Online Opernführer & Handlung zu Bergs WOZZECK
Wozzeck ist die wichtigste Oper der atonalen Musik des 21. Jahrhunderts und das erste abendfüllende Werk dieser Stilrichtung. Berg zeigt sich als großartiger Dramatiker, der mit diesem Werk das Publikum bis heute fesselt.
Inhalt
♪ Akt I
♪ Akt II
♪ Akt III
Höhepunkte
♪ Du, der Platz ist verflucht!
♪ Ich hab’ ein Hemdlein an, das ist nicht mein
♪ Andres! Andres! ich kann nicht schlafen
♪ Dort links geht’s in die Stadt Mord Szene
♪ Tanzt Alle; tanzt nur zu, springt, schwitzt und stinkt
♪ Entracte
Aufnahme Empfehlung
Atonalität und Schönbergs Einfluss
Der Opern-Einakter «Erwartung», die erste atonale Oper überhaupt und damit Vorläufer des Wozzeck, wurde von Arnold Schönberg 1909 geschrieben. Es ist die Geschichte einer Frau, die auf der Suche nach ihrem Geliebten durch den Wald irrt, auf seine Leiche stößt und auf diesem Horror-Trip alle seelischen Empfindungen durchlebt. Mit der atonalen Musik wollte Schönberg die verstörenden psychologischen Zustände sichtbar machen. Die Musik zur «Erwartung» war durchkomponiert und keines der Motive wurde wiederholt, was einen vollständigen Bruch mit der Tradition der Opernmusik bedeutete.
Berg war Schönbergs Schüler und Schönberg war Bergs musikalischer Mentor und Wegweiser. Doch Berg ging nicht exakt denselben Weg. Er komponierte Wozzeck zehn Jahre später zwar weitgehend atonal, aber er verwendete musikalische Formen mit Struktur und Wiederholung. Berg ging sogar so weit, Leitmotive einzusetzen (siehe dazu den Abschnitt zum ersten Bild des ersten Aktes) und spannte so den Bogen vom romantischen Wagnerschen Drama zur atonalen Musik.
Quelle
Dem Werk liegt Büchners unvollendetes Drama «Woyzeck» aus dem Jahre 1837 zu Grunde. Der literatur-begeisterte Berg sah 1914 das Schauspiel und beschloss das Werk zu vertonen. Der Weg dorthin war allerdings steinig. Büchner hinterließ lediglich ein Fragment. Dreissig handschriftlich notierte Szenen («Bilder») konnte er vor seinem frühen Tod beenden, ohne Seitenzahlen und unklaren Entwicklungsstufen. Der österreichische Schriftsteller Karl Emil Franzos konnte über fünfzig Jahre später die mittlerweile verblassten Skizzen chemisch wieder lesbar machen und daraus ein Theaterstück formen.
Berg übernahm Franzos’ Vorlage und stellte fünfzehn Bilder aus den dreißig der Franzos’schen Vorlage zusammen. Er bearbeitete sie teilweise, aber ohne die Sprache zu verändern. Franzos verwendete irrtümlicherweise nicht den Originaltitel «Woyzeck» und Berg übernahm diesen Druckfehler.
Berg war fasziniert von der Person und des Schicksals von Woyzeck, welches einer realen Begebenheit entsprang. Der Sohn eines Perückenmachers erstach 1780 eine 46-jährige Witwe. Er litt vermutlich an Schizophrenie. Das Gericht ordnete als eines der ersten, eine Untersuchung seiner Unzurechnungsfähigkeit an. Das Gutachten beurteilte ihn als schuldfähig und er wurde 1824 auf dem Marktplatz von Leipzig hingerichtet. Büchner erfuhr von dieser Begebenheit aus einer Ärzte-Zeitung, die sein Vater abonniert hatte. Büchner flocht in das Drama noch weitere Geschichten von anderen skurrilen Fällen aus dem Ärzte-Blatt ein.
Biografische Parallelen
In diesem Werk über einen Soldaten, der die Mutter seines unehelichen Kindes aus Eifersucht und Wahnsinn ermordet hat, stecken einige überraschende biografische Parallelen zu Bergs Leben.
Am augenfälligsten ist die biografische Begebenheit in der Person der Marie. Ein Dienstmädchen des Sommerhauses der Familie Berg mit dem Namen Marie Scheuchl empfing vom 17-jährigen Alban ein Kind. Die Familie wollte diesen „Fehltritt“ geheim halten und zahlten ihr eine Abfindung gegen Geheimhaltung. Selbst Bergs spätere Frau Helene erfuhr erst nach Bergs Ableben davon. Die Parallelen gingen weiter; neben der Übereinstimmung von Namen und dem Vorhandensein eins unehelichen Kindes, soll die Marie des Dramas ein auffallend genaues Portrait des Dienstmädchens sein.
Berg wurde 1915 im Zuge des ersten Weltkriegs eingezogen und wurde aufgrund seines Asthmas schon bald ins Kriegsministerium nach Wien versetzt. Dort soll er unter der schlechten Behandlung seines alkoholkranken Vorgesetzten gelitten haben. So konnte er aus seiner Erfahrung des Militärdienstes schöpfen und er schrieb in einem Brief: „Steckt doch auch ein Stück von mir in seiner Figur, seit ich ebenso abhängig von verhassten Menschen, gebunden, kränklich, unfrei, resigniert, ja gedemütigt, diese Kriegsjahre verbringe. Ohne diesen Militärdienst wäre ich gesund wie früher.“
Musik I – die musikalischen Formen
Die Musik und das Drama dieser Oper sind hoch strukturiert. Jeder Akt hat 5 Szenen, die thematisch zusammengestellt sind.
Im ersten Akt schreibt Berg für jede Hauptperson (mit der Ausnahme von Wozzeck) ein Charakterstück. In jeder Szene erscheint die Person in einer Begegnung mit dem Protagonisten. So lernen wir die Personen und ihre Beziehung zu Wozzeck kennen. Jedem Stück liegt eine eigene musikalische Form zugrunde (1: Suite, 2: Rhapsodie, 3: Marsch/Wiegenlied, 4: Passacaglia, 5: Rondo).
Auch der zweite Akt folgt dieser überraschenden Strukturiertheit. Die fünf Bilder wurden in der Sequenz einer Sinfonie geschrieben (1: Sonate, 2: Fantasie/Fuge, 3: Largo, 4: Scherzo, 5: Rondo).
Der letzte Akt schlussendlich ist eine Abfolge von 5 Inventionen.
Erstaunlicherweise stammt keine einzige dieser Formen aus dem Musiktheater, sie entspringen allesamt der absoluten Musik. Berg wollte mit der strikten Formgebung eine Art Verfremdung schaffen, um dem romantischen Überschwang der herkömmlichen Opernformen einen Riegel zu schieben. Berg selbst meinte dazu, dass er „nicht so sehr Gewicht darauflegte, ein musikalischer Bauernschreck zu sein, als vielmehr ein natürlicher Fortsetzer richtig verstandener, guter, alter Tradition!“.
Die Musik II – das Orchester
Die oben beschriebenen Formen sind für den Hörer kaum hörbar, zu komplex ist die musikalische Anlage und ein Nachvollziehen ist nur unter Verwendung der Partitur und mit einiger Expertise möglich.
Die Verwendung der Orchesterstimmen ist ebenso anspruchsvoll. Das Orchester ist von spätromantischer Größe und verfügt mit der Ergänzung durch Gitarre, Xylophon, Celesta, Ziehharmonika und Rute über eine große Farbpallette. Das volle Orchester ist hauptsächlich bei den Verwandlungsmusiken zu hören (den Überleitungen zwischen den Bildern). Die Bilder selbst sind sehr sparsam instrumentiert, um die Textverständlichkeit zu erhöhen, dafür variiert Berg die Orchester-Zusammensetzung in jedem Bild, was einen ungeheuren Koordinations- und Probenaufwand erfordert, öfters müssen sich die Musiker sogar physisch verschieben.
Die Musik III – «Keinesfalls singen!»
Berg wollte die Dialoge Büchners schauspielerisch hochwertig auf die Bühne bringen, deswegen verzichtete er auf gesungene Formen wie Arien. Berg hatte eine klare Vorstellung wie die Sänger zu singen hatten: „Keinesfalls singen! Aber trotzdem ist die Tonhöhe in der Gesangstonhöhe (genau nach den Noten) anzugeben und festzuhalten; letzteres aber mit Sprechresonanz.“ Dies entsprach der Verwendung der Sprechstimme wie schon in Schönbergs Pierrot-Lunaire zehn Jahre zuvor, einer Technik zwischen Singen und Sprechen.
Der Dramatiker Berg – sein Einfluss auf Hitchcock
Büchners Dialoge waren weitgehend Alltagsdialoge und nicht sehr inspirierend für gefühlvolle Oper. Für Berg war dies kein Hinderungsgrund – im Gegenteil, Berg war Dramatiker und er entwickelte eine unerhörte Fülle der Tonsprache. Der berühmte Komponist Bernard Herrmann, bekannt für seine Filmmusik für Hitchcock, war ein bekennender Berg-Anhänger. Die berühmte Szene des Mordes unter der Dusche aus „Psycho“ mit den dissonanten hohen Schreien der Violinen war inspiriert durch Bergs Musik und wurde zu einem der größten Momente der Filmgeschichte. Die Violinen hören sie im Tonbeispiel des ersten Bildes des ersten Akts.
Rezension
Von Bergs erster Bühnenerfahrung des Wozzecks 1914 bis zur Uraufführung dauerte es volle 11 Jahre. Der Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Erich Kleiber setzte sich für das Werk ein und dirigierte es an der Urraufführung gleich selbst. Das Werk galt bei einigen Experten als unaufführbar. Um der der Komplexität und Neuartigkeit des Werkes gerecht zu werden, setzte Kleiber 137 Proben an.
Die Reaktionen des Publikums waren gespalten. Zu erwarten war, dass ein Teil des Publikums und der Presse mit Unverständnis reagierte. Die Avantgarde war begeistert, früh wurde die Bedeutung des Werks erkannt und bis zum Tode Bergs im Jahre 1935 wurde es über 160-mal gespielt. Mit der Machtergreifung der Nazis verschwand das Werk aus den Theatern, doch bald schon nach dem Ende des zweiten Weltkriegs fand es den Weg zurück ins Repertoire, das es bis zum heutigen Tag behielt.
WOZZECK AKT I
Leitmotive
Handlung: Im Zimmer des Hauptmanns rasiert Wozzeck frühmorgens den Offizier. Der Hauptmann will sich mit Wozzeck unterhalten, doch dieser bleibt einsilbig. Als der Vorgesetze auf das uneheliche Kind von Wozzeck zu sprechen kommt, das «ohne den Segen der Kirche» geboren wurde, verweist dieser darauf, dass arme Leute sich moralisches Handeln nicht leisten können.
Ohne eine Ouvertüre, nur mit einem Wirbel im Schlagzeug, der das Militärische darstellen soll, setzt die Singstimme gleich im 5. Takt ein. Das Stück ist in der Form einer Suite (Präludium, Pavane, Kadenz, Gigue, Kadenz, Gavotte-Double I/II, Air, Präludium im Krebsgang) geschrieben.
Wir hören schon bald das erste Leitmotiv der Oper, es ist die Tonfolge, die wir wiederholt bei Wozzecks «Jawohl, Herr Hauptmann» hören. Die Hitchcockschen Schreie der Violine hören wir in der untenstehenden Aufnahme in der Stelle ab 3:30. Eines der wichtigsten Leitmotive treffen wir bei Wozzecks „Wie arme Leut!“ an. Es ist überraschenderweise ein C-Dur Dreiklang. Berg schrieb dazu: „Wie könnte man die Sachlichkeit des Geldes, um das es sich da handelt, deutlicher bringen!“ Das Leitmotiv taucht immer wieder beim Thema Armut auf.
Die Rolle des geschwätzigen und einfach gestrickten Hauptmanns ist im Stimmfach eines Tenorbuffos geschrieben, was das karikaturenhafte des militärischen Vorgesetzten ausdrückt (siehe auch weiter oben in “Biographische Parallelen”).
Langsam, Wozzeck, langsam! – Grundheber
Handlung: Wozzeck wird aufs Feld kommandiert, wo er zusammen mit Andres Stöcke schneidet. Er erzählt seinem Kameraden von seinen düsteren Visionen, die ihn peinigen.
Bei diesem Stück handelt es sich um eine Rhapsodie über drei Akkorde und ein dreistrophiges Jägerlied. Berg hat jeder Figur ein Instrument zugewiesen, Wozzeck wird immer wieder von der Posaune begleitet, die seiner Stimmlage des Baritons entspricht.
Das Stück verklingt mit österreichischen Militärsignalen aus der Ferne, die Berg in seiner Dienstzeit verinnerlicht hatte.
Du, der Platz ist verflucht! – Berry / Weikenmeier
Marie und das gemeinsame uneheliche Kind
Handlung: Im Zimmer von Marie, der Mutter von Wozzecks Kind. Sie schaut aus dem Fenster einer Militärparade zu. Als sie dem Tambourmajor zuwinkt, schmäht Ihre Nachbarin Margarethe Marie als Prostituierte, die ein uneheliches Kind habe. Sie schließt verärgert die Tür und singt ihrem Sohn ein Schlaflied. Da klopft es an die Türe, Wozzeck tritt ein. Er hat keine Augen für Marie und ihr Kind, sondern spricht nur von seinen finsteren Visionen. Verstört bleibt Marie zurück.
Das Stück beginnt mit einem Marsch, der in der Ferne ertönt. Die Unterhaltung zwischen Marie und Margarethe ist reines Sprechtheater, Berg hat dazu keine Noten notiert.
Darauf folgt ein Wiegenlied, das zwar im klassischen 6/8 Takt geschrieben ist, aber durch sein rasches Tempo nicht der Erwartung entspricht, kein Wunder kann das Kind beim inneren Aufruhr der Mutter nicht einschlafen. Vor dem Eintreffen Wozzecks finden die beiden doch noch etwas Ruhe, das Berg mit traumhaften Klängen der Celesta komponierte.
Tschin Bum, Tschin Bum – Grundheber / Behrens
Der manische Doktor
Handlung: Um etwas Geld zu verdienen hat sich Wozzeck für ein medizinisches Experiment verdingt. Seit Monaten isst er nur noch Bohnen. Er geht zur regelmäßigen Untersuchung zum verantwortlichen Arzt und erzählt von seinen Visionen. Der Mediziner interessiert sich nicht für den Menschen Wozzeck, er ist für ihn nur ein «Kasus». Nämlich der Beweis, dass einseitige Ernährung zu Wahnsinn führt, was der Arzt mit höchster Zufriedenheit registriert. Er hofft mit dieser Erkenntnis berühmt zu werden.
Berg schrieb eine Passacaglia mit einem klassischen Zwölftonthema und variiert es 21-mal. Mit dieser gnadenlosen Wiederholung zeigt er den Doktor als manisch getriebenen.
Was erleb’ ich, Wozzeck?
Handlung: Marie trifft auf der Straße auf den Tambour-Major, es geht nicht lange und die beiden gehen in Maries Wohnung.
WOZZECK AKT II
Der zweite Akt folgt der Struktur einer Sinfonie: 1: Sonate, 2: Fantasie/Fuge, 3: Largo, 4: Scherzo, 5: Rondo.
Handlung: Marie bestaunt im Handspiegel die Ohrringe, die der Tambour-Major ihr geschenkt hat und träumt von einem besseren Leben. Auf ihrem Schoss ist ihr Kind, das nicht schlafen will und sie stört. Da tritt überraschend Wozzeck ein. Er bemerkt die Ohrringe und ahnt die Wahrheit, als Marie beteuert sie gefunden zu haben. Er gibt ihr Geld und verlässt die Wohnung wieder.
Was die Steine glänzen? – Behrens / Grundheber
Handlung: Wozzecks Arzt und Hauptmann begegnen sich auf der Straße. Der Hauptmann langweilt den «Doktor Sargnagel» mit philosophischen Ausführungen. Als Rache prophezeit der Arzt dem geschockten Offizier einen Schlaganfall in den nächsten vier Wochen. Als Wozzeck ihren Weg kreuzt, lassen die beiden ihren Frust an ihm aus. Der Hauptmann deutet Wozzeck an, dass seine Frau ihm untreu ist. Tief getroffen verlässt Wozzeck die beiden.
Berg schrieb in der Partitur mehrmals ungewöhnliche Vortragsangaben. Beim Hauptmann schrieb er wiederholt «überschnappende Stimme» oder «näselnde Stimme» und beim Doktor sogar «wie ein Esel».
Wohin so eilig, geehrtester Herr Sargnagel? – Dönch / Berry
Maries Auseinandersetzung mit Wozzeck
Handlung: Wozzecks eilt zu Marie und stellt sie zur Rede. Sieweicht aus. Drohend kommt Wozzeck ihr näher. Sie schreit ihn an, sie nicht anzurühren, lieber ein Messer in den Leib als dass er sie schlägt. Marie geht in ihre Wohnung und lässt den verzweifelten Mann zurück.
Diese Szene ist eine Hommage an Schönberg, die Instrumentierung entspricht Schönbergs Kammersinfonie op. 9. Gemäß Anweisung von Berg verlassen die 15 Musiker den Orchestergraben und platzieren sich auf der Bühne in einer geometrischen Form.
Guten Tag, Franz – Berry / Strauss
Die Wirtshaus Szene
Handlung: In einem Wirtshausgarten spätabends. Burschen, Soldaten und Mägde tanzen. Unter ihnen sind auch Marie und der Tambour-Major. Wozzeck beobachtet die beiden und ist bereits betrunken. Marie ruft ihm provozierende Worte zu. Ein Narr tritt auf und prophezeit eine Bluttat.
Das Stück beginnt mit einem Ländler, der in tonaler Musik gespielt ist. Nach dem Lied des Handwerksburschen geht das Stück in einen Walzer über, der in freier Tonalität geschrieben ist.
Weiter geht es mit einem Jägerchor, der an den Freischütz erinnert (möglicherweise eine bewusste Reminiszenz an die Lebzeit von Woyzeck, der die Mordtat zur Zeit der Entstehung des Freischütz’ beging).
Die Formen des Scherzos und des Ländlers kehren wieder zurück. Handlung und Musik wandeln sich immer mehr in eine Alptraumszene.
Ich hab’ ein Hemdlein an, das ist nicht mein – Abbado
In Wozzeck reift der Rachegedanke
Handlung: Nachts in der Kaserne liegt Wozzeck auf seiner Pritsche neben Andres. Er kann nicht schlafen, ihn plagt die Vision eines Messers, Mordgedanken wühlen ihn auf. Der Tambour-Major tritt betrunken mit einer Flasche Schnaps in die Wachstube. Er demütigt Wozzeck mit seiner Eroberung von Marie. Die beiden geraten in ein Handgemenge, Wozzeck unterliegt. Aus Wozzecks Messer-Traum reift der Entschluss.
Ein schauderhafter kurzer Geisterchor leitet das als «Rondo martiale con Introduzione» konzipierte Stück ein. Visionen plagen Wozzeck, der Geisterchor kehrt zurück. Im Orchester knistert, knackt und läutet es, als der Tambourmajor sein Unwesen treibt.
Andres! Andres! ich kann nicht schlafen – Berry / Uhl
WOZZECK AKT III
Berg beschreibt jedes der fünf Bilder dieses Aktes als musikalische Invention. Jedes Bild beschreibt die Obsession einer Person, seien es Maries Schuldgefühle, Wozzecks Mord, die blutigen Hände oder die frenetische Suche nach dem Messer.
Maries Schuldgefühle
Handlung: Marie liegt nachts wach und liest in der Bibel die Geschichte der Ehebrecherin. Sie hat Wozzeck schon lange nicht mehr gesehen und bereut, was sie ihm angetan hat. Sie ahnt, dass ein Unglück passierend wird.
Gleich zu Beginn ertönt das Thema, das Berg als Grundlage für 7 Variationen und eine Fuge verwendet.
Und ist kein Betrug in seinem Munde erfunden worden – Lear
Die Mordtat
Handlung: Es ist Nacht, Wozzeck und Marie treffen sich am Teich im Wald. Nostalgisch erinnert sich Wozzeck noch einmal an gemeinsame bessere Zeiten und stößt ihr das Messer in den Hals.
Berg schrieb eine Invention über den Ton H, der immer allgegenwärtig ist.
Das Stück beginnt ruhig, drohend hört man die leisen Schreie der Violine, die das Unheil ankünden. Wozzeck ist vor der Tat ruhig, droht aber Marie unverhohlen («Wer kalt ist, den friert nicht mehr! Dich wird beim Morgentau nicht frieren»). Fahl geht der Mond über der Szene auf. Es ist die Musik vor der Mordtat. Mit einem durchdringenden Schrei stirbt Margarethe und schreckliche Akkorde ertönen im Orchester. Mit einem gewaltigen Crescendo auf dem Ton H endet die Passage.
Dort links geht’s in die Stadt – Berry / Strauss
Die zweite Wirtshausszene
Handlung: Wozzeck geht ins Wirtshaus. Er will tanzen, um den Mord zu vergessen. Margarethe entdeckt Blutflecken an seinem Hemd und stellt ihn vor aller Leute zur Rede. Wozzeck flieht aus dem Wirtshaus.
Tanzt Alle; tanzt nur zu, springt, schwitzt und stinkt – Berry / Lasser
Wozzeck kehrt zum Teich zurück
Handlung: Wozzeck rennt zurück zum Teich und sucht das Messer, um das Beweismittel zu verstecken. Als er es findet, geht er tief in den Teich, um es dort zu verstecken. Beim Versuch seine Blutflecken abzuwaschen ertrinkt er. Der Arzt und der Hauptmann kommen am Teich vorbei und hören einen Ertrinkenden Menschen, gleichgültig beschließen sie nichts zu unternehmen.
Berg beschreibt dieses Stück als «Invention über einen Sechsklang». Der zugrunde liegende Sechsklang umfasst die Töne h, c, e, gis, es, f.
Das Messer? Wo ist das Messer? – Berry
Das Zwischenspiel
Das darauffolgende Zwischenspiel ist mehr oder weniger tonal in der Tonart d-Moll geschrieben. Nochmals sind viele Motive der Oper hörbar und das Zwischenspiel endet mit einem zwölftönigen Akkord, der bei Maries Tod erklungen war.
Entracte
Handlung: Am Morgen spielen Kinder vor Maries Haus. Ihr Kind ist auch dabei und reitet auf seinem Steckenpferd. Alle rennen zum Wald als sie hören, dass Maries Leiche gefunden wurde. Nur Maries Sohn versteht nicht was passiert ist und bleibt als einziges Kind zurück.
Die Oper endet mit einer Invention über eine Achtelbewegung.
Ringel, Ringel, Rosenkranz, Ringelreih’n!
Aufnahme-Empfehlung
SONY, mit Walter Berry, Isabel Strauss, Fritz Uhl, Carl Doench unter der Leitung von Pierre Boulez und dem Orchestre du Théâtre National de l’Opéra de Paris
Peter Lutz, opera-inside, der Online-Opernführer zu “WOZZECK ” von Alban Berg.
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