Online-Opernführer und Synopsis zu Wagners TRISTAN UND ISOLDE
Wagners Ehrgeiz war es, die größte Liebesmusik zu komponieren, die es je gegeben hat. Um dies zu erreichen, musste er für “Tristan und Isolde” eine neue musikalische Sprache erfinden. Er wurde diesem Anspruch gerecht und komponierte ein Werk, das mit seiner sinnlichen, mitreißenden Chromatik die Welt der klassischen Musik für die nächsten fast 100 Jahre enorm beeinflussen sollte.
Inhalt
♪ Akt I
♪ Akt II
♪ Akt III
Highlights
♪ Vorspiel
♪ Weh, ach wehe dies zu dulden
♪ Tristan! Isolde! Treulosester Holder! Seligste Frau!
♪ O sink hernieder Nachtgesang (Nachtlied)
♪ Einsam wachend Wachtgesang (Wachgesang)
♪ So starben wir Liebesduett
♪ Tatest Du’s wirklich? Markes Kummer
♪ Mild und Leise Liebestod
Aufnahmeempfehlung
PREMIERE
München, 1865
LIBRETTO
Richard Wagner, nach Gottfried von Straßburgs Tristan und Isolde und Novalis' Hymne an die Nacht
DIE HAUPTROLLEN
Isolde, Verlobte des irischen Prinzen Morold (Sopran) - Brangäne, ihr Diener (Mezzosopran) - Marke, König von England (Bass) - Tristan, Neffe von Marke (Tenor) - Kurwenal, Knappe von Tristan (Bariton) - Melot, Höfling von Marke (Bariton)
AUFNAHME-EMPFEHLUNG
WARNER CLASSICS, Ludwig Suthaus, Kirsten Flagstad, Blanche Thebom, Dietrich Fischer-Dieskau, Josef Greindl unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler und dem Philharmonia Orchestra and Choir of the Royal Operahouse Convent Garden.
Handlung
KOMMENTAR
Libretto und der biographische Bezug
Wagner wurde durch seine außereheliche Beziehung mit Mathilde Wesendonck, die 1852 in sein Leben trat, zu einer Liebesoper inspiriert. Er lernte die 24-Jährige in seinem Exil in Zürich kennen. Die Geschichte, die folgte, ist bekannt. Ihr Ehemann Otto wurde sein Zürcher Gönner, und Wagner begann ein heimliches Verhältnis mit Mathilde, die in unmittelbarer Nähe wohnte (Wagner behauptete in späteren Jahren stets, diese Beziehung sei rein platonisch gewesen). 1854 schrieb er an Liszt, dass er “das wahre Glück der Liebe bis jetzt nicht genossen habe und ihm nun ein Denkmal setzen wolle”. Die Handlung von “Tristan und Isolde” ist symptomatisch: Tristan (Wagner) und Isolde (Mathilde) können auf der Erde nicht zusammenkommen, weil Isolde ein Verhältnis mit König Marke (Otto) hat. Die beiden finden Zuflucht im Liebestod.
Diese Handlung übernahm er aus Gottfried von Straßburgs “Tristan und Isolde”, auf den ihn Schopenhauer aufmerksam gemacht hatte. Er übernahm den Kern der Geschichte, vereinfachte sie drastisch und konzentrierte sie fast vollständig auf die Liebesgeschichte. Eine zweite wichtige literarische Grundlage war Novalis’ “Hymne an die Nacht”, dessen Todessehnsucht ihn zusammen mit der Lektüre von Schopenhauers Werk zu dem geistigen Dreieck des zweiten Satzes inspirierte: von Nacht, Liebe und Tod.
1857 war das Libretto fertig und er begann in Zürich mit der Komposition des ersten Satzes. Er beschloss, den zweiten Akt in der Einsamkeit von Venedig zu komponieren und ließ seinen Érard-Flügel über die Alpen transportieren. Den dritten Akt schrieb er in der Schweiz, im Luzerner Nobelhotel “Schweizerhof”.
Wagners große Krise
Wagners Beziehung zu Mathilde war nicht die einzige Triebfeder für die Komposition des Werks. Der ständig von Geldsorgen geplagte Wagner wollte mit dem Textbuch zum “Ring” Einnahmen erzielen, doch sein Verleger hatte sich geweigert, es zu veröffentlichen. Und da eine mögliche Aufführung eines Ring-Zyklus ohnehin in weiter Ferne lag, beschloss er, das Werk ruhen zu lassen und begann mit der Arbeit am “Tristan”, von dem er sich bald Einnahmen erhoffte. Doch nach der Fertigstellung musste er feststellen, dass die deutschen Bühnen das Werk für unaufführbar hielten, dies galt sowohl für die Orchestermusik als auch für die Gestaltung der beiden Sängerrollen. So blieb Wagner die Hoffnung auf die Pariser Grand Opéra. Um für seine Musik zu werben, dirigierte er dort 1860 einige Ouvertüren in Sinfoniekonzerten (u.a. von “Tannhäuser” und “Tristan”), was dann zum berühmten “Tannhäuser”-Fiasko von 1861 und noch mehr Schulden führte. Der “Tristan” blieb weiterhin in der Schublade und wartete auf sein größtes Fiasko: die Inszenierung der Wiener Hofoper, die 1864 nach 77 Proben beschloss, das Werk nicht aufzuführen. Wagner schlitterte damit in die bedrohlichste Krise seines Lebens. Er hatte keine Bleibe, war mittellos und konnte bei keinem seiner Gönner unterkommen. Mehrere Wochen lang vagabundierte er durch Süddeutschland, bis sich mit dem Erscheinen Ludwigs II. das größte Wunder seines Lebens ereignete und ihn rettete.
Erster Auftritt und Wirkung
Ludwig hatte die Macht und die Mittel, eine Aufführung anzuordnen. Mit Hilfe von Hans von Bülow und dem begabten Sängerpaar von Caroldsfeld gelang es, eine Aufführung in Ludwigs Münchner Theater auf die Beine zu stellen. Am Tag der geplanten Premiere im Mai 1865 ging jedoch alles drunter und drüber. Am Morgen erschien die Polizei in Wagners Privathaus, um seine Möbel zu beschlagnahmen, Cosima (Wagners Geliebte und Ehefrau des Dirigenten von Bülow) eilte in die königliche Hofkasse und schaffte es, das nötige Geld aufzutreiben. Und dann erreichte Wagner die Nachricht, dass Isolde unpässlich sei und die Aufführung verschoben werden müsse. Am 10. Juni fand schließlich die umjubelte Premiere im Münchner Nationaltheater statt.
Die Wirkung des Werks war gewaltig. Obwohl die nächste Aufführung erst 9 Jahre später (in Bayreuth) stattfand, wirkte das Werk auf alle nachfolgenden Komponisten, insbesondere Gustav Mahler, Richard Strauss, Alban Berg und Arnold Schönberg. Viele andere wie Debussy, Leoncavallo, Ravel, Strawinsky sahen ihren Stil offen unter dem Einfluss von Wagner und dem Tristan. Die Aussage, dass der Tristan das einflussreichste Werk in der Geschichte der klassischen Musik ist, ist in der Musikwissenschaft unumstritten. Selbst Puccini schrieb in seiner unvollendeten Turandot vor dem Liebesduett Turandot – Calaf (an der Stelle, an der er starb) auf die Partiturseite “e poi Tristano” (und jetzt Tristan).
Musik – die “Tristan-Harmonik”
Was ist nun das Revolutionäre an der Musik? Ich verweise an dieser Stelle auf die Informationen zur kommentierten Passage der “Ouvertüre” unten, die der Tristan-Harmonik (und dem berühmten “Tristan-Akkord”) mit Notenbeispielen etwas auf den Grund geht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wagner die Harmonik von der Melodie gelöst und durch Chromatik ersetzt hat. Dies war jedoch kein Selbstzweck (wie später bei den Komponisten der atonalen Musik), sondern ein Ausdrucksmittel, um die ungestillte Liebe durch endlose chromatische Entwicklungen darzustellen. Für diesen Zustand des Schmerzes gibt es nur eine mögliche Erlösung: sterben, vergehen, nie wieder aufwachen! In diesem Werk hält Wagner dem Hörer diese Auflösung der Dissonanzen vier Stunden lang vor Augen, bis sie schließlich im letzten Akkord mit dem Tod Tristans und dem Verstummen Isoldes erklingt.
Die Musik – die Leitmotive
Richard Wagner hatte “Tristan und Isolde” einmal als “eine einzige Liebesszene” bezeichnet. Er transzendierte ihre Liebe durch die Todessehnsucht und stand vor der Aufgabe, dieses metaphysische Gefühl zufriedenstellend in Worte zu fassen, wobei er instinktiv die Unmöglichkeit eines solchen Unterfangens spürte. Diese Aufgabe musste das “wissende” Orchester übernehmen, das mit Hilfe von Leitmotiven das Unmögliche ausdrücken musste, so dass in diesem Werk die musikalische Semantik der Leitmotive eine außerordentlich wichtige Funktion erhielt. Die wichtigsten Leitmotive werden in den kommentierten Passagen vorgestellt. Zu den Leitmotiven gehört auch der leitmotivische Einsatz von Soloinstrumenten, die einzelnen Figuren zugeordnet sind. Insbesondere das Englischhorn spielt beim Auftritt des Hirten (3. Satz) und bei Tristans Abschied (2. Satz) eine herausragende Rolle. Auch die Bassklarinette als Begleitinstrument von König Marke und die Soloviolinen von Brangäne sind unter diesem Aspekt zu nennen.
Die Musik – die Anforderungen an die Stimmen
Nicht nur zu Wagners Zeiten war die Besetzung der beiden Hauptrollen schwierig, sondern in der gesamten Rezeptionsgeschichte stand diese Frage immer wieder im Vordergrund der Inszenierungen. Während für die Rolle der Isolde der Pool an Sängern immer etwas besser war, bedeutete die Besetzung eines Tristan immer einen Knackpunkt. Den idealen Tristan scheint es in der Geschichte der Aufnahmen nicht gegeben zu haben, zu extrem sind die stimmlichen Anforderungen an den Sänger. In dieser (fast) zweiköpfigen Oper muss er unter dem Vorwand der Textverständlichkeit vier Stunden lang in der schwierigen hohen Übergangslage (Passaggio) gegen ein großes Orchester ankämpfen. Vor allem die 50 Minuten des dritten Aktes sind endlos und es entspricht einer stimmlich-sportlichen Meisterleistung, diese Rolle in der Live-Aufführung zu bewältigen. Auch die Rolle der Isolde erfordert ein enormes Durchhaltevermögen, vor allem im zweiten Akt, wo Isolde 75 Minuten lang ununterbrochen singen muss. Außerdem muss sie die Wandlung von der zornigen Frau des ersten Aktes zur Liebenden des zweiten und der verzweifelten und entrückten des dritten Aktes über dem großen Orchester mit den nötigen Klangfarben glaubhaft gestalten können. Frida Leider, Kirsten Flagstadt und Birgit Nilsson waren die dominierenden “hochdramatischen” Isoldens in den Jahren 1920-1980. Frida Leider wurde nachgesagt, sie habe die schönsten Farben, Flagstadt die schönste Wärme der Stimme und Nilsson die metallischste Durchschlagskraft. Im 21. Jahrhundert scheint Nina Stemme bisher die führende Interpretation der Isolde gelungen zu sein.
TRISTAN UND ISOLDE AKT I
Vorgeschichte: Irland befindet sich im Krieg mit seinem Untertan England. Der irische Prinz Morold will die Zinsen im englischen Cornwall eintreiben und wird von Tristan, dem Neffen des englischen Königs Marke, erschlagen. Statt des Zinses schickt Tristan den Kopf des Erschlagenen an seine irische Braut Isolde und löst damit einen Krieg zwischen den beiden Ländern aus, bei dem Tristan schwer verwundet wird. Die einzige Person, die ihn heilen kann, ist Morolds Witwe Isolde, die in der Heilkunst bewandert ist. Er lässt sich unter dem falschen Namen Tantris (ein Anagramm von Tristan) an die irische Küste bringen, wo er von Isolde gefunden wird. Sie erkennt den Mörder ihres Mannes an seiner Wunde, die genau zu Morolds Schwert passt. Als sie versucht, Tristan zu töten, öffnet er seine Augen und Isolde verliebt sich in ihn. Sie pflegt ihn wieder gesund und Tristan schwört ihr seine Liebe. Als Tristan nach Hause zurückkehrt, empfiehlt er seinem König Marke, Isolde zu heiraten und so den beiden Königreichen Frieden zu bringen. Marke schickt Tristan daraufhin als Sollicitor nach Irland. Tristan nimmt Isolde nun auf einem Segelschiff mit nach England, wo er auf jeden Kontakt mit ihr verzichtet.
Das Vorspiel
Synopsis: Auf Tristans Schiff auf hoher See während der Überfahrt von Irland nach Cornwall.
Um Tristan musikalisch zu verstehen, verrät uns schon die Ouvertüre die wichtigsten Gedanken Wagners. Die Ouvertüre beginnt mit dem Einsatz der Celli, die das sogenannte Leidensmotiv erklingen lassen:
Schon die ersten drei Töne des Leidensmotivs sind Merkmale des Unglücks: Der erste Sprung zur langen Note ist die kleine Sexte (das klassische bedrohliche Intervall) und der nächste Sprung ist eine kleine Sekunde (die höchstmögliche Dissonanz). Bereits im dritten Takt lassen die Oboen das Sehnsuchtsmotiv erklingen, dessen Beginn mit dem Ende des Leidensmotivs zusammenfällt:
Bei diesem berühmten Zusammentreffen der beiden Motive erklingt der legendäre “Tristan-Akkord”, ein Akkord mit einer seltsam schwebenden Dissonanz, der weder Schmerz noch Freude ausdrückt, sondern eine Art “unbestimmte Suche nach Auflösung”:
Aber diese Dissonanz wird durch das Sehnsuchtsmotiv nicht aufgelöst. Und nun geschieht das Revolutionäre, nach etwa 1’30” bricht eine schmerzhaft süße Sequenz aus den Violinen und Bratschen in f aus, die sich wiederum drängend aufzulösen versucht:
Aber die Auflösung kommt nicht, denn mit dem Erreichen des Zieltons ist eine weitere Dissonanz entstanden, und so weiter. Während des gesamten Vorspiels sucht die Musik nach der Auflösung dieser seltsam schmerzhaften und ungewissen Dissonanz und findet sie nicht. Es ist, um mit Wagners Worten zu sprechen, eine “Sehnsucht”, deren Verlangen “unstillbar und ewig erneuert” ist. Diese ungestillte Sehnsucht wird den Hörer durch die ganze Oper begleiten! Kurz nach dieser Passage begegnet uns mit dem berühmten, prägnanten Septimsprung ein verwandtes Motiv, das uns wieder begegnen wird, wenn sich Tristan und Isolde später tief in die Augen schauen, weshalb es den Namen “Blickmotiv” erhalten hat:
Immer wieder baut Wagner chromatische Dissonanzketten ein, um die Wirkung zu verstärken, wie zum Beispiel nach etwa 2’30”:
Wir hören die Ouvertüre in der Interpretation von Wilhelm Furtwängler. Seine Einspielung von 1952 gilt bei den meisten Experten als Referenzaufnahme. Furtwängler wird oft als einer der großen Wagnerianer des 20. Jahrhunderts bezeichnet.
Ouvertüre – Furtwängler
Bernsteins “Tristan” hat viel Aufmerksamkeit erregt, weil Bernstein gelegentlich übermäßig langsame Tempi wählte, um die Partitur auszukosten. Man beachte z.B. die Länge der Pause, die Bernstein bei der Fermate nach etwa 40s macht, handgestoppte 10s!
Ouvertüre – Bernstein
Isolde’s Todessehnsucht
Synopsis: Ein Seemann singt ein nostalgisches Lied über seine Heimat Irland. Prinzessin Isolde ist mit ihrem Diener Brangäne an Deck und bringt ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass sie dem alten König Marke als Pfand für den Frieden versprochen wurde. Ihre Liebe gehört Tristan, der zu ihrer Demütigung die Rolle des Anwalts der Braut übernommen hatte. Seit der Abreise meidet er jeden Kontakt mit ihr. Sie beauftragt ihren Diener Brangäne, ihn aufzusuchen.
Nach dem Seemannslied hören wir Isolde, die von tiefschwarzen Gedanken gequält wird. Als sie Todeswünsche äußert, ist das Todesmotiv zu hören:
Aber sie hat die Hoffnung auf Tristan noch nicht ganz aufgegeben, und sie wiederholt ihr Todesmotiv und verbindet es mit dem Sehnsuchtsmotiv bei “Herz”.
Frisch weht der Wind – Nilsson
Isolde ist frustriert
Synopsis: Brangäne überbringt Tristan Isoldes Wunsch, ihn zu sehen. Doch Tristan behauptet trotz der ruhigen See, dass er am Steuer des Schiffes unverzichtbar sei. Kurwenal verhöhnt Brangäne und singt “Herr Morold zog zu Meere her”, ein Lied, das Morolds elenden Tod verspottet. Um der Sache noch die Krone aufzusetzen, wird das Lied von den Matrosen schadenfroh aufgegriffen. Isolde konnte Kurwenals Spottlied hören und zittert vor Wut. Ihr Zorn schwillt furchtbar an und Brangäne versucht sie zu trösten, dass sie wenigstens die Frau eines Königs werden wird. Isolde öffnet Brangäne nun ihr Herz und erzählt die Geschichte von Tantris. Wenn sie den König heiraten würde, wäre der Mann, den sie eigentlich liebt, immer in Reichweite, das könne sie nicht ertragen (“Ungeminnt den hehrsten Manne stets mir nah’ zu sehn”). Brangäne sagt dann mit anzüglicher Stimme, dass es noch den Liebestrank gibt. Von Isoldes Mutter, einer Heilerin, hat sie verschiedene Zaubertränke erhalten. Sie holt den Schrein und nimmt den Liebestrank heraus. Doch Isolde schnappt sich eine andere Flasche. Erschrocken stellt Brangäne fest, dass sie den Todestrank in der Hand hält.
Isolde beginnt die Erzählung des “verwundeten Tristans” mit dem Motiv des verwundeten Tristans, das im Orchester wiederholt gespielt wird:
Wenn sie erzählt, dass sie Mitleid mit ihm hatte, hört man sowohl das Motiv der Sehnsucht als auch das Motiv des scheiternden Tristan, die zusammen eine ergreifende Wirkung erzeugen. Doch dann wandern die Gedanken zurück zu ihrer Demütigung, und das Motiv des aufbrausenden Zorns taucht in den tiefen Streichern auf:
Die Wut lässt nicht nach und sie wünscht beiden unter Trompetenfanfaren den Tod, begleitet vom Todesmotiv (“Fluch, du Bösewicht! … Tod uns beiden!”). Nun beginnt Brangäne, Isolde mit “Welcher Wahn” auf bezaubernde Weise zu besänftigen. Wagner war sehr stolz auf Brangänes schönen Übergang zur nächsten Szene und beschrieb ihn in einem Brief an Mathilde Wesendonck.
Weh, ach wehe dies zu dulden – Nilsson / Ludwig
Brangäne teilt den Trank aus
Zusammenfassung: Plötzlich erklingen die Lieder der Seeleute, das Land ist in Sicht. Kurwenal kommt zu Isolde, um sie zu bitten, sich bereit zu machen, an Land zu gehen. Sie sagt ihm jedoch, dass sie nicht daran denkt, das Schiff zu verlassen und verlangt, Tristan zu sehen. Kurwenal geht, um Tristan die Nachricht zu überbringen. Isolde verlangt nun, dass Brangäne, wenn Isolde bei Tristan sein wird, ihnen den Todestrank reicht. Brangäne ist zu Tode erschrocken. Tristan tritt ein und Isolde erinnert ihn an seinen Schwur. Doch Tristan bleibt zurückhaltend und verweist auf den Brauch, dass es sich für ihn nicht geziemt, sich der Braut als Anwalt zu nähern. Isolde erinnert ihn daran, dass sie ihren Mann verloren hat und ihn rächen muss, wenn Tristan sich zurückhält. Tristan gibt ihr sein Schwert und bittet sie, ihn zu erstechen. Isolde weigert sich und bittet ihn, mit ihr einen Sühnetrank zu trinken, und sie winkt Brangäne, den Sühnetrank zu bringen. Tristan entreißt ihr die Schale und trinkt den Trank zusammen mit Isolde. Die beiden sehen sich in Erwartung des Todes an. Doch Brangäne hatte nicht den Mut, ihnen die Todesdroge zu geben, sondern gab ihnen den Liebestrank. So kommt zu ihrer Überraschung nicht der Tod, sondern die feurige Glut der Liebe. Als sich ihre Blicke wieder treffen, sind sie voller Sehnsucht und sie fallen sich mit den Worten “Tristan! – Isolde!” in die Arme und verharren in dieser Position. Als Marke an Bord kommt, begrüßt er sie freudig, aber die beiden haben nur Blicke füreinander übrig.
Wir hören in der prächtigen Szene des Liebesausbruchs die Motive, die wir schon kennen. Die anfänglich verhaltene Verzückung weicht einer Liebesglut, die durch den Chor der Männer, die den König begrüßen, noch gesteigert wird. Das Orchester wogt und tobt und peitscht die Liebenden auf.
Wir hören diese Passage in der Böhm-Aufnahme von 1966. Birgit Nilsson tritt furchtlos in das Wiedervereinigungsduett ein, ihre gleißenden hohen Töne sind unnachahmlich.
Tristan! Isolde! Treulosester Holder! Seligste Frau! – Nilsson / Windgassen
TRISTAN UND ISOLDE AKT II
Auf Markes Schloss
Synopsis: In Isoldes Gemächern in Markes königlichen Burg in Kornwall.
Das Präludium kündigt die nächste Szene inhaltlich an. Nach einem schmerzhaft dissonanten Eröffnungsakkord erklingen nach wenigen Takten emsige Achtelbewegungen in den Violinen, die bald zu einem neuen wichtigen Motiv in den Flöten führen, das zur Grundlage aller folgenden Liebesmotive wird, dem Liebesruf-Motiv, hier in einem schnellen Tempo gespielt:
Allmählich wird das Verlangen drängender und wir hören in den Geigen und Holzbläsern das Glückseligkeitsmotiv, das in seinem abwärts drängenden Charakter mit dem Liebesrufmotiv verwandt ist:
Einleitung – Kleiber
Isolde wartet auf Tristans nächtlichen Besuch
Synopsis: Marke ist mit seinem Gefolge auf eine nächtliche Jagd gegangen. Isolde wartet auf Tristans heimlichen Besuch. Brangäne warnt sie, dass der Jagdausflug eine Finte ist; sie misstraut Melot, der für Marke spioniert und sich bei Tristan als Freund eingeschmeichelt hat. Isolde lässt sie die Fackel, das Zeichen für Tristans Kommen, auslöschen. Aufgeregt rennt Isolde die Treppe hinauf und versucht, Tristan zu erkennen. Als sie ihn sieht, winkt sie mit einem Tuch. Die beiden fallen sich in die Arme und versichern sich gegenseitig ihrer grenzenlosen Liebe.
Wagner komponierte ein ekstatisches Wiedersehen der beiden, das sich kaum beschreiben lässt. Das Liebesmotiv explodiert in den Bläsern und zwei Minuten lang leuchten die beiden Stimmen und das gesamte Orchester in roten Farben ohne erkennbare Melodien und ohne zusammenhängende Worte in einem ekstatischen Rausch, der Isoldes Stimme zweimal ins hohe C führt. “Himmelhoch jauchzend, der Welt Wonne! Mein und Dein! Ewig, ewig eins.” (“Himmelhöchstes Weltentrücken! Mein und Dein! Ewig, ewig ein”).
Wenn der Rausch nachlässt, beginnt mit “Das Licht! O dieses Licht” beginnt das sogenannte Tagesgespräch der beiden, in dem sie die vergangenen Ereignisse verarbeiten. Dieser Dialog dauert eine Viertelstunde, und selbst Wagner fand ihn etwas zu lang. Während der Tag das Symbol für die bittere Realität von Isoldes unglücklicher Ehe mit Marke ist, ist die Nacht das Symbol für die wahre innere Welt der beiden mit ihrer uneingeschränkten Liebe.
Im folgenden Abschnitt hören wir das Wiedersehen in der Interpretation von Suthaus und Flagstadt. Flagstadt war bereits 57 Jahre alt und ihre Stimme war noch in blendendem Zustand, nur die 2 hohen Cs waren nicht mehr perfekt und wurden im Studio von Elisabeth Schwarzkopf nachgesungen.
Isolde! Geliebte! – Flagstadt / Suthaus
Das Nachtlied
Synopsis: Tristan führt Isolde zu einer blumengeschmückten Bank unter einem Sternenhimmel, und sie beschwören Nacht und Tod als Symbole ihrer Liebe.
Dieser sogenannte “Nachtgesang” beginnt mit den zartesten Akkorden der gedämpften Streicher und mit einer unendlichen Melodie in Tristans Stimme, dem traumhaften Motiv der Nachtbeschwörung:
Nun tat Wagner etwas, was er immer zu vermeiden suchte: das gleichzeitige Singen von zwei Stimmen, was seiner Meinung nach unnatürlich war. Im Liebesduett bleibt ihm nichts anderes übrig als die völlige Verschmelzung der beiden Liebenden zu “heilger Dämm’rung hehres Ahnen löscht des Wähnens Graus welterlösend aus”. Gerührt singt Isolde daraufhin die verträumte Melodie von “Barg im Busen”:
Danach endet diese Nachtmusik träumerisch. Wagner verwendet einen Teil seiner Motive für diese Passage aus “Träume”, der fünften seiner Wesendonck-Lieder (auf Gedichte von Mathilde Wesendonck).
Sie werden diese Passage in 3 Aufnahmen hören:
Margaret Price, die Isolde auf Kleibers Aufnahme war eine Mozart-Sängerin, ihre Stimme also etwas schlanker als die eines “hochdramatischen Soprans”. Zusammen mit Kollo bringt sie eine bezaubernd zarte Stimmung in diese romantische Passage, die Kleiber mit einem langen Bogen dirigiert. Besonders schön klingt das schwärmerische Entschwinden der beiden Stimmen am Ende.
O sink hernieder – Kollo / Preis
Als Zweites hören wir diese Passage aus der Aufnahme von 1929 mit Lauritz Melchior und Frida Leider, dirigiert von Albert Coates. Leider bezeichnete sie als ihre beste Aufnahme. Leiders Stimme strahlt mit ihrem warmen Vibrato eine intensive Wärme aus.
O sink hernieder – Melchior / Leider
Sowohl Martha Mödl als auch Ramón Vinay verfügten über prächtige Mittellagen (die für Wagners Musik essentiell sind) und lassen diese Stelle besonders prächtig klingen.
O sink hernieder – Mödl / Varnay
Brangänes Wachtgesang
Synopsis: Brangäne warnt die beiden noch einmal vor Markes Rache und begibt sich in ihre Turmkammer, um über sie zu wachen.
Brangäne singt ihren sogenannten “Wachtgesang” im Dialog mit zwei Soloviolinen. Ihre Warnung (“Habet acht! Bald entweicht die Nacht”) ist nächtlich schwebend und erzeugt mit einem Crescendo eine hypnotische Wirkung.
Einsam wachend – Ludwig
Tristan sehnt sich nach dem Tod
Synopsis: Die beiden haben kein Ohr für die Warnung von Brangäne. Tristan hofft, dass es nie wieder Tag wird und erklärt, die höchste Vollendung seiner Liebe sei der Tod.
Eingeleitet durch das schöne Motiv der Liebesruhe (das wir in verschiedenen Variationen hören werden), beginnt das Morgenlied:
Das Todesmotiv erscheint mit dem Sterbewunsch:
Lausch Geliebter – Preis / Kollo
Der Liebesrausch
Synopsis: Isolde versucht, ihm die Idee auszureden. Sie könnte seinen Verlust nicht überleben. So entsteht die Idee, gemeinsam als Liebende zu sterben.
Begleitet von schwerem Blech spricht Tristan vom gemeinsamen Sterben und wir hören zum ersten Mal das Liebestod-Motiv:
Isolde greift das Motiv gefühlvoll auf, und die Melodie führt Isoldes Stimme zum hohen A. Aus der Ferne hören wir noch einmal für einen kurzen Moment Brangänes zartes Wächterlied. Danach führt ein kurzes Tagesgespräch zum großen Duett “O ew’ge Nacht”, dem Finale und Liebesrausch. Die Stimmen von Tristan und Isolde steigen immer höher, die Ekstase steigert sich unaufhörlich, zweimal explodiert das Orchester in der orgasmischen Ekstase – beim zweiten Mal hören wir Brangäne’s Schrei und Kurwenal steht bei ihnen und ruft “Rette Dich Tristan!” und Marke erscheint vor den umschlungenen Liebenden.
So starben wir – Melchior / Flagstadt
Markes Klagelied
Synopsis: Brangänens Verdacht war richtig. Triumphierend stellt Melot die beiden Liebenden seinem König vor. Zutiefst beschämt und betrübt beschuldigt Marke Tristan des Verrats und verlangt eine Erklärung von dem Neffen, den er wie einen Sohn liebt.
Die Klage von Marke wird von einer Bassklarinette herzzerreißend gezeichnet. Der König und die Klarinette singen abwechselnd ihr klagendes Lied, düster begleitet von den tiefen Streichern. Im zweiten Teil hellt sich die Stimmung auf, eingeleitet von einem Englischhorn, als Marke von seiner wunderbaren Frau, der königlichen Braut, erzählt. Doch dann kehrt die Bassklarinette zurück und stürzt am Ende in bodenlose Tiefen, die die grenzenlose Scham des betrogenen Königs symbolisieren.
Kurt Molls weiche und farbenreiche Stimme macht Markes Auftritt zu einem wahrhaft bewegenden Erlebnismonolog:
Tatest Du’s wirklich? – Moll
Tristans Todeswunsch
Synopsis: Tristan hat keine Erklärung. Er spricht auch nicht mit Marke, sondern bittet Isolde, ihm in den Tod zu folgen und küsst sie auf die Stirn. Wütend zieht Melot seine Waffe, Tristan wirft sich in Melots Schwert und sinkt schwer verwundet zu Boden.
Ein einsames Englischhorn spielt das Leidensmotiv mit dem Tristan-Akkord der Winde. Es ist Tristans Abschiedsgruß, der seinen Tod ankündigt. Isolde verspricht, ihm zu folgen. Begleitet von fiebrigen Akkorden, stürzt sich Tristan auf Melots Schwert.
O König, das kann ich Dir nicht sagen – Gould
TRISTAN UND ISOLDE AKT III
Synopsis: Tristan liegt unter einer großen Linde auf einem Ruhebett. Der tödlich Verwundete wurde von Kurwenal in Tristans altes Schloss in der Bretagne gebracht, wo Tristan einst aufwuchs. Kurwenal weiß, dass nur Isoldes Heilkünste ihn retten können und hat nach ihr rufen lassen.
Düsternis und Schwere liegen wie dunkle Schatten über dem Vorspiel zum dritten Akt, das die unendliche Einsamkeit Tristans zum Ausdruck bringt.
Vorspiel und Hirtenreigen – Furtwängler
Synopsis: Ein Schafhirte kommt zu Kurwenal, der an Tristans Bett wacht. Der Hirte beobachtet das Meer, aber es ist kein Schiff in Sicht, das Hilfe bringen könnte. Tristan wacht auf und ist verwirrt. Kurwenal versucht, ihn aufzumuntern. Langsam wacht Tristan auf, und als sich seine Gedanken in einem fiebrigen Delirium um Isolde drehen, wird Tristan unruhig.
Kurwenal wird pathetisch, aber Tristan bringt die morbide Stimmung zurück. Lange verweilt er in einem Dämmerzustand, doch die Gedanken an Isolde kehren zurück, die Musik bäumt sich auf und Tristan singt sich in ein Feuer. Bald sinkt er erschöpft wieder zurück.
Hei nun! Wie du kamst! – Wächter / Windgassen
Synopsis: Als Kurwenal ihm mitteilt, dass er nach Isolde geschickt hat, kehrt die Ekstase zu Tristan zurück und schon glaubt er fieberhaft, ein Schiff zu sehen.
Tristan ist wie elektrisiert, sein Jubelgesang erklimmt immer größere Höhen
Noch losch das Licht nicht aus / Windgassen
Synopsis:Tristan fantasiert, dass das Schiff kommt. Eine Schalmei ertönt und sie sehen das Schiff. Zuerst befürchten sie, dass es an den Felsen zerschellen wird, aber es schafft es sicher in den Hafen.
Bist Du nun tot? – Windgassen
Synopsis: Tristan wartet ungeduldig auf Isolde. Seine Ekstase steigert sich. Als er sie sieht, erhebt er sich vom Bett und läuft ihr entgegen.
Die Melodie von “Barg im Busen” begleitet Tristans Ungeduld und pulsiert synkopisch im Bass des Orchesters. Begleitet von verschiedenen Motiven, wächst Tristans Erregung. Als er in Isoldes Armen liegt, erreicht das Sehnsuchtsmotiv seinen Höhepunkt.
Oh diese Sonne! – Suthaus / Flagstadt
Synopsis: Als Isolde ihn in ihren Armen hält, wird ihr klar, dass er bald sterben wird, und sie hofft, noch eine Stunde mit ihm zu verbringen. Doch Tristan stirbt nach ihrer ersten Umarmung. Erschüttert bricht sie bewusstlos über dem Leichnam zusammen.
Ha! Ich bin’s süssester Freund! – Stemme
Der Liebestod
Synopsis: Der Steuermann kommt herein und berichtet, dass Marke sie verfolgt hat. Der König hatte alles von Brangäne erfahren und ist gekommen, um zu verzeihen. Doch Kurwenal erwartet fälschlicherweise seine Rache und schließt das Tor. Bald darauf ruft Brangäne, aber Kurwenal will sie nicht hereinlassen. Melot stellt sich vor das Tor und bricht es auf. Kurwenal gerät in einen Kampf mit ihm und tötet ihn, woraufhin er sich selbst hinrichtet. Bald darauf steht Marke vor der Tür, tritt ein und geht erschüttert zu Tristans Bett. Marke sieht Isolde, die nicht mehr ansprechbar ist. Entrückt ist sie in Tristans Reich eingegangen und ihre Seele verlässt die Welt.
Der sogenannte “Liebestod” ist eigentlich kein Tod, sondern, wie Wagner die Szene nannte, eine “Verklärung”, oder wie Isolde es ausdrückt: “Ertrinken – versinken – unbewusst höchste Lust!” (“Ertrinken – versinken – unbewusst höchste Lust!”)
Die Oper verklingt mit der Auflösung der Spannung nach vier Stunden mit den beiden berühmten B-Dur-Schlussakkorden.
Nina Stemme ist die Isolde unserer Zeit. Hören Sie sich ihre grandiose Verklärung an. Ihre Stimme hat die durchdringende Kraft und Wärme, die den Zuhörer selig werden lässt.
Mild und Leise – Stemme
Aufnahmeempfehlung
Ludwig Suthaus, Kirsten Flagstad, Blanche Thebom, Dietrich Fischer-Dieskau, Josef Greindl unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler und dem Philharmonia Orchestra and Chorus of the Royal Operahouse Convent Garden.
Peter Lutz, opera-inside, der Online-Opernführer zu TRISTAN UND ISOLDE von Richard Wagner
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