Un Ballo in maschera, Giuseppe Verdi, Handlung, Synopsis

Der online Opernführer zu UN BALLO IN MASCHERA

Nach den musikdramatischen Opern «Macbeth» und «Simon Boccanegra» kehrte Verdi mit «Un ballo in maschera» wieder zur belcantistischen Nummern-Oper zurück. Mit dem Werk bietet Verdi dem Hörer fünf Glanzpartien und grossartige Szenen. Schon die Uraufführung war eine von Verdis glänzendsten Erfolge seiner Karriere, und das Werk trat seinen Siegeszug um die Welt an.

ÜBERBLICK & SCHNELLZUGRIFF

 

 

Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I

♪ Akt II

♪ Akt III

Aufnahme Empfehlung

Höhepunkte

Re d’abisso

Di tu se fedele

Teco io sto (Liebes Duett)

Morro ma prima in grazia

Eri tu che machiavi quell’anima

Forse la soglia attinse… Ma se m’è forza perderti

 

 

 

ROLLEN UND HANDLUNG VON UN BALLO IN MASCHERA IN 4 MINUTEN

 

 

 

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

Rom, 1859

LIBRETTO

Antonio Somma, basierend auf dem Roman Gustave III ou Le bal masqué

HAUPTROLLEN

Riccardo, Gouverneur von Bosten (Tenor) - Renato, Kreole und Vertrauter von Riccardo (Bariton) - Amelia, seine Frau (Sopran) - Ulrica, Wahrsagerin (Alt) - Oskar, page (Sopran)

AUFNAHME EMPFEHLUNG

EMI, Maria Callas, Giuseppe di Stefano, Ettore Bastiannini und Giulietta Simionato unter der Leitung von Andrea Gavazzeni und dem Chor und Orchester der Mailänder Scala.

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

Libretto & Zensur

Eugene Scribes Roman der Ermordung des schwedischen Königs faszinierte Verdi. Das Thema war hochaktuell, denn ein Jahr vor der Uraufführung des «Ballo in maschera» wurde auf Napoleon III ein Attentat verübt. Aus diesem Grunde war das Sujet einer Regenten-Ermordung auf offener Bühne politisch brisant, und Verdi musste aus Zensurgründen seine Fassung fürs neapolitanische Theater zurückziehen. Er verlegte die Geschichte für die nun römische Erstaufführung ins unverdächtige amerikanische Boston. Dem nicht genug, gibt es noch eine dritte Version, weil Verdi für das Pariser Theater die Handlung noch einmal nach Neapel verlegen musste. So hört man heutzutage zwei verschiedene Versionen mit unterschiedlichen Orten und die Protagonisten heißen je nach Version unterschiedlich (Gustav oder Riccardo, respektive Ankerström oder Renato). Die Boston Fassung ist die meistgespielte. (Riccardo und Renato)

 

 

Der zweite Akt

Der zweite Akt bildet den dramatischen Kern dieser Oper. Er beginnt mit einer Solo Arie, entwickelt sich zum Duett, weitet sich mit dem Erscheinen Renatos zum Terzett und endet als Quartett mit Chor.

Die Intensität des berühmten Duetts «Teco io sto» wurde schon mit demjenigen aus Wagners Tristan verglichen und gilt als eines der dramatischsten Duette überhaupt, auch Verdi sprach von «seinem besten Duett».

 

 

Die Rolle des Riccardo

Riccardo ist vielleicht Verdis Tenor Rolle mit dem breitesten Ausdrucksspektrum. Sie erfordert in der Barkarole die Stimme eines leichten Tenors mit sicheren Höhen, in Szenen wie in «Scherza o follia» den lyrischen Belcanto Sänger und den dramatischen Tenor im zweiten und letzten Akt.

Darüberhinaus ist die Rolle körperlich strapaziös, hat der Tenor doch eine ungeheure Bühnenpräsenz und muss dauernd gegen ein dramatisches, lautes Orchester ansingen.

 

 

Der Verdi Bariton

Wie viele Opern des Belcantos handelt der «Ballo in maschera» von einer Dreiecksgeschichte, mit einer Frau im Spannungsfeld zweier Männer. Neben dem Tenor vertraut Verdi die zweite Männerstimme in der Regel einer Bariton Stimme an, die gelegentlich sogar die Hauptrolle übernimmt (beispielsweise in Simon Boccanegra, Nabucco oder Rigoletto). Diese Stimm-Typus nimmt in Verdis Werkgeschichte eine wichtige Rolle ein.

Der Bariton ist in dieser Verdi Oper der Träger der Handlung. In ihm spielt sich das ganze Drama ab – Renato wandelt sich vom Freund und Beschützer des Gouverneurs zum vermeintlich betrogenen Ehemann, später zum Feind und Mörder und zum Schluss zum Bereuenden und Verzeihenden. Seine Bühnenpräsenz unterstreicht die Bedeutung: als einzige Rolle hat er in jedem der fünf Bilder Bühnenpräsenz. Um die Bedeutung noch zu unterstreichen gibt Verdi ihm zwei grosse Arien.

 

 

 

 

 

UN BALLO IN MASCHERA AKT I

 

 

 

 

 

Handlung: Im Schloss des Gouverneurs. Soldaten und Edelleute sind zur Audienz erschienen und sie preisen die Edelmut des Regenten. Lediglich eine kleine Gruppe um Tom und Samuel stimmen nicht ein. Sie planen aus persönlichen Rachemotiven einen Anschlag auf Riccardo.

Die Ouvertüre zitiert viele Motive der Oper, wie das Liebesmotiv oder das Chormotiv der Verschwörer.

Das Verschwörermotiv:

un ballo in maschera-love motif-liebesmotiv

Das Liebesmotiv:

un ballo in maschera-love motif-liebesmotiv

 

Ouverture  – Abbado / Pavarotti

 

Im darauffolgenden „Posa in pace“ verwendet Verdi ein wichtiges Stil-Element dieser Oper: dem des Kontrastes. Wir hören die hasserfüllten Worte der Verschwörer, welche mit der mit den Worten der Ehrerbietung der Höflinge aufeinanderprallen.

Posa in pace  –  Solti

 

Renato ist der Träger der tragischen Handlung

Handlung: Oskar überreicht ihm die Liste der Teilnehmer des Maskenballs. Zu seiner Freude entdeckt er auf der Liste Amelia, die er heimlich liebt. Sie ist die Frau seines besten Freundes Renato. Riccardo trifft ihn nach der Audienz, wo ihm Renato erzählt, dass eine Gruppe von Männern ihn töten will.

Sie hören die erste Arie gesungen von Cappuccili, dem führenden Verdi Bariton der 80/90er Jahre.

Alla vita che te arride  –  Cappuccili

 

Der Maskenball, beeinflusst von Verdis Pariser Jahren

Handlung: Ein Richter erscheint und verlangt die Unterschrift für die Verbannung einer Wahrsagerin. Man kann ihr kein Verbrechen vorwerfen, aber sie ist eine verdächtige Person. Oscar, Riccardos Page, verteidigt sie, denn bisher haben sich alle ihre Voraussagen bewahrheitet.

Mit der Rolle des Oscar hat Verdi zum ersten und einzigen Mal eine Hosenrolle geschrieben. Sie ist für einen Koloratursopran geschrieben, vermutlich ein Tribut Verdis an die Grand Opéra.

Wir hören eine Interpretation von Diana Damrau, einer der grossen Koloratursoprane unserer Zeit.

Volta la terrea  –  Damrau

 

Handlung: Riccardo ordnet an, dass man sich inkognito bei ihr am Nachmittag trifft um sich ein Bild von ihr zu verschaffen. Riccardo selbst will als Fischer verkleidet hingehen.

Dieses überschwängliche Finale hat Verdi in Stile eines Galopps komponiert, eine Reminiszenz an seine Zeit in Paris, wo Offenbach ein Jahr zuvor seinen grossen Galopp in Orpheus‘ Unterwelt geschrieben hatte. Verdi weilte während längerer Zeit in der französischen Hauptstadt und die Oper „Les vêpres siciliennes“ für die Grand opéra komponierte.

Signori oggi d’Ulrica  – Pavarotti

 

 

In der Höhle der Wahrsagerin

Handlung: In der Höhle der Wahrsagerin Ulrica. In der Mitte des Raums brennt in einem Hexenkessel ein Feuer. Die Wahrsagerin sitzt in Trance am Kessel, umringt von Frauen und Männern aus dem Volk.

Die Rolle von Ulrica erinnert stark an die Azucena seines Trovatore. Beide basieren auf Verdis Stilmittel der Varietà, d.h. auf dem maximalen Kontrast der aufeinanderfolgenden Szenen. Nach der lichtdurchfluteten Szene des höfischen Empfangssaals befinden wir uns nun in der dunklen Höhle der Wahrsagerin. Damit ist die Ähnlichkeit der Azucena mit der Ulrica nicht beendet, beide erscheinen zu Beginn des zweiten Aktes und beide sind zigeunerhafte Figuren mit den gleichen Stimmpartien. So kam es, dass viele Sängerinnen und Sänger in beiden Rollen glänzen konnten. Hervorzuheben sind Fedora Barbieri, Fiorenza Cossotto oder Marylin Horne.


Die Rolle der Ulrica steht für einen bedeutenden Aspekt der Aufführungsgeschichte. 1955 singt Marian Anderson die Ulrica in Verdis „Maskenball“ – sie ist die erste Schwarze auf der Bühne der MET. «Der Moment», so schreibt der damalige leitende Direktor der Met, Rudolf Bing, in seinen Memoiren, „gehörte zu den stolzesten, die ich an der MET erlebte“. Und: „Der Aufsichtsrat der Metropolitan Opera gehörte nicht zu den vielen Organisationen, die mir gratulierten“…

Tremoli in den tiefen Streichern und fahle Klarinettenklänge erzeugen eine gespenstische Stimmung. Die Geister beschwörend singt Ulrica sich in Trance.

In der Playlist finden Sie zwei Aufnahmen. Cossotto’s Aufnahme ist sanglicher und brillanter, die von Barbieri düsterer und expressiver.

Re dell’abisso  –  Cossotto

 

Re dell’abisso, affretati  – Barbieri

 

 

Amelia taucht bei der Wahrsagerin auf

Handlung: Zunächst möchte ein Matrose der Marine von Ulrica wissen, wann seine ersehnte Belohnung vom Gouverneur kommt. Er ist seit 15 Jahren auf See und wartet auf sie. Sie liest ihm aus der Hand und prophezeit ihm die baldige Belohnung. Riccardo schreibt schnell ein Papier mit der Beförderung zum Offizier und schiebt es dem Matrosen unbemerkt zu. Er freut sich, dass sich die Prophezeiung so schnell erfüllt hat. Als Nächste erscheint Amelia, Riccardos heimliche Geliebte. Riccardo versteckt sich und hört ihrem Gespräch zu. Amelia will von Ulrica wissen, wie sie als verheiratete Frau einen Liebhaber vergessen kann. Ulrica weist sie an, heute um Mitternacht vor dem Friedhof ein bestimmtes Kraut zu pflücken, dessen Saft die Leidenschaften abtöten soll. Riccardo beschliesst, ihr in der Nacht dorthin zu folgen, und Amelia verlässt die Höhle.

Amelia ist erregt, mit vibrierender Stimme singt sie das Gebet Consentimi signore («O Herr gewähr mir die Stärke mein Herz zu befrein»  ab 2:55).

Che v’agita cosi … Consentimi Signore (terzetto)  –  Callas / di Stefano / Barbieri

 

Handlung: Mittlerweile ist die Hofgesellschaft aufgetaucht und der Fischer alias Riccardo wendet sich an Ulrica. Er fragt nach seiner Zukunft.

Sinnigerweise lässt Verdi den als Riccardo verkleideten Fischer eine schöne Barcarole singen («Du tu se fedele»). Diese Arie ist sehr anspruchsvoll. Einerseits ist die technische Schwierigkeit zu erwähnen, aber auch, dass sie eine lyrische Gesangsqualität erfordert, die über ein großes Orchester und einen Chor hörbar sein muss.

Hören Sie Jussi Björling (den wahrscheinlich besten  Riccardo der Aufnahmegeschichte) mit «Di tu se fedele».

Di tu se fedele  –  Björling

 

 

Die tragische Prophezeiung

Handlung: Ulrica schaut auf seine Hand und ist schockiert. Sie will nicht prophezeien. Aber Riccardo besteht darauf. Sie prophezeit ihm einen bevorstehenden Tod, was Riccardo als Scherz abtut.

In dieser Szene hören wir ein berühmtes Ensemblestück, nämlich das Quintett «è scherzo o follia».

Diese Produktion aus dem Jahr 1954 war Toscaninis letzte Aufnahme einer Oper. Toscanini kannte Verdi noch persönlich und der Meister schätzte den jungen Kapellmeister sehr. Toscanini erzählte, dass er sich noch gut erinnern konnte, als er den Ballo als kleiner Junge von Verdi persönlich dirigiert im Theater hörte.

E scherzo od e follia  –  Toscanini

 

Handlung: Lachend fragt er die Wahrsagerin, wer der Mörder sein wird. Ulrica prophezeit, dass er durch die Hand desjenigen sterben wird, der ihn heute als Erster mit einem Handschlag begrüßt. Riccardo streckt der Gesellschaft seine Hand entgegen, aber niemand nimmt sie. Dann erscheint Renato und lachend begrüsst Riccardo den Neuankömmling. Riccardo gibt sich Ulrica als Gouverneur zu erkennen und erklärt ihr, dass ihr Spruch nicht richtig sein könne, da Renato sein bester Freund sei. Ulrica warnt ihn noch einmal eindringlich, dass Verräter unter ihnen sind. Dann erscheint der Matrose mit seinen Freunden, und sie preisen Riccardo als einen wohlwollenden Herrscher.

O figli d’inghilterrra  –  Fabritiis

 

 

 

 

UN BALLO IN MASCHERA AKT II

 

 

Handlung: Nachts auf einem verlassenen Feld vor dem Friedhof. Amelia erscheint.

Verdi war immer auf der Suche nach Geschichten, die ihn anregten. Dabei war weniger die Handlung die Inspirationsquelle, sondern die menschlichen Leidenschaften („soggetti di sentimento“). Dieses zweite Bild dieser Oper muss man zu den absolut grössten Szenen Verdis zählen.

Mit bebender Stimme singt Maria Callas diese Stelle unvergesslich. Sie kann in der Aufnahme von Gavazzeni alle Stimmfarben zeigen und ist auf dem Gipfel ihres Könnens.

Ecco l’orrido campo …  – Callas


 

 

Das Liebesgeständnis – das berühmte Duett «Teco io sto»

Handlung: Sie weiß nicht, dass Riccardo ihr gefolgt ist. Er tritt hervor und gesteht ihr seine brennende Liebe. Amelia ist zerrissen zwischen ihrer Liebe zu Riccardo und dem Treueschwur zu ihrem Gatten.

Das Duett von Riccardo und Amelia hat Verdi ungemein dramatisch konzipiert. Die Musik zu „Teco io sto“ kommt nicht zur Ruhe. Dissonanzen und Synkopen widerspiegeln eine blinde Ekstatik. Riccardo presst aus Amelia förmliche das „Ich liebe dich“ heraus. Verdi selbst empfand in späteren Jahren diese Szene als einen seiner grossen kompositorischen Momente.

Wir hören die Szene in 2 Aufnahmen mit Jussi Björling.

Die Version mit  Zinka Milanov stammt aus einem Mitschnitt einer live Aufführung und zeigt zwei Künstler auf allerhöchstem Niveau. Überwältigend und ekstatisch ist das Liebesgeständnis (7:15). Das Dokument stammt aus einer Nach-Verfilmung zweier Schauspieler aus 1956, die die Aufnahme von Milanov/Björling aus 1940 playback «singen».

Teco io sto (1)  –  Björling/Milanov

 

Berühmt ist auch die Aufnahme des Duos Björling mit Elisabeth Rethberg. Es ist die einzige Aufnahme der beiden. Rethberg war schon im Herbst ihrer Karriere, umso wichtiger ist das Tondokument dieser zwei Titanen. Wunderschön ist die Passage «m’ami» (ab 4:45). Bemerkenswert auch wie mühelos die beiden aufs hohe C gleiten, welches Björling dann einige Sekunden länger hält als die Deutsche (9:12).

Teco io sto (2)  –  Björling/Rethberg

 

Für Pavarotti war dieses Duett das grösste der Operngeschichte, welches nur noch mit dem aus Tristan verglichen werden könne. Auch Domingo äusserte sich mit ähnlichen Worten, die Stelle zitierend wo das Orchester bei «irridiami d’amor» förmlich explodiere und die ganze Ekstase hervorbricht.

Teco io sto (3)  –  Pavarotti / Arroyo

 

 

Renato überrascht die beiden

Handlung: Zu ihrer Überraschung erscheint Renato. Er ist seinem Freund gefolgt, weil er ein Gespräch der Verschwörer belauscht und erfahren hat, dass sie ihm heute Nacht auflauern wollen. Amelia erkennt Renato und zieht sich den Schleier über ihr Gesicht. Renato fleht Riccardo an, sich in Sicherheit zu bringen, und bietet an, die unbekannte Frau zurück in die Stadt zu führen. Riccardo ist einverstanden. Sie tauschen ihre Mäntel und Riccardo verlässt das Feld. Amelia und Renato machen sich auf den Weg. Doch die Verschwörer stoppen die beiden. Sie halten Renato für den Gouverneur. Als sie Renato erkennen, wollen sie wissen, wer die unbekannte Frau sei. Renato zieht sein Schwert, um die Ehre der Frau zu verteidigen. Amelia weiß, dass ein Kampf gegen die Übermacht Renatos Ende wäre und nimmt ihren Schleier vom Gesicht. Ungläubig erkennen alle Amelia. Renato ist tief getroffen, die Verschwörer spotten über Renatos Rendez-vous mit seiner eigenen Frau. Renato kündigt ein Treffen mit den Verschwörern für den nächsten Morgen an.

Verdi und sein Librettist Somma haben eine grosse „colpo di scena” erschaffen, einem dramatischen Wendepunkt der Handlung, der in ein grossartiges concertato mit Solostimmen und Chor mündet. Dieses Quintett (dessen Vorbild möglicherweise sein berühmtes Pendant «bella figlia d’amore» aus Rigoletto war) zeigt wie dramatisch Verdi seine Szenen komponierte. Hier die tiefgreifende Tragödie der Eheleute und dort der buffoneske Spott mit dem die Verschwörer den Ehemann übergiessen.

Ahimé… seguitemi  –  di Stefano/Callas

 

 

 

 

 

 

 

UN BALLO IN MASCHERA AKT III

 

 

 

Amelias grosse Arie ”Morro ma prima in grazia”

Handlung: Zurück im Haus eröffnet Renato Amelia, sie werde für ihren Ehebruch mit dem Tode büßen. Amelia schwört, dass ihre Ehe nicht befleckt worden sei. Doch Renatos Entschluss ist gefasst. Amelia bittet ihren Mann, ein letztes Mal ihren Sohn sehen zu dürfen.

Die Arie der Amelia ist ein kontemplatives Stück, von einem Solo Cello begleitet. Nach der Dramatik der vorangegangenen Szenen ist der Kontrast zu diesem Ruhepunkt immens, ihre Stimme geht bis auf die letzten Takte nie über ein Mezzoforte hinaus. Die Sängerinnen muss grosse Gefühle zeigen. Nach diesem grossen Effort muss der letzte Teildieser Arie mit der mehrmaligen Wiederholung von «mai piu vedrà» mit schwierigen Sprüngen aufs B und Ces bewältigt werden.

Eine ergreifende, fast gebetsartige Interpretation mit einer wunderbaren Solo Cello Begleitung hören wir von Ljuba Welitsch, welche zu einer ihrer schönsten Aufnahmen überhaupt gehört.

Morro ma prima in grazia (1) –  Welitsch

 

Innig aber trotzdem extrem aussdrucksstark ist die Interpretation von Elisabeth Rethberg. Sie war neben Rosa Ponselle sängerisch die grosse Sopranistin der 20er Jahre, während sie betreffend Ausdruckskraft auf der Bühne hinter vielen anderen stand.

Morro ma prima in grazia (2)  –  Rethberg

 

Eine mehr expressive Interpretation hören wir von Angela Gheorghiu.

Morro ma prima in grazia (3)  –  Gheorghiu

Kesting schätzt die Interpretation von Milanov hoch ein: «die Szene auf der Richtstätte gerät zur vokal perfekten und dramatisch suggestiven Umsetzung eines hoch erregten Seelenzustandes in eine Klanggestalt… Es ist ein Singen, das  – sieht man einmal von Maria Callas ab – von keiner Sängerin der Gesamtaufnahmen erreicht worden ist.

Morro ma prima in grazia (4) – Milanov

 

Renato’s Entschluss zur Rache

Handlung: Renato gewährt ihr diese letzte Bitte. Allein im Zimmer bricht Renato zusammen. Er entscheidet, dass er Amelia verschonen will, aber dass Riccardo für seinen schändlichen Verrat büßen müsse.

Dem charakteristischen «Verdi Bariton» hat Verdi viele grossartige Arien voll Wehmut und Schmerz geschrieben. «Eri tu» gehört zu den grössten Arien dieses Fachs.

Hören Sie «Eri tu» in der grossartigen Interpretation des italienischen Baritons Ettore Bastiannini, die regelrecht unter die Haut geht!

Eri tu che macchiavi quell’anima  –  Bastiannini

 

Handlung: Samuel und Tom erscheinen. Renato erklärt ihnen, dass er alles über ihre Verschwörung wisse. Er wolle sich ihnen anschließen und selbst derjenige sein, der ihn töte. Weil alle dieses Recht für sich fordern, wollen sie das Los entscheiden lassen. Tom schreibt Drei Namen auf und wirft sie in eine Urne. Als Amelia erscheint, will Renato, dass sie das Los ziehen muss. Totenbleich zieht Amelia das Los, auf dem Renatos Name steht. Es klopft an der Tür. Oskar erscheint und überbringt die Einladung für den Maskenball am Abend. Die Verschwörer beschließen, den Gouverneur heute Abend zu töten.

 

Ah di che fulgor, che musiche  –  Hernandez / Rodriguez


 

Riccardos grosse Arie

Handlung: Riccardo ist in seinem Kabinett. Er hat entschieden, Renato und seine Frau zurück in die Heimat zu schicken um Amelia vor dem Ehebruch zu schützen. Er will sich Abend von ihr verabschieden und schreibt ein Dekret.

Mit dieser berühmten Arie stellt Verdi den Tenor vor eine schwierige Aufgabe. Sowohl gehauchte pianissimo wie volle Forte sind gefragt, die Stimme verlangt tiefe Töne, hat aber auch dramatische, lange, hoch geschriebene Passagen und geht bis ins hohe B.

Wir hören Luciano Pavarotti in dieser Szene. Riccardo war neben dem Duca in Rigoletto Pavarottis Lieblingsrolle Verdis .

Forse la soglia attinse… Ma se m’è forza perderti  –  Pavarotti

 

Wir hören eine zweite Interpreation von Placido Domingo.

Forse la soglia attinse… Ma se m’è forza perderti  –  Domingo

 

Handlung: Oscar erscheint und gibt ihm eine Nachricht von einer unbekannten Frau. Darin warnt sie Riccardo, dass am Maskenball ein Anschlag auf ihn verübt werde. Riccardo geht zur Oper, wo der Maskenball schon begonnen hat. Dort trifft Renato trifft auf Oscar und erfährt von ihm, wie der Gouverneur verkleidet ist.

Die Rolle von Oscar erinnert unmittelbar an Mozarts Cherubino. Verdi schätzte Mozart sehr und es wurde viel über diese Wesensverwandschaft der beiden Rollen geschrieben.

Oskar ist eine Figur der Opéra Comique, eine leichtfüssige Rolle mit einer etwas naiven Fröhlichkeit. Umso dramatischer ist, dass er letztlich (unwissentlich) den Attentätern den Tipp gibt, in welchem Kostüm der Gouverneur steckt. Und am Schluss stirbt der Gouverneur gar in den Armen Oskars.

Wir hören und sehen einen Ausschnitt mit Sumi Jo aus einer Produktion der Salzburger Festspiele mit Karajan. Dieser schätzte die Gesangskunst von Sumi Jo hoch ein. Herbert von Karajan verstarb in den Wochen der Vorbereitung zu dieser Produktion und wurde durch Georg Solti ersetzt.

Saper vorreste  –  Sumi Jo

 

 

Handlung: Riccardo und Amelia treffen sich und Amelia bittet ihn noch einmal, den Ball sofort zu verlassen. Sie gestehen sich noch einmal ihre Liebe, und Riccardo überreicht ihr das Dekret, das Ihre Abreise mit Renato zurück nach England anordnet. Bewegt nehmen sie Abschied voneinander.

Während sich das Drama entwickelt, lässt Verdi hinter der Bühne ein Menuett spielen. Eine weitere Parallele dieser Szene zu Mozarts Werk ist, dass verschiedene Musikgruppen gleichzeitig spielen, wie wir es aus dem Schlussakt des «Don Giovanni» kennen.  Die erregten Worte der beiden erzeugen einen packenden Kontrast zur höfischen Tanzmusik und hebt so das Drama hervor.

Ah! Perché Qui! Fuggite- T’amo, Si, T’amo  –  Callas/diStefano

 

Handlung: Renato hat die beiden beobachtet. Er stürzt sich auf Riccardo und tötet ihn mit einem Dolch. Soldaten nehmen Renato fest, doch der sterbende Riccardo ordnet die Freilassung Renatos an. Amelia zeigt ihm das Abreise-Dekret und er erkennt, dass Amelias Ehre unangetastet geblieben ist. Riccardo verzeiht ihm und bricht tot zusammen.

Verdi gewährt seinen sterbenden positiven Figuren immer einen grossen Abschied. Auch Riccardo wird eine schöne Sterbeszene mit grosser Kantilene und schmerzlichem Wohllaut gewährt.

Ah perche qui…ella è pura (finale)  –  Callas/di Stefano

 

 

 

 

 

Aufnahme-Empfehlung

 

EMI mit Maria Callas und Giuseppe di Stefano unter der Leitung von Andrea Gavazzeni und dem Chor und Orchester der Mailänder Scala.

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der Opernführer zu UN BALLO IN MASCHERA von Giuseppe Verdi.

 

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