Lucia_di_Lammermoor_Donizetti_3_immortal_pieces_of_opera_music

Lucia di Lammermoor ist die Liebesoper der Bel Canto Ära und machte Donizetti unsterblich. Mit der Wahnsinnsszene und dem Sextett hat er eine Generation von Komponisten beeinflusst und neben Rossinis «Barbiere di Siviglia» und Bellinis «Norma» das größte Monument dieser Periode geschaffen.

 

Regnava nel silenzio…Quando rapito in estasi – zwei berühmte Arien

Lucia singt die Legende des Brunnens. Diese berühmte Arie zeigt Lucia als verträumte und nachdenkliche Frau. Die Gesangslinien sind lyrisch, aber trotzdem brillant in ihren Verzierungen. Streicher und Bläser setzen im Piano ein und die schweren Blechbläser verbreiten eine düstere Stimmung. Nach zwei Takten setzt die Klarinette mit einer arpeggierten Figur ein. Diese andauernd wiederholte Figur verstärkt die nocturne-artige Stimmung und die Sopran-Stimme setzt im piano über den arpeggierten Figuren ein. Diese Anordnung ermöglicht es der Sängerin, die Melodie des «Regnava nel silenzio» ausdrucksvoll zu gestalten. Besonders bemerkenswert sind drei Triller bei «si pria limpida». Mit der anschliessenden Cabaletta «Quando rapito in estasi» hellt sich die Stimmung von Lucia auf. Die Erregung über die baldige Ankunft Edgardos komponierte Donizetti mit großen Ton-Sprüngen aus, welche die Sängerin vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Donizetti schreibt auch in dieser Arie bemerkenswerte Rubati. Beispielsweise steht die Zeit im «Il ciel per me» beinahe still, und geht dann gleich wieder ins Grundtempo mit «Si schiuda il ciel per me» über. Bemerkenswert ist auch der Triller in der Mitte der Arie, der sich über zwei Takte erstreckt. Dieser erste Teil wird nochmals wiederholt. Für den Schluss wählte Donizetti eine kunstvolle Wendung: das zweitletzte «Ciel» endet auf einem C, und mit einer schönen Figur wiederholt er noch einmal «Si schiuda il ciel», welches auf einem spektakulären D endet.
Maria Callas hat mit der Rolle der Lucia Bühnengeschichte geschrieben. Der berühmte Produzent Walter Legge wollte mit dem Ensemble der Scala und Serafin neue Aufnahme-Maßstäbe setzen, und wählte unter anderem die «Lucia di Lammermoor». Kesting («Die großen Stimmen»): «Die Aufnahme von Lucia war noch nicht abgeschlossen, als Legge die letzten drei Minuten von Akt II auf einem Bandschnipsel an Karajan schickte. Der entschloss sich sogleich, das Werk selbst zu inszenieren, und mit der Aufführung reiste er alsbald nach Berlin und Wien. Callas als Lucia sorgte in beiden Opernhäusern für ein Pandämonium, und es war nicht zuletzt dieser Erfolg, der Wien bestimmte, Herbert von Karajan zum Nachfolger des ausgeschiedenen Karl Böhm an der Staatsoper zu ernennen.»

Hören Sie Maria Callas in einer großartigen und eindringlichen Interpretation dieser Arie in dieser Aufnahme unter der Leitung von Tullio Serafin.

Regnava nel silenzio…Quando rapito in estasi – Callas/Serafin

 

 

Das berühmte Quartett «Chi mi frena a tal momento»

Literaturliebhaber kennen vielleicht die Stelle von Flauberts «Madame Bovary» in der Emma Bovary mit ihrem langweiligen Mann die Oper von Rouen besuchen und der Schriftsteller mit den Gedanken seiner Protagonisten über das Sextett schreibt. In einem Zeitlupenmoment (sogenanntes «Concertato») singen die Hauptdarsteller in diesem Sextett ihren Schmerz, Wut und Verwirrung von der Seele. Musikalisch hat Donizetti diesen Moment interessant gelöst. Das Sextett beginnt im harmonischen Gesang der beiden Erzfeinde. Das ganze Sextett ist in Dur gehalten, es ist die Ruhe vor dem Sturm. Zu dieser berühmten Stelle meinte Giacomo Puccini, dass in einer Beziehung die Italiener die deutschen Komponisten übertreffen, nämlich in der Fähigkeit, unendliche Traurigkeit in der Dur-Tonart auszudrücken.

In der Operngeschichte ist die Bedeutung dieses Stücks nicht zu unterschätzen, es wurde zum Vorbild einer ganzen Generation. Das Sextett stellt, auf Augenhöhe mit dem «Rigoletto»-Quartett, einen der unübertroffenen Höhepunkte der romantischen Ensemble-Kultur dar.

1908 machten der Tenor Enrico Caruso und fünf Sänger/innen eine Aufnahme dieses Sextetts, die zur Legende wurde – sowohl wegen der Musikkunst als auch wegen des exorbitanten Verkaufspreises der Aufnahme. Es wurde auf einer einseitigen Platte zu einem Preis von $7 verkauft und hat sich damit einen Spitznamen verdient, den es seitdem trägt: das «Seven-Dollar Sextet». Dies entspricht einem Verkaufspreis mit heutiger Kaufkraft von etwa 170 Dollar.

Chi mi frena a tal momento – Caruso et al.

 

Lucias Wahnsinns Arie

Diese berühmte Arie ist ein hoch virtuoses Stück. Die sogenannte Wahnsinns-Szene besteht nicht aus einer Arie, sondern ist ein Labyrinth von Stücken, welches mit einem Andante beginnt, dann in ein manisches Allegro vivace mündet, von einem Recitativo Accompagnato gefolgt von einer Larghetto-Arie (mit Chor) und ein Allegro-Trio mit Enrico, Raimondo und vollem Chor übergeht und in einer weiteren Arie plus Coda endet. Kein Wunder, dass diese Szene als eine der schwierigsten der Opernliteratur gilt. Zudem verlangen rasche Tonsprünge zwischen hohen und tiefen Stimmregister und virtuose Verzierungen eine virtuose Koloratur-Technik. Donizetti schrieb diese Arie mit einer Begleitung ursprünglich mit einer Glass-Harmonika und ergänzte eine Version für Flöte. Heutzutage wird die berühmte Passage in der Regel mit der Begleitung der Koloratursequenz mit der Flöte gesungen.

Diese Wahnsinnkadenz wurde zur berühmtesten Stelle dieser Oper und wird bis zum heutigen Tag von den meisten Sopranistinnen getreulich reproduziert. Hören Sie die berühmte Joan Sutherland mit der Wahnsinnsarie (und der berühmten Kadenz von Nellie Melba kurz vor 9:00).
Sutherland Stimme «ist die glückliche Verbindung der Fülle einer dramatischen Sopranstimme mit der Höhensicherheit und Koloraturgewandheit eines «Soprano d’agilità». (Fischer, «Große Stimmen»). Die großen Höhen waren jedoch nicht gottgeben, diese musste sie sich erarbeiten, zu Beginn ihrer Ausbildung wurde sie noch als Mezzosopran eingeschätzt. Ihr Mann, der Pianist und Dirigent Richard Bonynge erkannte, dass sie das Potenzial hatte und «im Gegensatz zu ihr hatte er das absolute Gehör, und so konnte er sie täuschen, indem er ihre Stimme nach oben trieben, behauptend, sie sänge eine Terz tiefer, als sie in Wirklichkeit sang; so brachte sie in der privaten Arbeit Dinge zustande, die sie sich öffentlich nicht zugetraut hätte.» (Fischer, «Große Stimmen»).

Il dolce suono riso – Sutherland

 

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