Le nozze di figaro, VOI CHE SAPETE

Der online Opernführer zu LE NOZZE DI FIGARO

Dass Da Ponte und Mozart aus dieser verwickelten Komödie ein Meisterwerk formen konnten grenzt an ein Wunder. Mit «Le nozze di figaro» hat Mozart nicht nur herrliche Situationkomik mit umwerfender Musik geschrieben, sondern auch fünf unsterbliche Rollenportraits für die Hauptpersonen.

 

Die grossartige Ponnelle / Böhm Verfilmung auf DVD- umwerfend:

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Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I

♪ Akt II

♪ Akt III

♪ Akt IV

♪ Aufnahme Empfehlung

 

Höhepunkte

Ouvertüre

Se vuol ballare, signor contino

Non so piu cosa son, cosa faccio

Non piu andrai farfallone amoroso

Porgi amor

Voi che sapete

Dove sono i bei momenti

Canzonetta sull’aria – Che soave zeffiretto

L’ho perduta

 

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

Wien, 1786

LIBRETTO

Lorenzo Da Ponte, basierend auf der Komödie La Folle Journée ou le Marriage de Figaro von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais

HAUPTROLLEN

Graf Almaviva, Adliger und Dienstherr (Bass) Gräfin Almaviva, seine Frau (Sopran) - Figaro, Kammerdiener des Grafen (Bass) - Susanna, Kammerzofe der Gräfin und Verlobte des Figaro (Sopran) - Cherubino, Page des Grafen (Sopran) - Marzellina, Haushälterin der Gräfin (Mezzosopran)

AUFNAHME EMPFEHLUNG

EMI mit Elisabeth Schwarzkopf, Sena Jurinac, Irmgard Seefried, George London und Erich Kunz unter der Leitung von Herbert von Karajan und dem Chor der Wiener Staatsoper und den Wiener Philharmoniker. Als Alternative bietet sich ein Opernfilm an: DG mit Mirella Freni, Kiri Te Kanawa, Dietrich Fischer-Dieskau und Maria Ewing unter der Leitung von Karl Böhm und dem Chor und Orchester der Wiener Philharmoniker.

 

 

ROLLEN & HANDLUNG VON LE NOZZE DI FIGARO IN 4 MINUTEN

 

 

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

Fünf Jahre vor der französischen Revolution

Dass Mozart 1786 dieses Lustspiel auf die Bühne bringen konnte grenzt an ein Wunder. «Kein anderer Komponist jener Zeit wäre im Wien des Jahres 1786 auf die aberwitzige Idee gekommen, für die kaiserliche Hofoper Joseph II ausgerechnet Beaumarchais’ satirisch-bissige Gesellschaftskomödie vertonen zu wollen, das politisch brisanteste Theaterstück jener Jahre, dessen Aufführung auch in Wien verboten war.» (Quelle: Attila Csampai, Opernführer)

 

 

Das Libretto von Da Ponte

Der damalige Hofpoet der Hofoper Lorenzo Da Ponte musste der Zensur versprechen gewisse Passagen abzumildern, wie zum Beispiels Figaros Brandrede des 5. Aktes. Nichtsdestotrotz orientierte sich die Handlung getreu an der Vorlage. Das Risiko der Verwendung dieses Stücks war nicht nur politischer, sondern auch dramaturgischer Art. Beaumarchais’ Komödie war sehr lang und sehr kompliziert, es bleibt Da Pontes Verdienst die Verdichtung auf ein operntaugliches Libretto glänzend hinbekommen zu haben. Unter anderem reduzierte er die Anzahl der Hauptpersonen von 16 auf 11 und die Anzahl der Akte von 5 auf 4. Mozart hat seine Kompositionstechnik auf diese Komplexität ausgerichtet. Beispielsweise ist das Finale des zweiten Aktes mit beinahe 1000 Takten das längste Finale das Mozart je geschrieben hat, es ist beinahe ein Theater im Theater, das über 20 Minuten dauert und dramaturgisch und musikalisch keine einzige langweilige Sekunde hat. «Le nozze di Figaro» bildet die erste Zusammenarbeit Da Pontes mit Mozart. Dies ist eine Gelegenheit einen kurzen Exkurs zu Lorenzo da Ponte zu machen und über seinen spannenden Lebenslauf zu schreiben. In einer jüdischen Familie geboren, konvertierte er früh und wurde praktizierender katholischer Priester. Er wurde jedoch wegen unstetem Lebenswandel aus Venedig verbannt, und verdiente in der Folge in Dresden als Hoflibrettist sein Brot. Nächste Station war Wien mit Werken für Salieri und andere Komponisten. 1786 schrieb er als Angestellter der Hofoper sechs Libretti, eines davon war «Le nozze di Figaro». Zusammen mit Mozart entwickelte er die italienische komische Oper mit «Cosi fan tutte» und «Don Giovanni» weiter. Er verlor seinen Posten 1790 mit dem Tode Joseph II. Da er nicht zurück nach Venedig durfte, ging er weiter nach London. Dort kam er in finanzielle Schwierigkeiten und musste 1804 nach New York fliehen, wo er verschiedenen Tätigkeiten nachging, wie Tabak- und Gemüsehändler, Italienischlehrer und brachte es bis zu einer Professur an einer renommierten Universität. Ein Höhepunkt seines Aufenthaltes war eine von ihm maßgeblich geförderte Aufführung des «Don Giovanni» 1825.

 

 

Die weiblichen Hauptrollen

Die Rollenbilder dieser Oper sind Figuren, die viele große Künstler inspiriert haben. Mozarts Menschenkenntnis hat Rollen aus Fleisch und Blut geschaffen. Am meisten fühlte Mozart mit den Frauenfiguren.  Den Personen des Cherubino, der Susanna und der Gräfin komponierte er die gefühlvollsten, und unsterblichen Stellen dieses Meisterwerks. Allen voran der Gräfin mit den beiden großartigen Arien «Porgi amor» und «Dove sono» und der Susanna mit der Arie «Deh, non vieni tardar» und den vielen schönen Duetten. Auch die Rollen des Cherubino, des Conte und des Figaro sind von Mozart musikalisch charakteristisch gezeichnet worden und haben ihren festen Platz in der Geschichte der bekommen.

 

 

Die Ensembleszenen

Diese Oper ist ein Werk der Ensemble-Szenen. Da Ponte und Mozart haben die Zahl der Arien stark zurückgenommen und den Ensembles einen breiten Platz eingeräumt. Neben den großen Finali des zweiten und vierten Aktes sind die beiden Sextette hervorzuheben und eines der schönsten Duette der Operngeschichte «Che soave zeffiretto». Auffällig ist zudem die Häufung der Duette in dieser Oper, die durchgehend als «Duettino« bezeichnet sind – vermutlich, weil die Dienerin Susanna an allen sechs von ihnen beteiligt ist. Ein Liebesduett im herkömmlichen Sinn fehlt jedoch. Dadurch vermieden die Autoren im höfischen Wien des 18. Jahrhunderts, dass das Dienerpaar Figaro / Susanna unstandesgemäß die Funktion des ersten Liebespaares übernahm.

 

 

Die meisterhafte Orchestrierung

Die Orchestrierung des Figaro ist vollendet: jede Nummer hat ihre individuelle orchestrale Prägung bekommen, dies ist zweifellos eine der innovativsten Aspekte dieser Oper. Zuvorderst muss der Reichtum der Bläserpartitur hervorgehoben werden, die perfekt auf die herrschende dramaturgische Situation abgestimmt ist, seien es militärische Trompeten in Figaros «Non andrai», die Oboe und Fagotte des «Che soave zefiretto», oder der Einsatz der Hörner in der Arie des (gehörnten) Figaros des ersten Aktes, die wir in seiner Arie des vierten Aktes wieder antreffen werden. Auch den Streicherklang variiert Mozart aufs Vorzüglichste, seien es die lieblichen Pizzicati in der Rosenarie, gedämpfte Streicher im «Voi che sapete» oder die Szene nur für Streichorchester in Barbarinas Arie.

 

 

Geschichte und Uraufführung

Mozart begann die Kompositionstätigkeit im Oktober 1785 und beendete die Oper nach sechs Monaten. Die Uraufführung fand am 1. Mai 1786 im Wiener Burgtheater im Beisein des Kaisers statt. Über den Erfolg herrscht Unklarheit. Tatsache ist, dass sie nur neun Mal wiederholt wurde, was möglicherweise der politischen Sprengkraft geschuldet sein könnte oder auf die schiere Komplexität der Inszenierung, welche für die damalige kurze Probentätigkeit eine gewaltige Herausforderung bedeutete. Das Werk verbreitete sich anschließend nur schleppend, was sich aber mit der triumphalen Prager Erstaufführung schlagartig veränderte und ihm den Kompositionsauftrag des «Don Giovanni» einbrachte.

 

 

Amadeus und Salieri

Als Abschluss des Übersichtsteils können Sie einen Ausschnitt aus «Amadeus» von Milos Forman sehen. Es ist die Szene wo Salieri das Finale des «Nozze di Figaro» in der Loge des Opernhauses schaut und den König beobachtet, dessen Reaktion entscheidend sein wird, wie die Oper aufgenommen wird.

Amadeus  –  Forman

 

 

 


LE NOZZE DI FIGARO AKT I

 

Eine mitreißende Ouvertüre

Handlung: Im Schloss des Grafen Almaviva.

Selten führt eine Ouvertüre so musikalisch und mitreißend in das Geschehen wie das Vorspiel zu dieser Oper. Eine quirlige Ouvertüre, ein brillantes Thema und ein sprudelndes Schlusspresto machten aus der Eröffnung ein Schmankerl für den Konzertsaal.

Ouvertüre –  Scholz

 

Handlung: Figaro und Susanna sind Diener und Zofe des Grafen und der Gräfin Almaviva und wollen bald heiraten. Figaro misst ihr zukünftiges Schlafzimmer aus, wo sie in der Nähe der Gräfin und des Grafen sind.

A caso Madama la notte ti chiama  –  Taddei / Moffo

 

Das umstrittene Recht auf die erste Nacht

Handlung: Susanna warnt Figaro, dass der Graf Andeutungen gemacht habe, das Recht auf die erste Nacht wieder einführen zu wollen.  Das erzürnt Figaro. Er sagt seinem Herrn den Kampf an und verlässt zornig das Zimmer.

Ob dieses «Ius primae noctis» tatsächlich verbreitet war oder mehr Legende als Realität entsprach ist umstritten. Auf jeden Fall entflammte das Thema die Emotionen und eignete sich so hervorragend als Thema für ein Schauspiel. Mozart komponierte die Musik des Dieners spöttisch mit einem zierlichen, höfischen Menuett, dessen Text Figaro hasserfüllt herauszischt.

Hören Sie das Stück gesungen von Cesare Siepi einem großen Figaro mit einer Stimme, «die fließen kann wie Honigseim« (Fischer).

Se vuol ballare signor contino  – Siepi / Kleiber

 

Handlung: Susanna trifft auf die Haushälterin Marzellina. Sie streiten sich über Geld, dass Figaro einmal von Marzellina geliehen haben soll. Und das will Marzellina angesichts der geplanten Hochzeit wieder zurück. Das würde jedoch die Hochzeit verunmöglichen.

Das zänkische Duett zweier Frauen war ein Klassiker der Oper des 18. Jahrhunderts. Mozart unterlegt die Szene glänzenderweise mit der falschen Süße einer schmeichelhaften Melodie und mit Streichern, die vor Vergnügen hüpfen.

Diese Szene sehen Sie musikalisch und komödiantisch hervorragend interpretiert von Diana Damrau und Jeanette Fischer aus einer Fernsehversion einer Inszenierung der Scala.

Via resti servita, madama brillante   –  Damrau / Fischer

 

 

Cherubinos Denkmal für das weibliche Geschlecht

Handlung: Erzürnt verlässt Marzellina das Zimmer. Nun tritt Cherubino, der Page Almavivas, in Susannas Zimmer. Der Graf hatte ihn bei einem amourösen Abenteuer erwischt und will ihn bestrafen. Cherubino bittet Susanna, ein gutes Wort bei der Gräfin einzulegen.

Cherubino, der Page des Grafen, singt mit jugendlichem Gefühl, Ungeduld und Unsicherheit über seine Liebe zur Susanna, zur Gräfin und zu allen Frauen. Mozart lässt diese großartige, lyrische Melodie von zärtlich gedämpften Streichern begleiten.

Wir hören einen drängenden Cherubino von Cecilia Bartoli.

Non so piu cosa faccio  –  Bartoli

 

In der Playlist finden Sie auch eine Masterclass von Joyce di Donato zu dieser Arie Cherubinos. Eine wundervolles Aufnahme, das einen Einblick in die Rolle des Cherubino und dieser Arie gibt.

Non so piu cosa faccio (Masterclass mit Joyce di Donato)

 

 

Das Versteckspiel in Susannas Zimmer

Handlung: Da hören Sie den Grafen eintreten, der Susanna besuchen will. Schnell versteckt Cherubino sich und bekommt mit, wie der Graf Susanna Avancen macht. Doch er kommt nicht weit, denn der Musiklehrer Bartolo ist im Anmarsch. Nun muss sich Almaviva seinerseits verstecken, um in dieser kompromittierenden Situation nicht erwischt zu werden. Als er hört, wie Bartolo von Cherubinos Schwärmereien erzäht, kommt er erzürnt aus seinem Versteck heraus. Nach einem kurzen Gespräch findet er zu seiner Verblüffung Cherubino in seinem Versteck.

Cosa sento tosto andate

Figaros berühmte Arie «Non più andrai farfallone amoroso»

Handlung: Der Graf platzt vor Wut kann aber Cherubino nicht bestrafen, weil der im Versteck die gräfliche Liebeserklärung an Susanna mithörte. Um ihn loszuwerden ernennt der Graf seinen Pagen zum Offizier, der raschestmöglich einrücken muss. Figaro gibt ihm spöttisch gute Ratschläge mit.

Diese berühmte Arie ist eine politisch heikle Verspottung des adligen Cherubinos durch den Diener. Im ersten Teil hören wir Figaros höfische (allerdings musikalisch sehr simple) Verspottung des Narziss’ Cherubino, der den Fandango des Tanzsaals nun mit dem Marsch des Militärs tauschen muss, was Mozart mit den musikalischen Elementen des Militärs im zweiten Teil farbig zeichnet.

Non piu andrai  –  Raimondi

 

 

 


LE NOZZE DI FIGARO AKT II

 

 

Die einsame Gräfin

Handlung: In den Gemächern der Gräfin. Die Gräfin leidet unter der Treuelosigkeit ihres Gatten und möchte lieber sterben als unwürdig weiterzuleben.

In dieser Arie vermisst die Gräfin die Zeiten, als der Graf sie noch innig liebte. Zweifellos ist «Porgi amor» einer der Höhepunkte der Oper und eine der schönsten lyrischen Stücke, die für Sopran geschrieben wurden. Die Musik ist in Dur gesetzt, obwohl die Stimmung der Gräfin traurig und kontemplativ ist, dies macht vielleicht sogar den Reiz dieses Stückes aus. Die Arie beginnt in piano und kulminiert in der Mitte, mit dem herzzerreissenden Todeswunsch «o mi lascia almen morir», der sich zwei Mal wiederholt, begleitet von der überirdisch-schmerzlichen Kantilene der Klarinette. «Porgi amor» ist der erste Auftritt der Gräfin. Sie ist alleine auf der Bühne und sie muss gleich die schönste Arie der Oper singen, manche Sängerin hat deswegen Respekt vor dieser Arie. Sonst gibt es keine großen gesangstechnischen Schwierigkeiten, es ist eine einfache Kavatine und deren Dauer vergleichsweise kurz. Aber wie immer bei Mozart, sind die einfachen Dinge die schwierigsten.

In der Playlist finden Sie drei Versionen dieser Arie.

Hören Sie diese Arie zuerst in einer wunderbaren, melancholischen, unschlagbaren Interpretation von Elisabeth Schwarzkopf. Jedes Wort bekommt eine schöne Tonfarbe. Die Atmung ist nicht wahrnehmbar und lässt die Musik mit schönen langen Phrasierungen glänzen.

Porgi amor (1) –  Schwarzkopf

 

Als nächstes in einer expressiven Version mit Maria Callas.

Porgi amor (2) –  Callas

 

… und in einer Konzertaufnahme von Angela Gheorghiu.

Porgi amor (3)  –  Gheorgiu

Cherubinos Arie «Voi che sapete»

Handlung: Figaro besucht die Gräfin, um ihr einen Plan vorzuschlagen, wie man dem Grafen eine Lektion erteilen könnte. Der Graf soll zu einem Rendez-vous mit Susanna eingeladen werden, wo aber der verkleidete Cherubino erscheinen soll. Gleichzeitig soll er ein anonymes Schreiben erhalten, dass ihn warnt, seine Frau habe am gleichen Abend ein Rendez-vous. Die Gräfin willigt zögernd ein und Figaro verlässt das Zimmer um Cherubino zu rufen. Dieser kommt, um Susannas Kleider anzuprobieren. Er darf zuerst der Gräfin ein Lied vorsingen

Der Cherubino ist eine Hosenrolle für einen jungen Sopran. Er ist der Page des Grafen und in einem Alter, in dem die Gefühle erwachen. Das Lied ist eine gesungene Liebeserklärung eines Adoleszenten an alle Frauen. Mozart hat diese berührende Szene in einem naiven, kindlichen Ton komponiert. Die Arie wird eröffnet mit einer graziösen Melodie begleitet von synkopierten Violinen, welche eine Gitarre imitieren, die Susanna spielt. Mit der Zeit wird die Musik intensiver. Mozart moduliert die Melodie in kleinen Schritten und evoziert eine leidenschaftliche, sich steigernde Stimmung und gibt der Person des Cherubino einen überirdischen Glanz.

Hören Sie einen der Höhepunkte dieser Oper in zwei Versionen.

Hörenswert ist die Susanna von Lucia Popp aus der großartigen Einspielung von 1981. Eine der besten Susanna auf Platte:

Voi che sapete (1)  –  Popp

 

Magisch und hypnotisch gesungen von Maria Ewing in der Verfilmung von Ponnelle.

Voi che sapete (2) –  Ewing

 

Handlung: Nun wird Cherubino in die Intrige eingeweiht und ist bereit Susannas Kleider anzuprobieren.  

Venite… inginocchinatevi  –  Popp / Solti

 

 

Das epische Finale des zweiten Aktes

Handlung: Cherubino ist im Zimmer der Gräfin. Als er halbnackt ausgezogen ist, klopft es. Es ist der Graf! Cherubino muss sich verstecken, um die Gräfin vor der kompromittierenden Situation zu retten. Der Graf tritt misstrauisch ein. Wieso war das Zimmer abgeschlossen? Er durchsucht das Zimmer und stößt auf eine verschlossene Türe zum Nebenraum. Er vermutet Cherubino drin und fordert, dass er rauskommt. Doch nichts passiert.

Susanna, or via, sortite – Finley / Fleming

 

Handlung: Währenddem er ein Werkzeug holt, um die Tür aufzubrechen ist Susanna geistesgegenwärtig von hinten ins Zimmer geeilt und hat das Fenster geöffnet, damit Cherubino aus dem Fenster springen kann. Als der Graf die Türe aufbrechen will, öffnet sie sich … und Susanna erscheint. Der Graf ist verwirrt und bittet seine Frau um Verzeihung. Da hören sie von Figaro, dass der Gärtner erbost sei, da seine Blumen zertreten worden seien, als jemand aus dem Zimmer sprang. Als der Graf das offene Fenster im Nebenraum bemerkt, rettet Figaro die Situation in dem er behauptet, er sei gesprungen, weil er mit Susanna im Raum war. Die Situation scheint gerettet. Nun meldet der Gärtner, der Übeltäter habe beim Sprung einen Zettel  verloren. Es ist der Einberufungsbefehl Cherubinos. Der Graf hält ihn Figaro wütend unter die Nase, doch der behauptet in der Not, Cherubino  habe ihn ihm gegeben. Und nun tritt auch noch Marzellina hinzu. Sie will, dass der Graf die Heirat zwischen Figaro und Susanna verhindert, weil Figaro der älteren Frau einst die Hochzeit versprach, um zu Geld zu kommen. Genüsslich verbietet der Graf vorläufig die Hochzeit.

Das Finale des zweiten Aktes hat ungeheure Dimensionen, es besteht aus beinahe 1‘000 Takten und ist ein Kunstwerk in sich. Es beginnt mit dem Duett des Grafen und der Gräfin. Nach und nach erscheinen fünf Personen, von denen jeder die Musik verändert, bis die Verwirrung komplett ist. Besonders komödiantisch wird die Musik, wenn Susanna mit einem unschuldigen Menuett aus der Kammer tritt, und der Graf und die Gräfin verblüfft auf sie starren (4:40).

Hören Sie und sehen Sie dieses umwerfende Aktfinale großartig gespielt und gesungen in Jean-Pierre Ponnelles Opernfilm dirigiert von Karl Böhm.

Finale Akt II  –  Te Kanawa / Freni / Fischer-Dieskau / Prey

 


LE NOZZE DI FIGARO AKT III

 

 

 

Die List der Susanna und der Gräfin

Handlung: Die Gräfin und Susanna wollen den Grafen auch ohne Cherubino zu einem Rendez-vous locken. So entschließt sich die Gräfin als Susanna verkleidet hinzugehen. Susanna geht nun zum Grafen, um ihm ein Treffen vorzuschlagen.

Die Szene des Grafen und Susanna beginnt im Moll, denn der Graf ist immer noch verstimmt. Doch bald schon wechselt die Stimmung als Susanna das Stelldichein ankündigt: mit (wenig noblen) großen Tonsprüngen zeigt der Graf seine allzu menschliche Erregung und Vorfreude.

Crudel! Perche finora farmi languir cosi?  –  Kunz / Seefried

 

 

Der Graf sinnt auf Rache

Handlung: Der Graf hat erfahren, dass er von seinem Diener hintergangen werden soll und singt sich in Rage.

Mozart zeichnet einen bis zur Lächerlichkeit hochmütigen Grafen, indem er das Orchester unisono mit seiner Stimme verschmilzt und mit stolzen Koloraturen diese Rachearie beenden lässt.

Mentre io sospiro  –  Raimondi

 

 

Handlung: Am Abend meldet der von Marzellina eingeschaltete Advokat, dass Figaro in Tat und Wahrheit der Sohn der Marzelline sei, der ihr als Neugeborener geraubt wurde. Alle Probleme mit den Schulden haben sich damit gelöst, der Hochzeit steht nichts mehr im Wege und sie wird für den nächsten Tag angesetzt. Marzellina und Bartolo beschließen gleich auch noch zu heiraten.

Aus diesem «colpo di scena» entwickelt sich ein schönes Sextett.

Riconosci in questo amplesso – Karajan

«Dove sono i bei momenti»

Handlung: Die Gräfin befindet sich in ihren Gemächern und denkt melancholisch an die glücklichen Tage ihrer Ehe zurück.

Es ist nach «Porgi amor» wieder ein Klagelied, gesungen mit der aristokratischen Würde einer Gräfin.

Die zweite große Arie der Gräfin können Sie in der Interpretation von Elisabeth Schwarzkopf hören. Sie wurde auch «die Jahrhundert-Gräfin» genannt. Neben der Marschallin im Rosenkavalier war sie vielleicht ihre bedeutendste Rolle.

Dove sono (1)  –  Schwarzkopf

 

Eine zweite Interpretation hören wir von der Neuseeländerin Kiri Te Kanawa. Ihre Stimme wird (ähnlich wie beispielsweise Tebaldi) mehr für ihre Tonschönheit gerühmt als für ihre dramatischen Fähigkeiten. Lassen wir Kesting sprechen: «Te Kanawas Sopran ist mit einer leuchtend-brillanten Höhe. Die Register sind gut verbunden. Das Legato ist vortrefflich… Wie Schwarzkopf – oder auch: die deutsche Sängerin kopierend – zieht sie zuweilen das Spektrum einzelner Vokale über die ganze Phrase hinweg, dies nicht zum Vorteil der Wortartikulation…Trotz aller Einwände gibt es, um auf ihre Figaro Gräfin zurückzukommen in ihrem Singen viele «bei momenti», die beiden Arien singt sie unter Solti mit berückendem Legato und mirakulöser Tonschönheit.» Kiri te Kanawa wurde 1971 mit der Rolle der Gräfin schlagartig berühmt. Hören Sie sie in einer wunderschönen Live-Aufzeichnung in «Dove sono».

Dove sono (2) –  Te Kanawa

 

Die Melodie des «Dove sono» hat Mozart im «Agnus dei» der Krönungsmesse in C-Dur KV 317 wiederverwendet. Im übertragenen Sinn fühlt sich die Gräfin als Opfer des Grafen. Interessierte finden hier eine Aufnahme dieser Stelle aus einer Aufführung im Petersdom mit Kathleen Battle unter der Leitung von Herbert von Karajan.

Agnus dei –  Battle/Karajan

«Che soave zeffiretto»: ein großartiges Duett Susannas und der Gräfin

Handlung: Die Gräfin diktiert Susanna am Schreibtisch eine Einladung an den Grafen zum abendlichen Rendezvous.

«Che soave zeffiretto» ist vielleicht das schönste Duett, das Mozart geschrieben hat. Die Gräfin und Susanna schreiben dem Grafen ein Brief mit einer Einladung zu einem Rendez-vous «in den Pinien des Wäldchens, wo ein sanfter Abendwind weht». Mozart hat die Stimmung dieses sanften Abendwindes in einer wunderbaren Weise eingefangen. In diesem zärtlichen Duett werden die beiden Stimmen durch Oboe und Fagott zauberhaft begleitet.

Hören Sie dieses Duett in der wunderbaren Interpretation von Elisabeth Schwarzkopf und Irmgard Seefried.  Zur Seefried dieser 1953er Aufnahme unter Furtwängler meint Kesting: «Will man etwas von der seelischen Wirkung ihres Singens spüren, muss man die frühen Aufnahmen hören … sie hat mit der Schwarzkopf eine Partnerin, die der Vollkommenheit so nahe kommt wie nur möglich.»

Che soave zeffiretto (1)  –  Schwarzkopf / Seefried

 

Eine zweite Version des Duetts «Che soave zeffiretto» hören Sie in der Version von Gundula Janowitz und Edith Mathis, bekannt aus dem Film «Shawshank redemption», wo diese Aufnahme zitiert wird.

Che soave zeffiretto (2) (Shawshank redemption)  –  Janowitz / Mathis

 

Eine schöne dritte Variante mit Cecilia Bartoli und Renee Fleming

Che soave zeffiretto (3)   –  Fleming / Bartoli

 

Handlung: In einer Zeremonie übergibt der Graf Susanna am Vorabend der Heirat den Brautschleier, dabei übergibt Susanna ihm heimlich ein Brieflein, welches mit einer Nadel verschlossen ist. Beim anschließenden Tanz sieht Figaro, wie sich der Graf beim Öffnen des Briefs an der Nadel sticht und ist amüsiert, dass der lüsterne Graf wieder einmal ein Liebesbrieflein bekommen hat, ohne zu wissen, dass es von Susanna stammte.

Ecco la marcia – Glyndebourne

 


LE NOZZE DI FIGARO AKT IV

 

Handlung: Der Tag der Hochzeit ist angebrochen. Barbarina sollte die Nadel Susanna zurückgeben, hat sie aber verloren und ist aufgelöst.

Mozart komponierte für diesen Auftritt Barbarinas ein exquisites Stück, die einzige Arie in Moll.

 L’ho perduta – Petitbon

 

 

«Aprite un po quegli occhi» und die Zensur

Handlung: Figaro hat Barbarina getroffen und von der Nadel erfahren. Jetzt weiss er, wer das Brieflein geschrieben hat und ist außer sich, dass Susanna wagt ihn zu betrügen.

Figaro beschreibt in dieser Arie die Frauen als Meister der Täuschung. Wie schon sein Meister zuvor darf auch Figaro eine Wut Arie singen. Doch Mozart will auch diesen Mann nicht völlig ernst nehmen, zu kokett ist die Begleitung der Streicher und Bläser komponiert.

Hören sie «Aprite un po quegli occhi» in der Interpretation von Cesare Siepi.

Aprite un po quegli occhi  –  Siepi

 

 

Die Rosenarie – eine wunderschöne Liebeserklärung

Handlung: Im Schloss des Grafen Almaviva. Susanna ist glücklich. Doch Figaro ist erzürnt, denn er denkt, dass sie sich auf das Rendez-vous mit dem Grafen freut.

Im wiegenden Rhythmus und begleitet vom zärtlichen Pizzicato der Streicher und lieblichen Einwürfen der Holzbläser entfaltet sich die Rosenarie der Susanna. Es ist eine wunderschöne, lyrische Liebeserklärung an ihren zukünftigen Mann Figaro, und die Utopie einer Welt, in der es keine Standesunterschiede mehr gibt. Die Arie ist ein bedeutender Ruhepunkt der Oper. Sie hören diese Arie in zwei wunderbaren Interpretationen.

Sie ist nur von wenigen so innig wie von Lucia Popp gesungen worden.

Deh vieni non tardar (1)  –  Popp

 

Sie hören eine weitere wunderschöne Interpretation von Barbara Bonney. Die Kanadierin wurde bekannt als Sängerin des Titelsongs von Steven Spielbergs “AI, Artificial Intelligence”. Hören Sie ihr «Deh non vieni tardar».

Deh vieni non tardar (2)  –  Bonney

 

Das Finale

Handlung: Am Abend im Schlossgarten. Figaro will das Treffen der beiden beobachten. Die Gräfin tritt in der Verkleidung von Susanna auf und unweit davon steckt Susanna in der Kleidung der Gräfin. Cherubino taucht überraschend auf und nähert sich der vermeintlichen Gräfin. Er hat sich in sie verliebt und versucht ungestüm sie zu küssen. Susanna klärt ihn über seinen Irrtum auf. Figaro will sich an Susanna rächen und umwirbt die vermeintliche Gräfin. Eine Ohrfeige von Susanna bringt ihn zurück in die Realität. Schließlich trifft die vermeintliche Susanna auf den Grafen. Dieser umwirbt sie heftig.  Beschämt muss er erkennen, dass er seine Gattin vor sich hat. Der Graf entschuldigt sich bei seiner Gattin und versöhnt sie mit einer Liebeserklärung. Nun treffen alle ein und sind sich einig, dass jeder die Lektion gelernt habe.

Finale

 

Aufnahme Empfehlung

 

EMI mit Elisabeth Schwarzkopf, Sena Jurinac, Irmgard Seefried, George London und Erich Kunz unter der Leitung von Herbert von Karajan und dem Chor Wiener Staatsoper und den Wiener Philharmoniker.

 

Als Alternative bietet sich der Opernfilm an:

DG mit Mirella Freni,  Kiri Te Kanawa, Dietrich Fischer-Dieskau, Maria Ewing unter der Leitung von Karl Böhm und dem Chor und Orchester der Wiener Philharmoniker.

 

 

 

Peter Lutz, Opera-inside, der online Opernführer zu LE NOZZE DI FIGARO von Wolfgang Amadeus Mozart

 

 

 

 

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