Mit der Hauptrolle des Simon Boccanegra hat Verdi ein grandioses Rollenportrait geschrieben. Die etwas verworrene Handlung bot dem Komponisten Raum für grossartige Szenen. Wie der Macbeth ist der Simon Boccanegra zweifellos ein Meisterwerk, aber trotzdem eine Oper für den Kenner geblieben.
Das bewegende, trostlose «il lacerato spirito» Fiescos
Fiesco tritt mit düsterer Miene aus dem Palast. Seine Tochter ist soeben in den Mauern des Palasts gestorben. Er macht sich Vorwürfe, dass er sie nicht beschützen konnte und verflucht ihren Verführer Boccanegra.
Diese düstere und bewegende Arie von Fiesco wird von Miserere-Einwürfen eines Männerchors und von Klagen des Frauenchors begleitet. Die Orchesterbegleitung ist zurückhaltend instrumentiert, was einen bewegende Effekt erzeugt. Die Arie des noblen und stolzen Fiesco zeigt ihn von seiner verletzlichsten Seite. Schmerzliche Verzweiflung, Blasphemische Ausrufe in forte und ein Gebet an seine Tochter verlangen vom Bass, mit seiner Stimme ein breites Gefühlspektrum und dementsprechend eine breite Farbpalette zu zeigen. Nie darf das Stück zu einer vordergründigen Demonstration der Stimmkraft verkommen.
Nach dem Verklingen dieser Arie füllt sich der Platz mit Menschen, was Verdi dazu geschickt dazu nutzte, die Arie mit einem langen Epilog ausklingen zu lassen, was die Trostlosigkeit des Augenblicks dramatisch verstärkt.
Wir hören die Szene in der TV-Produktion der Abbado/Strehler Inszenierung der Scala.
A te l’estremo … Il lacerato spirito (1) – Ghiaurov
Amelias großer Auftritt
Verdi schrieb für den ersten Auftritt Amelias eine schöne, nachdenkliche Arie mit Flötengesang begleitet.
Mirella Freni, die Amelia der Abbado Aufnahme brillierte in dieser Rolle. Ihr leuchtender, sinnlicher Sopran, der sich wie «Goldregen über die Zuhörer ergießt» passt hervorragend zu dieser Rolle, welche im Gegensatz zu vielen anderen Verdi-Heroinen nicht im dramatischen Spinto-Fach angesiedelt ist, sondern einen lyrischen Sopran verlangt.
Come in quest’ora bruna – Freni
Die große Ratssaalszene
Im Ratssaal von Genua. Der Rat beratschlagt die Politik gegenüber dem Rivalen aus Venedig. Simon schlägt ein Bund mit den Venezier vor, er will kein Bruderkampf. Doch Paolo und die Plebejer wollen Krieg. Der Doge wendet sich mit einer großen Rede an die rivalisierenden Parteien, Einigkeit zu bewahren.
Verdi wollte diese Szene mit der Überarbeitung von 1881 ausbauen und fügte an dieser Stelle ein sogenanntes «pezzo concertato» ein, einem Ensemble von Chor und Solisten. Er leitet es durch den großen Monolog «Plebe! Patrizi! Popolo» von Boccanegra ein.
Plebe! Patrizi! Popolo – Cappuccilli
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