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Der online Opernführer zu Giacomo Puccinis Gianni Schicchi

„Musikalisch gesehen liegt uns in Gianni Schicchi Puccinis witzigste und geistreichste Partitur vor. Aber nicht nur das: Auch als theatrales Gesamtwerk gehört Gianni Schicchi zum vollkommensten, was die Italienische Oper in ihrer Geschichte hervorgebracht hat. Libretto, Komposition und theatralischer Anspruch vereinigen sich in ihr zu einem Juwel der Opernliteratur und kommen einer summa des kompositorischen Schaffens Puccinis gleich.“ (Uecker, Puccinis Opern)

 

 

Inhalt

Handlung

Kommentar

♪ Akt I 

♪ Aufnahme Empfehlung

 

 

Höhepunkte

Firenze è un albero fiorito

O mio babbino caro

 

 

 

ROLLEN & HANDLUNG VON GIANNI SCHICCHI IN 4 MINUTEN

 

 

 

 

URAUFFÜHRUNG

New York 1918

LIBRETTO

Giovacchino Forzano, basierend auf Dante Alighieris Divina commedia.

HAUPTROLLEN

Gianni Schicchi, Zugereister Bauer - Lauretta, seine Tochter - Rinuccio, Geliebter von Lauretta, Neffe des Buoso Donati - Zita, Tante von Rinuccio, Cousine des Buoso Donati - Ser Amantio, Notar des Buoso Donati

AUFNAHME EMPFEHLUNG

CBS mit Tito Gobbi, Placido Domingo und Ileana Cotrubas unter der Leitung von Lorin Maazel und dem London Symphony Orchestra.

 

 

 

KOMMENTAR

 

 

Ein Teil eines Triptychons

Zusammen mit den Einaktern „Suor Angelica“ und „Il Tabarro“ hat Puccini mit „Gianni Schicchi“ einen sogenannten Tryptichon geschaffen, drei Opern die je als Einakter zusammen ein abendfüllendes Programm bieten. Gianni Schicchi war von Anfang an das populärste der Drei Werke. Während dieses Stück Eingang ins Repertoire der Opernhäuser gefunden hat, lässt sich dies von den anderen beiden nicht behaupten, mit dem Ergebnis, dass der Triptychon als Ganzes recht selten aufgeführt wird.

 

 

Das Libretto

Der Kern der Geschichte des Gianni Schicchi stammt aus der berühmten Divina Commedia von Dante Alighieri. Die Geschichte Gianni Schicchis hat einen wahren Kern. Dantes Gattin Gemma soll angeblich eine geborene Donati gewesen sein und ihrem Mann ihr Erlebnis geschildert haben.  Und der hat in wenigen Versen diese Geschichte in seiner Divina Commedia zitiert. Seine Frau war eine Geschädigte, was der Grund war, dass Dante Gianni Schicchi in seiner Divina Commedia dem Ort in der Hölle zugewiesen hat (zitiert im 30. Gesang des Infernos).

Puccini wählte Forzano als Librettist des Gianni Schicchi. Sein Drehbuch ist meisterhaft und Puccini konnte das Libretto beinahe eins zu eins vertonen. «Was Puccini vorlegte, war eine musikalische Komödie, die in ihrem makabren Zynismus in der Opern Literatur ihresgleichen sucht. Die Szenen drehen sich in einem szenischen Wirbel, der sich am Ende zu einem wahren Komödien-Tornado steigert.» (Ücker, Puccinis Opern).

Forzano hatte eine revolutionäre Ader. Neben seiner Begeisterung für die französische Revolution liess sich der Schriftsteller und Sänger auch mit dem Faschischmus ein. Er wurde eine der künstlerischen Aushängeschilder dieser Bewegung und war persönlich befreundet mit dem “Duce” Benito Mussolini. In Forzanos Gianni Schicchi steckt ein Revolutionär, der als Teil der “gente nuova” (des neuen Menschen), gegen die etablierten Institutionen (Staat, Kirche, Familien) antritt.

 

 

Eine wahre musikalische Komödie

Jeder Schauspieler weiss, dass Komödien schwieriger zu spielen sind als Tragödien. In diesem Stück muss jede Rolle schauspielerisch vollendet gestaltet sein, eine echte Ensemble Leistung ist gefragt. Jede Situation muss dem Zuschauer ein Lächeln entlocken. Die nun folgende Handlung ist auf sechzig Minuten konzentriert, und spielt sich in atemraubenden Tempo ab, was dem Einakter den Ruf einbrachte “wie ein Presto Satz einer Sinfonie zu sein”. Einzig Laurettas “O mio babbino” in der Mitte der Oper ist ein lyrischer Ruhepunkt des Werks.

Musikalisch arbeitet Puccini daneben auch mit wiederkehrenden Kurz-Motiven, die immer wieder zitiert werden. Daneben spielt Puccini bewusst mit Dur und Moll. Während die von den Outsider (Schicchi, Lauretta, Rinuccio) gesungenen Stellen weitgehend in Dur geschrieben sind, singen die Familienmitglieder überwiegend in Moll Tonarten, womit Puccini deren Heuchelei demaskieren wollte.

 

 

Die Uraufführung

Die Uraufführung fand 1918 in New York statt. Aufgrund der grossen Distanz weilte Puccini der Aufführung nicht bei, sondern konzentrierte sich auf die europäische Erstaufführung in Rom im Folgemonat und der ersten Aufführung in London. In allen Aufführungen wurde “Gianni Schicchi” bejubelt, während “Il Tabarro” und “Suor Angelica” reserviert aufgenommen wurden. In der Folge setzte sich Puccini aus künstlerischen Gründen mit Nachdruck dafür ein, dass der Tryptichon nur als Ganzes in den Theatern inszeniert wurde, doch er konnte nicht verhindern, dass Gianni Schicchi schon bald mehrheitlich in Kombination mit anderen Werken aufgeführt wurde.

 

 

 

 

GIANNI SCHICCHI AKT I

 

 

 

Der erste Teil – Das Testament von Buoso

Handlung: 1299 in Florenz. Im Schlaf-Zimmer des Buoso Donati haben sich viele Personen versammelt. Es sind seine Verwandten, die in geheuchelter Anteilnahme um den verstorbenen Buoso trauern, der tot in seinem Bett liegt. Jeder hat ein Auge auf den anderen und bald schon geht das Gerücht um, Buoso habe sein ganzes Vermögen dem Kloster vermacht. Alle schauen fragend Simone an, der einmal Bürgermeister in Podesta gewesen ist. Der meint, dass wenn das Testament in den Händen eines Notars sei, dann sei nichts zu machen. Aber … wenn es noch im Hause ist, dann gäbe es vielleicht einen Ausweg.

Puccini beginnt mit knappen Eröffnungs-Akkorden. Der Vorhang geht auf, und wir hören das Trauer Motiv der Verwandten, welches immer wieder während der Oper zitiert wird:

Gianni Schicchi Puccini Synopsis Handlung

 

Das Thema schwebt zwischen Dur und Moll und entlarvt die Heuchelei der Verwandtem mit musikalischen Mitteln.

Handlung: Alle beginnen fieberhaft nach dem Dokument zu suchen. Rinuccio findet es schließlich. Er hofft, dass der Onkel ihm etwas vermacht hat, denn nur mit der Hinterlassenschaft könnte er seine Geliebte Lauretta heiraten, die Tochter des Gianni Schicchi. Alle wollen Rinuccio das Testament aus der Hand reißen. Er gibt das Dokument schließlich seiner Tante Zita, die es öffnet. Als sie feststellen, dass Buoso die wertvollen Güter dem Kloster vermacht hat, ist die Bestürzung groß. Nun sind die Tränen aufrichtig. Alle sind ratlos was zu tun ist. Rinuccio schlägt vor, Rat bei Gianni Schicchi zu suchen, nur er könne sie retten. Alle sind empört und wollen mit dem zugezogenen Bauern nicht zu tun haben. Rinuccio schickt heimlich Gherardino zu Gianni Schicchi, um ihn zu holen.

Teil 1 (00:00 – 15.13)  –  Pappano ROH

 


Rinuccios Arie über Gianni Schicchi

Handlung: Rinuccio hält eine flammende Rede für Gianni Schicchi. Ja, er ist ein Auswärtiger und er ist verschlagen, aber lediglich er mit seiner Schlauheit könne sie retten.

Das Stück im Stile eines toskanischen Volksliedes ist anspruchsvoll. Vor allem der zweite Teil ist in einer hohen Stimmlage geschrieben und führt zweimal zum hohen B. Wir hören diesen Auftritt des Tenors in zwei Interpretationen.

Domingo spielt wunderbar mit den Worten, seine Stimme hat eine jugendliche Dynamik und doch auch Wärme des Liebenden.

Avete torto … Firenze e come un albero fiorito (1)  –  Domingo/Maazel

 

Di Stefanos Revier waren die lyrischen Opern. Er singt die hohen Stellen dieser Arie wunderbar, und das Schluss B ist wunderschön und beeindruckend.

Avete torto … Firenze e come un albero fiorito (2)  –  di Stefano

Gianni Schicchi tritt auf und trifft auf Ablehnung

Handlung: Gianni Schicchi tritt in Begleitung seiner Tochter Lauretta ins Haus. Rasch erkennt er die Situation. Zita will ihn zusammen mit seiner Tochter verjagen. Schicchi hat nur Verachtung für die Gesellschaft übrig und will zutiefst beleidigt das Haus wieder verlassen. Lauretta und Rinuccio sind verzweifelt und sehen die Aussicht auf ihre Hochzeit zerrinnen.

Dante hatte eine Abneigung gegen die Zugereisten, so erzählt er in seiner Divina Commedia, dass man in Florenz die Bauern zu ertragen habe, deren Gestank er nicht leiden könnne und die nur auf Betrug bedacht seien. So entspricht Rinuccios Gesang nicht dem Geist des Dichters, sondern es entspringt dem opportunistischen Wunsch Rinuccios, Lauretta heiraten zu können.

Teil 2 (18:37 –  22:03)  –  Pappano / ROH

 

Laurettas bekniet ihren Vater –  «o mio babbino caro”

Handlung: Rinuccio appelliert an seine Verwandten auf Schicchi zu vertrauen, und Lauretta bittet ihren Vater zu bleiben, sonst müsse sie sich im Fluss Arno aus Liebeskummer das Leben nehmen.

Diese Arie ist das einzige geschlossene Stück dieser Oper. Es ist ein Wendepunkt, ab jetzt beginnt der Betrug zu laufen.

Die Arie ist zwar sehr einfach aber sie verdient es trotzdem berühmt zu sein. Die Vortragsbezeichnung für die Arie ist «ingenuo», was soviel heisst wie naiv, gutgläubig. Die Arie (oder ist es nicht eher ein Lied?) muss von Herzen kommend gesungen werden, ohne gekünstelten Pathos. Natürlich steckt dahinter auch eine Portion Schlauheit, denn die junge Frau weiss, wie sie das Herz ihres Vaters erweichen muss.

Es gibt Dutzende von Interpretationen dieser Arie. Eine Auswahl ist schwierig. Caballés Interpretation ist berühmt und ist vielleicht die schönste. Die hohen Töne fliessen atemberaubend, die Stimmung ist beinahe ätherisch.

O mio babbino caro  –  Caballé

 

Mädchenhaft berührend ist die Interpretation von Elisabeth Schwarzkopf. Die innigste der Aufnahmen.

O mio babbino caro  –  Schwarzkopf

 

 

Schicchis glänzende Idee

Handlung: Schicchis Vaterherz erweicht und er prüft das Testament. Alle schauen gebannt auf ihn. “Nichts zu machen” meint er. Nichts. Als er weiterliest kommt ihm eine Idee. Er schickt seine Tochter weg, sie soll nichts von den folgenden Machenschaften mitbekommen. Er fragt, ob niemand sonst vom Tode Buosos etwas wisse. Alle verneinen. Er gibt die Anweisung alles wieder herzurichten und den Leichnam zu verstecken. Plötzlich klopft es. Der Arzt Spineloccio steht vor der Türe. Schnell gibt Schicchi die Order, den Arzt abzuweisen mit der Begründung, Buoso gehe es besser und er wolle ruhen. Der Arzt will den Patienten aber sehen, und Schicchi ruft aus dem Nebenzimmer ihm gehe es bereits besser und er sei am Einschlafen, der Arzt solle doch am Abend wiederkommen. Spinelloccio preist den Fortschritt der Wissenschaften und geht ab. Schicchi triumphiert. Die Stimm-Imitation war perfekt. Niemand begreift. Schicchi erklärt den Plan: er selbst werde sich ins Bett legen und Buoso spielen. Und dann lasse er den Notar kommen und das Testament anpassen. Alle preisen die Verschlagenheit von Schicchi. Nun stellt sich die Frage nach der Erbteilung.  Um die Mühlen von Signa entfacht ein großer Streit. Man einigt sich darauf, dass Schicchi das Erbe beim Besuch des Notars gerecht aufteilen soll. Drei Frauen kleiden Schicchi fürs Bett um, und jeder der Verwandten versucht ihn mit ein paar Zechinen zu bestechen, damit er ihnen einen schönen Erbteil zuschanzt.  Bevor der Notar kommt, spricht Gianni Schicchi noch ein warnendes Wort an alle. Im Gesetzt stehe als Strafe für Testament-Fälschung der Verlust der rechten Hand und die Verbannung aus Florenz.  Der Notar erscheint mit Zeugen. Schnell legt sich Schicchi ins Bett, und das Licht wird gedämpft. Er ruft dem Notar zu, seine Hand sei gelähmt er könne nicht schreiben, deshalb habe er nach dem Notar rufen lassen. Nach einleitenden Worten des Notars diktiert er das Testament. Das Kloster bekommt 5 Lire. Als der Notar meint, dass sei aber sehr wenig meint Schicchi nur, dass es sonst so aussähe man habe das Geld gestohlen und ein schlechtes Gewissen. Alle billigen dies scheinheilig. Er fährt fort. Das Bargeld und die die kleineren Güter verteilt er gleichmäßig unter die Verwandten. Alle bedanken sich artig. Als es um die 3 großen Güter geht, vermacht er sie … seinem guten und treuen Freund Gianni Schicchi.  Der Aufruhr ist groß. Schicchi verabschiedet den Notar und jagt die Verwandten aus dem Haus. Rinuccio und Lauretta liegen sich in den Armen und Schicchi schaut zufrieden auf das glückliche Liebespaar. Er bittet den Zuschauer für seine Schelmerei mildernde Umstände.

Die gesetzliche Anweisung Testament-Fälscher zu bestrafen existierte tatsächlich so in Florenz. Puccini schrieb an dieser Stelle eine szenische Anweisung, dass Schicchi den Ärmel ohne Hand in die Höhe halten soll. Abbate/Parker schreiben in ihrem Opernführer kritisch, dass dies eine Geschmacklosigkeit Puccinis sei: „Geschrieben in Italien im Jahre 1918, nach Jahren des brutalen Kampfes mit den verwundeten und oft ihrer Gliedmassen beraubten Soldaten, die in eine jede Stadt heimkehrten“.

Gianni Schicchis Schlaumeierei funktioniert nur weil er immer wieder die Melodie des «Addio Firenze», die die Verwandten an das Gesetz der harten Bestrafung erinnern soll. Interessanterweise hat Dante im 25. Vers seiner Divina Commedia einen Buoso Donati zitiert, der sein Vermögen auf gaunerische Art geschaffen hatte, und es in der Hoffnung auf Gnade es der Kirche vermachte.  „Dem Titelhelden gelten die Sympathien der Autoren, auch wenn dessen Handlungsweise unter moralischen Gesichtspunkten fragwürdig erscheint. Am Ende siegt nicht das Gute über das Böse, sondern der Schlaue über die Dummen.“ (Csampai/Holland, Opernführer). So wendet Gianni Schicchi sich am Schluss entschuldigend ans Publikum, wenn der Zuschauer sich wenigstens amüsiert habe, bitte er um mildernde Umstände.

Teil 3 (24:10 – 55.13)  –  Pappano ROH

 

Aufnahme Empfehlung der Oper GIANNI SCHICCHI

 

CBS mit Tito Gobbi, Placido Domingo und Ileana Cotrubas unter der Leitung von Lorin Maazel und dem London Symphony Orchestra.

 

 

 

Peter Lutz, opera-inside, der online Opernführer zu GIANNI SCHICCHI von Giacomo Puccini.

 

 

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