Aida, Synopsis, Giuseppe Verdi

Online Opernführer & Handlung zu AIDA

Mit der «Aida» erschuf Verdi einer der absoluten Höhepunkte der Operngeschichte und bietet alles was Oper leisten kann. Die Popularität des Werks ist ungebrochen: Massenszenen wie der Triumphmarsch begeistern das breite Publikum, innige Szenen wie der Abschied von Aida und Radames berühren den Liebhaber und Opern Fan.

 

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ÜBERSICHT UND SCHNELLZUGRIFF

 

Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I  (Palast-Szene, Tempelszene)

♪ Akt II  (Sieges-Szene)

♪ Akt III (Nil-Szene)

♪ Akt IV (Urteils-Szene, Todes-Szene)

♪ Aufnahme-Empfehlung

 

Höhepunkte

Se quel guerrier io fossi … Celeste Aida

Triumph Marsch

O patria mia 

Ciel mio padre (Nil Duett)

E in poter di costor io lo gettai (Urteils-Szene)

O terra addio (Liebestod)

 

 

 

 

ROLLEN & HANDLUNG VON AIDA IN 4 MINUTEN

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

St. Kairo, 1872

LIBRETTO

Antonio Ghislanzoni, basierend auf Vorarbeiten von Camille du Locle und Edouard Mariette (Möglicherweise basierend auf Metastasios Nitteti).

HAUPTROLLEN

Aida, Sklavin am ägyptischen Hof und Tochter des Amonasro (Sopran) Amonasro, König von Äthiopien (Bariton) - Pharao, König von Ägypten (Bass) - Amneris, Tochter des Pharaos (Mezzosopran) - Radames, Ägyptischer Krieger (Tenor) - Ramphis, Oberhaupt der Priester (Bass).

AUFNAHME EMPFEHLUNG

DECCA, Leontyne Price, Jon Vickers und Robert Merrill unter der Leitung von George Solti und dem Chor und Orchester der Römischen Oper.

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

Die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte

Verdi war fast sechzig Jahre alt als er die Aida schrieb. Er wollte sich zurückziehen, wurde aber vom Vizekönig von Ägypten angefragt eine Oper für die Eröffnung des Kairoer Opernhaus zu schreiben. Verdi nannte dann, um die Anfrage abzuwimmeln, eine unverschämt hohe Summe genannt, die zu seiner Überraschung angenommen wurde. Je länger er daran arbeitete umso mehr begeisterte er sich, bis es schlussendlich zusammen mit dem Otello vielleicht sein größtes Werk wurde.

Verdi blieb nur wenig Zeit für die Komposition der Oper, als Lieferdatum war der 1871 vereinbart worden. Gleichzeitig wurden authentische Bühnenmaterialien und Kostüme unter der Aufsicht von Mariette produziert. Doch der Deutsch-Französische Krieg machte dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung, denn die in Paris produzierte Ausstattung war blockiert, und die Aufführung musste um ein Jahr verschoben werden.

 

 

Ein ungewöhnliches Libretto

Natürlich war Verdi nicht durch das viele Geld motiviert, sondern es war Camille du Locle, der Theaterdirektor der Opéra comique und Librettist, der Verdi in der Folge textliche und bildliche Skizzen schickte. Er fand dabei die Unterstützung des Archäologen Edouard Mariette, der die Authentizität sicherstellte und die Idee der Handlung entwickelt hatte. Verdi fühlte sich sehr angesprochen und beschloss das Werk zu vertonen, was sehr ungewöhnlich war, da er sich in der Vergangenheit bei seinen Libretti auf eine solide Basisliteratur abstützte (Byron, Schiller, Voltaire, Dumas, Scribe…). Nun, in späteren Jahren stellte sich heraus, dass Mariette die Idee möglicherweise einem eher wenig bekannten Libretto des verstorbenen Opera seria Altmeisters Metastasio entnommen hatte, das dem Orientalisten Mariette durchaus hätte bekannt sein können. Wie auch immer, der bewährte Librettist Antonio Ghislanzoni schrieb in der Folge das Libretto mit der tatkräftigen Einflussnahme Verdis und Giuseppina Strepponis.

 

 

Die «Tinta» der Aida

Wie immer zu Beginn des Kompositionsprozesses begann Verdi mit der Festlegung der sogenannten «Tinta musicale», ein paar Grundprinzipien der Vertonung.

Ein wichtiges Grundprinzip der Aida war die «Varietà», die Kontrastierung der Gegensätze. Auf der einen Seite steht die Liebesbeziehung, verkörpert durch Aida und Radames, auf der anderen Seite die der Staatsraison- respektive -macht, verkörpert durch die Priester. Ergänzt wird dieses Spannungsfeld durch das Drama der Amneris. Verdi hat dazu Erinnerungsmotive entwickelt, die wiederholt zitiert werden. Sie finden im Abschnitt zur Ouvertüre das Liebesmotiv und das Priestermotiv. Daneben gibt es noch zwei Motive der Amneris.

Ein weiterer Aspekt der «Tinta» sind die Massenszenen. Verdi ließ dafür eigens ein Instrument entwickeln, die sogenannte Aida-Trompete, die wir beispielsweise im Triumphmarsch hören. Verdi setzte die Massenszenen bewusst ein, um einen Kontrast zu den vielen lyrischen Szenen zu gestalten, die wir beispielsweise in den ergreifenden Duetten zwischen Radames und Aida hören.

Ein letzter Aspekt der Tinta sind die vielen Duette. Während wir insgesamt nur drei klassische Arien zählen («Celeste Aida», «Ritorna vincitor» und «O patria»), schrieb Verdi sechs Duette, deren berühmtestes das Schlussduett «O terra addio» wurde.

 

 

Der Schluss von «Celeste Aida»

Um den Schluss von «Celeste Aida» rankt sich ein interessanter Konflikt. Wie Rossini war Verdi kein Anhänger des schmetternden hohen C’s, im Gegenteil mit einer Ausnahme hat er nie eines für den Tenor komponiert (in «La forza del destino» hat er es dem Uraufführungstenors zu Liebe geschrieben, hat es aber später aber wieder zurückgezogen). Am Schluss der Arie «Celeste Aida» hat er ein eingestrichenes B in piano geschrieben, es hatte sich aber im Laufe der Jahrzehnte bei den Tenören eingebürgert es als hohes B in forte zu singen, um den Zuschauern den Applaus in Radames‘ Auftrittsarie abzunötigen. Mit der Zeit wurde daraus eine Erwartungshaltung, wie wir der folgenden Anekdote entnehmen können: «Der berühmte Tenor Carlo Bergonzi war nicht nur ein exzellenter Tenor (Radames war eine seiner Paraderolle), sondern auch ein exzellenter Musiker. So war es für ihn eine Selbstverständlichkeit am Schluss ein B im Piano zu singen, was aber nicht immer nach des Publikums Geschmack war. So musste er im Teatro Regio in Parma erleben, dass das Publikum protestierte, als er in einer Aida-Vorstellung das Schluss-B von Celeste Aida im schwierigen Piano sang. Er hat dieses Opernhaus nie mehr betreten». (Fischer, grosse Stimmen)

Eine interessante Geschichte rankt sich um das Zusammentreffen des Dirigenten Arturo Toscanini mit dem Tenor Richard Tucker.  Toscanini (1867-1957) hat Verdi persönlich gekannt. «Als er in jungen Jahren schon ein respektierter Kapellmeister war, kehrte er temporär auf seinen Stuhl in der Cello-Sektion der Scala zurück und nahm als Cellist an der Uraufführung von Verdis Otello (La Scala, Mailand, 1887) unter der Leitung des Komponisten teil. Verdi, der sich gewöhnlich beschwerte, dass Dirigenten nie daran interessiert zu sein schienen, seine Partituren so zu dirigieren, wie er sie geschrieben hatte, war beeindruckt von Berichten von Arrigo Boito über Toscaninis Fähigkeit, seine Partituren zu interpretieren» (Quelle: Wikipedia). Als Toscanini eine Aufführung mit Tucker dirigierte «… bestand Toscanini darauf, dass das hohe B am Schluss piano gesungen würde, wie es Verdi seiner Meinung nach auch vorgehsehen hatte. Tucker hatte damit Schwierigkeiten, und so führte Toscanini eine Kompromisslösung ein: Er ließ den Tenor das B forte singen, dann eine Oktave hinuntergehen und das mittlere B im Piano wiederholen.»

 

 

Wer war die beste Aida?

Diese Frage hat die Gemüter lange bewegt. War es die Callas, Leontyne Price oder doch die Tebaldi?

Die Rolle der Aida ist schwer zu singen. Aida hat während der ganzen Oper eine hohe Bühnenpräsenz mit langen Einsätzen, was sehr viel Stehvermögen verlangt, um die vielen schwierigen Stellen zu bewältigen, wie zum Beispiel das exponierte hohe C in der wunderschönen Arie «O patria».

Wer war die beste Aida? In den 50er Jahren wurde die Oper dreimal grandios aufgenommen mit diesen drei großen Sopranistinnen. Viele geben Leontyne Price ihre Stimme, die vom bekannten Kritiker John Steane als «der beste Verdi-Sopran des Jahrhunderts» bezeichnet wurde.

 

 

Der antiklerikale Verdi

Was Verdi in Wirklichkeit musikalisch wie dramatisch deutlich ausgedrückt hat, ist, dass hinter dem Unglück der Liebenden und hinter dem Thron als treibende Kräfte die Priester stehen. Nicht der König ist der wahre Machtträger, sondern der Oberpriester. An allen wichtigen Wendepunkten trifft der Oberpriester Ramphis die Entscheidungen. Das letzte Gespräch zwischen Amneris und Radames und die anschließende Gerichtsszene des vierten Aktes, die mit einem feierlichen Triumphgesang der Priester und gleichzeitig mit deren Verfluchung durch Amneris endet, sind an emotionaler Dramatik kaum zu übertreffen. Von Verdi wird gesagt, er habe die Kleriker gehasst und dies kommt hier zum Vorschein.

 

 

Die Uraufführung

Verdi befand sich an der Kairoer Uraufführung des Weihnachtsabends 1872 nicht unter den Anwesenden. Der Dirigent der Aufführung berichtete ihm brieflich über die positive Resonanz des Publikums. Die italienische Erstaufführung ein Monat später in Mailand war ein überwältigender Erfolg und das Werk wurde rasch auf den Bühnen der ganzen Welt gespielt und bleibt bis heute eines der populärsten Werke der Operngeschichte.

 

 

 

 

AIDA AKT I

 

 

 

 

Verdi exponiert in der Ouvertüre die zwei inhaltlichen Grundthemen der Oper. Er beginnt mit dem Glückstraum der Aida und assoziiert mit ihm das sogenannte Liebesmotiv:

Verdi-Aida-Lovetheme-Liebesthema

 

Doch diesem Traum stellt sich die Staatsraison entgegen. Nach ca. 1 1/2 Minuten erklingt das Motiv der Priester, zuerst leise und dann in einem langen Crescendo immer drängender:

Verdi-Aida-Priestermotiv-Pries_motif

Sinfonia – Abbado

 

 

Celeste Aida

Handlung: Aida, die Tochter des äthiopischen Königs Amonasro lebt als Sklavin am ägyptischen Hof. Die äthiopischen Krieger überfallen Ägypten, um Aida zu befreien. Radames träumt davon lorbeergekränzt vom Abwehrkampf zu seiner heimlichen Liebe Aida zurückzukehren.

Verdi bietet der Rolle des Radames beträchtliche Schwierigkeiten. Die Rolle ist geschrieben für einen «lirico spinto», einen jugendlichen Heldentenor. Radames muss aber nicht nur die grossen heroischen Arien singen können, sondern auch in lyrischen Piano-Passagen  überzeugen. Die Tenorstimme muss scharfen Trompetenklängen die Stirn bieten und zusammen mit der Wärme der Holzbläser mithalten können. Der Tenor muss zudem sicher in den hohen Tönen sein.

Hören Sie mit Jussi Björling und Placido Domingo zwei vorzügliche Interpreten dieser Rolle. Starten wir mit Jussi Björling, von vielen als den besten Verdi Tenor des 20. Jahrhunderts bezeichnet.

Se quel guerriero io fossi…Celeste Aida (1) – Björling

 

Se quel guerriero io fossi…Celeste Aida (2)  –  Domingo

Richard Tucker

Die nächste Interpretation stammt von Richard Tucker, vielleicht der grösste Amerikanische Opernsänger des 20. Jahrhunderts. Er wurde in New York geboren als Reuben Ticker und begann seine Sängerausbildung als Chazzan (Kantor). Sein Durchbruch «kam erst mit der zur Legende gewordenen Aufführung von Aida, die unter der Leitung Arturo Toscaninis stand und sowohl für die Schallplatte aufgezeichnet wurde die auch als erste weltweit ausgestrahlte Fernsehoper zu gelten hat (konzertant)… Berühmt geworden ist aus dieser Aufnahme der Schluss der Radames-Arie «Celeste Aida». Toscanini bestand darauf, dass das hohe B am Schluss piano gesungen würde, wie es Verdi seiner Meinung nach auch vorgehsehen hatte. Tucker hatte damit Schwierigkeiten, und so führte Toscanini eine Kompromisslösung ein: Er liess den Tenor das B forte singen, dann eine Oktave hinuntergehen und das mittlere B im Piano wiederholen.» (Fischer, grosse Stimmen)

Se quel guerriero io fossi…Celeste Aida (3)  –  Tucker

 

Bergonzi und das hohe B

Zum Schluss noch eine 4. Aufnahme der Celeste Aida. Bergonzi war nicht nur ein excellenter Tenor (Radames war eine seiner Paraderolle), sondern auch ein exzellenter Musiker. So war es für ihn eine Selbstverständlichkeit am Schluss ein B im Piano zu singen, was aber nicht immer nach des Publikums Geschmack war. So musste er “im Teatro Regio in Parma erleben, dass das Publikum protestierte, als er in einer Aida-Vorstellung das Schluss-B von Celeste Aida im schwierigen Piano sang. Er hat dieses Opernhaus nie mehr betreten. (Fischer, grosse Stimmen)

Celeste Aida (4)  –  Bergonzi

Handlung:   Der Priester ruft die Ägypter zum Widerstand gegen Eindringlinge auf. In einer grossartigen Massenszene peitschen der Priester und der König die Massen auf.

Eine grosse Chorszene mit der unwiderstehlichen Hymne der kriegerischen Ägypter.

Su! del Nilo al sacro lido  –  Karajan

 

 

Aidas innerer Konflikt

Handlung:  Aida ist die Sklavin von Amneris, der Tochter des Pharaos, welche ebenfalls Radames liebt. Sie ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zum Vaterland und zu Radames.

Die aufgeregte rezitativischen Einleitung, die ihre Loyalität zu ihrer Heimat bezeugt führt ihre Stimme bis aufs hohe Des. Doch kurz darauf ertönt das Liebesthema “e l’amor mio” und die Arie wird zu einer ergreifenden Anflehung der Götter um Erbarmen. Doch, die Zukunft vorausahnend, nicht um die Liebe von Radames, sondern um die Erlösung durch den Tod.

Ritorna vincitor…Numi-o pietà  –  Price

 

 

Possente Fhta

Ein Leckerbissen, den Sie sich nicht entgehen lassen sollten, ist die exotische Arie der Priesterin «Possente Fhta» von Theresa Stich-Randall.

Handlung: Eine Ritual der Priesterinnen findet vor der Ernennung von Radames zum Hauptmann der Ägypter statt

Wunderschön begleitet mit Harfe und einem himmlischen Chor unter der Leitung von Arturo Toscanini.

Possente ftha  –  Toscanini/Stich-Randall

 

Toscanini (1867-1957) hat Verdi persönlich gekannt. «Als er in jungen Jahren schon ein respektierter Kapellmeister war kehrte er temporär auf seinen Stuhl in der Cello-Sektion der Scala zurück und nahm als Cellist an der Uraufführung von Verdis Otello (La Scala, Mailand, 1887) unter der Leitung des Komponisten teil. Verdi, der sich gewöhnlich beschwerte, dass Dirigenten nie daran interessiert zu sein schienen, seine Partituren so zu dirigieren, wie er sie geschrieben hatte, war beeindruckt von Berichten von Arrigo Boito über Toscaninis Fähigkeit, seine Partituren zu interpretieren» (Quelle: Wikipedia).

 

 

Nume custode vindice

Handlung:  In dieser Szene wird Radames feierlich zum Feldherrn der Ägypter ernennt.

Geniessen Sie eine weitere wunderbare Stelle mit Jussi Björling «Mortale diletto ai numi… Nume custode vindice» einem Duett mit dem überragend singenden Boris Christoff, wo der Schwede Björling den Chor mit «unglaublicher Energie  überstrahlt (Kesting)».

Mortal diletto ai numi… Nume custode e vindice –  Björling / Christoff

 

 

 

 

AIDA AKT II

 

 

 

 

Die Intrige von Amneris

Handlung: Amneris will herausfinden, wie ihre Sklavin Aida zu Radames steht. Sie schwindelt Aida vor, Radames sei gefallen. Aida, von Trauer befallen, gesteht Amneris ihre Liebe zu Radames. So bestätigen sich Amneris Befürchtungen. Sie ist zerfressen vor Eifersucht während Aida um Radames trauert. Gleichzeitig rufen die Priester das Volk auf, gegen die Eindringlinge zu kämpfen.

Pieta ti prenda del mio dolor – Callas / Barbieri

 

Triumphmarsch – Verdi’s tinta musicale

Handlung:  Die Ägypter können die Angreifer abwehren. Amneris  befiehlt Aida sie zum Siegesfest zu begleiten, wo das Siegesfest für Radames stattfindet.

Für diese Oper aus dem Ägypten der Pharaonen erfand Verdi die Aida-Trompete. Sie besitzt, in der Ägyptischen Geschichte historisch völlig unhaltbar, ein modernes Ventil. Verdis meinte dazu: «Die Wahrheit nachbilden mag gut sein, aber die Wahrheit erfinden ist besser, viel besser.» Für Verdi war es ein Stilmittel (das sogenannte «tinta musicale») um für eine Oper ein charakteristisches Bild zu entwickeln.

Ein Highlight eines Opernhaus Besuchs ist der Triumphmarsch mit Einsatz der Aida Trompete. Hören Sie auch diese Passage in einem schönen Video mit Balletteinlage aus einer Aufführung der Met.

Triumphal march  –  Abbado

 

Handlung:  Der Pharao hat auf Wunsch von Radames entschieden: die gefangenen Angreifer dürfen zurückkehren. Nur Aida und Amonasro (der König der Äthiopier hat sich als Offizier verkleidet und ist der Sprecher der Gefangenen) werden als Geisel zurückbehalten. Der Pharao gibt Radames als Belohnung seine Tochter Amneris als Frau.

 

 

 

 

AIDA AKT III

 

 

 

 

Handlung:  Am Ufer des Nils.  Amneris geht am Vorabend der Hochzeit zum Nil, um zu beten. Dort wartet Aida heimlich auf Radames. Sie sehnt sich nach ihrem Vaterland.

O Patria mia ist eine melancholische Arie, die in der Stimmung einer Vollmondnacht am Nil gesungen wird. Der Beginn ist in einer düsteren Stimmung, denn Aida fürchtet, nie mehr ihr Vaterland zu sehen. Sie erwacht langsam aus dieser Stimmung bis zu «l’ultimo addio». Eine nostalgische Oboen Kantilene führt in das Thema der Heimat ein. Bilder ihres Vaterlandes werden evoziert. Die Verzweiflung manifestiert sich beim mehrmaligen Wiederholen des «mai piu». Bei «che un di promesso» wird die Stimme intensiver und das nächste O patria wird von einem intensiven Orchesterklang begleitet. Zum Schluss wird wieder mit «non ti vedro» die Stimmung des Anfangs aufgenommen, diesmal mit wunderbaren hohen Tönen und begleitet von der Oboe. Die Arie endet mit einem schönen hohen pianissimo C.

Starten wir mit Leontyne Price. Fischer beschreibt ihre Stimme wie folgt: «Als Darstellerin auf der Bühne blieb Leontyne Price klischeehaften Gesten aus alten Operntagen verhaftet, das Pfund, mit dem sie wucherte, war ihr phänomenales Stimmmaterial und dessen kunstreiche Benutzung. Der oft beschriebene gutturale Beiklang farbiger Sänger war bei ihr nicht festzustellen, dafür besass sie etwas, was die englische Sprache «smoky» nennt, das deutsche Wort «rauchig» klingt schon etwas zu stark nach Bardame. Sie sang mit zwei deutlich getrennten Stimmfarben: Die ausserordentlich üppige Mittellage und Tiefe, die an einen Alt gemahnte, hatte jenen rauchigen Charakter, die leicht ansprechende Höhe klang hell und klar und blieb bis in höchste Regionen unangestrengt.»

O patria mia (1)  –  Price

 

Als Vergleich lesen wir wie Legge und Kesting die Stimme von Maria Callas beschreiben: «Maria Callas besass das sine qua non für eine grosse Karriere, nämlich das sofort wiedererkennbare Timbre. Die Stimme war voluminös und besass in den besten Jahren einen Umfang von fast drei Oktaven, obwohl die höchste Höhe nicht immer abgesichert war und die Tiefe…nicht die Kraft für gehaltene Noten besass. Die Klangqualität war luxuriös, das technische Können phänomenal. Callas besass tatsächlich drei Stimmen, die sie, ganz nach Belieben, einfärben konnte: Zunächst einen hohen Koloratursopran, weitreichend und agil, hell und brillant, aber auch, wenn sie wollte, verhangen und opaque. Selbst bei den intrikatesten Fiorituren hatte sie keinerlei musikalische oder technische Probleme zu überwinden. Ihre chromatischen Läufe, vor allem abfallende, glitten geschmeidig dahin… Die Mitte der Stimme war dunkel und leicht verschattet. Es war ihre ausdrucksvollste Lage, in der sie das flüssigste Legato verströmen konnte. Hier produziert sie einen ganz eigenen, ganz eigenartigen und höchst persönlichen Klang, manchmal so, als sänge sie in eine Flasche hinein.»

O patria (2)  –  Callas

 

2017 hat Anna Netrebko in der Rolle der Aida debutiert. Die Kritiken aus Salzburg und New York waren exzellent.

O patria (3)  –  Netrebko

 

Aficionados finden in der dritten Aufnahme, aus der Zwischenkriegszeit, mit der Interpretation von Giannina Arangi-Lombardi (1891-1951) noch einen Leckerbissen aus dem goldenen Zeitalter. Hören Sie wie Ihre Stimme aufs hohe C gleitet (4:45), unvergleichlich.

O patria mia (4)  –  Arangi-Lombardi

 

 

Das grosse Nil-Duett

Handlung: Während Aida auf Radames wartet, taucht ihr Vater überraschend auf und bedrängt sie, Radames den unbewachten Weg der ägyptischen Verteidigungslinie zu entlocken. Er besingt die Schönheiten Äthiopiens und appeliert an die Pflichterfüllung der Aida. Aida, hin- und hergerissen zwischen Loyalität zum Vaterland und Verrat an Radames lehnt ab.

Hören sie zwei grosse grosse Duett-Paare in dieser dramatischen Nilszene. Neben Callas / Gobbi habe ich für Aficionados das Paar de Luca / Rethberg in der Playlist hinterlegt.

Ciel…mio Padre (1)  –  Callas / Gobbi

Ciel…mio Padre (2)  –  Rethberg / deLuca

 

Das Duett Aida-Radames

Handlung: Als Radames erscheint versteckt sich Amonasro. Aida bittet ihn mit ihr nach Äthiopien zu fliehen.

Mit lockenden Tönen, von Holzbläsern begleitet, versucht Aida Radames für ihren Plan zu gewinnen. Daraus entwickelt sich ein zart-leidenschaftliches Duett zwischen den beiden Liebenden, das mit einem entschweben der Stimme Aidas endet.

Kesting (Grosse Stimmen): “Diese Szene gehört zu den erregensten Momenten des Verdi Gesangs. Björling singt nicht nur mit vibrierender Intensität, sondern bildet die Phrase “il ciel de nostri amori” – ein hohes B – mit duftigem pianodolce.”

Fuggiam gli ardori inospiti  –  Björling / Milanov

 

Handlung: Aida fragt nach einem unbewachten Weg. Ihr Vater hört, wie Radames ihr den Weg nennt. Amonasro tritt hervor und Radames erkennt, dass er ungewollt sein Vaterland verraten hat. So muss Radames fliehen. In diesem Moment tritt Amneris hervor und beschuldigt ihn des Verrats. Amonasro will sie töten aber Radames verhindert dies, lässt sich aber gefangen nehmen. Aida und ihr Vater entkommen.

 

 

 

AIDA AKT IV

 

 

 

 

Handlung:  Amneris bietet Radames Thron und Heirat an, aber Radames verzichtet.

Dieses Duett endet mit einer grossen Caballetta und dramatischen Orchesterschlägen, die die äussere Dramatik dieser schicksalhaften Begegnung der beiden dokumentiert.

Gia i sacerdoti adunansi  –  Domingo / Cossotto

Amneris’ große Urteilsszene

Handlung:  Er wird zum Tode durch Einmauerung in das Pyramidengewölbe verurteilt. Amneris versucht vergeblich, die Priester zu bewegen, das Todesurteil abzuwenden. Sie will aus Verzweiflung sterben, weil sie selbst es war, die Radames dem Gericht ausgeliefert hat. Sie verflucht die Priester leidenschaftlich.

(hier sehen Sie eine interessante Parallele zu Nabucco, siehe Abschnitt “Verdi und die Kirche” im Portrait zu Nabucco).

Diese Szene ist eine der grossen antiklerikalen Anklagen Verdis. Mit grosser Geste schildert er das Drama der ungeliebten Amneris, musikalisch überlagert mit der Gerichts-Szene, die sich im Innern des Tempels abspielt.

Hören Sie Shirley Verrett in dieser großartigen Szene der Amneris. Es ist eine musikalische und dramatische grossartige Interpretation. Verrett hat regelmässig sowohl Sopran als auch Mezzo gesungen. So kann sie die hohen Passagen dieser Szene wunderbar dramatisch und beeindruckend singen.

E in poter di costor io lo gettai  –  Verrett

O terra Addio

Handlung: Radames ist in das Gemäuer der Pyramide eingeschlossen worden. Er hört einen Seufzer und bemerkt Aida, die sich in das Gewölbe eingeschlichen hatte. Aida und Ramades erleben gemeinsam ihren Abschied von der Welt.

Verdi war sich bewusst über die Bedeutung dieser Szene, die einerseits den lyrischen Schlusspunkt nach der expressiven vorangegangenen Szene bildet, aber auch Verdis künstlerischer Schwanengesang hätte sein können, wenn nicht ungewollt die Shakespearschen Dramen Othello und Falstaff zwanzig Jahre später auf wundersame Weise seinen Weg gekreuzt hätten. Er verwendet für diese grandiose Szene vornehmlich gedämpfte Streicher und Harfen, die die exquisite Melodie der Singstimmen zärtlich begleiten. Der Schluss des Duett wird durch die Stimmen des Priesterchors überblendet und endet.

In diesem Duett hören Sie in diesen vier Aufnahmen die Spitze des Verdi Gesangs (es fehlt in dieser Gruppe nur Maria Callas).

Wir starten mit dem Duo Björling/Milanov, es bietet einen erregenden Schluss.

O terra addio (1) –  Milanov/Björling

Falls Sie die Stimmen dieses Duos mögen, dann hören Sie sich das Duett «Teco io sto» aus dem Blog zum «Ballo in maschera» an.

 

Als nächstes hören wir das Duo Caruso/Gadski. Caruso singt mit einem schmerzlichen Tonfall und grosser Schönheit. Auch Johanna Gadski (1872-1932) begleitet wunderbar und die beiden singen zusammen einen wunderbaren dolcissimo-Schluss.

O Terra addio (2)  –  Gadski/Caruso

 

Kesting (in grosse Stimmen des 20 J.) zählt das Duo Ponselle/Martinelli  sogar, nicht zuletzt wegen der himmlisch singenden Rosa Ponselle, zu den Sternstunden des Verdi Gesangs. Rosa Ponselle, welche von Experten oft zusammen mit Maria Callas als die grösste Sopranstimme des 20. Jahrhunderts genannt wird bietet mit dieser Aufnahme grosse Gesangskunst.

O terra addio 6:47 (3)  –  Ponselle/ Martinelli

 

 

 

Zum Abschluss 2 Anekdoten zur Oper “Aida”. Die erste über Maria Callas.

 

Der Fall Callas vs Baum

Maria Callas war eine der grossen Sängerinnen des 20. Jahrhunderts. Leider kam sie insgesamt auf nur auf ca. 500 Aufführungen. Um zu einer Antwort zu kommen wieso, hilft vielleicht folgende Geschichte (zitiert aus Jürgen Kestings Buch, Grosse Sänger des 20. Jahrhunderts): «Auf einer Tournee…bestritt sie eine Aufführung von Verdis Aida. Ihr Tenorpartner Kurt Baum verärgerte die anderen Protagonisten dadurch, dass er ungeniert auf seinen hohen Noten sass. Sie beschwerten sich beim Dirigenten. Callas erinnerte sich, dass der Manager des Theaters ihr eine alte Partitur mit einem Es’’’ für das Finale des zweiten Aktes gezeigt hatte. Sie liess sich vom Dirigenten und von den Kollegen Carte blanche geben und erteilte Baum die fällige Lektion mit einem Fanal-artigen, lodern den Spitzenton, der den Tenor förmlich schockierte. In der Aufführung am 3. Juli 1951 war Mario del Monaco ihr Partner und, … Rivale. Im Concertato des zweiten Aktes ist ein, um sein Leben brüllender Löwe zu hören, dessen Stimme in den Klangmassen des Chors begraben zu werden dort – und dann durchdringt das Es des Soprans den Tumult, glühend und leuchtend wie eine weisse Flamme, die aber den Stoff, aus dem sie besteht auflöst. Es gibt keine Stimme, die solch eine Anspannung schadlos übersteht».

Maria Callas vs Kurt Baum

 

Eine Anekdote zu Johanna Gadski

Zum Schluss noch eine Anekdote zu Johanna Gadski, welche Sie im Duett «O terra addio» mit Enrico Caruso singen hören können. 1903 stürzte sie während einer Vorstellung der Walküre im dritten Akt so schwer, dass sie das Bewusstsein verlor. Geweckt wurde Sie durch die Rufe des Souffleurs, so dass sie weiter singen konnte. Mit einem blauen Auge sang sie wenige Tage später Aida neben Caruso…

Aufnahmen-Empfehlung

 

DECCA mit Leontyne Price, Jon Vickers und Robert Merrill unter der Leitung von George Solti und dem Chor und Orchester der Römischen Oper.
Als Alternative bietet sich auch die Aufnahme mit Placido Domingo, Katja Ricciarelli unter der Leitung von Claudio Abbado (DG) an.
Eine dritte grossartige Alternative ist die Aufnahme mit Jussi Björling, Zinka Milanov and Leonard Warren.

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, dem online Opernführer zu AIDA von Giuseppe Verdi.

 

 

 

 

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