oboe und begleitet von sechzehn gedämpften Streichinstrumenten. Violettas Gesang wird vom Englischhorn gelegentlich umspielt, gelegentlich verdoppelt. Die erste Strophe ertönt düster in Moll, die zweite verklärt in Dur.

Teneste la promessa…addio del passato  –  Callas

Alfredo kehrt zurück

Handlung: Alfredo erscheint und bittet leidenschaftlich um Verzeihung. Sie umarmen sich und träumen kurz von ihrer Zukunft.

Im selben Metrum des 3/8 Taktes wie sie zu Beginn der Oper den Brindisi gesungen hatten, singen die beiden zum letzten Mal wehmütig im Duett.

Wir hören in dieser Aufnahme wie wunderbar der junge Alfredo Kraus und Maria Callas das Duett gestalten. Es ist ein Ausschnitt aus der berühmt gewordener Lissaboner-Traviata.

Parigi o cara lasceremo  –  Kraus / Callas

 

Eine zweite Version gesungen von Lucrezia Bori und John Mc Cormack aus dem Jahre 1914.

Parigi o cara lasceremo  –  Bori/McCormack

 

Handlung: Doch Violetta ist bereits tödlich erkrankt.

In dieser Szene singt Violetta das berühmte «Ah! Grand dio, morir si giovane», dessen Schrei von Maria Calls durch Mark und Bein geht.

Ah non piu  –  Callas/Giulini

 

Verdis packende Sterbeszene

Handlung: Jetzt erscheint auch Germont, der Violetta voll Reue umarmt. Sie gibt Alfredo zur Erinnerung ein kleines Portrait von ihr und stirbt in seinen Armen.

Die Sterbeszene ist ergreifend. Die Oper endet mit einem von einem Trauermarsch eingeleiteten Terzett. Zum Schluss hören wir noch einmal das Liebesthema, nicht mehr gesungen, denn dazu ist Violetta zu schwach, sondern nur von einer Solo Violine vorgetragen. Mit dramatischen Akkorden endet die Oper.

Prendi, quest’è l’immagine  –  Callas / di Stefano / Giulini

 

 

 Toscaninis Traviata Probe

Zum Schluss ein herrliches Tondokument von Toscanini. Allerdings würden die Bassisten, die sich eine Schimpftirade von Toscanini anhören mussten, dies so nicht sehen. Wir dürfen uns 70 Jahre später schmunzelnd amüsieren.

Traviata Rehearsal  – Toscanini

 

 

Aufnahmen Empfehlung

 

EMI mit Maria Callas, Giuseppe di Stefano und Ettore Bastiannini unter der Leitung von Carlo Maria Giulini und dem Chor und Orchester der Mailänder Scala (live Aufnahme).

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, dem online Opernführer zu LA TRAVIATA von Giuseppe Verdi

 

 

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