In der Kunst werden gelegentlich erbitterte Kämpfe ausgeführt. Manchmal liegen die Ursache in künstlerischen Differenzen der Opponenten, die in heftigen Anfeindungen enden. Doch allzu oft geht es um menschliche Regungen wie Kränkungen, Geld oder Geltungsbedürfnis. Erfahren Sie mehr über zwei Dutzend der berühmtesten Auseinandersetzungen in Oper und Klassik.
1. KÜNSTLERISCHE DIFFERENZEN
Das Mächtige Häuflein vs Peter Tschaikowsky
Traditionalisten vs westlich orientierte Akademiker
In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts formierte sich in Russland eine Gruppe von Musikern, die für die traditionelle russische Musik einstanden. Eine Musik, die sich an den überlieferten russischen Volksmusik orientierte und nicht nur an der westlich geprägten klassischen Musik. Sie alle waren Musiker im «Nebenamt» komponierten, die hauptberuflich einem zivilen Beruf nachgingen. Sie wollten sich damit die originale Kreativität bewahren, die nicht durch westliche Formalismen zugeschüttet werden sollte.
Diese Anliegen standen im Gegensatz zur westlich orientierten «Elite», die im Konservatorium ausgebildet die Kunstmusik im Auge hatten. Für diese Gruppe standen vor allem Peter Tschaikowsky und der Leiter des Moskauer Konservatoriums, Anton Rubinstein.
Die Traditionalisten orientierten sich an russischen Volksliedern und an deren schwebenden Harmonien, die sich teilweise der diatonalen westlichen Musik entzog. Dies erzeugte für westliche Ohren eine gewisse Exotik.
Tschaikowski kritisierte die fünf, die zwar alle talentierte Musiker seien, aber aufgrund ihrer mangelnden formalen Ausbildung nicht in der Lage seien ihre musikalischen Gedanken adäquat aufs Notenblatt zu bringen. Davon nahm er einzig Rimsky-Korsakov aus, der später seinen Fehler einsehend, die formale Ausbildung nachholte.
Das mächtige Häuflein, wie sich die Gruppe nannte, stand unter der Leitung von Balakirev, der der Ideologischte von allen war.
Das mächtige Häuflein:
Anton Bruckner vs Johannes Brahms
Neudeutsche vs Traditionalisten
Bruckner galt zu Beginn seiner Wienerzeit als geachteter Kirchenmusiker und Organist, das Unwetter aber zog in Wien auf, als er seine 3. Sinfonie seinem «Musikgott» Richard Wagner widmete. Fortan zog er, als «Wagnerianer» gegeisselt, die beissende Kritik des einflussreichen Kritikers Eduard Hanslick auf sich und geriet mitten in den grössten kulturhistorischen Konflikt des 19. Jahrhunderts, den erbitterten Streit zwischen den «Traditionalisten» um Brahms und den «Neudeutschen» um Liszt und Wagner. Im Einklang mit Hanslick äusserte sich auch Brahms öfters negativ über die Musik Bruckners, doch dieser blieb stets höflich.
Sie treffen sich in einer Taverne
Eines Tages sassen Bruckner und Brahms sogar in ihrem Lieblingsbeisl (dem roten Igel) zusammen, doch eine Annäherung fand nicht statt. Lediglich beim Bestellen des Essens bemerkten sie, dass sie dasselbe Leibgericht hatten, «Geselchtes mit Knödel» (siehe Bild unten).
Zum roten Igel (steht heute nicht mehr):
Geselchtes mit Knödel:
Sergej Rachmaninov vs Alexander Skrjabin
Das Thema der Tonalität
Aus Wikipedia: 1910 begann sich die russische Musikszene zu spalten. Eine Gruppe um den Komponisten Alexander Skrjabin propagierte neue Wege der Tonalität und darüber hinaus. Rachmaninow konnte dem nichts abgewinnen. Auch unter den Musikkritikern verhärteten sich die Fronten. Dass Rachmaninow zeitlebens an der Tradition eines tonalen Kompositionsstils festgehalten hat, ist ihm oft vorgehalten worden. Viele bezeichneten ihn als den „letzten Romantiker“.
Frühere Klassenkameraden
Rachmaninow und Alexander Skrjabin, beide fast gleich alt, kannten sich schon aus der Konservatoriumszeit. Sie waren zwar keine guten Freunde, aber auch nicht miteinander verfeindet. Mit den Neuerungen in Sachen Tonalität wurden sie allerdings zunehmend zu Konkurrenten. Gegenseitige Provokationen blieben nicht aus. So soll sich Skrjabin vor einer gemeinsamen Aufführung seines eigenen Klavierkonzertes mutwillig betrunken haben, um zu überprüfen, wie es um Rachmaninows Dirigierfähigkeiten bestellt sei, wenn Skrjabin nicht mehr korrekt Klavier spielen konnte und sogar Passagen vergaß. Umgekehrt machte Rachmaninow sich über Skrjabins moderne Musikauffassung lustig. Während einer Verlagsbesprechung stieß er auf die noch unveröffentlichte Partitur des Prometheus (in dem Orchesterwerk ist unter anderem ein von Skrjabin erfundenes Farbenklavier vorgesehen), setzte sich mit den Noten sogleich an den Flügel und begann zu spielen, hielt unvermittelt inne und fragte den anwesenden Skrjabin spitz, was das denn jetzt für eine Farbe an dieser Stelle sei. Skrjabin fühlte sich nicht verstanden und reagierte äußerst gereizt.
Gleichwohl zeigte sich Rachmaninow über Skrjabins frühen Tod 1915 tief betroffen und spielte eine ganze Tournee mit Skrjabins Werken. Bei seiner Interpretation von Skrjabins Klavierstücken kamen aber sogar Nicht-Anhänger des Skrjabin-Lagers ins Grübeln.
Sergej Rachmaninov:
Alexander Skrjabin:
2. EIFERSUCHT UND NEID
Hector Berlioz vs Gaetano Donizetti
1835 hatte Donizetti Paris zum ersten Mal auf Einladung von Rossini besucht, und seine Werke erfreuten sich wachsender Beliebtheit. Sein erster großer Höhepunkt in der französischen Hauptstadt war sein Triumph mit der französischen Version der «Lucia de Lammermoor» 1837. Darauf nahm Donizetti die Stadt im Sturm. Begann er seine Pariser Karriere im Théâtre des Italiens, so weitete er nach 1837 seine Aktivitäten auf die Grand Opéra und das Théâtre de la Renaissance aus.
Mit der «Fille du régiment» nahm er die vierte und letzte Bastion der Pariser Opern-Szene, die Opéra Comique. Das führte dazu, dass Donizetti 1840/1841 in allen vier Opernhäusern der Stadt Opernprojekte verwirklichen konnte! Hector Berlioz schrieb eifersüchtig in einer Zeitung: «Herr Donizetti scheint uns wie ein erobertes Land behandeln zu wollen, es ist ein echter Invasionskrieg. Wir werden nicht mehr von den lyrischen Theatern von Paris sprechen können, sondern von den Theatern Donizettis!»
Berlioz:
Donizetti:
Richard Wagner vs Franz Liszt
Wagners versuchte den berühmten Pianisten und Schwiegervater Franz Liszt mit Konzerten und Anlässen für die Festspiele einzuspannen, dem Liszt gelegentlich nachkam. Bei den Besuchen von Liszt in Bayreuth war Wagner immer missmutig, vermutlich weil er eifersüchtig auf die Popularität Liszt war. Wagner sprach öfters schlecht über Liszts Musik, hatte aber mehrmals in seinen Werken Ideen «geklaut» beispielsweise im Parsifal (Verwandlungsmusik). 1883.
Liszt:
Wagner:
Richard Wagner vs Giacomo Meyerbeer
3.
Wagners Lebenstraum in Paris zu reüssieren
Wagners Lebenstraum war es in Paris Erfolg zu haben, es war geradezu obsessiv, wie er die Anerkennung in der europäischen Hauptstadt der Oper suchte. Nicht weniger als zehn Mal hielt er sich längere Zeit in Paris auf. Dort traf er auf Giacomo Meyerbeer. Der Name Meyerbeer ist heute nur noch Eingeweihten der Opernkunst bekannt. Dabei war er während zweier Jahrzehnte der Dominator der «Grand Opéra» in Paris, der wichtigsten Oper der damaligen Welt. Sein Werk «Robert le diable» (1831) gehörte zu den Begründern der Grand Opéra, die 5-aktige Opern mit gigantischem Aufwand inszenierte. Alle großen Komponisten komponierten darauf für den Salle Pelletier (1873 abgebrannt).
Der gebürtige Deutsche kam 1824 33-jährig nach Paris und schrieb in Zusammenarbeit mit dem Librettisten Eugène Scribe 4 Werke für die Opéra (dazu kommen «L’africaine», «Les Huguenots», «Le prophète»). In der zweiten Lebenshälfte teilte er seine Zeit zwischen Berlin und Paris auf.
Zielscheibe von Richard Wagners Frust
Bekannt ist Meyerbeer heutzutage hauptsächlich wegen Richard Wagner, der in Paris erfolglos seine Oper «Rienzi» an der Opéra zu platzieren versuchte und sich an Meyerbeer wandte. Dieser legte (ohne Erfolg) ein gutes Wort für Wagner ein und unterstützte ihn großzügig finanziell. Wagner dankte es ihm mit übler Verleumdung und Antisemitismus in seinen diversen Schriften.
3. ZICKENKRIEG UND HAHNENKAMPF
Luisa Tetrazzini vs Nellie Melba
Zickenkrieg
Luisa Tetrazzini war einer der grossen Stars der Opernwelt des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts. Sie war eine begnadete Koloratur Sopranistin und die grosse Rivalin von Nellie Melba. 1907 sang sie in Covent Garden ein überraschendes Debut, das ihre australische Rivalin auf dem falschen Fuss erwischte. Nellie Melba verhöhnte darauf auf einer Party ihre vollschlanke Rivalin in dem sie sich auf alle Vieren stellte und zeigte, wie das Pferd in «Les Huguenots» kämpfen musste, um Luisa Tetrazzini zu tragen.
Tetrazzini meinte trocken dazu: «Die einen haben die Figur, die andern die Stimme.» Hören Sie unten im Exkurs eine Hörprobe der Stimme von Luisa Tetrazzini.
Maria Callas vs Renata Tebaldi
Kampf um das Königinnenreich der Scala
1950 hatte Maria Callas zum ersten Mal in der Scala gesungen und sie wurde in den fünfziger Jahren die «Primadonna assoluta» der Scala.
Diese Position musste sie sich aber erkämpfen. Als sie an die Scala kam, besetzte Renata Tebaldi diese Position, inthronisiert als “Engelstimme” bei der Neueröffnung der Scala 1946 durch Toscanini . Was danach kam war nicht nur ein künstlerischer Wettstreit, sondern auch ein persönliche Animosität. Tebaldi bestach mit ihrer Engelsstimme, die Callas mit ihrem dramatischen Ausdruck und stupenden Technik. Die Claques der beiden Sängerinnen taten das ihrige um die Rivalität zu befeuern.
In einem Schlagabtausch verglich Callas ihre Stimme mit deren Tebaldis wie Champagner im Vergleich zu Coca Cola, worauf Tebaldi konterte, sie habe etwas, was die Callas bestimmt nicht besässe– nämlich Herz.
Irgendwann gewann die Callas die Überhand und Tebaldi fokussierte sich auf die Met und so bekamen beide Sängerinnen ihre Königinnen-Reich.
4. KRÄNKUNGEN
Richard Strauss vs Cosima Wagner
Strauss’ erster Besuch in Bayreuth als 17-Jähriger
Strauss Vater nahm seinen Sohn 1882 als Belohnung für das bestandene Abitur nach Bayreuth zu einer Parsifal-Aufführung mit, dort lernte Richard auch den Meister persönlich kennen.
Strauss wurde in der Folge ein glühender Wagner Anhänger. Er freundete sich mit Cosima an und wurde 1889 Assistenz-Dirigent von Hans von Bülow.
Cosima sieht Strauss als zukünftiger Schwiegersohn
Cosima erkannte Strauss’ Potenzial und wollte ihn sogar mit ihrer Tochter Eva verkuppeln und 1894 durfte er die Tannhäuser-Premiere in Bayreuth dirigieren (mit seiner späteren Frau Pauline als Eva).
Das einst freundschaftliche Verhältnis zwischen Cosima Wagner kühlte sich mit Strauss’ Oper “Salome” ab, über dessen Musikstil Cosima gar nicht erbaut war («eine Oper über ein Judenmädchen»). Später vertrugen sich die beiden wieder und Strauss sprang 1933 im «Parsifal» als Dirigent ein, als Toscanini Bayreuth wutentbrannt verließ.
Cosima Wagner:
Richard Strauss:
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5. MORALVORSTELLUNGEN
Franz Liszt vs Richard Wagner
Liszts Beziehung zu Wagner datiert aus den späten vierziger Jahren, wo Liszt mit Aufführungen und finanziellen Beiträgen begann Wagner zu fördern. Das Verhältnis zu ihm war freundschaftlich, wurde aber mit der ausserehelichen Beziehung seiner Tochter zu Wagner sehr belastet. Dem gläubigen Liszt war dies ein Dorn im Auge (was für ihn persönlich aber nie ein Hinderungsgrund war…).
Liszt:
Wagner:
6. KAMPF GEGEN FUNKTIONÄRE, MISSGÜNSTIGE UND BEHÖRDEN
Richard Strauss vs Stadt München
Erst Strauss zwölfte Oper wurde in seiner Heimatstadt München uraufgeführt. Strauss war gekränkt, dass er bei der Vergabe des Amts des Generalmusikdirektors übergangen wurde. Er schrieb sogar mit der Feuersnot eine Abrechnung mit seiner Heimatstadt und beschreibt mit der Parabel die Scheinmoral der Münchner Bürger . Erst als sein Freund Clemens Krauss (Vermutlich durch Vermittlung durch Hitler) die Leitung der Münchner Oper übernahm fanden dort zwei Uraufführungen statt (Friedenstag 1938, und Capriccio 1942).
Franz Liszt vs Stadt Weimar
Von 1842 bis zu seinem Tod 1886 war Weimar sein zeitweiliger und teilweiser Lebensmittelpunkt. Die Verbindung zu Weimar begann 1841 mit einem Konzert, bei der die musikbegeisterte Fürstin Anna Pawlowa Liszt für eine ausserordentliche Kapellmeisterstelle am Hoftheater gewinnen konnte.
Liszt machte mit seiner Frau Carolyn von Sayn-Wittgenstein die Altenburg während 12 Jahren zu einem kulturellen Treffpunkt mit europäischer Ausstrahlung. Immer wieder fanden sich Berühmtheiten in seinem Salon ein, der zum Zentrum der Neudeutschen wurde (mit den anfänglichen Liszt und Wagner). Liszt hielt es lange im kleinen Weimar aus und folgendes Bonmot machte die Runde: «Alt-Weimar ist eine grosse Stadt, die 13.000 Einwohner hat. Neu-Weimar ist eine kleine Gemeinde, aber sie hat 13.000 Feinde».
Altenburg in Weimar:
Dmitri Schostakowitsch vs Josef Stalin
Stalin besucht eine Aufführung
Zwei Jahre nach der Uraufführung der Oper “Lady Macbeth in Zmensk” besuchte Stalin gemeinsam mit Molotow, die Aufführung der Oper im Bolschoi-Theater. Stalin saß, hinter einem Vorhang verborgen, in der Regierungsloge, rechts über dem Orchestergraben. Die Loge war mit Stahlplatten abgeschirmt, um mögliche Attentate zu verhindern. Die verstärkten Blechbläser trompeteten ihm direkt in die Ohren. Schostakowitsch, der ebenfalls anwesend war, beklagte sich später, das „Schaschliktemperament“ sei mit dem ungarischen Dirigenten durchgegangen, und das Orchester habe viel zu viel des Guten gegeben, besonders im Zwischenspiel am Ende des ersten Aktes, in dem ein Koitus illustriert wird. Es wird behauptet, dass sich Stalin während der Oper wortlos erhob und das Theater verließ, ohne Schostakowitsch in seiner Loge empfangen zu haben. Diese Reaktion kam im damaligen Klima der permanenten Angst, in Ungnade zu fallen, fast einer Hinrichtung gleich. „Das ist albernes Zeug, keine Musik“, sagte Stalin zum Musikkorrespondenten der Iswestija (Quelle: Wikipedia).
Die Furcht verliess Schostakowitsch nicht mehr
Am 28. Januar brachte die Prawda einen wahrscheinlich von Stalin selbst geschriebenen, nicht signierten (das heißt, von der Partei abgesegneten) Artikel „Chaos statt Musik“ über die Oper heraus, in dem das Werk als Ausdruck „linksradikaler Zügellosigkeit“ und „kleinbürgerlichen Neuerertums“ gegeißelt und mit dem „Formalismus“-Vorwurf verdammt wurde. Dies war aufgrund der Signalwirkung katastrophal. Alle Aufführungen wurden gestoppt; Schostakowitsch erfuhr davon auf einer Konzertreise im Norden. Die nächsten Monate schlief Schostakowitsch mit einem kleinen Koffer unter dem Bett, in seinen Kleidern, stets gewärtig, wie damals üblich des Nachts von der Geheimpolizei NKWD abgeholt zu werden. Dann befielen ihn Depressionen und Suizidgedanken, die ihn in unregelmäßigen Abständen für Jahrzehnte begleiten sollten. Er wurde mehrfach in die bereits zum damaligen Zeitpunkt berüchtigte Geheimdienstzentrale Lubjanka vorgeladen, zu sogenannten „Volksfeinden“ befragt und eingeschüchtert. „Das Warten auf die Exekution ist eines der Themen, die mich mein Leben lang gemartert haben, viele Seiten meiner Musik sprechen davon.“ (Schostakovitch). (Quelle: Wikipedia)
Bedrich Smetana vs Stadt Prag
1860 wurde die «verkaufte Braut» mit gutem Erfolg am Prager Interimstheater, dem Vorläufer des Nationaltheaters, aufgeführt, wo Smetana den Kapellmeisterposten innehatte. Eigentlich wollte er Leiter des Theaters werden, aber weil er Anhänger der Neudeutschen um Liszt und Wagner war, wurde ihm das verwehrt. Diese Fehde zog sich während seiner Amtszeit mit vielen Intrigen und Streitigkeiten hin, was Smetanas Gesundheit ruinierte. Ein Tinnitus (nach seiner Aussage ein As-Dur-Sextakkord) machte sich bemerkbar und 1873 war Smetana völlig ertaubt und er zog sich von seinem Amt zurück.
7. SIEGER UND VERLIERER
Franz Liszt vs Sigismund Thalberg
In Paris ereignete sich das berühmte Pianisten Duell Liszts mit dem andern «Klavier-Gott» Sigismund Thalberg. In einem legendären «Showdown» im Pariser Salon der Prinzessin Belgiojoso in der rue d’anjou 23 (existiert heute nicht mehr) fällte diese das Urteil: «Thalberg est le premier pianiste du monde, Liszt, lui, est le seul» (Thalberg ist der erste Pianist der Welt, Liszt ist der einzige).
Thalberg:
Liszt:
Gilbert Duprez vs Adolphe Nourrit
Der tragische napolitanische Fenstersturz:
In einem Haus in Neapel, dem einstigen Palazzo Barbaja, ereignete sich am 8. März 1839 ein Paukenschlag der Operngeschichte: der berühmte französische Tenor Adolphe Nourrit stürzte sich aus dem Fenster in den Tod. Er war nach Neapel gekommen, um die Hauptrolle in Donizettis neuer Oper «Poliuto» zu singen, vertrieben vom neuen Star am Himmel der Oper von Paris dem Tenor Gilbert Duprez. Duprez war der erste Tenor, der ein hohes C aus der Brust gesungen hat und die Rolle des Heldentenors neu definiert. Nourrit, der das hohe C aus dem Falsett sang, litt schwer darunter, dass er in Paris passé war und versuchte in Neapel seine Stimme neu auszurichten. Doch der Versuch misslang und er ruinierte seine Stimme, möglicherweise auch wegen seines exzessiven Alkoholkonsums. Als die neapolitanische Zensur den «Poliuto» verbot, entschwand Nourrits Hoffnung auf ein Comeback. Donizetti reiste erzürnt ab und brachte den «Poliuto» in Paris auf die Bühne, mit … Duprez in der Hauptrolle. Das alles war zuviel für Nourrit und er machte im Palazzo Barbaja, in der belebten Via Toledo, mit einem Sprung aus dem Fenster Schluss.
Adolphe Nourrit:
8. IDEENKLAU
Giacomo Puccini vs Ruggero Leoncavallo
Zuerst waren sie Freunde
Das kleine Tessiner Dorf Vacallo bei Chiasso hatte 1892 die Ehre zwei Grosse der Opernmusik zu beherbergen. Puccini begab sich zwischen 1886 und 1892 mehrere Male in die Sommerfrische dieses Dorfes und mietete ein Haus. Schräg gegenüber, in Sichtweite befand sich Ruggiero Leoncavallo an der Arbeit im Hotel der heutigen «Osteria del Teatro». Beide hängten Plakate als Zeichen ihrer Präsenz aus dem Fenster, Leoncavallo einen Clown als Zeichen des soeben von Toscanini uraufgeführten «Pagliacci» und Puccini eine Faust als Zeichen von Manon (Faust = italienisch «Manone»), da er an der Arbeit von «Manon Lescaut» war, Leoncavallo schrieb sogar ein paar Verse für seinen Kollegen.
Puccini klaute Leoncavallo die Idee zu “La Bohème”
Möglicherweise ist Puccini von seinem Komponistenkollegen Ruggiero Leoncavallo zum ersten Mal 1893 auf Murgers «Scènes de la vie de bohème» aufmerksam gemacht worden. Als Puccini ihm ein paar Monate später beiläufig erzählte, dass er an der Vertonung der «Bohème» sei, erboste dieser sich heftig durch die Konkurrenz, die ihm erwuchs. Bald darauf konnte man in den Zeitungen über die Rivalität der beiden Komponisten lesen, hinter der auch die zwei konkurrierenden Verleger Ricordi und Sonzogno steckten. Am Schluss gewann Puccini mit 2:0 gegen seinen Kollegen, weil er erstens das erfolgreichere Werk schrieb und zweitens es ein Jahr früher herausbrachte.
Leoncavallo:
Puccini:
KÜNSTLER VS KRITIKER
Richard Wagner vs Eduard Hanslick
Wagners Lesung der “Meistersinger”
Die Handlung dieses Werkes ist der Sängerwettstreit der Meistersinger, bei dem der Sieger die schöne Tochter des Meistersängers Veit Pogner erhält. Der biedere, alternde Merker (dessen Aufgabe es ist, die Sangesfehler zu zählen) Sixtus Beckmesser bewirbt sich, macht sich aber anschließend zum Gespött. Wagner nannte die Figur des Beckmesser ursprünglich “Hans Lick” oder “Veit Hanslich”, in Anspielung auf den gefürchteten Wiener Musikkritiker Hanslick. Dieser war in seinen frühen Jahren mit Wagner befreundet gewesen und schrieb 1845 als einer der ersten eine freundliche Rezension des frisch erschienenen “Tannhäuser”. Er gewann das Vertrauen des Komponisten und hatte noch im selben Jahr Einblick in die ersten Skizzen zu den “Meistersingern”.
In der Folge wandte er sich von Wagners Musik ab und schrieb bittere Worte über den “Lohengrin” (“Armut des musikalischen Gedankens”) oder den “Tristan” (“die systematisierte Nicht-Musik”). Böswillig lud Wagner den Kritiker 1862 zur Lesung in Wien ein, als er im kleinen Kreis erstmals den kompletten Text der “Meistersinger” vortrug. Hanslick verstand die Anspielung (die Figur hieß dort noch Hans Lick) und wurde später als Wortführer der Konservativen um Brahms ein mächtiger Widersacher gegen die Neudeutschen um Wagner.
Eduard Hanslick:
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