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Der online Opernführer zu RIGOLETTO

Die Oper gilt als das erste Meisterwerk von Verdi und hat seinen Weltruhm begründet. Der dritte Akt ist einer der Höhepunkte der gesamten Opernliteratur.

 

ÜBERBLICK UND SCHNELLZUGRIFF

 

 

Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I (Der Fluch, Strassen & Balkon Szene)

♪ Akt II (Palast Szene)

♪ Akt III (Gasthaus Szene)

 

Aufnahme Empfehlung

Aufnahme Empfehlung

 

Höhepunkte

Questa o quella

Figlia! Mio padre

Caro nome

Ella mi fu rapita…parmi veder

Possente amor mi chiama

Povero Rigoletto

Cortigiani, vil razza dannata

Tutte le feste al tempio

La donna è mobile

Bella figlia d’amore (Quartett)

Ah piu non ragiono

Lassu in cielo

 

 


ROLLEN & HANDLUNG VON RIGOLETTO IN 4 MINUTEN

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

Venedig, 1851

LIBRETTO

Francesco Maria Piave, basierend auf dem Roman Le roi s’amuse von Victor Hugo

HAUPTROLLEN

Rigoletto, Hofnarr des Herzogs von Mantua (Bariton) - Gilda, seine Tochter (Sopran) Sparafucile, Auftragsmörder (Bass) - Maddalena, seine Schwester (Mezzosopran) - Duca, Herzog von Mantua (Tenor) - Ceprano, Graf und Höfling (Bass) - Marullo, Höfling (Bariton) - Monterone, Graf und Vater (Bariton)

AUFNAHME EMPFEHLUNG

DECCA, Sherill Milnes, Luciano Pavarotti und Joan Sutherland unter der Leitung von Richard Bonynge und dem London Symphony Orchestra and Chorus oder EMI, Tito Gobbi, Maria Callas und Giuseppe di Stefano unter der Leitung von Tullio Serafin und dem Coro e Orchestra del Teatro alla Scala.

 

 

 


KOMMENTAR

 

 

Die literarische Vorlage

Der Roman «Le roi s’amuse» von Victor Hugo bildet die Vorlage für diese Oper. Als er 1832, knapp 20 Jahre vor der Uraufführung des Rigoletto erstmals aufgeführt wurde, erzeugte dieser Roman in Paris einen politischen Skandal und wurde bereits nach der ersten Aufführung verboten. Auch zwanzig Jahre später mussten Verdi und sein Librettist Piave erkennen, dass die Zensur den Stoff noch immer als problematisch ansah. Einen König als Wüstling darzustellen und dann noch einen Auftragsmörder zu zeigen, der den König meucheln soll, das war zu viel für die venezianische / österreichische Zensur. Das Libretto stammt von Francesco Maria Piave, welcher sich auch um den Kontakt zur Zensurstelle kümmerte, was zu gelegentlichen Spannungen mit Verdi führte. Sie mussten den szenischen Ort von Paris nach Mantua verlegen und den König zum Herzog zurückgestuft. Ansonsten hielten sich Verdi und Piave an das literarische Vorbild. Textlich musste Piave «lediglich» die Bilder in eine knappe Opern Sprache umsetzen.

 

 

Der Narr Rigoletto

Der Narr hieß bei Victor Hugo noch Triboulet, Verdi und Piave mussten auf Anordnung der Zensur dessen Namen ändern. Für Verdi war der Narr die Schlüsselperson dieser Oper («eine Person, die eines Shakespeares würdig ist!») und es war ihm wichtig für die Uraufführung den glänzenden Sänger-Schauspieler Felice Varesi verpflichten zu können, der schon Macbeth uraufgeführt hatte. Die körperliche Missbildung des Buckligen war die Metapher und das Spiegelbild zur moralischen Missbildung des Herzogs. Als Gegenstück zeichneten sie den frivolen Duca, dessen Oberflächlichkeit Verdi mit Gassenhauern untermauerte, die diese Rolle ironischerweise zu einer der berühmtesten Tenorrolle überhaupt machten.

 

 

«Tinta musicale» des Rigoletto

Die «Tinta musicale» des «Rigoletto» wird bestimmt durch die Düsterheit der Rolle und der Musik des Hofnarren (düstere Akkorde, punktiertes Fluchmotiv etc.) und dem Kontrast zur höfischen Fröhlichkeit des Herzogs (Arien in Menuettform). Dazu kommt, dass sämtliche Rollen außer Primo Tenore und Primo Soprano tieferen Stimmfächern anvertraut wurden. Ein zweiter wichtiger Aspekt der Tinta des Rigoletto ist die Häufigkeit der Duette. Verdi selbst hat Rigoletto eine „Abfolge von Duetten“ genannt.

 

 

 

Kompositions-Geschichte und Uraufführung

Verdi hielt Rigoletto für eines seiner gelungensten Werke, kaum eine andere Oper hatte ihn so begeistert. Der entstehende Kreativitätsschub führte zu einer der kürzesten Kompositionsdauer in Verdis Werk. Knappe vierzig Tag dauerte der Kompositionsprozess und wie gewohnt schuf er die Orchesterstimmen noch während der Probenarbeit aus.

Die Uraufführung fand am 11. März 1851 im Teatro La Fenice in Venedig statt und wurde zu einem überraschenden Triumph. Einen nicht unbedeutenden Anteil hatte auch die innovative Inszenierung. Zum ersten Mal wurden anstelle der Kulissen dreidimensionale Bühnenbauten gezimmert und die neue Bühnentechnik des Fenice erlaubte realistische Bühneneffekte, wie zum Beispiel die Gewitterszenen des dritten Aktes. Die Musik wurde bejubelt und das Werk verbreitete sich in der Folge rasend schnell über den ganzen Kontinent.

 


RIGOLETTO AKT I

 

Eine dramatische Ouvertüre – das Fluch Motiv

Handlung: Im Palast des Herzogs von Mantua.  Ein großes Fest ist im Gang.

Das dominierende Motiv dieser Ouvertüre ist das punktierte Motiv des Fluchs. Die Ouvertüre ist all das was die Oper ist: dunkel und tragisch. Eine Solo Trompete spielt ein wiederholtes C, von schweren Akkorden der Blechbläser gefolgt, welche dann in das Fluch-Motiv übergehen.

Wir hören die großartige Ouvertüre aus der Aufnahme der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Carlo Maria Giulini. Gewaltige Crescendi lassen uns bereits in der Ouvertüre Schauer über den Rücken ziehen.

Ouvertüre  –  Giulini

Die erste der berühmten Arien des Herzogs: Questa o quella

Handlung: Der Herzog spricht mit dem Grafen von Borsa über eine geheimnisvolle Bürgerliche, die er seit längerer Zeit beobachtet. Doch festlegen will sich der Herzog auf keine Frau. Zu viele Verlockungen beschäftigen den ruhelosen Verführer.

Mit dieser Arie zeichnet Verdi ein großartiges Portrait des Grafen. Die Musik mit ihrer simplen Begleitung, beschreibt ihn als einen eitlen, oberflächlichen, aber charmanten Zyniker. Er ist ein Egoist, der sich alle Freiheiten nimmt. Es ist erstaunlich, Verdi gibt alle berühmten Melodien dieser Oper diesem negativen Charakter.

Die Arie “Questa o quella” scheint auf den ersten Blick eine unkomplizierte Sache zu sein. Tatsächlich aber sind weite Teile der Arie in einer hohen Stimmlage geschrieben (jedoch ohne ein hohes B oder C zu haben) und sind für Tenöre mit einer baritonalen Stimme wie Caruso oder Domingo eine Herausforderung.

Hören Sie die großartige Interpretation von Luciano Pavarotti in der Ponnelle Verfilmung. Sein «Questa e quella» ist elegant und verführerisch.

Questa o quella – Pavarotti

 

Eine zweite Version hören Sie von Jussi Björling mit schönem Metall in der Stimme.

Questa o quella – Björling

 

Handlung: Auch die Gräfin von Ceprano gehört zu den Auserwählten. Sie will das Fest verlassen, doch der Herzog will sie zum Bleiben überreden. Rigoletto, ein buckliger und unansehnlicher Hofnarr, verhöhnt den Anwesenden Grafen von Ceprano vor versammeltem Publikum als Gehörnten. Ceprano, der doppelt gedemütigte Mann, schwört Rache an dem scharfzüngigen Rigoletto. Plötzlich wird eine Neuigkeit verkündet: Rigoletto soll eine Geliebte haben.

 

 

Rigoletto wird verflucht

Handlung: Der Graf von Monterone betritt den Palast. Auch ihn verhöhnt Rigoletto, da dessen Tochter eine der Geliebten des Herzogs ist und ihre Ehre weggegeben hat. Der Herzog ordnet die Verhaftung des Eindringlings an. Dieser verflucht Rigoletto und den Herzog, mit den Worten «Du, der du über den Schmerz des Vaters lachst, sei verflucht». Entsetzt verlässt Rigoletto den Palast.

Als Monterone erstmals das Fluch Motiv aufgreift, bleiben das Orchester und die anderen Sänger Stimmen ruhig, einzig die Stimme von Monterone ist zu hören. Das stärkt die Wirkung des Fluchmotivs. Danach wird das Fluch Motiv noch zwei Mal wiederholt, die Bässe (Cello und Kontrabass) spielen Tremoli dazu, um die unheimliche Atmosphäre des Fluchs zu stärken.

Ch’io gli parli

 

 

Rigoletto trifft auf den Auftragsmörder Sparafucile

Handlung: In der nächtlichen Gasse trifft Rigoletto auf den Auftragsmörder Sparafucile. Dieser bietet Rigoletto seine Dienste an. Rigoletto merkt sich seinen Namen, habe aber zurzeit keinen Auftrag.

Verdi komponierte für dieses Duett eine gespenstische, dunkle Stimmung. Fahle, dissonante Akkorde der Klarinetten und Fagotte leiten die Szene ein. Sehr ungewöhnlich ist, dass das folgende Duett (vorwiegend im Sprechgesang) ganz ohne Violinen geschrieben ist. Die Celli und Kontrabässe geben der Szene eine eigentümlich dunkle Farbe.

Sehen Sie diese Szene in einer Verfilmung von Jean-Pierre Ponnelle mit Ingvar Wixell und Ferruccio Furlanetto, die an Schauplätzen in Mantua verfilmt worden ist. Die Verfilmung dieser Szene an diesem Kanal im mittelalterlichen Mantua ist schlicht grandios.

Quel vecchio maledivami! – Wixell / Furlanetto

 

Sie hören eine zweite Version dieser Szene mit der rabenschwarzen Stimme des Sparafucile von Martti Talvela.

Quel vecchio maledivami! – Milnes / Talvela

«Pari siamo» – der große Monolog des Rigoletto

Handlung: Rigoletto ist verzweifelt über sein Schicksal. Mit seinem verunstalteten Körper ist er zur Rolle des Hofnarren verdammt.

«Er hat den Dolch und ich die Sprache» räsoniert Rigoletto ehrlich zu sich. Es ist ein Monolog eines Mannes, der durch sein Schicksal verbittert geworden ist – unglücklich über seinen deformierten Körper und einen Beruf ausübend, den er hasst.

Rigoletto schleudert seine Worte hinaus, spärlich begleitet von erregt tremolierenden Streichern und zweimal unterbrochen vom Fluch Motiv. Lediglich im zweiten Teil hören wir eine Aufhellung, die von einer Flöte eingeleitet wird, als er an seine Tochter denkt, wir hören das Thema von «Caro nome», welches wir später von Gilda hören werden. Der Schluss versinkt wieder in der Stimmung des Anfangs. «Pari siamo» ist keine Arie im herkömmlichen Sinn, denn Verdi strebt eine maximale Differenzierung zur Person des Duca an.

Wir hören diesen Monolog gesungen von Robert Merrill. Er war einer der großen Baritone der 50er Jahre. Für Ihn war klar, der Rigoletto war die größte Rolle, die je für einen Bariton geschrieben worden ist.

Pari siamo – Merrill

 

 

Das Duett Gilda – Rigoletto

Handlung: Er geht zum Haus seiner Tochter Gilda, dem einzigen Lichtblick in seinem Leben. Niemand weiß von ihr. Selbst ihr verschweigt er seinen richtigen Namen aus Angst, dass sein Geheimnis entdeckt werden könnte.

Als Rigoletto die abgeschlossene Welt seines Zuhauses betritt ändert Verdi die Musik schlagartig. Die überschäumende Stimmung dauert aber nur kurz, bis Gilda nach ihrer vestorbenen Mutter fragt.

Figlia! mio padre! … Deh non parlare al misero – Wixell / Gruberova

 

Handlung: Rigoletto hat ihr verboten das Haus zu verlassen, lediglich ein gelegentlicher Gang in die Kirche ist erlaubt. Plötzlich erscheint unbemerkt der Herzog. Er war der Unbekannten beim letzten Kirchenbesuch gefolgt und wollte sie nun besuchen. Er hört den beiden aus einem Versteck zu und stellt erstaunt fest, dass Rigoletto mit ihr spricht und erfährt, dass er ihr Vater ist.

Ein packendes Duett hören Sie von Tito Gobbi und Maria Callas aus der großartigen Aufnahme von 1955. Das Duett in der zweiten Hälfte ist schlicht großartig, die beiden Stimmen harmonieren perfekt miteinander.

Ah veglia, o donna – Callas / Gobbi

Das Liebes Duett

Handlung: Plötzlich hört Rigoletto ein Geräusch. Der Herzog kann sich gerade noch verstecken. Rigoletto geht zur Tür, dort steht Sparafucile, den Rigoletto wegweist. Als Rigoletto seine Tochter verlässt, hat Gilda Gewissensbisse, dass sie ihrem Vater nichts von dem jungen Mann erzählt hat, der sie bei ihren Kirchenbesuchen verfolgte. In diesem Moment tritt der Herzog auf und die beiden gestehen sich ihre Liebe. Der Herzog gibt sich als Student mit dem Namen Gualtier Maldé aus. Als sie Lärm von draußen hören, verlässt der Herzog Gilda.

Verdi hat die Liebeserklärung des Herzogs in einem höfischen Menuett geschrieben. Doch Gilda ist keine Gräfin, der Herzog will die unerfahrene Gilda um den Finger wickeln. So entlarvt Verdi mit musikalischen Mitteln die süße Falschheit des Herzogs.

Hören Sie in diesem Duett Jussi Björling als unwiderstehlichen Herzog. Seine Stimme verströmt Wärme und Leidenschaft.

E il sol dell’anima…Addio addio Björling / Sayao

 

Als zweites hören Sie eines der legendären Duette von Tito Schipa und Amelia Galli-Curci. Wunderbar wie die beiden Stimmen zusammenpassen und die Ritardandi aussingen.

E il sol dell’anima – Schipa / Galli-Curci

Die berühmte Arie «Caro nome» der Gilda

Handlung: Wieder allein, denkt Gilda an ihren Geliebten Gualtier Maldé.

Diese Arie entspringt der Ekstase Gildas ersten Liebe. Sie verlangt nach Verletzlichkeit und Schönheit statt äußerlichem Glanz. Gilda ist eine junge Frau von 16-18 Jahren. Die Arie wird eingeleitet durch den exquisiten Gesang zweier Flöten, begleitet von gedämpften Violinen. Die darauffolgende Wiederholung der Melodie durch die Sängerin muss den Glanz und das Timbre der Flöte erzeugen. Die Arie stellt höchste Ansprüche, denn sie ist mit vielen Koloraturen und Verzierungen gespickt und erreicht zwei Mal das hohe C.

Wir hören sie in zwei Interpretationen.

Edita Gruberova ist als Koloratursopran mit der Rolle der Königin der Nacht berühmt geworden. Wir hören eine Sängerin, die mit ihrer Stimme in höchste Sphären eindringen kann und die mörderischen Verzierungen meisterhaft beherrscht.

Caro nome / Gruberova

Für viele war Callas eine unschlagbare Gilda. Ihr “Caro nome” ist großartig. Ihre Technik ist phänomenal, man höre nur beispielsweise ihre perfekten Triller. Die Interpretation der Gilda ist dramatisch-bewegend und bringt große Emotionen in die Arie.

Caro nome / Callas

 

 

Die Entführung der Gilda

Handlung: Mittlerweile sind Höflinge unter der Führung von Marullo und Ceprano aufgetaucht. Sie treffen auf Rigoletto, der auf der Straße vor sich sinniert. Schnell maskieren sie sich, nur Marullo gibt sich Rigoletto zu erkennen. Sie geben vor, die Gräfin entführen zu wollen. Rigoletto schließt sich an und lässt sich eine Maske geben. Ohne dass er es merkt, wird ihm ein Tuch um die Augen gebunden. Er muss den Entführer die Leiter halten. Während Rigoletto auf die Rückkehr der Höflinge wartet, entführen sie seine vermeintliche Geliebte. Als die Entführer längst weg sind, reißt sich Rigoletto die Maske vom Kopf. Entsetzt muss er erkennen, dass seine Tochter Gilda entführt worden ist.

Wir hören den Chor der Höflinge, den Verdi im spöttischen Ton eines piano-staccato geschrieben hat, in dessen Stil er bereits acht Jahre zuvor den Chor der Mörder in Macbeth geschrieben hatte.

Zitti, Zitti

 

 


RIGOLETTO AKT II

 

Parmi veder le lagrime – eine weitere Arie des Herzogs

Handlung: Im Palast des Herzogs. Dieser hat realisiert, dass Gilda entführt worden ist. Erstaunt stellt fest, dass er sich in Gilda verliebt hat und schwört Rache.

Sogar der zynische Herzog wird sentimental. Er singt die Arie «Parmi veder le lagrime» die fast zärtlich wirkt. Aber es ist die Arie eines eingebildeten Menschen. Als der Herzog sinniert, wie Gilda bei der Entführung Gualtiers Name gerufen haben mag, hört die Musik kurz auf und der Herzog kann seinen Alias Namen langsam und fast zärtlich singen (im Tonbeispiel nach 3:05 Minuten). So bildet diese Arie ein Spannungsfeld von echten Gefühlen (die einer verpassten Romanze) und dem Selbstmitleid eines ichbezogenen Menschen.

Ella mi fu rapita… Parmi veder le lagrime – Pavarotti

Handlung: Höflinge tauchen auf und erzählen dem Herzog triumphierend von der Entführung der Geliebten von Rigoletto. Der Herzog erkennt, dass es sich um seine Geliebte handelt. Sie wird in den Palast getragen. Der Herzog lässt sie in sein Zimmer bringen.

Selten ist die Diskrepanz einer Figur in einer Scena ed Aria so kontrastreich gezeichnet worden. Während der Duca in der Cavatina den Schmerz des Verlustes gesungen hat («Parmi veder le lagrime») ist er jetzt bereit, rücksichtslos seine Lust zu befriedigen. Damit gehört der Duca zu den größten moralischen Schurken in Verdis Opernliteratur.

Diese Arie hat schöne Linien, ist durchwegs hoch gelegenen und endet mit einen hohen D. Wenn der Tenor diesen Ton nicht singen kann wird er in der Regel ein oder zwei Oktaven tiefer gesungen.

Hören Sie diese Arie in der Aufnahme von Pavarotti und Bonynge aus dem Jahr 1971, bei der Pavarotti das hohe D singt.

Possente amor mi chiama – Pavarotti

 

Kraus war ein sehr elegant singender Tenor und einer, der auch die höchsten Töne sang. Sein hohes D ist eine veritable Trompete.

Possente amor mi chiama – Kraus

Rigolettos großartige Arie «Cortigiani vil razza dannata»

Handlung: Rigoletto erscheint im Palast, er vermutet das Gilda hier versteckt gehalten wird. Er wird von den Höflingen verhöhnt, lässt sich seinen Schmerz nicht anmerken.

Beim Auftritt des Rigoletto spielen die Geigen ein punktiertes Motiv, das den Gang des buckligen Narren zu imitieren scheint. Mit dem «Laralara» nimmt Rigoletto dieses Motiv auf. Doch die vorgetäuschte Fröhlichkeit birgt die tragische Komponente des Lamento Motivs der Barock-Oper in sich (Moll-Charakter, fallender Ton, kurze Pause).

Povero Rigoletto – Wixell

Handlung: Rigoletto muss erkennen, dass die Höflinge seine Tochter dem Grafen ausgeliefert haben. Er wirft ihnen vor, das heiligste Gut eines Vaters verkauft zu haben.

Es ist Rigolettos aufwühlende Anklage. Diese Arie erfordert eine ausdrucksstarke Stimme mit großem Volumen und prächtigen Klangfarben, denn sie wechselt von Anklage («feiges Geschlecht») zu Flehen («Gebt sie zurück») bis zu Pathos («Ehre des Kindes») und Schmeicheln.

Wir hören die Erregung von jagenden 16el Noten im Orchester. Die tieferen Streichinstrumente (Bratsche, Cello und Kontrabass) spielen Achtelnoten auf dem ersten und auf dem dritten Schlag, das den erregten Herzschlag des Rigoletto imitiert. Der letzte Teil der Arie «tutto, tutto al mondo» ist eine der schönsten Bariton Melodien überhaupt.

Ein großartiger Gobbi, der aus dem Vollen schöpft, hören wir in der Serafin Aufnahme von 1955.

Cortigiani, vil razza dannata – Gobbi

 

Die mächtige Stimme von Tita Ruffo aus einer Aufnahme von 1908 beeindruckt auch heute noch.

Cortigiani, vil razza dannata – Ruffo

Die verlorene Ehre der Gilda

Handlung: Gilda taucht auf und muss ihrem Vater gestehen, dass sie ihre Ehre verloren hat. Sie erzählt die Geschichte von Gualtier Maldé.

Gilda fehlen die Worte und die Oboe übernimmt die Aufgabe eine schmerzliche Melodie einzuführen. Wenn Gilda die Melodie singt, spürt man schon bei der ersten Note, dass Gilda nicht mehr die junge, unbeschwerte Frau des ersten Aktes ist, sondern dass sie durch die Vergewaltigung in eine schmerzlich-nüchterne Welt eingetaucht ist. Mit zärtlichen Worten versucht ihr Vater sie zu trösten.

Eine eindrückliche Erzählung von Maria Callas, der den Schmerz der Gilda fühlen lässt.

Tutte le feste al tempio – Callas

 

Eine zweite Interpretation von Joan Sutherland aus der Bonynge Aufnahme von 1971.

Tutte le feste al tempio – Sutherland

Das große Duett « Si, vendetta, tremenda vendetta »

Handlung: Soldaten erscheinen. Der Graf von Monterone wird in den Kerker gebracht. Bei seinem Anblick schwört Rigoletto Rache an dem Herzog. Vergeblich fleht Gilda ihren Vater um Vergebung an.

Verdi hat an dieser Stelle ein mitreißendes Duett geschrieben. Der Rache fordernde Hassgesang kontrastiert mit den mildernden Einwürfen Gildas.

Wiederum eine großartige, eindrückliche Performance von Maria Callas und Tito Gobbi mit einem Klimax am Ende, der Hühnerhaut erzeugt…

Si, vendetta, tremenda vendetta  –  Callas / Gobbi

 

 


RIGOLETTO AKT III

 

 


Der dritte Akt gilt als der musikalische Höhepunkt der Oper, im dem die zuvor aufgebauten Gegensätze aufeinanderprallen und zur Katastrophe führen. Das schon von Zeitgenossen bewunderte Quartett «Bella figlia dell’amore» und die überwältigende Szenerie des Wirtshauses am Fluss sind Höhepunkte der ganzen Opernliteratur.

Handlung: Rigoletto führt seine Tochter Gilda zu einem schäbigen Wirtshaus an einem Fluss. Sie nähern sich dem Haus und spähen durch ein Loch in der Mauer hinein. Sie sehen Sparafucile an einem Tisch sitzen, seine Schwester Maddalena hat den Herzog hereingelockt und die beiden beobachten, wie der Herzog eintritt und sich auf die Nacht mit Maddalena freut.

Zu dieser berühmten Arie gibt es eine interessante Geschichte. Offenbar war sich Verdi bei der Komposition dieser Arie bewusst, wie populär sie werden würde und welchen Effekt sie auf das Publikum ausüben wird. So hat er diese Arie lange geheim gehalten. Damit die Melodie nicht schon vor der Uraufführung durchsickert, hat selbst der Tenor und das Orchester die Arie erst im letzten Moment, kurz vor der Aufführung erhalten. Sie wurde zur Sensation und jedermann summte sie, als die Besucher der Uraufführung den Zuschauerraum verließen.

Wiederum wählte Verdi den Rhythmus des Menuetts. Die Persönlichkeit und die Absichten des Herzogs bleiben fixiert auf das Thema der Verführung. Dennoch, die Arie muss leicht gesungen werden und darf nicht zu einem vulgären Stück verkommen. Sie endet in der Regel mit einem brillanten hohen H, obwohl Verdi dieses eine Oktave tiefer komponiert hat. Kein Tenor kann es sich aber leisten, die Arie mit dem tiefen H zu beenden, das Urteil des Publikums wäre vernichtend.

Das unvergleichbare «la donna è mobile» von Pavarotti. Mit Charme, Leichtigkeit und Eleganz.

La donna è mobile  –  Pavarotti

 

Domingo hat die Rolle des Herzogs nur wenig gespielt. Als baritonaler Tenor war für ihn die Tessitura des Rigoletto zu hoch angesetzt. Seine Interpretation überzeugt. Sie stammt aus der Giulini Aufnahme.

La donna è mobile  –  Domingo

«Bella figlia d’amore» – vielleicht das berühmteste Quartett überhaupt

Handlung: Während der Herzog Maddalena den Hof macht, muss Gilda erkennen, dass der Herzog sie an die Erstbeste verraten hat.

Dieses berühmte Quartett ist sehr ungewöhnlich geschrieben. Während Quartette in der Regel mit Melodielinien funktionieren, besitzt in diesem Quartett nur die Tenorstimme eine eigentliche Melodie. Meisterhaft ist, dass die Stimmen völlig unabhängig voneinander geschrieben und trotzdem miteinander verwoben sind: Maddalena zwitschert gelegentlich sechzehntel, Gilda singt wunderschöne Melodiestücke und Rigoletto deklamiert. Der Effekt den Verdi erzeugt ist revolutionär und umwerfend.

Zum überwältigenden Effekt gehört auch das das großartige Bühnenbild, dessen Vorgabe Verdi und Piave genauestens im Libretto schildern.

Ich habe drei Tonbeispiele angehängt. Angefangen mit der ebenso legendären wie großartigen Aufnahme von Caruso, der alle andern an die Wand singt. Ein fantastisches Dokument aus der goldenen Ära der Oper.

Bella figlia d’amore –  Caruso / Galli-Curci / Perini / de Luca

 

Bella figlia d’amore  –  Pavarotti / Gruberova / Wixell / Vergara

 

Bella figlia d’amore  –  di Stefano / Gobbi / Callas / Lazzarini

Die großartige Gewitterszene – Gilda opfert sich

Handlung: Rigoletto schickt seine Tochter nach Hause, mit dem Auftrag in Männerkleidung nach Verona zu fliehen. Er selbst bleibt vor Ort, um mit Sparafucile den Handel zu vereinbaren. Der Herzog geht in sein Zimmer. Mittlerweile ist Gilda heimlich in Männerkleidung zurückgekehrt. Sie belauscht heimlich das Gespräch von Sparafucile mit Maddalena, als sie den Mordplan besprechen: Maddalena will, dass der unbekannte Besucher verschont wird, doch Sparafucile will das Geld. Sie vereinbaren, dass sie einen Fremden töten würden und in einen Sack stecken, wenn einer auftauchen würde, sonst müsse der Gast sterben. Gilda beschließt nun sich zu opfern. Sie klopft an die Tür und Sparafucile tötet die Unbekannte als sie ins Wirtshaus tritt.

Eine weitere innovative Glanztat Verdis erwartet uns in dieser Szene. Es ertönen hohle, unheimlich klingende Akkorde aus dem Orchester und die chromatische Summ-Stimme eines unsichtbaren Männerchors imitiert den Wind, der durch die Bäume des Flussufers weht.

Die Uraufführung von Rigoletto fand am 11. März 1851 statt Das Teatro la Fenice war mit rund 1900 Plätzen damals eines der größten Opernhäuser Italiens und verfügte seit 1844 über eine moderne Gasbeleuchtung sowie über neueste Bühnentechnik. Damit ließen sich die hohen Ansprüche Verdis an die Technik umsetzen: „Donner und Blitze nicht [wie üblich] ganz nach Laune […], sondern im Takt. Ich wünsche mir, dass die Blitze auf dem Bühnenhintergrund aufleuchten.“ (Quelle: Wikipedia)

Vor diesem packenden akustischen Klangteppich erwartet den Hörer ein packendes Terzett.

Ah piu non ragiono – Gruberova – Furlanetto – Vergara

Rigolettos tragische Entdeckung

Handlung: Rigoletto nähert sich mit einem Boot dem Wirtshaus, um den Sack mit der Leiche des Herzogs abzuholen. Er bezahlt Sparafucile und geht mit dem Boot ab. Als er den Sack in den Fluss werfen will, hört er plötzlich aus der Ferne die Stimme des Herzogs. Er schneidet den Sack auf. Zu seinem Entsetzen muss er erkennen, dass der Körper seiner Tochter im Sack steckt. Noch einmal erwacht Gilda und bittet ihren Vater um Vergebung. Als sie stirbt ruft Rigoletto «Ah, der Fluch».

Verdi lässt seine geliebten Gestalten niemals ohne tröstliche Melodien ins Jenseits gehen (Pahlen, Opernlexikon). Mit ätherischen Klängen verabschiedet sich Gilda von Ihrem Vater. Mit dem Fluchmotiv und Rigolettos «Ah, maledizione!» endet die Oper.

Lassu in cielo – Gruberova / Wixell

 

Und zum Schluss die Sterbe-Szene mit Gobbi und Callas.

Lassu in cielo  –  Callas / Gobbi

Aufnahme Empfehlung

 

DECCA mit Sherill Milnes, Luciano Pavarotti und Joan Sutherland unter der Leitung von Richard Bonynge und dem London Symphony Orchestra and Chorus.

oder

EMI mit Tito Gobbi, Maria Callas und Giuseppe di Stefano unter der Leitung von Tullio Serafin und dem Coro e Orchestra del Teatro alla Scala.

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, dem online Opernführer zu RIGOLETTO von Giuseppe Verdi

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