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Online Opernführer & Handlung zu Weills und Brechts DREIGROSCHENOPER

Die Entstehungsgeschichte der Dreigroschenoper war dramatisch. Jeder erwartete einen Fehlschlag. Doch die Uraufführung vom 31. August 1928 wurde zu einem nie erwarteten triumphalen Erfolg und machte Kurt Weill und Bertold Brecht schlagartig berühmt. Weills Melodien wurden zu Gassenhauern und das Werk wurde allein in den ersten 5 Jahren 10.000 mal aufgeführt.

 

 

Das spannende Sachbuch zur modernen Oper

Bild = Link zur Oper

 

 

Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I  (Peachums Bettler Shop, Pollys und Mackies Hochzeit)

♪ Akt II  (Abschieds Szene, Mackies Verhaftung)

♪ Akt III  (Jennys Verrat, Finale)

 

 

Höhepunkte

Der Haifisch hat Zähne (Mack the knife)

Kanonen song 

Der Mond über Soho

Barbara Song

Jenny’s Piraten Ballade

Song of the Insufficiency of Human Endeavor

 

 

Aufnahme Empfehlung

♪ Aufnahme Empfehlung

 

 

 

ROLLEN & HANDLUNG DER DREIGROSCHENOPER

 

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

1928, Berlin

LIBRETTO

Bertold Brecht, basierend auf der Beggar Opera von John Gay und der Mitarbeit von Elisabeth Hauptmann und Texten von Karl Klammer

HAUPTROLLEN

Jonathan Peachum, Besitzer der Firma Bettlers Freund - Celia Peachum, seine Frau - Polly Peachum, ihre Tochter - Macheath. genannt Mackie Messer, Meuchelmörder und Gangster - Tiger Brown, Polizeichef von London - Lucy, seine Tochter - Jenny, Bordellbesitzerin und Hure

AUFNAHME EMPFEHLUNG

CBS, mit Lotte Lenya, Erich Schellow, Johanna von Koczian und Willy Trenk unter der Leitung von Wilhelm Brückner-Rüggeberg und dem Orchester Sender Freies Berlin.

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

Die Gesellschaftskritik

Das Werk ist ein Produkt der Berliner «roaring twenties». Jazz, Art déco und das Verlangen nach Vergnügen prägten diese Jahre. Aber auch die Schrecken des ersten Weltkriegs und ihren Folgen wie Hyperinflation, organisiertes Verbrechen, Elend und seelisch und körperlich zerrüttete Opfer waren immer noch omnipräsent.

Der 30 jährige Bertold Brecht war Marxist und er beschreibt mit der Dreigroschenoper eine von innen zerfressene Gesellschaft, bei der Veränderungen nur durch die Veränderung des Systems, sprich mit einer wie auch immer gearteten Revolution, möglich sind. Es ist eine Welt ohne gesellschaftlichen Kitt. Keiner ist dem andern verpflichtet und jeder ist käuflich. Die niederen Instinkte des Menschen werden getrieben durch bürgerliche Untugenden wie Gier und Eitelkeit aber auch durch zutiefst menschliche Regungen wie Überlebensinstinkt und Sexualtrieb.

Peachum steht für den scheinheiligen Bürger, der sich gegenüber der niederen Schicht (Macheath) überlegen fühlt aber letztlich nicht mehr als ein «Räuber mit der Bibel in der Hand» ist. Brecht lässt etwa Macheath fragen: «Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?». Letztlich verhält sich der Polizist wie der Gangster, die Hure wie die Bürgerstochter. Die einen rauben aus Not, die andern aus Gier. Diesen Irrtum des Bürgertums, die beiden Dinge voneinander abgrenzen zu wollen, galt es für Brecht aufzudecken.

Fünf Jahre nach der Uraufführung 1928 wurde das Werk von den Nationalsozialisten verboten. Für die Faschisten war es ein amoralisches, nihilistisches Werk von Juden erschaffen. Für viele der Beteiligten der Uraufführung (meist jüdischer Herkunft) wurden die Nazijahre zum Grauen. Während Weill und Brecht in die USA emigrieren konnten endeten andere in Konzentrationslagern. Berühmt wurde das Schicksal des Tiger-Brown der Uraufführung, Kurt Gerron. Er wurde 1944 gezwungen den Nazi-Propagandafilm «Theresienstadt» zu inszenieren, der glückliche Juden in den Konzentrationslagern zeigt. Gerron wurde wenig später in Ausschwitz brutal ermordet.

 

 

Das Original und die «Kopie» wurden zur Sensation

Als Basis für die Dreigroschenoper diente ein bestehendes Werk. Brecht hat die Handlung von John Gays «Beggar’s opera» freizügig bearbeitet. Genau 200 Jahre zuvor hatte Gay in London gegen den Pomp von Händels Barock-Opern gestichelt. Statt dass es wie in einer Händel Oper im Milieu des Adels spielte, liess Gay die Handlung im Huren- und Bettler-Milieu der englischen Hauptstadt ablaufen. Der Erfolg dieser Parodie war so durschlagend, dass es Händels Opera-Company schweren wirtschaftlichen Schaden zufügte. Für das Publikum war es sensationell, dass auf einer Theaterbühne das Milieu des Untergrundes dargestellt wurde.

Auch 200 Jahre später reagierte das Publikum auf das Thema der Oper mit gleicher Heftigkeit. Der Anlass dafür war nicht nur das Sozialmilieu der Dreigroschenoper sondern auch, dass die klassische Oper der zwanziger Jahre sich weit vom Geschmack des breiten Publikums entfernt hatte, und der Gegensatz zu Weills jazziger, fast vulgären Musik dramatisch groß war.

 

Ein zwiespältiger Triumph

Die Vorbereitungen der Oper wurde durch Todefälle, Absagen und Krankheiten überschattet. Jeder erwartete einen Fehlschlag. Doch die Uraufführung vom 31. August 1928 wurde zu einem nie erwarteten triumphalen Erfolg und machte Kurt Weill und Bertold Brecht schlagartig berühmt. Weills Melodien wurden zu Gassenhauern und das Werk wurde in den ersten 5 Jahren 10.000 mal aufgeführt. Brecht litt darunter, dass die Popularität der Musik die Gesellschaftskritik des Werks in den Hintergrund drängte, und das Publikum das Werk letztlich wie eine Operette konsumierte. 30 Jahre später sollte das Werk in einer Adaption von Blitzstein am Broadway mit über 2000 Aufführungen Triumphe Feiern mit einem Publikum, welches nicht für seine revolutionären Regungen bekannt war.

 

Die Musik der Dreigroschenoper

Die Dreigroschenoper war nach «Mahoganny» Weills zweites Werk in Zusammenarbeit mit Bertold Brecht. Weills Opernschaffen war schon bisher von Themen der Zeitkritik dominiert, sein Kompositionsstil war effektreich und mit Jazz Elementen bereichert. Mit der Dreigroschenoper führte er seine Kunstfertigkeit im jungen Alter von 28 Jahren zu einem großartigen Höhepunkt

Weill schrieb Musik mit einer einfachen aber suggestiven Melodik. Die Sänger werden begleitet von einer Jazz-Band mit 9 Musikern, die nicht im Orchestergraben sitzen sondern auf der Bühne musizieren. Die Band besteht aus 2 Saxophonen, 2 Trompetern, Posaune, Banjo, Pauken, Harmonium und einem durch den Bandleader gespieltes Klavier, wobei die Instrumentierung auch angepasst werden kann.

Alles an diesem Werk war ein großes Wagnis. Selten ist Musik so einfach und so direkt (oder gewöhnlich oder sogar vulgär) komponiert worden, ohne jemals den künstlerischen Anspruch zu verlieren. Weill setzte viele schräge Töne, die beispielsweise in Akkorden auftauchen oder die Melodielinien verfälschen. Natürlich ist das Wort Oper im Titel des Werks ironisch gemeint, Musiktheater ist der angemessenere Ausdruck.

Weill setzte die Musik so, dass sie von Schauspielern gesungen werden konnte. Dies betraf insbesondere den Tonumfang der Rollen, den auch nicht ausgebildete Sänger beherrschen konnten.

 

Das Epische Theater und der Verfremdungseffekt

Die Dreigroschenoper verlässt den herkömmlichen Ansatz des Musikdramas, den wir aus dem Genre Oper kennen. Brecht verlangte vom Komponisten und den ausführenden Künstlern, die Szenen nicht psychologisch auszulegen sondern sie gesellschaftspolitisch zu interpretieren. Der Schauspieler darf in der Rolle nicht aufgehen. Konsequenterweise war nicht der einfühlsame Opernsänger der ideale Interpret dieses Werks, sondern der singende Schauspieler.

Dieses neue Genre nannte Brecht «Episches Theater», eines der Kernelemente war das Stilmittel der Verfremdung. In Wikipedia wird Verfremdung wie folgt definiert: «Die Handlung wird durch Kommentare oder Lieder so unterbrochen, dass beim Zuschauer jegliche Illusionen zerstört werden. So kann er der Theorie zufolge eine kritische Distanz zum Dargestellten einnehmen.  Als Leittext gilt der Essay ‘Das epische Theater’ von Bertolt Brecht. Darin vertritt Brecht die These, dass das klassische Schema des Dramas wie z. B. von Sophokles überholt sei, da die Art des Zuschauens nicht zum Nachdenken, sondern lediglich zum Mitfühlen und Miterleben anrege. Die eigentliche Aufgabe des Theaters sieht er jedoch in der Belehrung des Zuschauers, der Aufforderung zum Mitdenken und infolgedessen auch zum aktiven Handeln.».

 

Das Werk hat viele Väter und Mütter

Neben den Verfassern der Urform (Gray und Pepusch) und der modernen Form (Brecht und Weill) muss zum einen Elisabeth Hauptmann genannt werden, die viele Texte als Übersetzerin der Beggar‘s Opera schrieb, und zum andern Klammer, der Gedichte von Francois Villon übersetzte. Letzteres führte zu einer Urheberrechtlichen Klage Klammers, die Brecht später zu einer Entschädigungs Zahlung zwang.

Brechts inhaltlicher Ansatz der Dreigroschenoper war zutiefst marxistisch, doch bei den Finanzen war Brecht ein lernfähiger Kapitalist, er beanspruchte zwei Drittels des Gewinns für sich. Weill erhielt einen Viertel und Elisabeth Hauptmann 12.5 %.

 

 

 

DREIGROSCHENOPER AKT I

 

 

 

 

Die Sprache des Werks

Vorbemerkung: Die Sprache dieses Werks ist rüde. Um Authentizität zu wahren werden  Worte des  Originaltextes verwendet.

Ouvertüre

Die berühmte Moritat von Mackie Messer

Handlung: Ein Jahrmarkt in Soho. Die Bettler betteln, die Diebe stehlen, die Huren huren. Ein Jahrmarkt Sänger  singt die Moritat über Mackie Messer, den Meuchelmörder, der auf Auftrag tötet.

Und der Haifisch, der hat Zähne (Ballad of Mac the Knife)

Moritaten (vermutlich aus dem Wort «Mordtat» oder «Moralität» stammend) waren Schauerballaden die an Jahrmärkten gesungen wurden und von Violinen oder Drehorgeln begleitet wurden.
Die Moritat wurde von Anfang an zu einem Gassenhauer par excellence und zum berühmtesten Stück der Dreigroschenoper. Interessanterweise war dieser Song nicht in der ursprünglichen Fassung enthalten und das Stück wurde erst im letzten Moment geschrieben, weil der Schauspieler Harald Paulsen darauf bestand als erster mit einem Song aufzutreten.

Das Stück umfasst 6 Strophen und beginnt nur mit Harmonium begleitet. Mit jeder Strophe kommen weitere der total 9 Instrumente der Band hinzu. Weill schreibt zu Beginn «in der Art eines Leierkastens». Der Rhythmus entwickelt sich immer mehr zu einem Foxtrott.

Wir hören den Song in 2 Versionen. Zuerst diejenige des ersten Macheath’, Harald Paulsen, dem wir die Existenz des Stückes verdanken.

Der Haifisch hat Zähne  –  Paulsen

Seine Rolle im Dritten Reich war allerdings eine traurige. Er war Opportunist und berüchtigt als Denunziant.

 

Leonard Bernstein wurde in den 50er Jahren auf die Dreigroschenoper aufmerksam und bat Blitzstein, eine englische Version für den Broadway zu erstellen. Blitzstein verlegte die “Dreigroschenoper” ins New York von 1870 und schrieb den Text in amerikanischem Slang. Lotte Lenya sang erneut die Jenny, wie schon 30 Jahre zuvor bei der Premiere.

Das Werk hatte in Amerika einen großen Effekt. Viele Jazzmusiker schätzten, dass Weill im Gegensatz zu anderen europäischen Komponisten wirklich im Stil des Jazz schrieb, und das Lied fand viele Adaptionen durch amerikanische Jazzmusiker. Ella Fitzgerald brachte 1960 Mack the knife nach Berlin zurück und erhielt dafür einen Grammy. Ihre Interpretation drehte die Tonart mit jeder Zeile chromatisch eine Stufe höher, insgesamt 11 Mal. Atemberaubend.

Mack the knife  –  Fitzgerald

 

 

Der Mond über Soho

Handlung: Peachum betreibt mit seiner Frau einen Laden, in dem er zukünftigen Bettlern das passende Outfit verpasst und ihnen ihre Bezirke zuteilt. Im Gegenzug müssen diese einen Teil ihrer armseligen Einkünfte abgeben. Ihre Tochter Polly ist diese Nacht nicht nach Hause gekommen. Ihnen schwant Böses.

Diese Nummer ist eine herrliche Karikatur der herkömmlichen Oper. Während wir bei Bellinis Norma (und vielen anderen Opern) magische Vollmond Nächte erleben ist der Mond über Soho eine groteske Fratze am nächtlichen Himmel.

Anstatt, dass … Das ist der Mond über Soho (No They Can’t Song)

 

Handlung: Polly Peachum war fort, weil sie ihre Hochzeit in einem schäbigen Pferdestall Sohos mit Mackie Messer, mit bürgerlichen Namen Macheath, feiert. Macheaths Gaunerfreunde haben die Hochzeitsgeschenke zusammengestohlen und singen den beiden ein Hochzeitslied.

Dieser Chorgesang wurde von Weill so bewusst schräg und falsch geschrieben. Die Hochrufe der bierseligen Hochzeitsgäste sind  genauso armselig wie ihre Gefühle für das Hochzeitspaar.

Bill Lawgen und Mary Syer  (HOCHZEITSLIED FÜR ÄRMERE LEUTE) – Brückner

 

 

Lotte Lenya

Handlung: Um Stimmung zu machen singt Polly singt das Lied der Seeräuber Jenny. Es ist eine Ballade über eine Bardame, die den ankommenden Piraten hilft, die Stadt zu plündern.

Diese Ballade der Seeräuber Jenny war ursprünglich der Figur der Polly zugedacht. Doch aufgrund des großen Erfolgs von Lotte Lenya, der ersten Jenny, wurde sie in der Folge dieser Figur übergeben.

Lotte Lenya (bürgerlich Charlotte Blamauer) war nicht nur die Uraufführungs-Jenny, sondern auch die Frau von Kurt Weill. Sie sang diese Rolle auch in der ersten Verfilmung von 1931, wir sehen daraus den Ausschnitt der Seeräuber-Jenny. Besonders eindrücklich ersichtlich ist in dieser Aufnahme Brechts Stilmittel der Verfremdung: Lenyas Schauspielerei ist auf ein absolutes Minimum beschränkt.

Meine Herren heute sehen Sie mich Gläser abwaschen   (SEERÄUBER JENNY)  –  Lenya

 

Der mitreißende Kanonen Song

Handlung: Kurz ergreift die Hochzeitsgäste ein Schaudern als Tiger-Brown auftaucht, Londons gefürchteter Polizeichef. Er ist ein alter Jugendfreund Macheaths’ und nur zum Gratulieren gekommen. Gemeinsam singen die beiden alten Kriegskameraden einen Kanonensong.

Der sogenannte Kanonen Song ist ein packender Ragtime mit einem mitreißenden Refrain, geschrieben im Tempo des Foxtrotts.

Wir hören und sehen das Duett wiederum in der Filmfassung von 1931.

John war darunter und Jim war dabei (KANONEN SONG)

 

Handlung: Macheath und Polly sind für einen Moment glücklich.

Weill überrascht uns mit einem geradezu romantischen Liebeslied. Teile des Songs sind liedhaft komponiert und andere sind in einem Sprechgesang geschrieben, einer Stilform welche im Kabarett dieser Jahre oft verwendet wurde.

Siehst Du den Mond über Soho (LIEBESLIED)  –  Schellow / Koczian

 

 

 

Der berühmte «Barbara Song»

Handlung: Polly gibt sich als ein Mädchen, welches wie alle andere einfach einen Mann finden will.

In diesem Song sehen wir exemplarisch wie das epische Theater vom Schauspieler verlangte eine Mittlerrolle einzunehmen. Gefragt war nicht in die Gefühlswelt der Figur einzutauchen, sondern es ging darum die Person zu demonstrieren. Wir sehen wieder Lotte Lenya.

Einst glaubte ich, als ich noch unschuldig war (DER SONG VOM JA UND NEIN, BARBARA SONG) – Lenya

 

Wir hören eine zweite, schwungvolle Interpretation von Megan Mullally, einer bekannten Amerikanischen Schauspielerin. Betreffend Interpretation und Instrumentation ist diese Aufnahme allerdings weit weg von der vorherigen Fassung Lotte Lenyas.

Barbara song (in englisch) – Mullally

 

Handlung: Zurück bei ihren Eltern erzählt Polly von der Hochzeit. Peachum ist außer sich, er hoffte auf seine Tochter als Hilfsquelle seines Alters. Mit der Bibel in der Hand prophezeit er ihr eine schlechte Zukunft. Er  warnt sie die Welt sei arm und der Mensch sei schlecht.

Was ich möchte, ist es viel?  –  Koczian

 

 

 

DREIGROSCHENOPER AKT II

 

 

 

Der Abschied von Polly – in der Manier des Faust

Handlung: Nun setzt Peachum alles daran Macheath hinter Gitter zu bringen. Sogar Tiger-Brown konnte er überzeugen, dass er seinen Freund festnehmen muss. Macheath erfährt davon und taucht unter. Wehmütig verabschiedet Polly ihren Mann.

Pollys Abschied ist eine Parodie auf den Gretchen Monolog aus dem Faust.

Er kommt nicht wieder (POLLYS FAREWELL SONG)  –  Koczian

 

 

Handlung: Peachum’s Frau hat die Bordellinhaberin Jenny bestochen, dass sie der Polizei melden solle, sobald Macheath im Bordell auftaucht. Jenny ist sich sicher, dass er auftaucht, denn der Sexualtrieb werde ihn hierherführen.

Da ist nun einer schon der Satan selber (DIE BALLADE VON DER SEXUELLEN HÖRIGKEIT) – Hesterberg

 

 

Die treffenden Songtitel

Handlung: Tatsächlich taucht er bald schon auf. Nostalgisch erinnern sich die beiden  an die Zeit als er ihr brutaler Beschützer war und sie für ihn im Bordell anschaffte.

Die Bezeichnungen der Lieder wie «Kanonensong» oder wie hier «Zuhälterballade» waren prägnant und konzise formuliert und halfen die Songs populär zu machen. Dieser Song ist im Stil eines Tangos komponiert.

Wir hören in dieser Aufnahme wiederum Lotte Lenya. Diese Aufnahme stammt aus den fünfziger Jahren, also mehr als 20 Jahre nach der Uraufführung und der ersten Verfilmung von 1931. Die Stimme von Lenya war mittlerweile deutlich tiefer und sie konnte nicht mehr alle Songs in der ursprünglichen Tonlage singen.

There was a time and now is all gone by  (Tango-Ballad)  –  Lenya / Merrill

 

 

Jennys Seeräuber Ballade

Handlung: Ohne Zögern ruft Jenny die Polizei. Bald schon wird Macheath abgeführt.

Die Seeräuber Ballade beginnt begleitet von einem scheinbar verstimmten Klavier. Dieses schauerliche Stück wurde in der Folge von vielen Schauspielerinnen gesungen. Es ist im charakteristischen Sprechgesang komponiert.

Meine Herren heute sehen Sie mich Gläser abwaschen (TRÄUME EINES KÜCHENMÄDCHENS)  –  Lenya

 

 

Lob des Wohlstands

Handlung: Macheath ergibt sich seinem Schicksal.

Begleitet von einem Klavierstück im Stile einer jazzigen Unterhaltungsmusik hören wir Macheaths «Lob des Wohlstandes» (das aber träge macht), gesungen mit der Grandezza des Banditen.

Da preist man uns das Leben großer Geister (DIE BALLADE VOM ANGENEHMEN LEBEN)

 

 

Handlung: Er wird besucht von Lucy Brown, der Tochter des Polizeichefs. Sie ist schwanger von ihm. Als Polly auftaucht ist sie erbost, und die beiden streiten eifersüchtig.

Auch dieses Duett ist als eine Parodie auf Opernduette zu verstehen. Es ist ein Gekeife zweier «Marktweiber». In der Aufnahme hören wir, man merkt es, zwei professionelle Sängerinnen.

Da preist man uns das Leben großer Geister (Jealousy Duet)  –  Bernsteiner-Licht / Akselrod

 

 

Erst kommt das Fressen und dann die Moral

Handlung: Lucy schwört, dass sie sich bei Polly rächen werde. Sie bedrängt ihren Vater, dass er dafür sorgen wird, dass Macheath aus dem Gefängnis kommen kann. Dies passiert und bald ist Macheath wieder bei Jenny. Dort philosophieren die beiden, wovon der Mensch lebe. Sie sind sich einig, zuerst kommt das Fressen, dann die Moral!

Einige der Verse Brechts wurden zu sprichwörtlichen Aphorismen, die in die Sprache eingingen. Das berühmteste und heute noch verwendete war das vom „Fressen und der Moral“. Um den Effekt der Worte im Theater zu verstärken ließ Brecht wichtige Formulierungen auf Bändern aufdrucken und hängte sie neben die Bühne.

Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben (BALLADE ÜBER DIE FRAGE WOVON LEBT DER MENSCH)  –   Rasp

 

 

 

DREIGROSCHENOPER AKT III

 

 

Peachums Drohung

Handlung: Peachum gibt nicht auf. Er droht dem Polizeichef die kommenden Krönungsfeierlichkeiten der Königin mit seinen Bettlern zu stören.

Die Musik dieses Stücks soll an die Parade eines Fackelzugs erinnern und spiegelt die Atmosphäre des angedrohten Aufmarsch der Bettler. Der Text von Brecht ist umwerfend, der Refrain wechselt 4 mal und wird immer zynischer:

Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug
niemals merkt er eben jeden Lug und Trug.

Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlecht genug:
doch sein höch´res Streben ist ein schöner Zug.

Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht anspruchslos genug
drum ist all sein Streben nur ein Selbstbetrug.

Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht gut genug
darum haut ihn eben ruhig auf den Hut.

Der Mensch lebt durch den Kopf (DAS LIED VON DER UNZULÄNGLICHKEIT)

 

 

Jenny verrät Macheaths ein zweites Mal

Handlung: Neuerlich wird Macheath beim einem Bordellbesuch von den Huren verraten.

Jenny singt über die Eitelkeit des Menschen, dessen Ehrgeiz ihn in Verderben führt. Dieses Schicksal ereilte Salomon, Cäsar, Kleopatra und jetzt auch Macheath. So rechtfertigt sie, dass sie es ist, die letztlich ihren ehemaligen Liebhaber dem Galgen ausliefert.

Ihr saht den weisen Salomo (SALOMON SONG)  –  Lemper

 

Handlung: Diesmal wird er zum Tode verurteilt. Es fehlt ihm das Geld um die Wächter für einen Fluchtversuch zu bestechen und er wird zum Galgen geführt. Alle erwarten ihn auf dem Hinrichtungsplatz. Als ihm die Schlinge um den Hals gelegt wird, verkündet Peachum, dass Macheath von der Königin begnadigt wurde. Ein reitender Bote erscheint.

Mit der Adelung Macheaths zielt Brecht darauf ab, die Räuber und die gesellschaftliche Oberschicht gleichzustellen. So kann sich das System nicht selbst refomrieren, sondern die Änderung muss durch eine Revolution herbeigeführt werden. Dieser marxistische Ansatz ist der gesellschafts-revolutionäre Aspekt dieser Oper.

Natürlich ist der reitende Bote auch eine Parodie auf die Opera Seria in der die Götter in einer überraschenden Wendung der Handlung ein Happy End bescheren, dem «lieto fine» herbeigeführt durch den «Deus ex machina». Doch der Kontext dieser Oper ist grotesk und macht die Wendung zur Satire.

Horch, horch, horch (DER REITENDE BOTE)

 

Handlung: Er verkündet, dass die Königin anlässlich ihrer Krönung entschieden hat, dass Macheath nicht nur die Freiheit gewährt werden solle, sondern darüber hinaus ihm ein Adelstitel, eine Apanage und ein Schloss gewährt wird. Mit einem grossen Choral aller Beteiligten erklingt die Moral von der Geschicht:  Verfolgt das Unrecht nicht zu sehr, in Bälde erfreit es schon von selbst, denn es ist kalt.

Verfolgt das Unrecht nicht zu sehr (DREIGROSCHEN FINALE) SCHLUSSCHORAL

 

 

 

 

Aufnahmeempfehlung der DREIGROSCHENOPER

Deutsch:

CBS, mit Lotte Lenya, Erich Schellow, Johanna von Koczian und Willy Trenk unter der Leitung von Wilhelm Brückner-Rüggeberg und dem Orchester Sender Freies Berlin

 

English:

TPR, Lotte Lenya, Scott Merrill, Martin Wolfson, Beatrice Arthur under the direction of Samuel Matlovski.

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der online Opernführer zu der DREIGROSCHENOPER von Kurt Weill und Bertold Brecht.

 

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