Der online Opernführer zu TOSCA
Lernen Sie die Handlung der Oper TOSCA von GIACOMO PUCCINI kennen. In einem 4-Minuten Film erfahren Sie die wesentlichsten Handlungen. Angereichert mit Rollenbeschreibungen und informativen Grafiken.
ÜBERBLICK & DIREKTZUGRIFF
Inhalt
♪ Handlung in 4 minutes – YouTube Video
♪ Link zum Opern-Portrait (mit interessanten Informationen, und Youtube Videos)
Libretto
♪ Akt I (Kirchen Szene)
♪ Akt II (Scarpia Szene)
♪ Akt III (Engelsburg Szene)
Die Handlung von TOSCA in 4 Minuten
Beziehungsdiagramm von TOSCA der Hauptrollen
Das Opern Portrait zur Oper TOSCA
Link zum Opern Portrait der Oper mit interessanten Fakten und grossartigen YouTube Videos
Die geschriebene Handlung von TOSCA
Die Personen
Cavaradossi, Kunstmaler
Floria Tosca, berühmte Sängerin
Scarpia, Polizeichef
Angelotti, entflohener Häftling
Die Handlung
In einem italienischen Polizeistaat im Jahr 1800: Angelotti, ein geflohener politischer Gefangener, versteckt sich in einer Kirche. Der Kirchenmaler Cavaradossi hilft Angelotti zur Flucht in ein sicheres Versteck. Die bekannte Opernsängerin Tosca besucht ihren Liebhaber Cavaradossi in der Kirche bei der Arbeit und macht ihm eine Eifersuchtsszene, da sein Bild der Madonna einer anderen gleiche. Angelottis Flucht wird entdeckt.
Scarpia, der Polizeichef lässt Cavaradossi verhaften und lockt Tosca zu sich. Scarpia will Tosca erobern. Er lässt, im Beisein von Tosca, Cavaradossi foltern, er solle die Fluchthilfe gestehen. Scarpia bietet Tosca an die Folter zu beenden, wenn sie sich Scarpia hingibt. Tosca gibt zum Schein nach und die Folterung wird beendet. Scarpia unterschreibt einen Befehl, dass Cavaradossi am nächsten Tag zum Schein erschossen werden soll mit anschliessender Flucht. Nachdem Tosca allein mit Scarpia ist, bringt sie ihn mit einem Messer um.
Am nächsten Tag wohnt Tosca der Schein-Erschiessung auf der Engelsburg bei. Cavaradossi wird zur Überraschung Toscas tatsächlich erschossen. Tosca bringt sich mit einem Sprung von der Engelsburg um.
Die Top 5 Highlight von TOSCA
Recondita armonia – Pavarotti
Tre sbirri (Te deum) – Raimondi/Pappano
Vissi d’arte – Callas
E lucevan le stelle – Björling / Leinsdorf
O dolci mani – Domingo / Kabaivanska
Libretto
HANDLUNG TOSCA AKT I
Die Kirche Sant’Andrea della Valle (Rechts die Kapelle der Attavanti. Links ein Malgerüst mit einem großen, mit einem Tuch verhangenen Gemälde. Malutensilien, ein Korb. Angelotti in zerlumpter, verschmutzter Sträflingskleidung tritt ein, vor Angst zitternd sieht er sich um.)ANGELOTTI Ah! Endlich! In törichter Angst sah ich überall nur Häscher und Schergen. (Er schaut sich wieder um, etwas ruhiger, da er den Ort erkennt. Mit einem Seufzer der Erleichterung erblickt er die Säule mit dem Weihwasserbecken und der Madonna.) Das Becken … die Säule … „Zu Füßen der Madonna”, schrieb mir die Schwester. (Er geht zur Madonna und sucht am Postament. Mit unterdrücktem Freudenschrei zieht er einen Schlüssel hervor.) Da ist der Schlüssel, und dort ist die Kapelle. (Mit größter Vorsicht steckt er den Schlüssel in das Schloß zur Kapelle Attavanti, öffnet das Gitter, tritt ein, schließt hinter sich wieder ab und verschwindet. Der Mesner kommt von hinten, er hält verschiedene Pinsel und spricht laut, als rede er mit jemanden, vor sich hin.) |
MESNER Und immer wieder waschen! Jeder Pinsel ist schmutziger als der Kragen einer Range. Herr Maler … hier, nimm! (Er schaut zum Gerüst hinauf, wo das Gemälde steht, findet es leer und ruft überrascht:) Niemand da! Ich hätte schwören können, daß Herr Cavaradossi zurückgekommen ist. (Er legt die Pinsel hin, steigt das Gerüst hinauf, sieht in den Korb.) Nein, ich habe mich geirrt, der Korb ist unberührt. (Der Angelus wird geläutet. Der Mesner kniet nieder und betet demütig.) Angelus Domini nuntiavit Mariae et concepit de Spiritu Sancto. Ecce ancilla Domini fiat mihi secundum Verbum tuum. et Verbum caro factum est et habitavit in nobis … (Cavaradossi tritt durch die Seitentür und sieht den knienden Mesner.)CAVARADOSSI Was tust du? |
MESNER (beim Aufstehen) Ich bete den Angelus. (Cavaradossi steigt auf das Gerüst und nimmt das Tuch vom Gemälde. Es ist eine Maria Magdalena mit großen blauen Augen und langem goldblonden Haar. Der Maler steht schweigend davor und betrachtet es genau. Der Mesner wendet sich zu Cavaradossi, um mit ihm zu sprechen, sieht das Gemälde enthüllt und stößt einen Schrei der Bewunderung aus.) Sankt Andreas! Ihr Bild!CAVARADOSSI Nun, wessen?MESNER Der Unbekannten, die in den letzten Tagen so oft hierher kam, um demütig und fromm zu beten. (Er deutet auf die Madonnenstatue, unter der Angelotti den Schlüssel hervorgezogen hat.)CAVARADOSSI Es stimmt. So vertieft war sie in ihr Gebet, daß ich unbemerkt ihr schönes Gesicht malen konnte. MESNER (zu sich) |
CAVARADOSSI Gib mir die Farben! (Der Mesner gehorcht. Cavaradossi malt sehr eifrig und hält mitunter ein, um seine Arbeit zu betrachten. Der Mesner geht und kommt mit einer Waschschüssel zurück, in der er weiter die Pinsel reinigt. Plötzlich hört Cavaradossi zu malen auf, zieht aus seiner Tasche ein Medaillon mit einer Miniatur und läßt seine Augen von dem Medaillon zum Gemälde wandern.) Welche zarte Harmonie dieser Bilder! Braunes Haar hat Floria, die Frau, die ich liebe …MESNER (zu sich) Über alles macht er sich lustig, nichts ist ihm heilig! …CAVARADOSSI Und du, unbekannte Schöne … mit blondem Haar, du hast blaue Augen, Tosca hat schwarze!MESNER (zu sich) Über alles macht er sich lustig, nichts ist ihm heilig! … CAVARADOSSI |
sind meine Gedanken nur bei dir.
MESNER (zu sich) CAVARADOSSI MESNER CAVARADOSSI MESNER |
Hört, wenn Ihr geht, schließt Ihr ab!
CAVARADOSSI MESNER CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI |
Angelotti! Der Konsul der ehemaligen römischen Republik! (Er rennt, um die Tür rechts abzuschließen.)ANGELOTTI Ich bin eben aus der Engelsburg entflohen.CAVARADOSSI Verfügt über mich.TOSCA (von draußen) Mario! (Auf Toscas Ruf hin gibt Cavaradossi Angelotti einen Wink, er möge schweigen.) CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI |
In diesem Korb ist Essen und Wein.
ANGELOTTI CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI (öffnet das Tor) TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA |
Wo ist sie?
CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI (will sie küssen) TOSCA (mit leisem Vorwurf) CAVARADOSSI (dessen Gedanken noch wandern) |
TOSCA Es ist Vollmond, und der Blütenduft der Nacht berauscht das Herz. Du bist nicht zufrieden?CAVARADOSSI (zerstreut und nachdenklich) Freilich!TOSCA (betroffen von diesem Ton) Sag es noch einmal!CAVARADOSSI Freilich! TOSCA |
die Herzen zu erweichen. Blüht, ihr weiten Fluren, erzittert, dunkle Lüfte, im Dämmerlicht des Mondes, ach, ihr tausend Sterne am Himmelszelt, blickt auf Toscas Liebe herab!CAVARADOSSI Mit deinen Schlingen umgarnst du mich …TOSCA Blickt auf Toscas heiße Liebe herab!CAVARADOSSI Meine Sirene, ich werde kommen! TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA |
CAVARADOSSI Die Magdalena. Gefällt sie dir?TOSCA Sie ist zu schön!CAVARADOSSI (lachend) Ein schönes Lob.TOSCA (argwöhnisch) Du lachst? Diese schmachtenden Augen habe ich schon gesehen. CAVARADOSSI (unbesorgt) TOSCA (versucht sich zu erinnern) CAVARADOSSI TOSCA (stark eifersüchtig) CAVARADOSSI TOSCA |
CAVARADOSSI So laß doch!TOSCA Ah, die Kokotte! Das mir! Das mir!CAVARADOSSI (ernstl) Ich sah sie gestern, aber es war Zufall … Sie kam zum Beten her … hat nicht bemerkt, daß ich sie malte …TOSCA Schwöre! CAVARADOSSI TOSCA (immer noch auf das Bild blickend) CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA (hartnäckig) CAVARADOSSI |
mit deinen schwarzen Augen messen? Sie halten mich gefangen, ob sie Liebe leuchten oder zornig flammen … Welche Augen dieser Welt könnten sich mit deinen schwarzen Augen messen?TOSCA (lehnt verzückt den Kopf an Cavaradossis Schulter) Oh, wie verstehst du dich gut auf die Kunst des Schmeichelns! (Sie beharrt auf ihrer Idee.) Aber male ihre Augen schwarz!CAVARADOSSI Meine eifersüchtige Tosca!TOSCA Ja, ich weiß, ich verursache dir andauernd Leid. CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI |
TOSCA Ja, ich weiß, daß du mir verzeihst wenn du meinen Schmerz siehst! Sprich noch einmal die tröstenden Worte … Noch einmal!CAVARADOSSI Mein Leben, meine Geliebte, immer wieder sage ich dir: „Floria, ich liebe dich!” Ach, Geliebte, immer wieder sage ich dir: „Ich liebe dich!”TOSCA (macht sich los) Gott! Welche Sünde! Du hast mich ganz zerzaust.CAVARADOSSI Nun geh und lasse mich! TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI |
TOSCA (wirft sich in seine Arme und hält das Gesicht zum Kusse hin) Nein, verzeih!CAVARADOSSI (scherzend) Vor der Madonna?TOSCA Sie ist so gut! Aber male ihre Augen schwarz! (Ein Kuß und Tosca läuft hinaus. Cavaradossi lauscht den sich entfernenden Schritten, dann öffnet er vorsichtig die Tür und blickt hinaus. Alles ist in Ordnung. Er eilt in die Kapelle. Angelotti erscheint hinter dem Gitter.)CAVARADOSSI (öffnet Angelotti das Gitter. Natürlich hat Angelotti das vorangegangene Gespräch mit angehört) Gut ist meine Tosca, doch sie glaubt, sie müsse alles ihrem Beichtvater sagen, kann kein Geheimnis wahren. Man sollte vorsichtig sein. ANGELOTTI CAVARADOSSI ANGELOTTI |
in Rom verborgen halten. Meine Schwester …
CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI |
Ich fürchte das Licht!
CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI ANGELOTTI (will fort) CAVARADOSSI (läuft ihm nach) |
Die Kanone des Kastells!
CAVARADOSSI ANGELOTTI CAVARADOSSI (mit plötzlicher Entscheidung) ANGELOTTI CAVARADOSSI MESNER |
CHORSCHÜLER (verwirrt) Wohin?MESNER (schiebt einige der Geistlichen vor sich her) In die Sakristei.EINIGE Aber was ist geschehen?MESNER Ihr wißt es nicht? Bonaparte … der Verbrecher … Bonapar te … ANDERE MESNER CHOR MESNER CHOR MESNER |
und eine dafür neu geschriebene Kantate mit Floria Tosca. Und in den Kirchen loben wir Gott! Nun geht euch anziehen, und keinen Lärm mehr! Fort, ab in die Sakristei!CHOR (lachend und fröhlich rufend) Doppelter Lohn … Te Deum … Gloria! Hoch lebe der König! Wir feiern den Sieg! usw. (Sie lachen und schreien immer lauter, bis eine spöttische Stimme diesen Lärm stillt. Es ist Scarpia. Hinter ihm erscheint Spoletta mit einigen Schergen.)SCARPIA Ein solcher Höllenlärm in der Kirche! Welche Achtung!MESNER (angstvoll stammelnd) Euer Gnaden, der große Jubel … SCARPIA MESNER (voller Angst) SCARPIA (zu Spoletta) |
verfolge jede Spur.
SPOLETTA SCARPIA (zu den anderen Schergen) MESNER SCARPIA MESNER SCARPIA |
Der Gauner hat das Weite gesucht, doch er hat wertvolle Beute hinterlassen, einen Fächer! Ein Komplize muß ihm geholfen haben. (Er überlegt eine Weile, betrachtet dann aufmerksam den Fächer; plötzlich sieht er darauf ein Wappen.) Die Marchesa Attavanti! Ihr Wappen … (Er sieht sich aufmerksam um und untersucht jeden Winkel der Kirche. Er betrachtet das Gerüst, die Malutensilien, das Bild … und erkennt im Gesicht der Heiligen die ihm bekannten Züge der Attavanti.) Ihr Abbild! (zum Mesner) Wer hat das Bild gemalt?MESNER Herr Cavaradossi.SCARPIA Er! (Einer der Schergen bringt den Korb aus der Kapelle, den Cavaradossi Angelotti gegeben hatte.)MESNER Götter! Der Eßkorb! SCARPIA (in seiner Überlegung fortfahrend) MESNER |
SCARPIA Was hast du gesagt? (sieht den Schergen mit dem Korb) Was gibt’s?MESNER (nimmt den Korb) In der Kapelle wurde dieser Korb gefunden.SCARPIA Du kennst ihn?MESNER Natürlich (zögernd und ängstlich) Es ist der Korb des Malers … aber … vielleicht? SCARPIA MESNER SCARPIA MESNER |
Deshalb habe ich den Korb beiseite gestellt. Libera me domine! (Er zeigt, wohin er den Korb gestellt hat, und läßt ihn dort.)SCARPIA (für sich) Alles ist klar … Was der Mesner für sich haben wollte, kam Angelotti dann zustatten. (Erregt tritt Tosca ein.) Tosca? Sie soll mich nicht sehen. (Er versteckt sich hinter der Säule mit dem Weihwasserbecken.) Um einen Eifersüchtigen ins Verderben zu stürzen, nahm Jago ein Taschentuch. Ich habe einen Fächer!TOSCA (läuft zum Gerüst in der Annahme, dort Cavaradossi zu finden, und ist überrascht, weil sie ihn nicht sieht) Mario! Mario!MESNER (der unten am Gerüst steht) Der Maler Cavaradossi? Wer weiß, wo er ist? Verschwunden, fortgeschlichen wie durch Hexerei. (macht sich davon) TOSCA |
Betrügen kann er mich nicht!
SCARPIA TOSCA SCARPIA TOSCA (zerstreut und nachdenklich) |
SCARPIA So fromme Frauen sind selten … Ihr steht auf der Bühne … (mit Betonung) und kommt in die Kirche zu beten.TOSCA (überrascht) Was wollt Ihr?SCARPIA Und macht es nicht wie gewisse dreiste Weiber, (Er zeigt auf das Bild.) die Gesicht und Kleidung der Magdalena haben und hier der Liebe frönen!TOSCA (auffahrend) Was? Der Liebe? Beweise! SCARPIA (zeigt den Fächer) TOSCA (reißt ihn an sich) SCARPIA TOSCA (untersucht den Fächer) |
Hab’ ich es doch geahnt!
SCARPIA (für sich) TOSCA SCARPIA (für sich) TOSCA SCARPIA (für sich) TOSCA SCARPIA (bedeutungsvoll) |
um diese Träne zu trocknen.
TOSCA (ohne auf ihn zu hören) SCARPIA (für sich) TOSCA (besinnt sich) SCARPIA TOSCA |
SCARPIA (zu Spoletta, der hinter der Säule hervortritt) Drei Schergen, ein Wagen … folgt schnell, wohin sie auch geht. Und sieh dich vor!SPOLETTA Verstanden! Und der Bericht?SCARPIA In den Palazzo Farnese! (Spoletta eilt mit den drei Schergen ab.) Geh, Tosca! Dir im Herzen nistet Scarpia … Geh Tosca, und Scarpia läßt den Falken deiner Eifersucht zum Flug sich erheben. Wieviel Versprechen in deinem Verdacht! Dir im Herzen nistet Scarpia … Geh, Tosca! (Scarpia verneigt sich und betet, als der Kardinal vorbeigeht.)CHOR Adjutorum nostrum in nomine Domini qui fecit coelum et terram. Sit nomen Domini benedictum et hoc nunc et usque in saeculum. |
SCARPIA Doppelte Beute soll mir mein Falke bringen, das Haupt des Rebellen ist nicht der große Preis. Ah, wenn sie in meine Arme sinkt, schmachtend vor Liebeslust … Der eine für den Galgen, sie in meine Arme …CHOR Te Deum laudamus! Te Dominum confitemur (Der heilige Gesang hinten in der Kirche weckt Scarpia wie aus einem Traum. Er sammelt sich, macht das Zeichen des Kreuzes.)SCARPIA Tosca, du läßt mich Gott vergessen! (Er kniet nieder und betet andächtig.)CHOR, SCARPIA Te aeternum Patrem omnis terra veneratur. |
HANDLUNG TOSCA AKT II
Scarpias Zimmer im obersten Stockwerk des Palazzo Farnese (Ein gedeckter Tisch. Ein großes Fenster zum Hof des Palastes. Es ist Nacht. Scarpia sitzt am Tisch und ißt; er hält des öfteren inne, um nachzudenken. Er sieht auf die Uhr, wird unruhig und nachdenklich.)SCARPIA Tosca ist ein guter Falke! Sicher bringen mir bald meine Spürhunde die Beute! Morgen bei Tagesanbruch werden dann Angelotti und der schöne Mario am Galgen hängen! (Er läutet; Sciarrone erscheint.) Ist Tosca im Palast?SCIARRONE Ein Kammerherr ist gegangen, sie zu suchen.SCARPIA (zeigt auf das Fenster) Öffne! Es ist schon spät in der Nacht. (Aus dem unteren Stockwerk, wo die Königin von Neapel, Maria Carolina, ein Fest zu Ehren Melas’ gibt, klingt Orchestermusik.) Zu der Kantate fehlt noch die Diva! Und sie kratzen Gavotte. (zu Sciarrone) Du paßt die Tosca am Eingang ab |
und sagst ihr, daß ich sie sprechen will, nach der Kantate … Oder besser … (Er steht auf, um einen Brief zu schreiben.) Du gibst ihr diesen Brief. (Sciarrone geht. Scarpia setzt sich wieder an den Tisch.) Sie kommt bestimmt, aus Liebe zu ihrem Mario! Die Liebe zu ihrem Mario wird sie mir in die Arme treiben. So wird aus großer Liebe noch größeres Leid. Erzwungene Liebe ist schöner als in Liebe schmachten, im bleichen Mondlicht sie zu betrachten, ist nicht mein Geschmack. Gitarre und Blumenhoroskope liegen mir nicht, kann keine verliebten Fischaugen machen oder turteln wie ein Täuberich! Ich begehre. Was ich begehre, muß ich haben, mich daran sättigen und dann wegwerfen auf der Suche nach Neuem. Gott schuf verschiedene Schönheiten und Weine. Ich will voll genießen von der göttlichen Schöpfung! (Er trinkt. Sciarrone tritt ein.)SCIARRONE Spoletta ist gekommen.SCARPIA Er soll kommen. Endlich! (Spoletta tritt ein. Scarpia befragt ihn, ohne die Augen vom Essen zu heben.) Nun, Verehrtester, wie war die Jagd? |
SPOLETTA (für sich) Heiliger Ignaz, steh mir bei! (zu Scarpia) Die Spur der Dame haben wir verfolgt. Wir kamen zu einem einsamen Landhaus, das hinter Büschen versteckt liegt. Sie ging hinein. Doch schnell kam sie allein wieder heraus. Nun kletterte ich schnell auf die Gartenmauer mit meinen Begleitern und drang ins Haus ein …SCARPIA Sehr tüchtig, Spoletta!SPOLETTA Flink … durchsuchten wir … alles!SCARPIA (bemerkt Spolettas Zögern und erhebt sich, blaß vor Zorn mit gefurchter Stirn) Ah! Und Angelotti? SPOLETTA SCARPIA (rasend vor Wut) SPOLETTA |
Da war der Maler …
SCARPIA SPOLETTA SCARPIA (atmet erleichtert auf) SPOLETTA (zeigt zum Vorraum) SCARPIA (zu Spoletta) CAVARADOSSI (würdevoll) SCARPIA (mit gespielter Höflichkeit) |
CAVARADOSSI Ich möchte wissen …SCARPIA (weist auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Tisches) Setzt Euch.CAVARADOSSI (ablehnend) Ich werde stehen.SCARPIA Gut! Ihr wißt, daß ein Gefangener … (Man hört Toscas Stimme, die in der Kantate mitwirkt.) CAVARADOSSI SCARPIA CAVARADOSSI SCARPIA CAVARADOSSI (unerschrocken) |
SCARPIA (fährt unbeirrt fort) … und ihn dann in Eure Villa vor der Stadt geführt.CAVARADOSSI Das leugne ich! Die Beweise?SCARPIA (schmeichlerisch) Ein treuer Untertan …CAVARADOSSI Zur Sache. Wer klagt mich an? Eure Schergen fanden nichts in der Villa. SCARPIA CAVARADOSSI SPOLETTA (beleidigt) CAVARADOSSI SCARPIA (hart) |
Wo ist Angelotti?
CAVARADOSSI SCARPIA CAVARADOSSI SCARPIA CAVARADOSSI SCARPIA CAVARADOSSI (energisch) SCARPIA (listig und wieder ruhig) CAVARADOSSI |
SCARPIA Hütet Euch! Ein letztes Mal: Wo ist er?CAVARADOSSI Ich weiß es nicht!SPOLETTA (beiseite) Er ist reif für die Folter! (Tosca tritt angstvoll ein.)SCARPIA (für sich) Da ist sie! TOSCA CAVARADOSSI (spricht leise) SCARPIA (ernsthaft) SCARPIA |
Seht nicht so ängstlich drein.
TOSCA (mit gespielter Ruhe) SCARPIA TOSCA (mit gespielter Gleichgültigkeit) SCARPIA TOSCA SCARPIA TOSCA SCARPIA TOSCA (gereizt) |
SCARPIA Welch ein Zorn! Ihr habt wohl Angst, etwas auszuplaudern. (zu Sciarrone) Sciarrone, was sagt der Kavalier?SCIARRONE (eilt herbei) Er leugnet!SCARPIA (mit lauter Stimme gegen die Tür) Also dann weiter! (Sciarrone geht wieder hinein und schließt die Tür.)TOSCA (lachend) Ach, das nützt nichts! SCARPIA (ernst, läuft umher) TOSCA SCARPIA TOSCA (überrascht) |
SCARPIA Mit Gewalt erfüllt sich das Gesetz.TOSCA Oh, Gott! Was geschieht, was geschieht …SCARPIA Die Hände und Füße hat Euer Freund gebunden, ein Stacheldiadem um die Schläfen läßt bei jedem Leugnen das Blut hervorspritzen!TOSCA (springt auf) Das ist nicht wahr, es ist nicht wahr! Welch ein teuflisches Grinsen! (Sie hört Cavaradossi laut stöhnen.) Ein Stöhnen? Mitleid … Mitleid … SCARPIA TOSCA SCARPIA (ruft) SCIARRONE (erscheint in der Tür) SCARPIA |
TOSCA Ich will ihn sehen!SCARPIA Nein!TOSCA (nähert sich der Tür) Mario!CAVARADOSSIS STIMME Tosca! TOSCA CAVARADOSSIS STIMME SCARPIA TOSCA (durch Marios Worte ermutigt) SCARPIA TOSCA |
SCARPIA Ihr wollt also reden?TOSCA Nein, nein! Ah! … Ungeheuer … du quälst ihn, du bringst ihn um!SCARPIA Du quälst ihn noch mehr, weil du schweigst.TOSCA Du lachst, du lachst bei all dem Jammer? SCARPIA (bissig) CAVARADOSSIS STIMME SCARPIA CAVARADOSSIS STIMME SCARPIA (zu Tosca) |
TOSCA Was soll ich sagen?SCARPIA Los, auf …TOSCA Ah, ich weiß nichts! Sollte ich lügen?SCARPIA Sagt, wo ist Angelotti? TOSCA SCARPIA TOSCA CAVARADOSSIS STIMME TOSCA |
O Mario, erlaubst du, daß ich rede?
CAVARADOSSIS STIMME TOSCA (flehend) CAVARADOSSIS STIMME SCARPIA TOSCA |
SPOLETTA (murmelt weiter seine Gebete) Nil inultum remanebit! (Scarpia nutzt Toscas Schwäche, tritt an die Tür der Folterkammer und gibt ein Zeichen, von neuem zu beginnen. Cavaradossi stößt einen furchtbaren Schrei aus. Tosca fährt auf und sagt mit erstickter Stimme zu Scarpia:)TOSCA Im Brunnen … im Garten …SCARPIA Dort ist Angelotti?TOSCA Ja! SCARPIA SCIARRONE (der die Tür geöffnet hat) TOSCA (zu Scarpia) SCARPIA |
mit Blut besudelten Cavaradossi erschüttert sie so sehr, daß sie sich die Hand vor die Augen schlägt. Dann schämt sie sich ihrer Schwäche, küßt ihn und weint. Sciarrone, Roberti, der Richter und der Schreiber treten nach hinten ab. Scarpia bedeutet, daß Spoletta und die Schergen bleiben sollen.)CAVARADOSSI (kommt zu sich) Floria!TOSCA (ihn mit Küssen überhäufend) Geliebter!CAVARADOSSI Bist du es? TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA |
SCARPIA (laut zu Spoletta) Im Brunnen … Im Gar ten … Hol ihn, Spoletta! (Spoletta geht ab. Cavaradossi hat es gehört. Er erhebt sich drohend auf Tosca zu, aber seine Kraft versagt, und er fällt zurück auf das Kanapee, äußerst vorwurfsvoll, als er ausruft:)CAVARADOSSI Ah! Du hast mich verraten!TOSCA (flehend) Mario!CAVARADOSSI (stößt Tosca zurück) Verfluchte! TOSCA (flehend) SCIARRONE (rennt angstvoll herein) SCARPIA (überrascht) SCIARRONE SCARPIA |
SCIARRONE Bei Marengo!SCARPIA (ungeduldig) Hölle und Teufel!SCIARRONE Bonaparte hat gesiegt!SCARPIA Und Melas? SCIARRONE CAVARADOSSI TOSCA (versucht verzweifelt, ihn zu beruhigen) CAVARADOSSI |
feiger Henkersknecht! (Tosca klammert sich an Cavaradossi und versucht mit verzweifelten Worten, ihn zu beruhigen, während Scarpia mit einem süffisanten Lächeln antwortet.)SCARPIA Bravo, schrei! Zeige mir deine boshafte Gesinnung! Nur weiter, du richtest dich selbst, der Henker wartet auf dich! (zu den Schergen) Schafft ihn fort! (Sciarrone und die Schergen greifen Cavaradossi und ziehen ihn zur Tür. Tosca macht eine überwältigende Anstrengung ihn zu halten, aber sie stoßen sie brutal zur Seite.)TOSCA Mario, mit dir …SCARPIA Ihr nicht! (Die Tür schließt sich, und Scarpia und Tosca bleiben allein.) TOSCA (seufzend) SCARPIA |
darüber her.) Meine arme Mahlzeit wurde unterbrochen. (Er sieht Tosca niedergeschlagen und regungslos an der Tür.) So niedergeschlagen? Kommt, schöne Dame, setzt Euch hierher. Wenn Ihr wollt, überlegen wir gemeinsam, Tosca, wie wir ihn retten können. (Tosca zuckt zusammen und sieht ihn an. Scarpia lächelt noch immer, setzt sich und bedeutet Tosca, sich ebenfalls zu setzen.) So nehmt doch Platz und laßt uns plaudern. Und inzwischen einen Schluck spanischen Wein. (Er füllt den Becher und reicht ihn Tosca.) Ein Schlückchen zur Stärkung.TOSCA (sieht Scarpia unbewegt an, nähert sich langsam dem Tische und setzt sich entschlossen Scarpia gegenüber, dann fragt sie mit tiefster Verachtung) Wieviel?SCARPIA (gießt sich ungerührt Wein ein) Wieviel? (Er lacht.)TOSCA Der Kaufpreis! SCARPIA |
Diese Stunde habe ich erwartet. Wohl rührte mich manchmal die Liebe der Götter, doch erst, seit ich dich sah, weiß ich, daß keine dir gleich ist! deine Tränen weckten meine Sehnsucht und dein Blick voller Haß, der mich durchbohrte, hat mich vor Begierde rasend gemacht! Geschmeidig wie ein Leopard hast du den Geliebten umarmt. In dem Moment schwor ich mir, daß du mein wirst! Mein! Ja, ich werde dich haben! … (Er nähert sich Tosca mit ausgebreiteten Armen. Sie hat seiner schamlosen Tirade bewegungslos zugehört. Jetzt springt sie auf und rettet sich hinter das Kanapee.)TOSCA (läuft zum Fenster) Ah! Lieber stürze ich mich hinab!SCARPIA (kalt) Als Pfand bleibt mir dein Mario!TOSCA Ah! Elender Schuft! Welch übles Geschäft! (Es fällt ihr ein, die Königin aufzusuchen, und sie läuft zur Tür.) SCARPIA (ironisch) |
wird nur einen Leichnam begnadigen! (Tosca weicht entsetzt zurück, starrt Scarpia an und läßt sich auf das Kanapee fallen; dann wendet sie die Augen von Scarpia mit dem Ausdruck tiefster Verachtung.) Wie du mich haßt!TOSCA Ach, Gott!SCARPIA (sich nähernd) So gerade will ich dich haben!TOSCA (voller Verachtung) Rühre mich nicht an, Ungeheuer, ich hasse dich. Ich hasse dich! Scheusal, Untier! (Sie weicht entsetzt zurück.) SCARPIA TOSCA SCARPIA TOSCA SCARPIA (folgt ihr) |
TOSCA Hilfe! Hilfe! (Entfernter Trommelwirbel kommt langsam näher, entfernt sich dann wieder.)SCARPIA Hörst Du? Es ist die Trommel. Das letzte Geleit geben sie den Hochverrätern. Die Zeit vergeht. (Tosca hat in schrecklicher Angst gelauscht, tritt vom Fenster und läßt sich erschöpft auf dem Kanapee nieder.) Weißt du, welche Arbeit sie dort unten tun? Dort zimmern sie den Galgen. Für deinen Mario bleibt, wie du’s gewollt, nur noch eine Stunde. (Er stützt sich auf eine Ecke des Tisches und fixiert Tosca mit kaltem Blick.)TOSCA Ich lebte für die Kunst, für die Liebe, tat nie einem Menschen etwas zuleide . Offen hatte ich die Hände für die Armen, half ihnen in ihrem Unglück. In tiefem Glauben trat ich immer mit meinen Gebeten an den heiligen Altar, in tiefem Glauben schmückte ich ihn immer mit Blumen. Warum, mein Gott, warum, entlohnst du es mir so in dieser Stunde des Schmerzes? Schmuck gab ich der Madonna ans Gewand, |
schickte meinen Gesang zu den Sternen am Himmel, auf daß sie heller strahlten. Warum, mein Gott, warum entlohnst du es mir so in dieser Stunde des Schmerzes? (Sie kniet vor Scarpia.)TOSCA Sieh, wie ich hier vor dir stehe, bescheiden dich bitte. Nur ein Wort der Gnade erwarte ich von dir …SCARPIA Du bist zu schön, Tosca, und zu reizvoll. Ich gebe nach. Zu einem geringen Preis. Du verlangst von mir sein Leben, ich von dir nur einen Augenblick.TOSCA (mit tiefster Verachtung) Geh, geh, du widerst mich an! (Es klopft an der Tür.) SCARPIA SPOLETTA (tritt keuchend ein) SCARPIA |
SPOLETTA Der Herr Cavaradossi? Es ist alles vorbereitet, Euer Gnaden!TOSCA (für sich) O Gott, steh mir bei!SCARPIA (zu Spoletta) Warte! (zu Tosca) Nun? (Tosca nickt zustimmend mit dem Kopf, weint vor Scham und versteckt ihr Gesicht. Zu Spoletta) Höre …TOSCA (unterbricht ihn sofort) Aber ich will, daß er sofort frei ist … SCARPIA (zu Tosca) TOSCA SCARPIA |
Spoletta, schließ die Tür! (Spoletta schließt die Tür und kehrt dann zu Scarpia zurück.) Ich habe den Befehl geändert. Der Gefangene wird erschossen … (Tosca starrt in panischer Angst.) Paß auf … (Er sieht Spoletta scharf und bedeutsam an, und Spoletta nickt, daß er verstanden hat.) Wie wir es beim Grafen Palmieri machten.SPOLETTA Eine Erschießung …SCARPIA (mit besonderer Betonung) … nur zum Schein! Wie beim Grafen Palmieri! Hast du es richtig verstanden?SPOLETTA Ich habe gut verstanden! SCARPIA TOSCA SCARPIA |
SPOLETTA Ja, wie Palmieri. (Spoletta geht ab. Scarpia bleibt bei der Tür stehen und lauscht Spolettas Schritten. In Mimik und Gestik völlig verändert, nähert er sich Tosca mit großer Leidenschaft.)SCARPIA Ich hielt mein Versprechen …TOSCA (hält ihn zurück) Noch nicht. Ich will einen Geleitbrief, um mit ihm aus dem Land zu fliehen.SCARPIA (galant) Das Weite wollt Ihr suchen? TOSCA SCARPIA TOSCA SCARPIA |
TOSCA Ja! (Während er schreibt, geht Tosca zum Tisch, um mit zitternder Hand das Glas Wein zu nehmen, das Scarpia eingegossen hat; als sie es zu ihren Lippen hebt, sieht sie auf dem Tisch ein spitzes Messer. Sie sieht, daß Scarpia voll in den Brief vertieft ist und sie greift außerordentlich vorsichtig, während sie seine Fragen beantwortet und ihn ununterbrochen beobachtet, nach dem Messer. Sie hat schließlich das Messer fassen können. Sie versteckt es hinter dem Rücken, während sie sich dem Tisch nähert und dabei Scarpia beobachtet. Dieser ist mit dem Schreiben fertig, setzt das Siegel auf den Passierschein und faltet das Blatt. Dann öffnet er die Arme, nähert sich Tosca, um sie an seine Brust zu ziehen.)SCARPIA Tosca, endlich bist du mein! (Seine leidenschaftlichen Worte gehen in einen furchtbaren Schrei über – Tosca hat ihm das Messer in die Brust gestoßen.) Verfluchte!TOSCA Das ist Toscas Kuß! (Scarpia streckt den Arm zu Tosca hin und nähert sich ihr taumelnd und hilfesuchend. Tosca weicht ihm aus, sieht sich aber plötzlich zwischen Scarpia und dem Tisch in die Enge getrieben. Als sie merkt, daß er sie berühren will, stößt sie ihn entsetzt zurück. Scarpia fällt und heult mit im Blute erstickender Stimme.)SCARPIA Hilfe … ich sterbe! Zu Hilfe! Ich sterbe! |
TOSCA (sieht zu, wie er sich hilflos auf dem Boden windet und versucht, sich am Kanapee hochzuziehen) Erstickst du nun im Blute? Eine Frau hat dich getötet. Hast du mich nun genug gequält? Hörst du mich noch? Sprich! Sieh mich an! Ich bin Tosca! O Scarpia!SCARPIA (röchelt und fällt dann tot nach hinten) Hilfe! Zu Hilfe!TOSCA (beugt sich über ihn) Erstickst du nun im Blut? Stirb in Verdammnis! Stirb! Stirb! Stirb! (Sie sieht ihn unbeweglich an.) Er ist tot! Nun vergebe ich ihm! Einst zitterte vor ihm ganz Rom! (Ohne den Blick von der Leiche zu wenden, geht Tosca zum Tisch, legt das Messer hin, nimmt eine Flasche Wasser, befeuchtet eine Serviette und wäscht sich die Hände; dann geht sie zum Spiegel und richtet ihr Haar. Nun sucht sie den Passierschein auf dem Schreibtisch, findet ihn nicht, dreht sich um und bemerkt ihn in der Hand des Toten. Mit einem Schauder nimmt sie ihm das Papier ab und versteckt es am Busen. Sie löscht die Kerzen auf dem Tisch und will fortgehen, zögert jedoch, holt dann die Kerze auf dem Sekretär, entzündet die anderen daran und stellt je eine Kerze rechts und links von Scarpia auf. Sie steht auf, schaut erneut im Zimmer umher und erblickt |
ein Kruzifix, nimmt es von der Wand, verneigt sich andächtig und legt es dem Toten auf die Brust; dann erhebt sie sich und geht vorsichtig hinaus, die Tür hinter sich schließend.) |
HANDLUNG TOSCA AKT III
Auf der Plattform der Engelsburg. (Links eine Kasematte, darin eine Lampe, ein dickes Protokollbuch und Schreibmaterialien; eine Bank, ein Sessel. An der einen Wand der Kasematte ein Kruzifix, davor eine Lampe. Rechts die Öffnung für eine kleine Treppe, über die die Plattform zu erreichen ist. Im Hintergrund der Vatikan und Sankt Peter. Es ist noch Nacht. Allmählich zeigt sich diffus graues Licht, das die Morgendämmerung ankündigt. Die Kirchenglocken läuten zur Frühmesse. Man hört die Stimme eines singenden Hirten mit seiner Herde.) (Orchester)STIMME DES HIRTEN Ach, ihr meine Seufzer, ihr bleibt mir treu in all meiner Sehnsucht. Kein Sturm kann euch vertreiben. Daß sie, der mein Sehnen gilt, mich so verachtet, ist mein Tod. (Orchester) (Ein Gefängniswärter steigt mit einer Laterne die Treppe herauf, geht in die Kasematte, entzündet zuerst die Kerzen an der Wand vor dem Kruzifix, dann |
die Lampe auf dem Tisch, setzt sich und wartet. Später steigt ein Soldatenpikett unter der Führung eines Sergeanten der Wache zur Begleitung von Cavaradossi auf die Plattform. Sie machen halt, der Sergeant führt Cavaradossi in die Kasematte, reicht dem Schließer ein Blatt; dieser prüft es, öffnet das Protokollbuch und fragt, während er schreibt:) (Orchester)SCHLIESSER Mario Cavaradossi? (Cavaradossi nickt. Der Schließer reicht dem Sergeanten die Feder.) Für Sie! (zu Cavaradossi) Euch bleibt eine Stunde. Ein Priester hält sich für Euch bereit.CAVARADOSSI Nein, doch eine letzte Gunst erbitte ich von Euch.SCHLIESSER Wenn ich kann … CAVARADOSSI |
SCHLIESSER (zaudert eine Weile, willigt dann ein und bedeutet Cavaradossi, sich an den Tisch zu setzen. Er selbst setzt sich auf die Bank.) Schreibt!CAVARADOSSI (beginnt zu schreiben, aber nach einigen Zeilen legt er, von Erinnerungen überwältigt, die Feder nieder) Die Sterne leuchteten, die Erde duftete, die Gartentüre knarrte, Schritte kündeten die Königin … Sie war es, die hereintrat, sich mir in die Arme warf … O süße Küsse, schmachtendes Liebkosen, während ich bebend enthüllte die in Schleiern verborgenen Reize ihrer Formen. Für immer ist der Liebesrausch dahin, verflogen ist die Stunde … und ich sterbe in Verzweiflung! Und habe nie zuvor das Leben so geliebt! (Er bricht in Tränen aus. Über die Treppe kommt Spoletta mit dem Sergeanten, gefolgt von Tosca. Spoletta zeigt Tosca, wo sie Cavaradossi findet, dann ruft er den Schließer zu sich; mit ihm und dem Sergeanten steigt er wieder hinab, nicht ohne vorher der im Hintergrund stehenden Schildwache den Befehl gegeben zu haben, den Gefangenen zu überwachen. Tosca sieht Cavaradossi weinen, den Kopf in den Händen. Sie geht zu ihm, hebt seinen Kopf. Cavaradossi springt überrascht auf. Tosca zeigt ihm ein Papier und kann vor Erregung nicht sprechen.) |
(Orchester)
CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA |
Das gottlose Scheusal sprach: „Zum Himmel streckt schon der Galgen die dürren Arme!” Man rührte schon die Trommeln … Es lachte, das gottlose Ungeheuer, lachte, bereit, sich auf die Beute zu stürzen! „Bist du mein?” „Ja.” Seiner lüsternen Begierde versprach ich mich. Dort nahe bei ihm leuchtete eine Klinge … Er schrieb das Blatt, das uns befreit, dann wollte er mich umarmen … Ich stieß ihm jene Klinge ins Herz.CAVARADOSSI Du, mit deiner Hand hast ihn ermordet? Du Fromme, du Gütige, und das für mich?TOSCA Mit Blut habe ich meine Hände besudelt!CAVARADOSSI (nimmt liebevoll Toscas Hände zwischen die seinen) Ihr zarten und reinen Hände, o ihr Hände geschaffen zu Mitleidswerken, zu liebendem Kosen, zu pflücken die Rosen. Zum Beten gefaltet, also seid ihr im Unglück und, der Liebe erstarkt, zu den Waffen der Gerechtigkeit geworden? Ihr gabet Tod, ihr siegreichen Hände, o süße Hände, zart und rein. |
TOSCA (macht ihre Hände los) Höre, die Stunde naht. Gold und Schmuck trage ich hier bei mir, ein Wagen wartet … Doch zuerst … lache, Geliebter … wirst du erschossen zum Schein, mit ungeladenen Waffen. Vorgetäuschte Hinrichtung. Beim Schusse falle; die Soldaten gehen, und wir sind gerettet! Dann nach Civitavecchia, aufs Schiff und fort übers Meer!CAVARADOSSI Frei sind wir!TOSCA Frei sind wir!CAVARADOSSI Fort übers Meer! TOSCA CAVARADOSSI |
dir Freude geben in flammender Glut. Den Himmel leuchten und sich färben sehe ich in deinen Augen, und die Schönheit aller Dinge der Welt gewinnt durch dich Stimme und Farben.TOSCA Die Liebe, die dir das Leben gerettet, sei uns Führer, zu Lande und auf dem nächtlichen Meer, und lieblich läßt er uns die Welt erstehen. Bis wir zu den himmlichen Sphären kommen, werden sich, wie auf dem hohen Meer beim Sonnenuntergang, die Wolken zerstreut haben. (Sie sind gerührt und schweigen. Dann erinnert Tosca sich und sieht beklommen herum.) Sie kommen noch nicht … (Sie wendet sich mit liebender Sorge zu Cavaradossi.) Merke dir … Beim Schuß mußt du sofort fallen …CAVARADOSSI (beruhigt sie) Keine Sorge! Ich werde sofort fallen und sehr natürlich.TOSCA (beharrlich) Aber gib acht, daß du dir nicht weh tust! Ich vom Theater wüßte die Bewegung besser. CAVARADOSSI (zieht sie an sich) |
TOSCA (vom Glück überkommen) Endlich vereint ziehen wir in die Ferne, zeigen der Welt unsere Liebe in allen Farben der Palette …TOSCA und CAVARADOSSI …und allen Farben des Gesanges! (begeistert) Triumph! In neuer Hoffnung flammt unsere Seele, in den wachsenden Strahlen des Himmels, und in harmonischem Flug steigt die Seele zum Paradies der Liebe.TOSCA Die Augen schließe ich dir mit tausend Küssen, und ich sage dir tausend Namen der Liebe. (In der Zwischenzeit ist ein Kommando Soldaten von der Treppe hereingekommen. Der Offizier versammelt sie hinten. Spoletta, der Sergeant und der Schließer treten ein. Spoletta gibt die notwendigen Befehle. Der Himmel erhellt sich, die Morgendämmerung erscheint; eine Glocke läutet vier Uhr. Der Schließer geht zu Cavaradossi, entfernt seine Kappe und nickt zum Offizier hin.)SCHLIESSER Es ist die Stunde! |
CAVARADOSSI Ich bin bereit. (Der Schließer nimmt das Register des Verurteilten und geht zur Treppe hinaus.)TOSCA (mit unterdrücktem Lachen zu Cavaradossi) Vergiß nur nicht, beim ersten Schusse: fallen …CAVARADOSSI (ebenfalls leise lachend) Fallen!TOSCA Stehe nicht auf, bevor ich dich rufe … CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI TOSCA CAVARADOSSI |
TOSCA So recht. (Cavaradossi folgt dem Offizier, nachdem er Tosca gegrüßt hat; diese steht links in der Kasematte, um zu sehen was auf der Plattform geschieht. Sie sieht den Offizier und den Sergeanten, die Cavaradossi mit dem Gesicht zu ihr an die Mauer stellen; der Sergeant will Cavaradossi eine Augenbinde anlegen, dieser lehnt lächelnd ab. Die schaurigen Vorbereitungen lassen Tosca ungeduldig werden.)TOSCA Wie lange das Warten dauert! Warum zögern sie? Die Sonne geht auf. Warum zögern sie, es ist eine Komödie, ich weiß es, doch diese Angst währt ewig! (Der Offizier und der Sergeant stellen die Soldaten auf und erteilen ihnen die entsprechenden Befehle.) Jetzt heben sie die Waffen! Wie schön doch mein Mario ist! (Der Offizier läßt den Säbel sinken, die Soldaten drücken ab und Cavaradossi fällt.) Da! Stirb jetzt! Das ist ein Künstler! (Der Sergeant geht zu dem Gefallenen hin und betrachtet ihn aufmerksam. Spoletta geht ihm nach, ihn hindern, dem Sterbenden den Gnadenschuß zu geben, und bedeckt Cavaradossi mit einem Mantel. Der Offizier läßt die Soldaten abtreten, der Sergeant zieht den Posten im Hintergrund zurück. Dann steigen alle, unter Spolettas Führung, die Treppe hinab. Tosca ist höchst erregt, sie hat diese Manöver beobachtet, besorgt, Cavaradossi könne sich aus Ungeduld zu |
früh bewegen oder sprechen. Mit unterdrückter Stimme sagt sie in Richtung auf Cavaradossi:) O Mario, bewege dich nicht … Sie gehen. Schweig! Sie steigen hinab! (Als sie die Plattform verlassen sieht, geht sie lauschend an die Treppe. Dort bleibt sie ängstlich stehen, da es ihr scheint, als kehrten die Soldaten um. Wieder wendet sie sich leise an Cavaradossi.) Bewege dich noch nicht … (Sie horcht, alle haben sich entfernt. Nun läuft sie rasch zu Cavaradossi.) Auf, Mario! Gehn wir! Mario! Auf! Schnell! (Sie kniet nieder, nimmt schnell den Mantel fort und springt entsetzt auf.) Mario! Mario! Tot! Tot! (schluchzend wirft sie sich auf Cavaradossis Körper) O Mario, tot? Du? Wie? So endet es! So! usw. (Vom Hof unter der Brustwehr und von der engen Treppe kommen die erregten Stimmen Spolettas, Sciarrones und der Soldaten. Sie kommen näher.)STIMMENGEWIRR Scarpia! Erstochen!SCIARONE Ja, erstochen!STIMMENGEWIRR Die Frau ist Tosca! Daß sie nicht flieht! Bewacht jeden Zugang zu der Treppe! (Spoletta und Sciarrone kommen die Treppe heraufgestürzt.) |
SCIARRONE Da ist sie!SPOLETTA (läuft auf Tosca zu) Ah, Tosca, sehr teuer wirst du sein Leben bezahlen! (Tosca springt auf und stößt Spoletta heftig zurück.)TOSCA Mit dem meinen! (Bei dem unerwarteten Stoß taumelt Spoletta zurück. Tosca weicht ihm geschickt aus, läuft zur Brüstung und stürzt sich in die Tiefe, mit dem Ruf:) O Scarpia, auf denn zu Gott! (Sciarrone und einige Soldaten rennen verwirrt zur Brustwehr und sehen nach unten. Spoletta steht blaß und erschüttert da.)Ende der Oper |
Reproduced with express permission from http://www.murashev.com/opera/
Peter Lutz, opera-inside, der online Opernführer zu TOSCA, Die Handlung
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