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Online Opernführer & Handlung zu Donizettis LA FILLE DU REGIMENT

«La fille du régiment» ist ein Feuerwerk der Stimmen und verlangt nach zwei grossen Interpreten der Hauptrollen. Die weibliche Hauptrolle der Marie vereint die grosse Stimme mit dem einer aussergewöhnlichen Theater-Persönlichkeit und die männliche Hauptrolle den tenoralen Kraftakt der 9 hohen C’s des «Pour mon ame».

 

Schlicht und einfach phänomenal, die DVD mit Dessay und Florez:

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Inhalt

Handlung

♪ Akt I  (Regiments Szene)

♪ Akt II   (Schloss Szene)

 

Höhepunkte

Au bruit de la guerre

Chacun sait, chacun le dit (Regimentslied)

Pour mon ame (Arie mit den 9 hohen C’s)

Je suis soldat… Il faut partir (Finale Akt I)

C’en est donc fait – Salut à la France

Tous les trois réunis (Terzett)

Pour me rapprocher de Marie

Quand le destin (Finale Akt II)

 

 

Aufnahme Empfehlung

♪ Aufnahme Empfehlung

 

 

 

 

ROLLE & HANDLUNG VON LA FILLE DU RÉGIMENT

 

 

 

 

 

Donizetti in Paris

Die Anfänge der Oper gehen auf das Jahr 1839 zurück, in welchem Donizetti den Polliuto für Neapel schrieb. Ein großer Konflikt mit der Zensurbehörde entspann sich, die zur Ablehnung des Werks führte. Donizetti war so erzürnt, dass er seinen Lebensmittelpunkt nach Paris verschob. 1835 hatte er die Stadt zum ersten Mal auf Einladung von Rossini besucht, und seine Werke erfreuten sich wachsender Beliebtheit. Einen ersten großen Höhepunkt in der französischen Hauptstadt war sein Triumph mit der französischen «Lucie de Lammermoor» 1837. Darauf nahm Donizetti die Stadt im Sturm. Begann er seine Pariser Karriere im Théâtre des Italiens, so weitete er nach 1837 seine Aktivitäten auf die grand opéra und das Théatre de la Renaissance aus. Mit der «Fille du régiment» nahm er die vierte und letzte Bastion der Pariser Opern-Szene, die Opéra Comique. Das führte dazu, dass Donizetti 1840/1841 in allen 4 Opernhäusern der Stadt Opernprojekte verwirklichen konnte! Donizetti war imstande, gleichzeitig in vier verschiedenen Stilen für die jeweiligen Opern zu schreiben, ein wahres musikalisches Chamäleon! Er war auf dem Höhepunkt seines Schaffens und der größte aktive Opernkomponist der Welt.  Denn Rossini war 10 Jahre zuvor verstummt, Bellini einige Jahre zuvor gestorben und Verdi und Wagner waren erst am Anfang ihrer Karriere.

 

 

Ein kurze Kompositionszeit

Der Dichter Heinrich Heine, der das Pariser Musikleben kommentierte, wunderte sich: “Dieser Italiener hat viel Talent, aber noch bemerkenswerter ist seine Fruchtbarkeit, in der er nur von Kaninchen übertroffen wird”. In den Jahren 1839 bis 41 schrieb er 6 seiner insgesamt 73 Opern. Über seinen Kompositionsstil meinte Donizetti: «Was mir gut gelang, habe ich immer schnell gemacht; und oft wurde mir gerade für das Nachlässigkeit vorgeworfen, was mich am meisten Zeit gekostet hat.“ Der Erfolg der Fille bestätigt diese Beobachtung. Donizetti scheint die Oper in wenigen Wochen geschrieben zu haben.

 

Das Libretto

Opern für die Pariser Opéra Comique hatten ihre eigenen Gesetze. Die augenfälligsten waren die gesprochenen Dialoge (im Gegensatz zur Opera buffa) und die Kürze (im Vergleich zur Grand opéra). Das Libretto wurde von einem Duo geschrieben: von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Jean-François-Alfred Bayard. Letzterer war zuvor ein Schüler von Eugene Scribe, der die Opera comique zuvor als Librettist und zeitweise als Direktor qualitativ auf ein hohes Niveau bringen konnte.

Der Stoff der Regimentstochter basierte auf keiner bestehenden literarischen Basis, sondern ist eine kreative Schöpfung der beiden Autoren. Die Story hat alle Elemente, die eine romantischen Komödie ausmacht: eine leicht absurde Vorgeschichte  (ein junges Mädchen, das von einem ganzen Regiment von Soldaten aufgezogen wird); rivalisierende Parteien (die Franzosen und die Österreicher); ein junges Liebespaar, das diese Rivalität überwinden muss, um zusammen zu sein; und ein Happy End.

Das Libretto beinhaltet neben den zwei Hauptrollen auch zwei eigentümliche Rollengestaltungen. Zum einen ist Sulpice zu nennen, der zwar eine tragende Rolle und viel Bühnenpräsenz einnimmt, aber kein eigenständiges Stück zugewiesen bekommt, sondern nur in Ensembles auftritt. Zum zweiten ist die Rolle der Herzogin von Krakentorp zu nennen, die eine reine Sprechrolle ist.

Eine Klärung zur Rolle der Marie. Marie ist eine sogenannte Marketenderin (in Französisch «Vivandière»). Es ist eine Frau, die mit den Truppen reiste, um ihnen Lebensmittel, Kleidung und Vorräte zu verkaufen. In Wirklichkeit waren Vivandières oft mit Soldaten verheiratet und fungierten manchmal sogar als Krankenschwestern auf dem Schlachtfeld und trugen teilweise eigene Uniformen.

Um kommerziell attraktiv zu sein, basierte sie auf dem Napoleon Hype dieser Jahre. Das 50-Jahr Jubiläum der Revolution stand vor der Tür und Louis-Philippe, der Bürger-König ließ Napoleons sterblichen Reste im selben Jahr in den Invalidendom überführen. Mit diesem Akt wollte er eine nationale Identität verankern, um die Monarchie zu festigen.

 

 

Die inoffizielle französische Nationaloper

Den Effekt, den die Oper mit ihren patriotischen Stücken während Jahrzehnten auf die Franzosen ausübte, ist erstaunlich. Sie stand während vielen Jahrzehnten am Quatorze Juillet auf dem Spielplan der Opernhäuser und gehörte wie die Marseillaise und das Feuerwerk zum Nationalfeiertag. Das «Salut à la France» war lange die inoffizielle Nationalhymne (siehe auch die Kommentare weiter unten bei dieser Stelle der Oper).

 

 

Der Erfolg und die Kritiker

Die Oper wurde anlässlich der Uraufführung freundlich empfangen und wie das Werk eines Franzosen angenommen. Im ersten Jahr wurde sie in Paris 50 Mal aufgeführt und entwickelte sich über die nächsten 70 Jahren vor allem in Frankreich zu einem veritablen Kassenmagnet, Donizetti schrieb kurz nach der Uraufführung eine italienische Fassung, die nicht in Tirol, sondern in der Schweiz spielt. Die meistgespielte Fassung blieb aber bis zum heutigen Tag die Original Version.

Die Oper fand auch heftige Kritiker. Zuvorderst zu nennen ist Berlioz. Seine Kritiken waren heftig und verletzend. Natürlich ist das Stück eine leichtfüßige Komödie und lebt von stereotypen Rollen und bietet so dem Künstler-Kritiker Angriffsfläche. Doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass möglicherweise der Neid des weniger Erfolgreichen durchschimmerte. So schrieb Berlioz beispielsweise im Journal des Débats: «Herr Donizetti scheint uns wie ein erobertes Land behandeln zu wollen, es ist ein echter Invasionskrieg. Wir werden nicht mehr von den lyrischen Theatern von Paris sprechen können, sondern von den Theatern Donizettis!»

Der englische Kritiker Henry Chorley schrieb über die “Regimentstochter”: “Die Musik ist von einer sorglosen Fröhlichkeit, die an Ausgelassenheit grenzt, von einer echt militärischen, aber nie ordinären Freimütigkeit. Sie ist leichtgewichtig, ist schnell vertraut, eingängig, sie ist alles, was die Pedanten gerne verurteilen.”

 

 

 

 

LA FILLE DU REGIMENT AKT I

 

 

 

Die Dorfbewohner fürchten die französischen Truppen

Handlung: In einer ländlichen Gegend im österreichischen Tirol. Dorfbewohner stehen auf einem Hügel und beobachten eine Schlacht der Österreicher gegen die feindlichen napoleonischen Truppen, die sich unten im Tal abspielt.

Ländliche Musik in Kombination mit marschartigen und militärischen Tönen prägen diese schöne Einleitung dieser Oper.

Overture – Valentini

 

Handlung: Man hört Kanonendonner. Die Dorfbewohner beten, dass die französischen Truppen sie verschonen mögen.

Man hört eine prächtige Choralmusik der betenden Dorfbewohner (Sainte Madone)

L’ennemi s’avance – Gagnon

 

Handlung: Die Marquise von Birkenfeld ist auf der Durchgangsreise und hat Schutz im Dorf gefunden. Sie ist krank vor Angst und der Hofmeister muss ihr ein Riechsalz geben. Als die Beobachter vermeinen, dass der Feind besiegt wurden, setzt Hochstimmung ein.

Bei diesem Stück handelt es sich um ein Couplet, einer typischen Form der Opéra comique, den komödiantischen Inhalt mit eingänglichem Refrain kombiniert.

Pour une femme de mon nom – Podles

 

 

Laurent Pellys Inszenierung und Natalie Dessays Rolle

Handlung: Da taucht plötzlich Sulpice, ein Sergeant der französischen Armee auf. Die Dorfbewohner retten sich kreischend in die Hütten. Zu ihm stößt Marie, die vom Regiment als kleines Waisen-Mädchen adoptiert wurde und jetzt als Marketenderin für das Wohl der Soldaten sorgt.

Wir lernen in dieser Szene im ersten Teil Marie kennen und in im zweiten Teil das berühmte Rataplan Motiv (Kurz-Kurz-Lang), das uns in dieser Oper öfters begegnen wird.

Wir hören und sehen diese Nummer in der Inszenierung von Pelly. 2007 kam die Inszenierung von Laurent Pelly, einem französischen Opernregisseur in Wien auf die Bühne, einer Koproduktion mit Convent Garden und der MET, die dann in weiteren renommierten Opernhäusern gezeigt wurde. Der Erfolg war gigantisch und setzte eine große Renaissance dieser Oper in Gang. Laurent Pelly betonte, dass er die Rolle der Marie zusammen mit Natalie Dessay entwickelte, und sie mit ihrem schauspielerischen Talent die Rolle prägte.

Au bruit de la guerre – Dessay

 

Handlung: Sulpice, ihr Pflegevater, spricht Marie auf einen Mann an, mit dem sie in letzter Zeit öfters gesehen würde. Sie erzählt, es handle sich um Tonio, einen Einheimischen, der ihr das Leben rettete. Da tauchen Soldaten mit einem Gefangenen in ihrer Mitte auf. Marie erkennt ihren Tonio, der sie aufsuchen wollte und dabei gefasst wurde. Die Soldaten drohen den vermeintlichen Spion zu töten. Als sie realisieren, dass Tonio Maries Lebensretter ist, feiern sie Tonio. Zur Feier des Tages singt Marie das Lied des Regiments.

Ein weiteres Couplet von Donizetti, dem Regimentslied des 21. Regiments. Es ist eine der Melodien, die Donizetti scheinbar hinwerfen konnte. Wir hören und sehen Natalie Dessay.

Chacun le sait, chacun le dit – Dessay

 

Handlung: Die Soldaten gehen ab, zum befohlenen Appell.

Die Männerchöre sind ein weiteres Markenzeichen dieser Oper. Die Stimmen sind von Tambouren, Schellen, Kornetten und (Piccolo) Flöten begleitet, welche Militär Kolorit in die Musik bringen, ohne je grobschlächtig zu wirken.

C’est l’instant de l’appel…Dès que l’appel sonne – Gagnon

 

Handlung: Als die beiden allein sind, gesteht Tonio Marie seine Liebe. Als Sulpice zurückkommt schickt er Tonio weg.

Natalie Dessay ist eine der bekanntesten Rollenvertreterinnen der Marie. “Ich bin keine Sängerin, ich bin eine Schauspielerin, die singt.» sagte Natalie Dessay von sich. Sie brillierte in der berühmten Inszenierung von Pelly, die ab 2007 in vielen Hauptstädten der westlichen Welt in wechselnden Besetzungen Triumphe feierte. Für ihre Leistung als Darstellerin bekam sie in England eine renommierten Schauspieler-Auszeichnung, «den Laurence Olivier Award», erhalten. Im folgenden Stück können sie zuerst wieder das komödiantische Talent von Natalie Dessay genießen und im zweiten Teil (ab 4:5) hören Sie das schöne Liebesduett «De cet aveu si tendre».

Quoi? Vous m’aimez – Sutherland / Pavarotti

 

 

“Pour mon ame” Tonios Tenor Arie mit den hohen C’s

Handlung: Nun wagt sich die Gräfin Birkenfeld aus dem Versteck und bittet Sulpice um Hilfe. Als der den Namen der Marquise erfährt, erinnert er sich an den verstorbenen Regimentshauptmann Robert, der mit einer Birkenfeld liiert war. Sie hatten sogar ein kleines Kind, das bei ihrem Verschwinden früh zur Waise wurde, welche das Regiment als Tochter aufnahm. Die Marquise erzählt, dass es sich dabei um ihre Schwester handelte. Als Marie erscheint und Sulpice sie ihrer Tante vorstellt, muss sie feststellen, dass Maries Umgangsformen nicht der einer Dame ihres Standes entsprechen. Sie will Marie augenblicklich mitnehmen. Als diese sich dagegen wehrt, nimmt die Marquise einen Brief des Vaters hervor, der dies als seinen letzten Willen dekretierte. Die Soldaten erscheinen.

Rataplan, Rataplan

 

Handlung: In deren Reihen ist auch Tonio, der sich registrieren ließ, um Marie nahe sein zu können. Die Soldaten nehmen erstaunt zur Kenntnis, dass der neue Soldat der Liebhaber der Regimentstochter ist. Tonio fordert sie zur Frau, er sei schließlich Soldat des Regiments.

“Pour mon ame” ist das berühmteste Stück der Oper «La fille du régiment» und eine der berühmten Tenor Arien überhaupt. Dies verdient es hauptsächlich dem Umstand, dass es vom Sänger unglaubliche 9 hohe C’s in nur 2 Minuten erfordert. Die Herausforderung der Arie liegt darin, dass die hohen C’s mit einem robusten Brust Ton und klarer Intonation gesungen werden müssen (zu bemerken ist, dass das hohe C zur Kompositionszeit möglicherweise nur mit dem Falsett gesungen wurde. Der Tenor Duprez sang es im Wilhelm Tell zum ersten Mal 1837 mit dem Brustton, dem sogenannten “do in petto” und begründete das Fach des Heldentenors).

Pavarottis MET Auftritte mit diesem Werk von 1972 sind mittlerweile zur Legende geworden. Er nahm das Publikum mit dieser Arie im Sturm und wurde mit der darauffolgenden Tournee durch die Vereinigten Staaten endgültig zum Tenorissimo auf dem amerikanischen Kontinent und dem Globus. Er bekam den Über Namen «König der hohen C’s».

«La fille du régiment» ist eine der großartigsten Aufnahmen, die Pavarotti gemacht hat. Es war erst seine zweite Gesamtaufnahme seiner noch jungen Plattenkarriere. John Steane («The grand tradition»), der einflussreiche Kritiker spricht von einer der der besten Tenor Aufführungen auf Platte überhaupt, gesungen mit den Finessen den reifen Künstler und der blühenden Stimme des jungen Mannes in der Form seines Lebens. Der Musik Journalist Edward Greenfield war bei den Aufnahmen zugegen und berichtete, dass diese Arie mehrmals aufgenommen wurde bevor sie «im Kasten war» und Pavarotti diesen Strapazen Akt ohne Murren wieder und wieder wiederholte.

Pour mon ame – Pavarotti

 

Pavarotti war kein klassischer «Tenore di grazia» (oder «Tenore leggiero»), für den die Rolle von Tonio geschrieben ist. sondern er sang normalerweise im etwas «schwereren» Stimmfach des lyrischen Tenors. Die folgende Aufnahme stammt von einem Sänger mit einer etwas leichteren Stimme, die weniger “fett” ist, dafür graziler in die Höhe steigt.

Auch Juan Diego Florez’ «Pour mon ame » hat eine ähnliche Geschichte einer berühmten Zugabe. 2007 sang er den Tonio an der Scala und ihm war als erster seit 1933 eine Arie als Zugabe vergönnt. Notabene war dies weder einer Tebaldi oder Callas noch einem Domingo oder Pavarotti gestattet! Wir hören eine Live Aufnahme mit Zugabe aus dieser Zeit aus der Oper Genua.

Pour mon ame – Florez

 

Die Elegie nach der Euphorie

Handlung: Da taucht Marie auf, die sich von ihren Soldaten verabschieden muss. Tonio nimmt die Neuigkeit bestürzt auf. Er beschliesst ihr zu folgen, doch Sulpice erklärt ihm, dass er sich eingeschrieben hat und das Regiment nicht verlassen darf. Betrübt müssen Tonio und die Soldaten Abschied von Marie nehmen.

Nach dem überschäumenden “Pour mon ame» wechselt das Libretto geschickt in den absoluten Gegensatz. Donizetti war sich bewusst, dass eine gute Komödie menschliche Gefühle braucht. Dieser Moment bietet das tieftraurige “il faut partir”, einem weiteren Höhepunkt dieser Oper. Von einem melancholischen Solo des Englischhorns eingeführt und begleitet hören wir das im düsteren f-Moll getauchte Stück

Sie hören den Aktschluss in zwei Versionen. Zuerst die Studio Version von Bonynge mit Sutherland und Pavarotti. Bonynge nahm ein langsameres Tempo und gab Joan Sutherland die Möglichkeit zu einer bewegenden Elegie.

Je suis soldat… Il faut partir… – Sutherland

 

Die zweite Version ist wieder eine Live Aufnahme mit Dessay und Florez.

Je suis soldat … Il faut partir… – Dessay

 

 

 

 

LA FILLE DU REGIMENT AKT II

 

 

 

Entr’acte 

 

Die große Szene der Singstunde

Handlung: Im Schloss der Birkenfelds. Die Marquise hat einen Notar beauftragt einen Heiratsvertrag aufzusetzen. Nach ihrem Willen soll Marie den Sohn der Herzogin von Krakentorp heiraten. Marie hat zwar eingewilligt, sie ist aber unglücklich. Die Marquise hat Sulpice kommen lassen, der ihr gut zureden soll. Er erscheint, während einer Gesangsstunde von Marie, die zeigt, dass sie die militärischen Manieren noch nicht gänzlich abgelegt hat. Die Singstunde gerät aus den Fugen, da Marie beim Singen einer altmodischen Arie immer wieder in die Melodie der Regimentshymne verfällt. Die Marquise verlässt den Raum um sich um die Vorbereitung des Empfangs des Sohns des Herzogs und weiteren vornehmen Häuptern des Landes zu kümmern.

Diese Szene hat ein bekanntes Vorbild, die Singstunde von Rosina aus dem Barbiere di Siviglia. Donizetti kannte dieses Werk selbstverständlich und gestaltete ein eigenständiges Stück.  Wie im Barbiere muss Marie eine altmodische Arie mit schmachtenden Trillern und Rouladen singen (Le jour naissait dans le bocage), die die Marquise mit fast grotesken und einfachen Akkorden am Klavier begleitet. Sulpice sabotiert es mit Einwürfen von Rataplan. Marie beginnt zwar willig mit dem Lied, doch bald schon verfällt sie zum Entsetzen der Marquise ins mit einer Kaskade von Skalen und Arpeggien ins militärische zurück und singt das Regimentslied. Die Marquise ist konsterniert über den Rückfall nach 1-jähriger Ausbildung.

Wir hören die Singstunde in 2 Versionen. Einerseits die großartige belcantistische Version mit Joan Sutherland, die mit ihrer großartigen Technik, diese Singstunde tatsächlich in eine Singstunde verwandelte.

Le jour naissait dans le bocage – Sutherland / Malas / Sinclair

 

Die zweite Version ist wiederum eine Live Aufnahme. Natürlich ist es schwierig, eine Live Aufnahme mit einer Studio Aufnahme zu vergleichen. Sängerisch hat Dessay nicht die Raffinesse der ersteren, dazu ist sie zu überdreht, doch reißt sie den Hörer mit der komödiantischen Anlage mit.

Le jour naissait dans le bocage – Dessay / Corbelli

 

Salut à la France – Die inoffizielle französische Nationalhymne

Handlung: Sulpice wird die Ankunft von Soldaten gemeldet. Er geht ab, um sie zu empfangen. Marie ist allein und tieftraurig. Der ganze Reichtum ist nur oberflächlich, liegt doch ihr Herz bei den Soldaten des Regiments und bei Tonio. Da hört sie plötzlich die Musik eines Militärmarsches. Mit pochendem Herzen erwartet sie die Ankunft der Soldaten, die sie freudig begrüßen.

Ein spannendes Element dieser Oper ist, dass die Marquise im ersten Akt der Fremdkörper einer aus der Zeit gefallenen Person des Ancien Regime ist, die sich in die Zeiten der napoleonischen Wirren verirrt hat. So erfährt Marie im zweiten Akt dasselbe Schicksal unter umgekehrten Vorzeichen, die Regimentstochter hat sich in einen Haushalt des Ancien Regimes verirrt und fühlt sich am falschen Platz.

Dieses Stück ist zweigeteilt. Zuerst hören wir eine Elegie der Marie, in dunklem f-Moll geschrieben.  Der zweite Teil ist das berühmte «Salut à la France», welches insbesondere während des Second Empires zur inoffiziellen Nationalhymne wurde.

In der gesamten Szene ist wieder die belcantistische Kunst mit Verzierungen und Legato und viel Expressivität gefordert.

C’en est donc fait … Par le rang et par l’opulence en vain l’on a cru m’éblouir  –  Dessay

 

Im Portrait dieser Oper darf der Name von Lily Pons nicht fehlen. Sie war eine der großen MET Diven der 40er und 50er Jahre. Als geborene Französin und naturalisierte Amerikanerin engagierte sie sich während des zweiten Weltkriegs mit Konzerten an der Front. Berühmt wurde Ihr Auftritt an der Met am 29 Dezember 1940 nach der Okkupation Paris’. Mit der Erlaubnis von Roosevelts schwang sie in einer Aufführung der Fille du Régiment während der Singstunde eine Fahne der französischen Trikolore und sang die Marseillaise. Das Publikum stand auf und grüßte enthusiastisch diese patriotische Tat.

Salut à la France – Pons

Das Wiedersehen mit Tonio und das Terzett

Handlung: Auch Tonio ist unter den Soldaten, und wurde in der Zwischenzeit zum Offizier befördert.

Dieses Terzett ist ein typisches Produkt der Opéra comique. Man hat beinahe das Gefühl bereits Offenbach zu ahnen, der 15 Jahre später seine ersten Operetten schrieb. Die repetitiven Elemente und die ausgelassene und mit tänzerischen Rhythmen durchtränkte Melodie ist zutiefst operettenhaft. Donizettis Fähigkeit, sich lokalen Gegebenheiten anzupassen brachte ihm den Über Namen «musikalisches Chamäleon» ein.

Tous les trois réunis – Dessay / Florez / Corbelli

 

Handlung: Als er Marie begrüßt, tritt die Marquise hinzu, die überrascht über den Besuch der Soldaten ist. Tonio erklärt ihr, dass er Marie liebe und sie heiraten wolle.

Mit dieser Romanze wandelt sich die Musik Tonios, seine Musik ist männlicher geworden. Die Arie steht im Schatten der berühmteren Arie mit den vielen hohen C’s. Das ist schade, denn sie bietet die Gelegenheit zu langen reichen Phrasierungen. Sie beinhaltet im Schlussteil ein schwieriges hohes Des und gehört damit zu den gefährlichen Arien, vor denen Tenöre großen Respekt haben.

Die italienische Fassung der Oper führt diese Arie nicht auf, ein Indiz dafür, dass Donizetti diese Arie für den französischen Geschmack schrieb.

Wir hören Alfredo Kraus, einem Zeitgenossen Pavarottis. Seine sängerischen Fähigkeiten waren sicherlich auf der Höhe seines berühmteren Kollegen, doch erreichte er nie dessen Popularität. Seine Technik war vorzüglich. Er war ein Leggiero-Tenor mit großer Meisterschaft der hohen Töne. Die Stimme hatte weniger die Wärme des Vibratos, sondern war direkt und schnörkellos.

Pour me rapprocher de Marie, je m’enrolai – Kraus

Das Finale

Handlung: Doch die Marquise erklärt ihm, dass ihre Heirat beschlossene Sache sei. Sie wünscht mit Sulpice allein zu sein. Sie gesteht ihm, dass Marie ihre Tochter sei. Sie sei es gewesen, die mit dem Hauptmann Robert durchbrannte. Als er auf einen Feldzug gehen musste, konnte sie Marie nicht nach Hause mitnehmen, ohne ihre Stellung zu gefährden. Weil es ihr auch heute noch unmöglich ist, das uneheliche Kind anzuerkennen, soll sie über die Heirat die gesellschaftliche Stellung erhalten, die ihr zusteht. Als die Herzogin und ihre Familie erscheinen, legt der Notar die Heiratsurkunden auf. Da erscheint Tonio mit den Soldaten, um Marie zu retten. Entsetzt vernehmen die Gäste, dass Marie die Marketenderin eines Regiments war. Bewegt erklärt sich Marie der Hochzeitsgesellschaft, dass sie die Tochter des Regiments war, welches sie großherzig aufnahm. Sie ist trotzdem bereit sich der Heirat zu stellen. Die Marquis ist von der Opferbereitschaft der Marie gerührt und erlaubt ihr die Ehe mit dem Mann ihres Herzens. Ihre Wahl fällt auf Tonio und das Regiment feiert ausgelassen die Wendung zum Guten.

Mit einer weiteren Wendung endet diese Oper. Das Libretto ist dramaturgisch geschickt gestaltet und gutes Handwerk und beschert das geforderte Happy End. Mit einer Reprise des «Salut à la France» endet das Werk.

Oui! Quand le destin  –  Sutherland / Pavarotti

 

 

 

Aufnahme Empfehlung

DECCA mit Joan Sutherland, Luciano Pavarotti, Spiro Malas, Monica Sinclair unter der Leitung von Richard Bonynge und dem Orchester und Chor des Royal Opera House Convent Garden

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der online opera guide zu LA FILLE DU RÉGIMENT von Gaetano Donizetti.

 

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