Leonard Bernstein

LEONARD BERNSTEIN – eine Biographie in Wort und Musik

Hören Sie sich Bernsteins Biografie an und sehen Sie wichtige Szenen aus Bernsteins Leben als Künstler

 

 

Übersicht und Schnellzugriff

Biografie

Biografie (YouTube Video)

 

Künstlerische Höhepunkte

Sensationeller Durchbruch in New York als Dirigent

Der erste Erfolg als Komponist: Fancy free

Kultstatus mit “on the town”

West Side Story – Bernstein macht sich unsterblich

Europareisen und Beginn der Dirigiertätigkeit in Israel

Triumph in der Scala mit Maria Callas

Bernstein als homo politicus, Candide

Der begnadete Kommunikator

Mahler – die erste Gesamtaufnahme mit den New York Philharmonic

Mahler und die Wiener Philharmoniker

Letzte Jahre und Beethovens Neunte in Berlin

Religiosität in Bernsteins Musik

 

Bernsteins Biografie

 

Sensationeller Durchbruch in New York als Dirigent

Nach dem Studium tat sich Bernstein schwer einen für ihn geeigneten Job zu finden und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten unter anderem als Arrangeur von Broadway Stücken durch.

Plötzlich öffnete sich eine Tür als Assistent beim neu ernannten Leiter der New Yorker Philharmoniker. Der frisch eingesetzte Rodzinski ernannte ihn trotz heftigen Widerstands seines Vorstand zum Assistenz Dirigenten, auch wenn dem fünfundzwanzig Jährigen nur in Notfällen ein Einsatz winkte. Zu ungewöhnlich war es zu dieser Zeit, dass ein 25-jähriger Schnösel und dazu auch noch Amerikaner diese Stelle ausfüllen sollte.

Wie auch immer, zum ersten Mal erhielt Bernstein ein nennenswertes Gehalt und erzielte die ersehnte Unabhängigkeit von seinem Vater.

Bernstein begann diesen Routinejob mit Fleiß auszufüllen und befürchtete, dass er die nächsten Jahre als Assistent abseits des Rampenlichts verkümmern würde.

Doch das Schicksal wollte es anders. Am 14. November 1943 war der berühmte Gastdirigent Bruno Walter unpässlich und er sagte am frühen Morgen des Konzerttages ab.

Das Besondere war, dass die Aufführung von CBS landesweit im Radio ausgestrahlt wurde.

Der Einzige, der als Ersatz für den berühmten Walter in Frage kam war Leonard Bernstein. Was nun folgte wurde zur Legende.

Das Konzert war eine regelrechte Sensation. Bernsteins Debüt kam auf die Titelseite der New York Times des nächsten Tages. Selbst die abgebrühten Musiker des New Yorker Philharmonic bereiteten dem Grünschnabel am Schluss eine Standing Ovation und viele der Musiker betrachteten diesen Auftritt später als einen der Höhepunkte ihrer Karrieren.

Konzert vom 14. November 1943 – Ankündigung, Nationalhymne und Manfred (Tschaikowski)

 

Der erste Erfolg als Komponist: Fancy free

Bernstein war als 25-jähriger Komponist kein unbeschriebenes Blatt. Die erste Symphonie, Jeremiah, war 1939 wohlwollend aufgenommen worden, erzeugte aber im Konzertbetrieb keine Resonanz.

Die Wende brachte der Besuch eines Mannes, der ihn für ein Projekt begeisterte. Der Mann war Jerome Robbins. Er war Solotänzer einer Ballett Company und wollte nun sein eigenes Werk inszenieren und suchte einen Komponisten.

Aus der Zusammenarbeit der beiden kongenialen Künstler wurde Fancy free, ein 25-minütiges Ballett-Werk über 3 Seeleute, die am Hafen von New York Landurlaub bekommen, das Bernstein im klassisch-jazzigen Stil vertonte. Das mitreißende Stück wurde in der Metropolitan Opera in der 1944er Saison zu einem großartigen Erfolg.

Fancy free (Ausschnitt)

 

Kultstatus mit “on the town”

Nun beschlossen potente Produzenten viel Geld in die Hand zu nehmen, um das Werk in eine Broadway Produktion umzubauen.

Für die Dialoge kamen Betty Comden und Adolphe Green an Bord. Bernstein wurde in dieser Produktion einer von vielen und etwa ein Viertel der Songs stammten von anderen Komponisten.

Landesweit berühmt wurde die Broadway Adaption,  die nun „on the town“ hieß, als sie mit Gene Kelly und Frank Sinatra in den Hauptrollen verfilmt wurde und rasch Kultstatus errang.

On the town (Ausschnitt)

 

West Side Story – Bernstein macht sich unsterblich

Doch die Komposition, mit der Leonard Bernstein für immer identifiziert werden sollte kam ein paar Jahre später. 4 Große Künstler taten sich 1949 zusammen, um die West Side Story zu kreieren. Wieder war Jerome Robbins an Board, Arthur Laurents schrieb die Story und Stephen Sondheim war für die Verse verantwortlich. Nach einem guten Start verzögerte sich das Projekt immer wieder und wurde 1959, 10 Jahre nach dem Beginn der Arbeiten zur größten Broadway Sensation nach Oklahoma 20 Jahre zuvor. Die elektrisierenden Rhythmen, der jazzige Sound und die Ohrwürmer wie Maria oder America machten den 41-jährigen Bernstein unsterblich.

West Side Story (Ausschnitt)

 

Europareisen und Beginn der Dirigiertätigkeit in Israel

Doch kehren wir zurück in die vierziger Jahre. Die Erfolge als Dirigent und Komponist öffneten Bernstein die Türen zum Ausland und kurz nach Ende des Weltkriegs gab Bernstein in Europa seine ersten Konzerte. Allerdings mit geringer Ausbeute, sein extrovertierter Dirigierstil war dem europäischen Publikum noch zu ungewöhnlich.

Wichtiger war seine erste Reise nach Palästina 1947, wo er mit einem zusammengewürfelten Orchester innerhalb von 60 Tagen sagenhafte 40 Konzerte aufführte und so den Beginn des Israel Philharmonic Orchestra gewissermaßen einläutete.

Schon im Folgejahr kam er zurück und das open-air Konzert für die israelischen Truppen in der Wüstenstadt Be’er Scheva während des arabisch-israelischen Krieges wurde zum Mythos.

Die Beziehung zu diesem Orchester hielt ein Leben lang und Bernstein wurde in Israel später zur lebenden Legende.

Dokumentarfilm: A JOURNEY TO JERUSALEM 1967 mit Leonard Bernstein & Isaac Stern

 

Triumph in der Scala mit Maria Callas

1954 war das Jahr, wo er zum ersten Mal auch in Europa zu einer Berühmtheit wurde.

Leonard Bernstein war gerade auf einer Nordamerika Tournee als er angefragt wurde, an der Mailänder Scala die kurzfristig angesetzte Medea zu dirigieren.

Zuerst war er sprachlos, denn er hatte noch nie eine Oper in einem Opernhaus dirigiert. «Was ist Medea? Und wer ist Cherubini?» fragte das 35-jährige Wunderkind, der noch nie von diesem Werk gehört hatte. Maria Callas hatte der Scala den Amerikaner ans Herz gelegt, da sie kürzlich eine Radioübertragung eines seiner Konzerte gehört hatte. Nur zehn Tage später feierten er und Maria Callas mit diesem Werk einer der größten Operntriumphe der Nachkriegsjahre.

Medea, 1954 – Finale Akt 1 – Callas / Bernstein

 

Bernstein als homo politicus, Candide

Bernstein hatte aus seinen linken politischen Ansichten nie einen Hehl gemacht. Bereits als 21-jähriger hatte er mit Mitstudenten eine vielbeachtete Aufführung von „the cradle will rock“, einer amerikanischen Oper in Brechtschen Stil aufgeführt, das gewerkschaftliche Thesen proklamierte und so die Überwachungs Behörden auf ihn aufmerksam gemacht.

Ihm wurde auch angekreidet, dass er während des Weltkriegs weder als Soldat gedient hatte noch als Truppenunterhalter agierte.

1956 schrieb er Candide. Die literarische Vorlage stammte von Voltaire, der die Institutionen, wie die Kirche oder dem Adel anklagte, die Bevölkerung zu manipulieren. Damit schien er den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben, denn der Vatikan setzte das Werk kurz nach der Veröffentlichung auf den Index.

200 Jahre später war der Adressat der Kritik nicht mehr die Kirche. Bernsteins Candide ist ein Werk, welches unter dem Eindruck der McCarthy Ära der USA der fünfziger Jahre geschrieben wurde. Menschen, die der kommunistischen Umtriebe verdächtigt wurden, wurden vor parlamentarische Untersuchungsausschüsse (z. B. dem Komitee für unamerikanische Umtriebe, dem House Committee on unamerican Activities) gezerrt, verhört und wurden so stigmatisiert. Betroffen waren viele Künstler, die als Folge unter Boykotten und faktischen Berufsverboten litten, weil die Theater bei deren Engagement Angst vor Repressalien hatten.

Beide Hauptautoren der Candide, der Komponist Bernstein und die Librettistin Hellman,  waren persönliche Zielscheiben von heftigen Verfolgungen der Tribunale. Für beide war Candide eine Herzensangelegenheit. Bernstein begleitete die Uraufführung mit einem in der New York Times veröffentlichten Artikel, der Amerikas puritanischen Snobismus, dessen Doppelmoral sowie die inquisitorischen Angriffe auf das Individuum anklagte.

Diese Oper(ette) von Leonard Bernstein ist ein absolutes Juwel. Jedes der Stücke besitzt umwerfendem Humor, Leidenschaft und Musikalität. Es ist Komödie und Gesellschaftskritik zugleich. Zu Berühmtheit hat es die Ouvertüre gebracht und man muss fast schon zu Rossini zurück gehen, um ein Vorspiel zu finden, das so perfekt die Komik der Handlung festhält.

Candide (Ouverture) – Bernstein

 

Der begnadete Kommunikator

1954 wurde Bernstein von CBS beauftragt eine didaktische Einführung zur fünften Sinfonie Beethovens für das Fernseh-Publikum zu produzieren (Omnibus).

Das Publikum und CBS waren begeistert und daraus wurde eine 5-jährige Serie, die ab 1958 von den noch berühmteren Young People‘s Concerts abgelöst wurden. Eine Sendung für Kinder, denen die Musik nähergebracht werden sollte.

Die Serie lockte während sagenhaften 14 Jahren ein Millionenpublikum vor den Fernseher und Bernstein wurde für eine Generation von Amerikanern zu einer Haushaltsmarke.

Omnibus: Bernstein und Beethoven’s fünfte Sinfonie

 

Mahler – die erste Gesamtaufnahme mit den New York Philharmonic

Bernstein betonte mehrfach, dass von allen Komponisten Gustav Mahlers Musik diejenige war, die ihm am meisten am Herzen lag.

Mahler war ein Seelenverwandter Bernsteins, da er sowohl Dirigent und Komponist war und der Glaube ein wichtiges Thema in seinen Kompositionen spielte. Mahlers Musik war zwar nicht jüdisch, doch immer schimmert in Mahlers Musik das Erbe der Synagogenmusik und der Klezmer Musik durch.

Gustav Mahlers Witwe Alma beehrte Bernstein 1960 sogar mit ihrer Präsenz an einer Probe anlässlich des 100. Geburtstages Mahlers.

In den sechziger Jahren unternahm Bernstein als erster Komponist eine Gesamtaufnahme der Mahler Sinfonien und löste ein weltweites Revival des beinahe vergessenen Komponisten aus.

Und als Bernstein anlässlich der Trauerfeierlichkeiten Roberts Kennedys Begräbnis das Adagietto der 5. Sinfonie unendlich langsam und traurig spielen liess, führte dies zu einer Mahler Begeisterung in breiteren Kreisen, die bis in die heutige Zeit anhält.

Mahler 5. Sinfonie (Adagietto) – Bernstein

 

Mahler und die Wiener Philharmoniker

In den siebziger Jahren wendete sich Bernstein Europa zu. Weichgeklopft von den nicht nachlassenden Kritiken Schonbergs und geschmeichelt durch die hohen Gagen in Wien wechselte er seinen künstlerischen Mittelpunkt in die österreichische Hauptstadt. Dort erfuhr er die Wertschätzung, die er in New York vermisste.

Sein größtes künstlerisches Anliegen war es, den Wienern ihren Mahler zurückzubringen. Er konnte es nicht verstehen, dass sie den Komponisten, der zum Wiener geworden war, einfach links liegen lassen konnten.

Bernstein erkannte, dass in Wien noch immer Reste des Antisemitismus in der Luft lagen. Noch gab es Musiker im Orchester, die einst Parteimitglied waren. Bernstein nannte den Trompeter der Philharmoniker, der ein ehemaliges SS-Mitglied war, scherzhaft „meinen Lieblings Nazi“.

Bernstein probt Mahlers 1. Symphonie mit den Wiener

 

Letzte Jahre und Beethovens Neunte in Berlin

In den 80-er Jahren begannen sich gesundheitliche Probleme bemerkbar zu machen.  Sein lebenslang starker Tabak- und Alkoholkonsum forderten nun ihren Tribut.

Als die Berliner Mauer 1989 fiel, war Bernstein zur Stelle. Nur zwei Wochen später führte er mit den Symphonikern des Bayerischen Rundfunks Beethovens 9. Sinfonie in Berlin auf. Er ergänzte das Orchester mit Musiker aus Paris, London, New York und Leningrad, den alliierten Mächten, und sie sangen gemeinsam die Ode an die Freiheit (Bernstein hatte das letzte Wort geändert). Das Konzert wurde zum musikalischen Denkmal dieses historischen Ereignisses.

Zum letzten Mal konnte Bernstein die große Bühne genießen.

Beethoven 9. Sinfonie (4. Satz) – Bernstein

 

 

Religiosität in Bernsteins Musik

Vater Samuel war ein ungemein geschäftstüchtiger Mann und schaffte eine bemerkenswerte Karriere vom besitzlosen Teenager zum selbstständigen, erfolgreichen Unternehmer in Massachusetts. Mit jedem weiteren geschäftlichen Erfolg zog die Familie jeweils in eine bessere Unterkunft um. Dies belastete den sensiblen, kleinen Leonard. Dazu kam, dass die Eltern sich ständig stritten, und Leonard entwickelte sich zu einem scheuen, kränklichen Kind.

Der einzige Lichtblick dieser ersten Jahre waren die Gottesdienste in der Synagoge, wohin der gläubige Vater in regelmässig mitnahm. Dort genoss er den Gesang und das Orgelspiel der Kantoren. Diese Erlebnisse waren so prägend, dass später von keinem anderen bekannten klassischen Komponisten so viele Spuren jüdischer, chassidischer Musik zu hören ist wie von Leonard Bernstein.

In allen seinen 3 Sinfonien thematisiert er den jüdischen Glauben. Er beschäftigte sich mit den Zweifel der Menschen am Glauben, sah aber auch im Glauben den Ort wo sie  letztlich Zuversicht finden konnten.

Bernstein kehrte so in seiner ernsthaften Musik zu seinen Wurzeln zurück, als er als Kind von der Synagogenmusik in den Bann gezogen wurde.

Bernstein war nicht religiös, im Sinne, dass er an einen weisen alten Mann mit Bart glaubte. Mehr war er fasziniert von der Religiosität, und er war  tief überzeugt, dass Musik die einzige Sprache war, die religiöse Gefühle ausdrücken konnte.

Seine Sinfonien handeln von dieser Spiritualität (1. Sinfonie Jeremiah, 2. Sinfonie The Age of Anxiety, 3. Sinfonie Kaddish)

Doch Bernsteins Sinfonien blieben Liebhabermusik, auch wenn gewisse Sätze wie beispielsweise die Partyszene der zweiten Sinfonie, oder der langsame Satz mit Sopranstimme der dritten Sinfonie ein breiteres Publikum begeistern können.

3. Sinfonie Kaddish (Scherzo) – Brugger

 

 

 

 

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