Guillaume Tell, Guglielmo, Gioacchino Rossini, Handlung, Synopsis

Das Portrait von Gioacchino Rossinis Arie ASILE HEREDITAIRE (O MUTO ASIL DEL PIANTO)

Lesen Sie interessante Fakten und hören Sie grossartige YouTube-Videos der Arie “ASILE HEREDITAIRE (O MUTO ASIL DEL PIANTO)“.

 

Wenn Sie mehr über die Oper  GUILLAUME TELL lesen und hören möchten, klicken Sie auf diesen Link zum Opern Portrait.

 

 

 

Die Arie ASILE HEREDITAIRE (O MUTO ASIL DEL PIANTO) – Handlung & Hintergrund

 

Handlung: Die Einwohner der Urschweiz leben unter der Knechtschaft der Habsburger Vögte. Der Schweizer Arnold ist unglücklich in die habsburgische Prinzessin Matilde verliebt. Er ist verzweifelt, denn seine Landsleute verachten ihn dafür, und er wagt es nicht um ihre Hand anzuhalten. Tell versucht ihn für die Schweizer Sache zu gewinnen und erfährt von ihm aufrichtige Begeisterung, doch Arnold ist zerrissen von seiner Liebe zu Matilde und dem Vaterland. Arnoldo trifft sich heimlich mit Matilde. Er ist verzweifelt, denn der Standesunterschied steht zwischen den beiden. Matilde kann ihn überzeugen, dass er mit Erfolgen auf dem Schlachtfeld Europas das Recht erwerben kann, um ihre Hand anzuhalten. Als sie verabreden, sich am folgenden Tag zu treffen, hören Sie Tell und Fürst sich nähern. Schnell verschwindet Matilde doch Tell bemerkt den Schatten der Person, was sein Misstrauen weckt. Arnold gesteht den beiden seine Liebe zu Matilde und teilt ihnen mit, dass er in fremden Ländern für die Fahne Habsburgs kämpfen werde. Die beiden verkünden die schreckliche Neuigkeit, dass Arnolds Vater von den Unterdrückern erschlagen worden sei. Arnold ist zerstört und gemeinsam schwören Sie den Kampf gegen die Habsburger aufzunehmen. Matilde und Arnold treffen sich am nächsten Morgen bei einer abgelegenen Kapelle. Arnoldo erklärt ihr, dass seine Ehre es verlange, dass er für sein Vaterland kämpfen müsse. Entsetzt erfährt Matilde, dass Gessler Arnoldos Vater umbringen liess und ihr Traum der Heirat mit Arnoldo sich nicht verwirklichen wird. Mittlerweile wurde Tell verhaftet und zum Tode verurteilt weil er Gesslers Herrschaft nicht anerkennen wollte. Arnoldo ist in der Hütte seines Vaters. Er gedenkt seiner und nimmt Abschied vom Ort seiner Kindheit. Er ist bereit für die Sache der Schweizer zu sterben.

 

Die lyrische Arie Arnoldos im Kombination mit der anschliessenden Cabaletta gehört zu den allerschwierigsten Tenor Stücke des Opern-Repertoires. Bevor wir uns der Arie im Detail widmen, lohnt es sich einen Blick auf die einzigartige geschichtliche Bedeutung dieser Oper für die Entwicklung des Tenorfachs zu werfen.

Das berühmte «do in petto» – die Geburt des heldischen Heldentenors

Die Rolle des Arnold gehört unbestritten zu den schwierigsten Tenorpartien des Opernrepertoires. Der opernverrückte Schriftsteller James Joyce bemerkte einmal: “Ich habe die Partitur von Guillaume Tell durchgesehen, und ich entdeckte, dass der Tenor 456 Gs, 93 As, 92 A, 54 B, 15 B, 19 C und zwei Cis singt.”

Der Arnold der Uraufführung war Adolphe Nourrit. Er war der führende Tenor seiner Zeit und unbestritten ein grosser Sänger. Er hatte Probleme mit dieser Rolle und ab der dritten Aufführung soll er die Arie «Asile héréditaire» («O muto asil») und die darauffolgende Caballetta ausgelassen haben.

Acht Jahre später sang sein Rivale Gilbert Duprez in dieser Partie das erste dokumentierte hohe C aus der vollen Bruststimme («do in petto») statt aus der Falsett-Stimme. Rossini war geschockt und abgestossen. Er verglich den Ton «mit dem Kreischen eines Kapauns, dem die Kehle durchschnitten werde».

Nach diesem Ereignis war nichts mehr wie vorher, das Publikum war begeistert und die nachfolgende Komponistengeneration krempelte den herrschenden Gesangsstil um, der Heldentenor mit der schmetternden Stimme war geboren. Selbst Nourrit ging nach Italien, um den neuen Stil zu erlernen. Als seine Frau ihn in Italien besuchte, musste sie feststellen, dass er seine Stimme ruiniert hatte.

 

Rossini hat die Arie für die französische Grand Opéra geschrieben. Die italienische Fassung wird ebenso oft gesungen, deshalb gibt es zwei sprachlich unterschiedliche Fassungen dieser Oper. Aus diesem Grunde finden Sie Hörbeispiele mit zwei verschiedenen Text-Variationen.

Die Arie beginnt mit einem kurzen Horn-Motiv, das die Erinnerung an Arnolds Jugend darstellt.

 

Schon wenige Takte nach dem Einsatz des Tenors muss er ein exponiertes B singen mit einem weiteren 2 Takte später.

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Rossini komponiert den Schmerz des Abschieds mit einer wiederholten Steigerung der Phrase «J’appelle en vain».

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Die Arie endet mit einem hohen C.

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Die Arie wird fortgesetzt mit der berüchtigten Caballetta „Amis, amis, secondez ma vengeance“ (Corriam! Voliam! S’affretti lo scempio), die mit 6 weiteren hohen C’s gespickt ist, die teilweise über eineinhalb Takte gehalten werden müssen, um die Extase des Arnoldo ausdrücken.

 

 

Die Arie – der Text von ASILE HEREDITAIRE (O MUTO ASIL DEL PIANTO)

 

Asile héréditaire,
Où mes yeux s’ouvrirent au jour,
Hier encor, ton abri tutélaire
Offrait un père à  mon amour.

J’appelle en vain, douleur amère!..
J’appelle, il n’entend plus ma voix!
Murs chéris qu’habitait mon père,
Je viens vous voir pour la dernière fois!

Amis, amis, secondez ma vengeance.
Si notre chef est dans les fers,
C’est à nous qu’appartient sa défense ;
D’Altdorf les chemins sont ouverts.
D’Altdorf les chemins sont ouverts.
Suivez moi ! suivez moi !
d’un monstre perfide
Trompons l’espérance homicide,
Trompons l’espérance homicide ;
Arrachons Guillaume à ses coups !
Arrachons Guillaume à ses coups !

 

 

O muto asil del pianto
Dov’io sortiva il dì:
Ieri felice… ahi, quanto!
Oggi fatal così!

Invano il padre io chiamo:
Egli non m’ode più.
Fuggir quel tetto io bramo
Che caro un dì mi fu.

Corriam, voliam, s’affretti
Lo scempio di quel vile
Che su noi trionfò.
Sì, vendetta dell’empio facciamo:
Il sentiero additarvi saprò.

Ah! venite; delusa la speme
Renderem di chi vili ne brama.
Gloria, onore, vendetta ci chiama,
E Guglielmo per noi non morrà.

 

 

Du meiner Väter niedre Hütte,
Du Heimat süsser Friedensluft,
Noch gestern lag in deiner Mitte,
Der Vater an des Sohnes Brust;
Nun ruhet er im Grabesschatten,
Er höret meiner Klagen nicht;
O lebet wohl, ihr stillen Matten,
Wo ich erschaut das Himmelslicht

Zum Streite auf, zum blut’gen Tanze!
Der edle Tell im Kerker liegt,
Die Bande lösen Schwert und Lanze,
Auf, Brüder, auf, die Freiheit siegt!
Auf, mir nach! Ha, fallt ihr Sklavenketten,
Lasst uns den Tell, den Tell erretten
Ihm unserem Tell, ihm Qual und Tod?
Ha Tyrann, fallt schnöde Ketten,
Lasst uns Tell, den Tell erretten,
Er nur endet, er unsre Noth!

 

 

 

Grosse Interpreten von ASILE HEREDITAIRE (O MUTO ASIL DEL PIANTO)

Die Rolle des Arnoldo war immer unheimlich schwer zu besetzen. Während in den 50er und 60er Jahre mit Gedda und Kraus zwei Ausnahmekönner die Rolle beherrschten, blieb es vierzig (!) Jahre ruhig. Nach 2010 veränderte sich das Bild wieder, innert weniger Jahre debütierten Juan Diego Florez, Michael Spyres, Bryn Hymel und John Osborn in dieser Rolle und bewältigten diese mörderische Partie glänzend.

 

Gedda soll gesagt haben, dass es der grösste Fehler seiner Karriere war, den Arnoldo zu singen. Seine Stimme hatte die Höhe und war auch in den Spitzenlagen farbenreich und nuanciert.

O muto asil del pianto (1)  –  Gedda

 

Im Vergleich dazu hören wir Pavarottis Interpretation. Sie ist dramatischer gezeichnet als die eher lyrische Interpretation von Gedda. Die Höhen sind etwas mehr forciert, Pavarotti zeigte ein grosses Herz, dass er diese Rolle aufnahm. Er verzichtete aber bewusst die Rolle auf der Bühne zu singen, da er wusste, dass seine Stimme Schaden nehmen würde, wenn er sie in wenigen Tagesabständen hintereinander singen müsste.

O muto asil del pianto (2)  – Pavarotti

 

Alfredo Kraus, der phänomenale «Tenore di grazia» singt wunderschöne noble Linien. Wir hören die Cavatina (ab 1:30). Als Zugabe singt er zum Schluss (4:48) sogar noch ein Es.

O muto asil del pianto (3)  –  Kraus

 

Der amerikanische Tenor Bryn Hymel katapultierte sich mit der 2014er Inszenierung an der Bayrischen Staatsoper spektakulär in den «Himmel» der Tell-Tenöre. Seine Stimme ist nicht nur kraftvoll und stratosphärisch in den Spitzentönen, sondern auch geschmeidig. Beeindruckend ist das lange Schluss C des amerikanischen Tenors. Die Arie beginnt ab 3.10.

Asile héréditaire (4)  – Hymel

 

Die nächste Aufnahme stammt aus dem Jahr 1904. Sie wurde gesungen von Francesco Tamagno, dem Othello der Uraufführung, den Verdi persönlich für diese anspruchsvolle Rolle ausgewählt hatte. Toscanini bemängelte in seinem Arnoldo dessen Eigenmächtigkeiten, aber er hörte in der Caballetta «den Chor von silbernen Trompeten» und das hohe C erschlug ihn förmlich.

Kesting («Die grossen Sänger»): «In der wahrscheinlich um einen Halbton transponierten Stretta singt der Tenor die heiklen G’s und A’s unmittelbar über dem Registerwechsel mit unbeschreiblicher Fülle und Intensität, und seine Spitzentöne, mühelos gehalten, entziehen sich jeder Beschreibung.»

O muto asil del pianto (5)  –  Tamagno

 

Als letztes hören wir eine ekstatische Version des amerikanischen Tenors Michael Spyre, dessen Stimme die hohen C’s scheinbar ohne zu ermüden brillant singt und doch die Souplesse im Vibrato des ersten lyrischen Teils hat.

Asile héréditaire (6)  – Spyres

 

 

Die Stimme des amerikanischen Tenors Osborn ist lyrischer als diejenige von seinem Landsmann Spyres und differenziert sich durch das starke Vibrato. Auch seine Stretta begeistert durch ihren ekstatischen Aufruf mit grossartigen Höhen.

Asile héréditaire (7)  – Osborn

 

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der online Opernführer zu der Arie “ASILE HEREDITAIRE (O MUTO ASIL DEL PIANTO)” aus der Oper “Guillaume Tell”  von Gioacchino Rossini.

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